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Teilen lernen: Erfolgreich durch die "Meins"-Phase

Little boy and girl having fun outdoors
© Getty Images / ArtMarie

Streit im Sandkasten! Wer kennt es nicht... zwei Kinder, drei Schaufeln und beide wollen die rote. Es wird gezerrt und gezogen. Wir stecken mitten in der Meins-Phase. Als Mutter sitze ich daneben und verzweifle. "Ihr könnt doch zusammen spielen!", "Lass Emma doch auch mal!". Zwecklos. Mein Kind will nicht teilen. Dabei war das doch letztes Jahr alles noch so einfach. Was ist passiert? Wann wird das wieder besser? Und soll ich mich überhaupt einmischen oder regeln die das selbst?

Warum will mein Kind nicht teilen?

Dinge in Besitz zu nehmen und sie gegen andere zu verteidigen, ist angeboren. Dein Kind verhält sich also völlig normal und aus Entwicklungssicht absolut richtig. Die meisten Kinder fangen mit etwa 18 Monaten an, alles, was sie gerade in der Hand halten, mit einem nachdrücklichen „Meins!“ als ihres zu deklarieren. Und dieses „Meins!“ gilt es festzuhalten, denn wer weiß, ob man es wiederbekommt?

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Dieses natürliche Verhalten hat schon den Höhlenmenschenkindern das Überleben gesichert. Das Besitzdenken geht sogar so weit, dass sich Kleinkinder oft mit den Gegenständen, an denen sie hängen, körperlich identifizieren. Sie sind ein Teil von ihnen. Nimmt sie jemand weg, fühlen sie sich existenziell bedroht. „Kinder zwischen eins und drei definieren sich stark über Dinge - Kleidung, Haarlänge, Spielsachen. Es dauert meist ein paar Jahre, bis ihre Persönlichkeit so gefestigt ist, dass sie Äußerlichkeiten lockerer sehen können“, sagt Hartmut Kasten, Entwicklungspsychologe, Pädagoge und Familienforscher vom Staatsinstitut für Frühpädagogik in München.

Wann lernt mein Kind zu teilen?

Teilen ist eine soziale Fähigkeit, die jeder Mensch mühsam erlernen muss. Da die Vorstellung, jemandem etwas abzugeben, dem angeborenen Instinkt widerspricht, ist das nicht so einfach. Es dauert, bis Kinder merken, dass sie nicht zu kurz kommen, wenn sie teilen, und dass es sogar von Vorteil sein kann. Wir Großen wissen, dass es mehr Spaß macht, zu zweit ein Eis zu essen als allein. Ein Kind muss das erst lernen. Kleine Kinder haben noch eine andere Zeit-Wahrnehmung als Erwachsene. Dazu kommt, dass kleine Kinder sich selbst als den Mittelpunkt des Universums betrachten.

Um den Wunsch zu verspüren, jemandem etwas abzugeben, muss man sich vorstellen können, was derjenige gerade fühlt. Ob er traurig ist oder fröhlich, einsam oder wütend. Wer aber gerade erst dabei ist, sein „Ich“ zu entdecken, ist mit dem „Du“ völlig überfordert. „Ein wirkliches Gespür dafür, was in anderen vorgeht, entwickeln die meisten Kinder erst mit etwa vier oder fünf Jahren“, sagt Kasten. „Das heißt aber nicht, dass man das Teilen nicht schon vorher üben sollte.“

Streit ums Spielzeug - soll ich mich einmischen?

Selbst wenn die Einsicht in das „Warum“ erst später kommt, sind auch unter Dreijährige durchaus in der Lage zu begreifen, dass bestimmte Verhaltensweisen, wie etwa einem anderen etwas wegzunehmen, nicht erwünscht sind. Wer auf dem Spielplatz mit dem Bobbycar eines Freundes fahren möchte, muss ihn vorher fragen. Und gegebenenfalls ein „Nein“ akzeptieren. Das ist Übungssache.

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Und wenn sich zwei um ein Spielzeug streiten? „Am besten abwarten, ob die Kinder das nicht unter sich ausmachen können“, rät der Frühpädagoge. Wenn nicht einer wesentlich älter ist als der andere, schaffen sie das meistens auch. Die übliche Lösung der Spielplatzeltern, dem einen das Streitobjekt wegzunehmen und dem anderen zu geben, sei die schlechteste Lösung. „Wenn man Kinder zum Teilen zwingt, werden sie ihren Besitz nur umso erbitterter verteidigen“, meint Kasten.

Besser ist es, mit Kindern über das, was passiert ist, später zu reden, wenn sich der Sturm gelegt hat. „Das ist auch eine gute Gelegenheit, über Gefühle zu sprechen, die eigenen und die des anderen. Je öfter man das macht, desto schneller entwickelt sich beim Kind Einfühlungsvermögen.“

Oft geht es aber auch gar nicht um das Spielzeug selbst. „Die Attraktion ist nicht das Spielzeug, sondern der Spaß, den der andere gerade hat“, erklärt Kasten. „Die Kinder wünschen sich, ebenso viel Spaß zu haben, und glauben, dass sie das mit dem Besitz des Spielzeugs erreichen können.“

Wie bringe ich meinem Kind das Teilen bei?

Sobald Kinder merken, dass sie dadurch mehr gewinnen als verlieren, ist Teilen kein Problem mehr. Und wenn immer genug da ist für alle, müsste auch keiner anfangen zu horten. Doch während manche Kinder friedlich Zimmer und Spielsachen teilen, fällt es anderen deutlich schwerer.

Wie bei fast allen Verhaltensentwicklungen sind auch beim Teilen die Eltern ein wichtiges Vorbild. Wenn ihr Großzügigkeit und Freigiebigkeit vorlebt, lernen eure Kinder, dass Teilen und Abgeben Spaß machen. Wer zu Hause strikte "Meins - Deins"-Regeln vorlebt, sollte sich nicht wundern, wenn es auf dem Spielplatz Streit um Sandförmchen gibt.

Zwar ist das Vorbild der Eltern, wie bei allen sozialen Fertigkeiten, auch beim Teilen-Können entscheidend, aber auch das Verhalten anderer Kinder - vor allem, wenn sie etwas älter sind - färbt stark ab. „Landet ein Kind in einer Kita, in der Teilen eine Selbstverständlichkeit ist, übernimmt es dieses Verhalten“, fasst Hartmut Kasten zusammen. Sind die anderen eher von der Sorte: „Nimm, was du kriegen kannst, koste es, was es wolle“, wird das Kind davon geprägt.

Einzelkinder können nicht teilen? Persönlichkeit und Umfeld bestimmen Hang zum Teilen lernen

Ob ein Kind freigiebig seine Sachen verleiht, ist allerdings nicht nur eine Frage des sozialen Trainings, sondern auch der Persönlichkeit. So können Eltern, die ihren Besitz sorglos verborgen, ganz pingelige Kinder haben. Wer mit 10 ungern sein Fahrrad verleiht, wird wohl auch nicht als Student lässig den Autoschlüssel herausgeben. „Bei der Herausbildung der Persönlichkeit hängt viel von der frühkindlichen Prägung ab“, sagt der Entwicklungspsychologe. Kinder, die sich immer darauf verlassen konnten, dass ihre Eltern sie mit allem, was sie gerade brauchten, versorgten, können mehr Sicherheit aufbauen. „Wer immer genug hatte, tut sich mit dem Teilen später meist leichter.“

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Die These vom Einzelkind, das nicht teilen kann, sei aber ein Mythos, betont Kasten. Geschwisterkinder glauben eher, ihr Territorium verteidigen zu müssen. „Die meisten Einzelkinder haben Spielzeug im Überfluss, finden es aber langweilig, allein damit zu spielen“, erklärt der Experte. Bei aller sozialen Harmonie muss es aber Dinge geben, die nicht geteilt werden. Selbst im freigibigsten „Wir teilen alles“-Haushalt gibt es garantiert Gegenstände, an die nur der Besitzer darf.

Der Computer der Eltern und Mamas Portemonnaie sind für fremde Hände ebenso tabu wie Laras Kuschelhase und Matildas Panther. Und das sollte von allen Seiten gleichermaßen akzeptiert werden. Denn wenn ihr möchtet, dass euer Kind euer Eigentum respektiert, müsst ihr ihnen das Gleiche zugestehen.

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Britta Boeck

Es kommt mit der Zeit

Als mein Sohn etwa anderthalb war, war er das liebste und freigibigste Kind auf dem ganzen Spielplatz. Was war ich stolz und konnte gar nicht verstehen, warum die anderen Kinder dauernd stritten. Im Jahr darauf sah das irgendwie ganz anders aus. Ich versuchte zu vermitteln, wo ich nur konnte und entschuldigte mich in Gedanken bei den anderen Eltern für mein Denken im Vorjahr.

Heute ist er vier und kann wieder ganz wunderbar teilen, besonders mit seiner kleinen Schwester, deren erstes Wort "MEINS!" war. Oder zumindest eines der ersten. Bei ihr bin ich jetzt aber entspannter. Sie wird's schon auch lernen. Alles ist schließlich nur 'ne Phase.

Britta Boeck

Psycho-Test: Welche Spielplatzmama bist du?

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