In den letzten Wochen vor der Geburt dreht sich das Baby in der Regel mit dem Köpfchen nach unten – in die optimale Geburtsposition. Wenn das nicht geschieht, spricht man häufig von Beckenendlage oder Steißlage und viele Mütter denken dann, dass eine natürliche Geburt nicht mehr möglich ist. Dabei ist die Diagnose Beckenendlage in vielen Fällen keine Endstation Kaiserschnitt – da geht oft noch was! Wir beantworten dir alle wichtigen Fragen rund um die Steißlage!
- 1.Was ist eine Beckenendlage?
- 2.Wie häufig kommt eine Beckenendlage vor?
- 3.Es gibt 7 Arten der Beckenendlage
- 4.Wie kommt es zu einer Beckenendlage?
- 5.Wie wird eine Beckenendlage festgestellt?
- 6.Was kann man bei einer Beckenendlage tun?
- 7.4 Techniken und Übungen, um dein Baby in Beckenendlage zum Drehen zu bewegen
- 8.Wie läuft eine äußere Wendung bei Beckenendlage ab?
- 9.Ist eine spontane Geburt bei Beckenendlage möglich?
- 10.Welche Risiken gibt es bei einer vaginalen Geburt bei Beckenendlage?
- 11.Wann wird bei einer Beckenendlage ein Kaiserschnitt empfohlen?
Was ist eine Beckenendlage?
In den ersten beiden Trimestern der Schwangerschaft ist dein Baby ständig am Rumturnen in deinem Bauch – mal liegt es quer, mal mit dem Kopf nach unten und mal nach oben oder diagonal. Da haben sie auch noch genug Platz für ihre Turnübungen in Mamis Bauch. Im letzten Trimester wird der Platz in der Gebärmutter aber immer enger und dein Baby geht langsam in Startposition für die Geburt: Mit dem Kopf nach unten rutscht es nach und nach weiter ins Becken. Bei den meisten Babys passiert das etwa in der 34. SSW. Doch einige lassen sich etwas mehr Zeit, sich in die sogenannte Schädellage zu drehen und bleiben lieber mit dem Kopf nach oben in Mamas Gebärmutter sitzen. Deine Frauenärztin oder Hebamme spricht jetzt von einer Beckenendlage (BEL) oder Steißlage.
Wie häufig kommt eine Beckenendlage vor?
Da eine Beckenendlage zur einer erschwerten natürlichen Geburt bis hin zu einem Kaiserschnitt führen kann, fürchten viele werdenden Mamas die Diagnose Steißlage. Aber nur 3 bis 5 % aller Babys befinden sich unter der Geburt tatsächlich noch mit dem Kopf nach oben. Viele drehen sich doch noch alleine kurz vor der Geburt oder reagieren auf Stimulationen zur Drehung von außen, die wir weiter unten näher erklären, wie auch Hebamme Eva-Maria Chrzonsz erklärt: „Viele Schwangere machen sich bei einer Beckenendlage zu früh und meist auch völlig unnötig Sorgen. Denn zum einen gibt es einigen Methoden, mit denen Babys doch noch zur Kehrtwende gebracht werden können. Zum anderen ist eine spontane Geburt auch dann möglich, wenn das Baby in der Beckenendlage sitzt.”
Es gibt 7 Arten der Beckenendlage
Es gibt verschiedene Formen der Beckenendlage – je nachdem wie dein Baby genau liegt, bzw. sitzt. Bei jeder Variante befindet sich das Köpfchen jedoch oben und das Becken unten Richtung Schambein. Die Position der Beine kann aber variieren.
- Reine Steißlage: Das Baby hat die Beine wie ein Taschenmesser hoch zum Gesicht geklappt und liegt mit seinem Steiß nach unten, sodass der Steiß bei der Geburt zuerst Richtung Muttermund drückt.
- Vollkommene Steiß-Fuß-Lage: Dein Baby hat die Beine angehockt und zum Bauch gezogen.
- Unvollkommene Steiß-Fuß-Lage: Ein Bein deines Babys ist zum Bauch angehockt, das andere zum Kopf nach oben ausgestreckt.
- Vollkommene Fußlage: Beide Beine deines Babys sind nach unten Richtung Schambein gestreckt – dein Baby steht sozusagen in deinem Bauch und würde mit den Füßen voran geboren.
- Unvollkommene Fußlage: Ein Bein ist nach unten ausgestreckt und das andere hochgestreckt oder angehockt, wie bei einer Ballerina oder einem Ballettänzer.
- Vollkommene Knielage: Dein Baby kniet in deinem Bauch mit dem Beinen unterm Po nach hinten angewinkelt.
- Unvollkommene Knielage: Ein Knie ist unterm Po angewinkelt, das andere Bein ist nach oben Richtung Kopf gestreckt.
Die meisten dieser Steißlage-Positionen klingen sehr artistisch. Statistisch ist aber die reine Steißlage die häufigste Form der Beckenendlage. Danach folgen die Fuß-Lage und die Steiß-Fuß-Lage. Sehr selten ist hingegen die Knielage.
Wie kommt es zu einer Beckenendlage?
Bis zu 34. bis 36. SSW ist es völlig normal, dass dein Baby in deinem Bauch immer mal wieder mit den Füßen nach unten liegt. Das ist auch absolut kein Problem. In den letzten vier Wochen vor der Geburt sollte sich dein Kind aber mit dem Kopf nach unten drehen, was die meisten Babys ja auch automatisch machen. Woran liegt es, wenn dein Baby das aber nicht tut? Dafür gibt es verschiedene Faktoren von Seiten der Mutter oder des Kindes, bzw. der Schwangerschaft:
Mütterliche Gründe für eine Beckenendlage
- Anomalie der Gebärmutter
- Größere Myome, die dem Baby nicht genug Platz zum Drehen lassen
- Zu stark trainierte Bauchmuskeln
- Zu viel Sitzen
Kindliche Gründe für eine Steißlage
- Das Baby ist zu groß und hat dadurch zu wenig Platz, um sich zu drehen
- Es liegen Erkrankungen oder Fehlbildungen vor, die die Bewegungsfähigkeit des Ungeborenen einschränken
Schwangerschaftsbedingte Gründe
- Zu niedriger Fruchtwasserstand
- Zu kurze Nabelschnur
- Störung der Plazentalokalisation (z. B. zu tiefer Sitz oder Lage vor Muttermund)
Wie wird eine Beckenendlage festgestellt?
Häufig kann deine Hebamme durch Ertasten feststellen, dass sich dein Baby noch nicht in Schädellage befindet. Gewissheit bringt aber nur ein Ultraschall bei deinem Frauenarzt, bei dem man die genaue Position deines Kindes sehen kann.
Was kann man bei einer Beckenendlage tun?
Wenn deine Gynäkologin oder Hebamme von Beckenendlage spricht, ist nicht sofort Panik angesagt, auch wenn es erst einmal beunruhigend klingt. Rein theoretisch kann sich dein Baby bis kurz vor der Geburt noch drehen – was viele auch tatsächlich noch tun. Macht dein Baby keine Anstalten sich auf den Kopf zu stellen, gibt es verschiedene Methoden, dein Kind zu drehen, entweder mit bestimmten ganz harmlosen Hilfestellungen, die du selber durchführen kannst oder durch eine sogenannte äußere Wendung durch eine erfahrene Ärztin.
4 Techniken und Übungen, um dein Baby in Beckenendlage zum Drehen zu bewegen
1. Taschenlampen-Trick Du spürst, dass dein Baby gerade wach und aktiv ist? Schnapp dir eine Taschenlampe, halte den Lichtstrahl direkt auf deinen Bauch und fahre in langsamen Bewegungen von unter der Brust nach unten zu deinem Schambein. Absetzen und wieder von oben beginnen. Manche Babys folgen aus Neugier dem hellen Punkt, den sie durch die Bauchdecke wahrnehmen können.
2. Indische Brücke Wer gerne den sportlichen Weg geht, versucht es am besten mit der „indischen Kehre“ (auch Wende oder Brücke). Dazu legst du dich für maximal 15 Minuten auf den Rücken und lagerst dein Becken mit Kissen hoch. Arme und Kopf sollen dabei entspannt sein und die Unterschenkel nach unten hängen. Mach diese Übung aber besser nicht alleine, da durch durch die Rückenlage deine große untere Hohlvene (Vena Cava) abdrückt und dir schwarz vor Augen werden kann. Alternative zur indischen Brücke: Statt auf dem Rücken zu liegen, kannst du auch in Vierfüßler-Stellung gehen und dich auf die Ellenbogen stützen, damit das Becken erhöht ist.
3. Glöckchen-Versuch Ähnlich wie der Taschenlampen-Trick funktioniert auch das Glöckchenläuten, wobei du hier auf auditive Reize setzt. Klingel deinem Babys den Weg von unterhalb deiner Brust hinunter zu deiner Scham. Wahlweise können auch der Papa oder Geschwisterkinder versuchen das Baby mit lauter Stimme mit dem Kopf Richtung Ausgang zu locken.
4. Moxibustion Eine ebenso weitverbreitete Methode, das Baby zum Drehen zu bewegen ist die Moxibustion, bzw. das Moxen. Diese Technik kommt aus der chinesischen Medizin und zielt darauf ab, bestimmte Akupunkturpunkte zu stimulieren. An beiden kleinen Zehen wird je eine Akupunkturnadel gesetzt und mit einer Moxazigarre (Beifußkraut) leicht erhitzt. Angeblich bewirkt die Methode, dass sich die Schwangeren sehr gut entspannen und die Kindsbewegungen zunehmen.
Für keine dieser Methoden gibt es einen wirklich wissenschaftlichen Nachweis, dass sie funktionieren, aber viele Mütter und Hebammen schwören darauf. Und da keine der Methoden schaden kann (nur bei der indischen Brücke etwas aufpassen), sind sie alle einen Versuch allemal wert, wenn sich dein Kind kurz vor der Geburt noch in Beckenendlage befindet.
Wie läuft eine äußere Wendung bei Beckenendlage ab?
Hat sich dein Baby trotz indischer Brücke, Moxen, Taschenlampe und Glöckchen nicht von der Steißlage in die Schädellage gedreht, kann man es auch noch mit einer äußeren Wendung versuchen. Diese sollte aber nur mit einer darin erfahrenen Frauenärztin oder Geburtshelferinnen durchgeführt werden. Manche Frauen berichten, dass sie die äußere Wendung sehr schmerzhaft empfanden, andere wiederum spüren außer leichten Drucks nichts dabei.
Bei der äußeren Wendung wird versucht, das Kind mit beiden Händen von außen zu drehen. Wenn das gelingt, macht das Kind in der Gebärmutter einen Rückwärtspurzelbaum. Der ideale Zeitpunkt dafür ist zwischen der 37. SSW und der 38. SSW. Denn dann ist dein Baby noch ausreichend klein und es gibt noch genügend Platz in der Gebärmutter.
Wie jeder medizinischer Eingriff, ist auch die äußere Wendung mit Risiken verbunden. Teilweise werden bei dieser Prozedur vorsorglich wehenhemmende Mittel verabreicht. Das soll verhindern, dass durch den Eingriff vorzeitige Wehen ausgelöst werden. In der Regel wird eine äußere Drehung immer in Kaiserschnittbereitschaft (also nicht zuhause!) durchgeführt, sodass bei Komplikationen schnell eingegriffen werden kann. Dein Baby wird während des gesamten Eingriffs genauestens medizinisch überwacht – es wird ein CTG geschrieben, um zu sehen, dass es deinem Kind gut geht. Das hört sich schlimm und brutal an, aber manchmal brauchen Babys nur einen kleinen Schubs und sie drehen sich schnell in die richtige Geburtsposition. Wichtig bei der äußeren Drehung ist, dass der Arzt die Technik beherrscht.
Die äußere Wendung bei Beckenendlage ist übrigens durchaus sehr erfolgreich – etwa 60 % aller Babys in Steißlage drehen sich nach der Anwendung in die gewünschte Schädellage. Allerdings kann es auch vorkommen, dass sich dein gedrehtes Babys zwischen der erfolgreichen Drehung in die Schädellage und der Geburt wieder zurück in die Beckenendlage dreht.
Ist eine spontane Geburt bei Beckenendlage möglich?
Es ist ein moderner Mythos, dass bei einer Beckenendlage nur ein Kaiserschnitt für die Entbindung infrage kommt. Dieser Irrglaube beruht auf einer fehlerhaften Studie. „Ein Forscherteam hatte darin vor einigen Jahren gezeigt, dass ein Kaiserschnitt besser sei für Frau und Kind. Viele Kliniken haben daraufhin bei Steißlagen nur noch Kaiserschnitte gemacht. Fünf Jahre später hat sich aber herausgestellt, dass die Studie falsch war. Sie wurde zurückgezogen. Trotzdem hält sich dieser Irrtum in den Köpfen vieler Leute“, erklärt Frank Louwen, Leiter der Geburtshilfeabteilung der Uni-Frauenklinik Frankfurt am Main.
Wenn du dich für eine natürliche Geburt trotz Beckenendlage entscheidest, schau dich am besten um, ob es in deiner Nähe eine Geburtsklinik gibt, die explizit Erfahrung mit Steißgeburten hat und diese auch unterstützt. Ein mit Geburten bei Beckenendlage erfahrenes Geburtsteam senkt nämliches das Risiko bei einer solchen besonderen Geburt.
Welche Risiken gibt es bei einer vaginalen Geburt bei Beckenendlage?
Keine Frage: Vaginale Steißgeburten können Probleme mit sich bringen. Das betont auch Dr. Louwen. Folgende Risiken können auftreten:
Ein verlangsamter Geburtsverlauf kann zu ausgeprägter Erschöpfung der werdenden Mutter führen. Das liegt vor allem daran, dass die vorangehenden Körperteile – der Po oder die Knie – weicher und kleiner sind als der Kopf. Das Baby kann den Geburtsweg daher während der ersten Wehenphase nicht so effektiv dehnen.
Es besteht die Gefahr, dass die Nabelschnur abgeklemmt wird, bevor das Baby auf der Welt ist.
Ist das Baby mit dem Steiß schon draußen, kann es passieren, dass dein Kind die Arme hochstreckt und dadurch stecken bleibt. Für diese Situation gibt es verschiedene Lösungsansätze, um die Geburt wieder in Gang zu bringen, die aber meist nur sehr erfahrene Geburtshelferinnen beherrschen.
Heikel kann das vor allem dann werden, wenn die Frau ein sehr schmales Becken hat oder das Baby besonders groß ist. In solchen Fällen raten Ärzte in der Regel doch zu einem Kaiserschnitt. Aber das wird vor einer möglichen vaginalen Beckenendlagengeburt per Ultraschall kontrolliert.
Wann wird bei einer Beckenendlage ein Kaiserschnitt empfohlen?
Viele Geburtskliniken bieten Schwangeren mit einer Beckenendlage gar nicht die Möglichkeit einer natürlichen Geburt. Das liegt zum einen daran, dass die Risiken hoch sind und dadurch eine höhere Versicherungssumme gezahlt werden müsste. Das können oder wollen sich viele Kliniken nicht leisten. Zum anderen braucht es für eine möglichste komplikationslosen Steißgeburt ein erfahrenes Team an Geburtshelferinnen und Ärzten.
Daher kann es sein, dass deine Wunschklinik dir gar nicht erst die Möglichkeit zu einer spontanen Geburt bei Beckenendlage bietet oder dir zumindest stark davon abrät.
Folgende Parameter können ein Ausschlusskriterium für eine natürliche Steißgeburt sein und einen Kaiserschnitt nötig machen:
- Zu großer Kopfumfang des Kindes
- Generelles zu großes und schweres Kind (max. 3.500g Gewicht)
- Gesundheitliches Risiko für die Mutter durch bestimmte Vorerkrankungen oder körperlicher Umstände
Für dich als betroffene Schwangere ist es immere ein Abwägen von Vor- und Nachteilen, ob du eine vaginale Steißgeburt machen willst bzw. dir auch zu traust. Wichtig ist, alle möglichen Risiken abzuwägen und die beste Entscheidung für die Gesundheit von dir und einem Baby zu treffen.
Bildquelle: Getty Images/ AndreyPopov