Väter die in Elternzeit gehen, das ist eigentlich total normal. Und es sollte, in einer idealen Welt, überhaupt keinen Unterschied machen, ob Mütter oder Väter sich um ihren Nachwuchs kümmern. Aber davon sind wir leider noch weit entfernt. Deswegen sind insbesondere Väter, die (länger) in Elternzeit gehen, mit übergriffigen, verletzenden Aussagen konfrontiert. Uns interessiert: Welche Sätze habt ihr Väter vor oder während eurer Elternzeit gehört? Schreibt uns gern!
- 1.Da hast Du ja ganz schön viel Urlaub dieses Jahr ..."
- 2."Ihr müsst es Euch ja leisten können!"
- 3."Väter können doch die Mutter nicht ersetzen."
- 4."Bei euch scheint ja deine Frau die Hosen an zu haben."
- 5."Wo ist denn die Mutter?"
- 6."Grüß mir die heißen Muddis aufm Spielplatz!"
- 7."Wohin geht deine Elternzeitreise?"
- 8."Dann kannst du die Beförderung ja vergessen, bei so viel Abwesenheit."
- 9."Und was machst, du wenn das Kind schreit? Oder krank ist?"
- 10."Cool, jetzt kannst Du statt ins Büro jeden Tag angeln/golfen/Serien kucken ..."
Da hast Du ja ganz schön viel Urlaub dieses Jahr ..."
Tatsächlich ist es nicht unüblich statt von Elternzeit vom ErziehungsURLAUB zu sprechen. Was daran Urlaub sein soll, ein Neugeborenes beim Ankommen in der Welt zu begleiten, ist nicht wirklich nachvollziehbar, aber das Klischee sitzt einfach tief. Väter, die in Elternzeit gehen, stehen unter dem Generalverdacht einfach nur Urlaub machen zu wollen und sind sehr viel öfter als Mütter mit der Frage konfrontiert, wie lange der Urlaub denn noch dauern würde.
Weil wir wissen: Väter sind toll, schaut euch unbedingt unsere Lieblingserklärung an alle Väter an:
"Ihr müsst es Euch ja leisten können!"
Tatsächlich ist Elternzeit leider für viele Familien ein Luxus. Unfairerweise verdienen nach wie vor Männer im Schnitt mehr Geld für gleiche Arbeit. Weil das Elterngeld aber nicht 100 % des letzten Durchschnitts-Nettoeinkommens ersetzt, sondern nur 67 %, sind finanzielle Einbußen oft ein Thema. Und dann entscheiden die meisten Familien sich doch dafür, dass die Väter wenige Elternzeitmonate übernehmen und der Großteil von der (schlechter verdienenden) Mutter übernommen wird. Statt das aber den Vätern die langfristig denken und ihrer Partnerin ermöglichen den Gender Pay Gap nicht größer werden zu lassen, anzukreiden, sollten wir alle uns dafür einsetzen, dass die Gehälter besser werden. Damit sich möglichst viele Familien diese so wichtige Zeit mit dem Baby auch leisten können.
"Väter können doch die Mutter nicht ersetzen."
Gut, Väter können nicht stillen. Aber was genau, außer dem Stillen, können Väter denn nicht? Wir sollten endlich aufhören weiterhin diese Märchen zu erzählen, dass Kinder nur bei ihren Müttern gut aufgehoben sind. Es braucht mehr zugewandte Väter, die Zeit mit ihren Kindern verbringen. Umso mehr sie das am Anfang tun, umso mehr werden sie sich auch in den nächsten Jahren um die Kinder kümmern. Weil sie selbstbewusst genug sind zu sagen: "Ich kann das auch". Väter müssen Mütter nicht ersetzen, weil Kinder nicht ausschließlich auf Mütter angewiesen sind. Sie brauchen liebevolle zugewandte Menschen um sich, die ihre Bedürfnisse wahrnehmen und befriedigen.
"Bei euch scheint ja deine Frau die Hosen an zu haben."
Warum wird Vätern die sich um ihre Kinder kümmern eigentlich sofort ihre Männlichkeit abgesprochen? Und was hat denn die Elternzeit damit zu tun, dass Männer sich von ihren Partnerinnen angeblich dominieren lassen? Es ist schon bezeichnend, dass manche Menschen glauben, Männer würden nicht gern viel Zeit mit ihren Kindern verbringen wollen. Die Zeiten von toxischer Männlichkeit sollten wirklich vorbei sein.
"Wo ist denn die Mutter?"
Arbeiten. Oder ebenfalls in Elternzeit. Oder bei den Angehörigen. Diskriminierung ist immer unfair. Und so wie Frauen immer wieder gefragt werden, wo denn ihre Kinder in den Zeiten sind, in denen sie arbeiten, so werden Väter gefragt, wo denn die Partnerin ist. Spoiler: Männer können sich um Kinder kümmern, ohne dass eine weibliche Person anwesend ist. Die kriegen das hin. Lasst sie einfach machen.
"Grüß mir die heißen Muddis aufm Spielplatz!"
Die "Muddis" wollen ganz sicher nicht von Leuten gegrüßt werden, die mit so einem Weltbild durch die Gegend laufen. Was ist das überhaupt für eine sexistische Idee, dass Väter nur wegen Frauen auf den Spielplatz gehen würden? Gerade in den ersten Jahren ist so ein Spielplatzbesuch vor allem eins: Stressig. Weil man mehr damit beschäftigt ist, das Kind in jedem Entwicklungsschritt zu begleiten (von "Iss den Sand nicht" über "Die Schippe gehört dem anderen Kind" bis zu "Klar schubse ich dich noch eine Runde an") als mit anderen Menschen ins Gespräch zu kommen.
"Wohin geht deine Elternzeitreise?"
Weil Elternzeit immer und ausschließlich für jede*n Reisezeit bedeutet, oder was? Natürlich ist dem nicht so. Für jede Familie, die während ihrer Elternzeit verreist, kann man sich ja freuen. Aber die Ressourcen haben nicht alle. Und wenn wir ehrlich sind: Urlaub ist nie Alltag. Der ist aber, gerade in der ersten Zeit mit Baby, viel wichtiger für die Väter mitzuerleben.
"Dann kannst du die Beförderung ja vergessen, bei so viel Abwesenheit."
Das ist tatsächlich ein massives Problem, dass Eltern mit solchen Konsequenzen gedroht wird. Mütter hören so etwas meistens bei der Verkündung ihrer Schwangerschaft, Väter, wenn sie planen eine längere Elternzeit zu nehmen. Gesetzlich verboten ist es in beiden Fällen, aber wir alle wissen: Sich gegen solche Sätze zu wehren, erfordert viel Kraft. Und die haben nicht alle. Auch mit Aussagen wie "Hast du keine Angst um deinen Job und deine Karriere?" werden Eltern oft konfrontiert. Ich kann euch nur ermutigen, gerichtlich gegen solche Elterndiskriminierung vorzugehen, denn ihr habt das Recht da auf eurer Seite. Und zwar egal, ob ihr Mutter oder Vater seid.
"Und was machst, du wenn das Kind schreit? Oder krank ist?"
Die Antwort lautet: Kümmern! Was sollen Väter denn daran nicht können? Wie schon geschrieben, wir müssen uns dringend von der Vorstellung verabschieden, nur Mütter könnten sich um ihre Kinder kümmern.
"Cool, jetzt kannst Du statt ins Büro jeden Tag angeln/golfen/Serien kucken ..."
Was man mit Baby halt so macht, oder? Tatsächlich ist die Vorstellung, Männer würden sich in der Elternzeit gar nicht ums Kind kümmern, sondern ihren Hobbys nachgehen, noch extrem weit verbreitet. Was zum einen daran liegt, dass viele Väter vor allem in den sozialen Medien dieses Bild auch aufrecht erhalten und sich so inszenieren, als liefe alles weiter wie bisher. Das tut es vielleicht auch, aber dann auf Kosten der Partnerin, die nämlich nicht entlastet wird, sondern noch mehr schultern muss.
Väter, die sich um ihren Nachwuchs kümmern und alle Pflichten, die eben so anfallen, übernehmen, wissen sehr genau, dass da wenig Zeit für Hobbys bleibt.
Schreibt mir
Es dürfte im Artikel sehr klar geworden sein, was ich von all diesen Sätzen halte. Mein Mann hat sie alle in der ein oder anderen Form gehört, denn er hat bei unseren drei Kindern mehr Elternzeit genommen als ich.
Welche Sätze habt ihr als Väter schon viel zu oft gehört? Welche Erfahrungen habt ihr in der Elternzeit oder im Vorfeld gesammelt?
Berichtet gern davon, die Liste hier lässt sich leider ganz sicher noch verlängern und das würde ich gern tun. Denn es geht darum aufzuzeigen, wo Väter an gesellschaftliche Grenzen stoßen und an denen wir alle noch arbeiten müssen.
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