Alle Babys weinen. Darauf stellen wir Eltern uns ein. Auch, dass wir mit Schlafdefiziten klarkommen müssen und erstmal in jede Menge Stress geraten können, kalkulieren wir mit ein. Wenn das Baby aber ein sogenanntes Schreibaby ist und exzessiv weint, dann kommen wir schnell an unsere Grenzen. Meine Tipps, was euch dann helfen kann.
- 1.Warum weinen Babys?
- 2.Wie lässt sich ein Schreibaby beruhigen?
- 3.Ab wann ist ein Baby ein Schreibaby?
- 4.Warum schreit mein Baby?
- 5.Wie kann ich die Zeit mit Schreibaby gut überstehen?
- 6.Wo gibt es Hilfe für Eltern von Schreibabys?
- 7.Wie lange ist ein Schreibaby ein Schreibaby?
- 8.Buchtipps für Eltern von Schreibabys
Warum weinen Babys?
Wenn Babys Hunger haben, wenn sie Körperkontakt brauchen, ihnen zu kalt oder zu heiß ist und sie sich unwohl fühlen, dann können sie das nur über Weinen und Schreien mitteilen. Wie sonst sollen sie sich bemerkbar machen? Aber meistens lassen sich die Kleinen auch schnell wieder beruhigen. Denn wenn ihr Bedürfnis gestillt ist, dann sind sie zufrieden.
Und dann gibt es die anderen Babys. Die, die gefühlt IMMER weinen. Die stundenlang brüllen und sich kaum beruhigen lassen. Und solche Babys waren meine Kinder. Alle drei haben im Prinzip in jeder wachen Minute geschrien. Und wie ihr selbst wisst, das macht was mit einem. Weil man sich sehr unzulänglich fühlt, wenn es nicht gleingt, das eigene Kind zu beruhigen.
Wie lässt sich ein Schreibaby beruhigen?
Das ist die vermutlich wichtigste Frage, die Eltern sich im Zusammenhang mit untröstlich weinenden Babys stellen. Denn am Ende geht es immer darum, das Kind zu beruhigen. Und auch wenn wir uns das alle wünschen: DEN einen Tipp, wie es auf jeden Fall klappt, den gibt es leider gar nicht. Ihr könnt aber folgende Dinge ausprobieren:
- Baby tragen: Im ersten Schritt hilft es immer, wenn ihr euer Kind ganz nah an euch ran holt, damit es eure Nähe und Wärme spürt. Menschlicher Kontakt ist das beste Beruhigungsmittel
- Tragetuch oder Trage: Weil ihr irgendwann beide Hände freihaben möchtet, lohnt es sich in ein Tragetuch oder eine Trage zu investieren. Die gibt es auch gebraucht und recht preiswert.
- White Noise: Es gibt verschiedene Apps, die ihr nutzen könnt, um diese gleichbleibende Geräuschkulisse zu erzeugen. Manche Kinder mögen den Sound von Waschmaschinen, vorbeifahrenden Autos oder tatsächlich einfach leichten Krach.
- Hüpfball: Viele Eltern haben bereits in der Schwangerschaft einen Hüpfball angeschafft. Auf dem könnt ihr, euer Baby in der Trage sicher haltend, auf und ab Bewegungen simulieren, die beruhigend wirken können.
- Kinderärztin: Natürlich solltet ihr immer auch bei der Kinderärztin oder dem Kinderarzt absichern lassen, dass keine organischen Gründe für das übermäßige Schreien vorliegen.
- Bei Kindern, die eine Regulationsstörung haben, gilt: Je langweiliger der Alltag – umso besser! Sorgt für einen festen, immer gleichen Tagesablauf und minimiert die Reize von Außen. Bevorzugt lieber gemütliches Kuscheln und Singen zu Hause als viel Action draußen.
- Helft eurem Nachwuchs dabei, zur Ruhe zu kommen, bevor es total übermüdet ist. Hier sind Rituale hilfreich: Singt immer dasselbe Lied und lasst euer Baby immer am selben Ort (am besten abgedunkelt) schlafen.
- Versucht nicht, hektisch eine neue Beruhigungsstrategie nach der anderen auszuprobieren (erst Schaukeln, dann Wippen, dann Singen etc.), sondern entscheidet euch für eine und bleibt dabei.
- Oft übernehmen die Kleinen auch den Stress ihrer Eltern. Vor allem Erstlingsmütter setzen sich unter Druck, weil sie alles richtig, alles perfekt machen wollen. Das Ergebnis ist eine gestresste hektische Mutter, die genau diese Überforderung und Unsicherheit ungefiltert an ihr Kind weitergibt. Deshalb: Keep cool!
- Viele Eltern schwören auf den Besuch bei einem Osteopathen. Nicht selten ist eine Fehlstellung der Halswirbel (sogenanntes Kiss-Syndrom) oder eine Blockade, die sich Babys bei der Geburt zuziehen können, verantwortlich für das Dauergebrüll.
Ab wann ist ein Baby ein Schreibaby?
Schreien gehört bei Babys in den ersten Wochen dazu. Schließlich haben die Kleinen keine andere Möglichkeit, ihre Bedürfnisse zu äußern. Vermutlich lest ihr im Zusammenhang mit Schreibabys immer wieder von der sogenannten Dreier-Regel. Sie besagt: Wenn ein Baby über mehr als drei Wochen hinweg an mindestens drei Tagen in der Woche mehr als drei Stunden pro Tag schreit, gilt es als Schreibaby. Und noch eine "3" ist Bestandteil der Faustregel: Die meisten Schreibabys sind jünger als drei Monate. Beachtet: Das Schreien muss nicht drei Stunden am Stück bedeuten, sondern innerhalb von 24 h.
Diese Regel ist aber auch nur ein Indikator. Es geht immer darum, wie belastet ihr vom Schreien eurer Kinder seid. Ihr müsst nicht die drei Stunden / drei Tage / drei Wochen abwarten, um euch Hilfe zu suchen. Wenn ihr euch belastet fühlt, fühlt ihr euch belastet und dürft Veränderungen zum Wohle der Familie anstoßen.
Ein weiterer Punkt, der auf ein Schreibaby hinweist: Normalerweise sollte sich ein weinendes Baby beruhigen lassen und im Lauf der Zeit auch lernen, sich selbst zu beruhigen. Bei Schreibabys funktioniert das hingegen kaum.
Warum schreit mein Baby?
Viele Jahre hieß es: Verdauungsprobleme oder Unverträglichkeiten. Es kann auch heute noch passieren, dass euch das gesagt wird. Dann seid gewiss: Es stimmt einfach nicht generell. Natürlich kann es Schreibabys geben, bei denen eine Unverträglichkeit der Grund für das Schreien ist. Das stimmt aber nur für einen sehr geringen Prozentsatz der untröstlich weinenden Kinder.
Nichtsdestotrotz spielen Blähungen bei dem komplexen Problem eine Rolle: Babys, die viel schreien, sind angespannt und schlucken große Mengen Luft, ihr kleines Bäuchlein wird zum aufgeblasenen Blähbauch und schmerzt entsprechend.
Der häufigste Grund für das nicht enden wollende Gebrüll ist eine Regulationsstörung. Eure Babys sind völlig überfordert – und schreien deswegen am Stück. Gerade noch in Mamas Bauch, ist das Leben draußen jetzt plötzlich ganz schön aufregend und anstrengend! Auch der Rhythmus zwischen Wachsein und Schlafen will gelernt sein. Einige Babys tun sich dann schwer, zur Ruhe zu kommen. Sie sind überreizt und schlafen schlecht und zu wenig. Und schreien dafür umso mehr.
"Babys, die viel schreien, haben eine Unreife in ihrer Fähigkeit zur Selbstberuhigung. Diese Kinder sind oft sehr sensibel und extrem empfindlich. Sie sind noch nicht in der Lage, die vielen Reize, denen sie ausgesetzt sind, zu verarbeiten."
(Dr. med. Margret Ziegler, Leitung Sprechstunde für Schreibaby im kbo-Kinderzentrum München)
Wie kann ich die Zeit mit Schreibaby gut überstehen?
Ein Allheilmittel gibt es leider nicht. Auch wenn es fast unmöglich klingt, der Schlüssel zum Erfolg liegt in dem simplen Rat: Bleibt selbst möglichst ruhig, geduldig und liebevoll! Versucht für eure untröstlich weinenden Babys da zu sein. Gebt ihnen so viel Wärme und Liebe wie möglich und lasst sie spüren, dass sie immer bei euch geborgen sind. Ansonsten beginnt ein Teufelskreis: Wenn das Geschrei kein Ende hat, werden selbst die geduldigsten und nervenstärksten Eltern irgendwann nervös. Die Hilflosigkeit und Anspannung überträgt sich auf das Kind. Das schreit noch mehr.
- Besprecht eure Überforderung: Ob mit der Hebamme, dem Kinderarzt, eurem Partner, der Partnerin oder Freund*innen. Haltet euch nicht zurück, denn über Belastungen müssen wir mehr reden.
- Sorgt für einen Ausgleich: Ihr dürft euch Zeit für euch nehmen und nicht zuständig sein. Das ist wichtig.
- Holt euch Hilfe: Ihr müsst diese Zeit nicht allein durchstehen. Alles, was euch entlastet, ist gut. Auch professionell könnt ihr euch unterstützen lassen. Eure Kinderärztin, euer Kinderarzt kann auch eine Überweisung an ein SPZ (Sozialpädiatrisches Zentrum) ausstellen, wo euch geholfen werden kann.
- Haltet euch immer vor Augen: Euer Kind schreit niemals, um euch zu ärgern!
- Niemals schütteln: Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie verzweifelt Eltern sein können, wenn das Kind immer weiter schreit. ABER: Ihr dürft euren Nachwuchs niemals schütteln. Nicht nur ein bisschen, nicht nur ganz kurz. Die Folgen dieser Handlung können euer Kind in Lebensgefahr bringen. Bevor ihr spürt, dass ihr eurem Kind etwas antun könntet, legt es an einem sicheren Ort ab. Es ist immer besser ein Kind auch mal unbetreut kurze Zeit schreien zu lassen, als es aus Verzweiflung zu schütteln.
Dadurch, dass Schreibabys so viel Zeit mit Schreien verbringen, haben sie ein permanentes Schlafdefizit. Diese regelmäßigen Schlafphasen sind immens wichtig! Das zu wissen und darauf hinzuarbeiten, kann oft schon für einen entspannteren Alltag sorgen. Auch eine Art Tagebuch kann helfen, die Schwachstellen in eurem Tagesablauf aufzuspüren. Bei uns war es zum Beispiel so, dass ich mich, um dem Schreien der Kinder zumindest zeitweise zu entkommen, beinahe täglich mit anderen verabredet habe. In der Zeit waren meine Kinder ruhig. Abends haben sie dann nur umso mehr geschrien, weil die Erlebnisse ja verarbeitet werden mussten.
"In den ersten Lebenswochen sollten Babys nach eineinhalb Stunden Wachsein ein Nickerchen machen. Eltern müssen ihren Kindern die Gelegenheit geben zu schlafen, sie müssen ihnen helfen, Übermüdung zu vermeiden."
(Dr. med. Margret Ziegler)
Wo gibt es Hilfe für Eltern von Schreibabys?
Und wenn das alles nichts hilft: Scheut euch nicht davor, euch an eine Schrei-Ambulanzen zu wenden! Es ist völlig normal, dass Eltern mit einem Schreibaby völlig entnervt, erschöpft und verzweifelt sind. Das ist kein Grund sich zu schämen. Das ganz individuelle und subjektive Empfinden der Eltern ist wichtiger als die exakte Stundenzahl, die ein Kind mit Schreien verbringt.
"Wenden Sie sich unbedingt an eine Schrei-Ambulanz, wenn die Beziehung zu Ihrem Kind unter den Schrei-Attacken leidet. Wenn Sie Wut und negative Gefühle gegenüber Ihrem Kind haben, ist das in dieser Situation völlig normal - Hilfe von außen ist dann aber sehr wichtig."
(Margret Ziegler vom kbo-Kinderzentrum München)
Wie lange ist ein Schreibaby ein Schreibaby?
Die meisten Schreibabys werden nach drei bis vier Monaten deutlich ruhiger! Sie machen einen großen Entwicklungsschub und haben sich inzwischen insgesamt besser an das aufregende Leben außerhalb von Mamas Bauch gewöhnt. Bei einigen Kindern haben sich die Schreiattacken mit einem halben Jahr etwa erledigt – das ist aber nicht immer der Fall.