Nach der Schwangerschaft haben viele Mamas einen hervorstehenden Bauch. Das hat nichts mit überschüssigen Pfunden und auch nichts mit fehlender Fitness zu tun: Eine Rektusdiastase kann vielmehr die Ursache sein und ist häufiger, als gedacht. Wie du sie erkennst und ab wann sie behandelt werden sollte.
- 1.Was ist eine Rektusdiastase?
- 2.Wie entsteht eine Rektusdiastase?
- 3.Wie erkennt man eine Rektusdiastase?
- 4.Rektusdiastase ertasten
- 5.Was tun bei einer Rektusdiastase nach der Schwangerschaft?
- 6.Wie wird eine Rektusdiastase behandelt?
- 7.Lässt sich eine Rektusdiastase vorbeugen?
- 8.Welche Übungen vermeiden bei einer Rektusdiastase?
- 9.Wie lange dauert es, bis eine Rektusdiastase wieder weg ist?
- 10.Was ist, wenn man eine Rektusdiastase nicht behandelt?
Was ist eine Rektusdiastase?
Unter einer Rektusdiastase (diastasis recti) versteht man das Auseinanderstehen der beiden geraden Bauchmuskeln, sodass eine Lücke dazwischen entsteht. Sie kann angeboren sein oder im Laufe des Lebens entstehen, z. B. bei Übergewicht oder nach OPs. Am häufigsten tritt eine Rektusdiastase nach einer Schwangerschaft bei Frauen auf: Im Schnitt sind 37 % der Erstgebärenden und 67 % der Mehrfachmamas nach der Geburt davon betroffen.
Wie entsteht eine Rektusdiastase?
Während der Schwangerschaft dehnt sich unser Gewebe im Körper, um Platz für das Wachstum von Baby und Gebärmutter zu machen. Das Hormon Relaxin trägt dazu bei, dass die Muskulatur im ganzen Körper gelockert wird. Im gesamten Bauchraum verschieben sich die Organe – und auch die geraden Bauchmuskeln werden verdrängt, sodass sie zur Seite hin ausweichen und die sogenannte Linea alba hervortritt.
So entsteht eine Lücke zwischen den Bauchmuskeln, die nach der Geburt sichtbar wird. Im Durchschnitt ist die Rektusdiastase 2 bis 10 cm breit und 12 bis 15 cm lang.
Es gibt verschiedene Arten von Diastasen:
- Um den Bauchnabel
- unterhalb vom Bauchnabel Richtung Becken
- obehalb vom Bauchnabel Richtung Rippen
- Vollständige oder komplette Rektusdiastase von Rippen bis Schambein
Wie erkennt man eine Rektusdiastase?
Eine Rektusdiastase wird am besten von deiner Frauenärztin oder Hebamme diagnostiziert. Das geht schnell durch ein Gespräch und Abtasten. Wenn nötig, können auch Messgeräte, Ultraschall oder CT eingesetzt werden, das ist aber selten. Es ist wichtig, dass du dich untersuchen lässt, wenn du glaubst, eine Rektusdiastase zu haben oder dir unsicher bist. Folgende Symptome deuten stark auf eine Diastasis recti hin, auf die du achten kannst:
- dein Bauch wölbt sich im Stehen sichtbar nach Vorne
- bei Anspannung deiner Bauchmuskeln entsteht eine Wulst
- sie wird größer bei Druck, beim Aufrichten, Husten oder Lachen
Eine Rektusdiastase kann ganz symptomlos sein oder auch "nur" ein optisches Problem. Aber auch wenn du folgende postpartale Beschwerden hast, ist die Wahrscheinlichkeit einer Rektusdiastase größer und eine Behandlung wichtig:
- Beckenbodenschwäche
- Untere Rückschmerzen
- Hüftschmerzen
- Inkontinenz nach der Geburt
- Gebärmuttersenkung
Ihr seid wichtig
Viel zu oft nehmen wir Mamas die obigen Symptome als Auswirkung der Schwangerschaft hin oder unser Umfeld nimmt uns nicht ernst. Und Zeit dafür haben wir ja eigentlich auch nicht ... Dabei ist es so wichtig, diesen Symptomen nachzugehen, denn sie beeinträchtigen unsere Lebensqualität stark, gehen von alleine nicht weg, können sich verschlimmern und viele andere chronische Beschwerden hervorrufen.
Alle sprechen immer davon, was unser Körper während der Schwangerschaft Außergewöhnliches leistet. Dabei sind es die zahlreichen Umarmungen, das alltägliche Tragen, Spielen, Kümmern, (Wieder-)Einschlafbegleiten, Machen und Tun einer Mama, das ihm mindestens genauso viel abverlangt. Ohne Rektusdiastase, Beckenbodenschwäche und Rückenschmerzen wird es leichter, schöner und umso machbarer.
Rektusdiastase ertasten
Als ersten Schritt kannst du deine Rektusdiastase mit dieser Anleitung meist gut selbst ertasten:
- Lege dich auf den Rücken und hebe den Kopf leicht an.
- Die Knie sind angestellt, die Füße hüftbreit auseinander.
- Setze zwei Finger oberhalb deines Bauchnabels an, die Fingerspitzen zeigen Richtung Schambein.
- Atme aus und spanne deine Bauchmuskulatur an.
- Jetzt kannst du mit den Fingerspitzen leicht in die Bauchdecke drücken und ggf. einen Spalt zwischen den beiden Muskelsträngen ertasten.
Ein Spalt von 1 bis 2 cm ist normal und geht meist von allein wieder zurück. Ab einem Spalt von 2 cm (ca. zwei Finger breit) spricht man von einer leichten Rektusdiastase, ab 5 cm von einer schweren Rektusdiastase. Stark ausgeprägte Rektusdiastasen können bis zu 20 cm breit sein und in der Länge vom Rippenbogen bis zum Schambein reichen.
Wichtig: Wenn du dir nicht sicher bist, ob du eine Rektusdiastase hast, kann deine Hebamme oder die Leiterin im Rückbildungskurs dir zeigen, wie du deinen Bauchmuskelspalt richtig ertastest.
Sprich deine Sorgen auch beim Frauenarzt oder der Frauenärztin an: Durch Abtasten können sie die Diagnose stellen und eine Behandlung einleiten.
Was tun bei einer Rektusdiastase nach der Schwangerschaft?
In vielen Fällen bildet sich eine Rektusdiastase mit zielgerichteten Übungen wieder zurück. Die Übungen zur Stärkung deiner Bauchmuskeln und zur Verringerung des Spalts kannst du dir von deiner Hebamme oder einem/einer Physiotherapeut*in zeigen lassen. Du kannst dich auch gezielt an ein Beckenbodenzentrum in deiner Nähe wenden.
Am Anfang zu Hause können klassische Übungen aus der Rückbildung, aber auch aus dem Yoga oder Pilates helfen, die nur deine tiefe Muskulatur in Becken und Bauch aktivieren.
Wichtig ist, zunächst, deine inneren Bauchmuskeln und deinen Beckenboden zu trainieren und sehr sanft anzufangen. Zu intensive oder falsche Bewegungen, die die geraden Bauchmuskeln stärken, können die Diastase noch vergrößern oder zu Verletzungen führen.
Es gibt immer mehr Online-Programme, die gegen Rektusdiastase gut helfen können, teils aber auch Geld kosten oder unrealistische Resultate versprechen.
Unser Tipp: Schau dir die Kurse und Anbieter genau an, checke unbedingt die Reviews und überlege immer, wie sie in deinen Alltag passen. Während einige sehr zeitintensiv sind, setzen andere vielleicht auf viele Hilfsmittel, die du ggf. noch nicht zu Hause hast.
Das Gute: Es ist nie zu spät, deine Rektusdiastase zu behandeln. Auch Jahre nach der Geburt kannst du die Schwangerschaftsdiastase mit gezieltem Training verkleinern oder wieder loswerden.
Wie wird eine Rektusdiastase behandelt?
Deine Frauenärztin oder dein Frauenarzt können dir Physiotherapie verschreiben, wo dir spezifische Übungen gezeigt werden. Auch im Rückbildungskurs kannst du Techniken lernen, die deinen Spalt zwischen den Bauchmuskeln wieder verkleinern. Sehr selten, besonders, wenn es zu einem echten Bruch im Gewebe kommt, kann eine Operation nötig sein.
Meistens geht eine Rektusdiastase mit einer Beckenbodenschwäche einher, sodass beide Konditionen zusammen behandelt werden sollten. Wir haben hier die besten Beckenbodentrainer ausprobiert, die wirklich helfen. Dazu findest du hier leichte Übungen, die deinen Beckenboden stärken:
Lässt sich eine Rektusdiastase vorbeugen?
Die meisten Rektusdiastasen sind erworben, der Großteil davon wegen einer Schwangerschaft. Andere Risikofaktoren spielen eine eher untergeordnete Rolle.
Faktoren, die eine Rektusdiastase begünstigen
- Alter über 35 Jahre
- Mehrfach- und Mehrlingsschwangerschaften
- hohes Geburtsgewicht des Kindes
- exzessive Bauchmuskelübungen während der Schwangerschaft
- starke Belastung des Bauches während der Schwangerschaft, z. B. durch schweres Heben
- vorhergehender Kaiserschnitt
- Untergewicht
- starkes Übergewicht
Hebammen raten Schwangeren dazu, aus dem Liegen immer über die Seite aufzustehen, denn so schonst du deine geraden Bauchmuskeln und stärkst die schrägen Bauchmuskeln. Die schrägen Muskeln stützen so sozusagen die gerade Muskulatur. Dieser Tipp ist auch nach der Schwangerschaft wichtig, wenn du eine Rektusdiastase hast. Nach der Geburt sind auch Übungen zur Rückbildung wichtig, weil sie gleichzeitig auch der Vorbeugung dienen. Verhindern lässt sich die Rektusdiastase mit diesen Maßnahmen allerdings nicht.
Welche Übungen vermeiden bei einer Rektusdiastase?
Solange die Rektusdiastase tastbar ist, solltest du auf Übungen, die die gerade oder oberflächliche Bauchmuskulatur belasten, verzichten, da sich der Spalt sonst vergrößern könnte. Dazu gehören zum Beispiel Sit-Ups und Crunches, da sie das Problem verschlimmern und zu Haltungsschäden führen könnten. Auch intensive Rückbeugen, wie es sie beim Yoga oft gibt (zum Beispiel herabschauender Hund, Kamel, Bogen), vermeidest du am besten, bis deine Rektusdiastase wieder verkleinert ist.
Wie lange dauert es, bis eine Rektusdiastase wieder weg ist?
Etwa 60 % aller Frauen haben noch sechs Wochen nach der Geburt eine Rektusdiastase, bei über 30 % kommt es auch 12 Monate nach der Entbindung zu Problemen mit der Überdehnung der Bauchmuskeln. Viele von uns bemerken die Rektusdiastase aber auch erst, wenn sich unser Alltag mit Kind etwas einspielt oder unsere Symptome nach der Geburt (Rückenschmerzen und Co.) monatelang nicht besser oder schlimmer werden.
Wenn deine leichte Rektusdiastase nach der Geburt also nicht nach einigen Monaten verschwindet oder mit Übungen nicht besser wird, ist das ein Zeichen, dass deine Übungen nicht funktionieren oder du ein gezielteres Training nach Anleitung benötigst.
Nicht nur unser Körper macht nach der Geburt jede Menge Veränderungen durch! Auch für unser Baby ist es eine aufregende Zeit. Im Video findest du die schönsten Meilensteine:
Was ist, wenn man eine Rektusdiastase nicht behandelt?
Da die Bauchmuskulatur auch für Körperstabilität sorgt, hat sie auch eine wichtige Stützfunktion für unseren Körper. Wird die Muskulatur der Bauchwand wie bei einer Rektusdiastase überdehnt, wird ihre Belastung von den umliegenden Strukturen getragen. Häufige Folgen können (chronische) Schmerzen im unteren Rücken und Instabilität in der Lendengegend sein.
Auch zu Verdauungsproblemen kann es so kommen. Betroffene sind darüber hinaus auch für Bauchwand- und Narbenbrüche anfälliger. Deswegen ist es umso wichtiger, dass du dir Hilfe durch den Arzt, Hebamme, Physiotherapeut*in usw. holst, wenn du betroffen bist und beim Sport auch nur die Übungen machst, die deine Rektusdiastase nicht verschlimmern könnten.
Wir recherchieren mit großer Sorgfalt und nutzen nur vertrauenswürdige Quellen. Die Ratschläge und Informationen in diesem Artikel ersetzen keine medizinische Betreuung durch entsprechendes Fachpersonal. Bitte wendet euch bei gesundheitlichen Fragen und Beschwerden an eure Ärztinnen, Hebammen oder Apotheker, damit sie euch individuell weiterhelfen können.
Quellen: Bundesministerium für Gesundheit, British Journal of Sports Medicine, Physiopedia