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"Jeder Tropfen Muttermilch ist wertvoll" – Interview mit einer Stillberaterin

Tipps der Stillberaterin

Über 80 % aller Mütter stillen nach der Geburt. Manche hören nach ein paar Tagen oder Wochen wieder auf, andere stillen jahrelang. Wir haben anlässlich der Weltstillwoche mit Stillberaterin Anna Hofer über Stillmythen und Hilfsangebote rund ums Thema gesprochen. Aber auch die Themen Schuldgefühle, Sorgen und Ängste von Stillenden kommen im Interview nicht zu kurz, denn viele Frauen bräuchten schnelle Hilfe bei Stillproblemen.

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Anna Hofer arbeitet seit sechs Jahren als freiberufliche Stillberaterin. Sie wohnt mit ihrem Mann und ihrem Sohn in Köln, bietet in dieser Stadt auch Hausbesuche für Stillende an. Wenn ihr nicht in der Nähe wohnt, steht sie euch mit Rat und Tat aber auch via Telefon und Skype zur Seite.

Anna Hofer

Was tun, wenn das Stillen nicht klappt?

Anna, "Stillen ist das Beste fürs Kind", das hören Mütter ja immer wieder. Aber was, wenn es nicht klappt? Fügt man seinem Kind dann einen Schaden zu?

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Nein! Denn gesundheitliche Gründe können das Stillen erschweren oder frühzeitig beenden. Auch sollte der Wunsch zu stillen nicht über das eigene seelische Wohl gestellt werden. Die Vorteile des Stillens sind bekannt und wissenschaftlich belegt. Ob und wie lange gestillt wird, muss in unserer Gesellschaft aber eine individuelle Entscheidung sein dürfen. Die Dauer einer Stillzeit sagt nichts darüber aus, wie sehr wir unsere Kinder lieben.

Über 80 % aller Frauen stillen nach der Geburt. Auch wenn die WHO empfiehlt sechs Monate voll zu stillen, bleibt festzuhalten, dass jeder Tropfen Muttermilch wertvoll ist. Das heißt, der Benefit durch das Stillen ergibt sich ab der ersten Mahlzeit.

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Hilfe von einer Stillberaterin

Wenn es nicht sofort mit dem Stillen klappt, an wen wendet sich eine Mutter denn dann am besten?

Natürlich an ihre Hebamme. Sie betreut in den ersten Tagen und Wochen nach der Geburt. Ihr gegenüber sollte man frühzeitig offen kommunizieren, wenn das Stillen nicht funktioniert oder man sich unsicher fühlt. Sollte die Hebamme nicht erreichbar sein, können Stillberater*innen zurate gezogen werden.

Denn je länger man für sich grübelt und rumprobiert, desto eher können sich Anfangsschwierigkeiten zu Stillproblemen entwickeln. Wir müssen das Stillen nicht bereits beherrschen. Es ist ein Handwerk, das wir erlernen und der Austausch darüber ist wichtig.

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Unterstützung beim Stillen

Wie kann der / die Partner*in denn unterstützen beim Stillen?

Hilfe und Zuwendung sind für Stillende und ihr Baby von unschätzbarem Wert. Gerade im Wochenbett sind Stillende darauf angewiesen, sich von der Geburt zu erholen und sich ganz ihrem Kind widmen zu können. Wenig Stress, wenig Besuch oder andere Termine sind ein wichtiger Baustein für eine gute Stillbeziehung. Es geht darum im neuen und auch ungewohnten Alltag anzukommen. Alle müssen sich erst in ihre neue Rolle einfinden. Das braucht Zeit.

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Das Gefühl der Einsamkeit beim Stillen

Ist es gut, sich vor der Geburt schon mit dem Stillen vom Baby zu beschäftigen? Und wenn ja, wie kann man sich denn darauf vorbereiten?

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Diese Frage ist gar nicht so selten, habe ich mit den Jahren festgestellt. Ich rate Schwangeren und Stillenden gerne eine Stillgruppe zu besuchen. Dort sitzen zehn unterschiedliche Frauen mit zehn unterschiedlichen Babys. Ihre Erfahrungen, Eindrücke und Tipps sind ein wahrer Schatz. So können wir lernen, dass wir nicht allein sind mit unseren Fragen und Unsicherheiten, dass viele Startschwierigkeiten hatten und erfahren, was ihnen geholfen hat, gut durch die Stillzeit zu kommen.

Ein großes Thema ist auch immer wieder die Isolation, die viele Stillende empfinden. Alleine zu Hause mit ihrem Baby, stillend auf dem Sofa oder im Bett. Auch hier kann eine Stillgruppe für Abwechslung im Alltag sorgen und eine Anlaufstelle für Kontakt und Austausch sein.

Brust mit Schwamm aufs Stillen vorbereiten

Ich habe mal gelesen, dass Frauen ihre Brustwarzen mit harten Schwämmen bearbeiten, damit sie, wenn das Baby dann gestillt wird, quasi auf den Schmerz, den das verursachen kann, vorbereitet sind. Was hältst du davon?

Ja, diesen Tipp kenne ich auch. Er ist einer von vielen Mythen, die es rund um das Stillen gibt und er hält sich leider hartnäckig.

Bis auf wenige Ausnahmen, ist das Stillen nach der Geburt möglich. Schmerzen während des Stillens sind immer ein Signal genau hinzuschauen. Deshalb ist eine vertrauensvolle, zeitnahe Unterstützung auch so wichtig.

Stillbeziehung zwischen Mutter und Kind

Wann ist eine Stillbeziehung eigentlich eine gute?

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Das ist eine gute Frage. Stillbeziehungen unterliegen einem individuellen Entwicklungsprozess, der begleitet und unterstützt werden sollte. Die Basics hinsichtlich des Stillens sollten bekannt sein:

  • unmittelbares Stillen nach der Geburt
  • nach Möglichkeit keine Trennung vom Kind
  • Stillen nach Bedarf und nicht nach der Uhr
  • die unterschiedlichen Stillpositionen sollten bekannt sein und umgesetzt werden können.

Je besser wir unser Kind kennen, seine Bedürfnisse erkennen und darauf eingehen können, desto sicherer fühlen wir uns. So werden Stillende und ihr Kind schnell ein eingespieltes Team.

Genießt das Stillen

Was wünschst du stillenden Müttern?

Ich wünsche mir, dass Stillende diese Zeit genießen können. Dass sie wissen, an wen sie sich wenden können, wenn sie Fragen haben. Ich möchte nicht, dass sich nur eine schuldig fühlt oder verurteilt wird, weil nicht oder für kurze Zeit gestillt wurde.

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Stillen muss eine individuelle Entscheidung sein, die Unterstützung erfährt, wo sie gewünscht ist.

Wenn ihr weitere Unterstützung braucht, könnt ihr euch direkt an Anna wenden, oder an die AFS, La Leche Liga oder die BDL.

Wenn ihr gern in der Öffentlichkeit stillen möchtet, könnte das Video noch wertvolle Hinweise geben:

So gelingt’s: Tipps zum Stillen in der Öffentlichkeit Abonniere uns
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Andrea Zschocher

Meine Meinung

Bei drei Kinder ist beim Stillen auch nicht immer alles glatt gegangen. Aber von den ganz großen Problemen bin ich zum Glück immer verschont geblieben, ich denke auch, weil ich Menschen um mich hatte, die sich gut auskennen. Schon bevor ich Kinder hatte, gab es in meinem Freundeskreis so viele tolle Frauen, für die Stillen ganz selbstverständlich war, dass ich nie daran gezweifelt habe, ob das jetzt was für mich ist. Gleichzeitig war immer klar: Es geht nur und ausschließlich die Familie was an, ob und wielange gestillt wird.

Mit solchen Vorbildern ist es vielleicht auch leichter, einen guten Start in die eigene Stillbeziehung zu bekommen. Und mein Rat an alle: Sucht euch Hilfe und Unterstützung, wenn es nicht so läuft, wie ihr es euch wünscht. Niemand sollte beim Stillen leiden!

Andrea Zschocher

Bildquelle: getty images / iStock / Getty Images Plus / erreperdomo
Anna Hofer: privat