Regulationsstörungen bei Babys klingen besorgniserregend. In aller Regel sind sie aber harmlos. Es bedeutet vor allem, dass Eltern eine herausfordernde Zeit bevor steht, denn im Babyalter äußern die Kleinsten ihren Unmut eben ausschließlich übers Schreien.
Was sind Regulationsstörungen bei Babys?
Von Regulationsstörungen spricht man, wenn Babys übermäßig viel schreien, wenn sie Einschlaf- oder Durchschlafprobleme haben und / oder es Probleme beim Füttern gibt.
Ich habe mich für mein Buch "Wie du dein Schreibaby beruhigst" (u.a. bei thalia.de für 14,99 €) mit Regulationsstörungen beschäftigt und weiß aus eigener Erfahrung, wie kraftraubend diese Zeit für Eltern ist. Und genau deswegen konzentriere ich mich in meiner Arbeit auch auf die Eltern und was die Regulationsstörungen ihres Kindes mit ihnen machen.
Wir alle lernen Regulation durch Vorleben
Wir Erwachsenen können unsere Emotionen und Befindlichkeiten regulieren, wir haben uns, mehr oder weniger im Griff, weil wir wissen wann welches Verhalten angemessen ist. Kinder lernen das nach und nach, Babys können es überhaupt nicht. Tatsächlich brauchen alle Babys ihre Bezugspersonen, die ihre Bedürfnisse erkennen und befriedigen.
Das muss, altersentsprechend, in einem bestimmten Zeitfenster erfolgen. Umso jünger die Kinder, umso schneller müsst ihr handeln. Ein Neugeborenes, das weint weil es Hunger hat oder sich einsam fühlt, braucht sofortige Zuwendung, ein vierjähriges Kind braucht die Rückversicherung, dass ihr euch kümmert, aber ihr könnt euch mit der Erfüllung dessen auch einen Moment Zeit lassen.
Beispiel für das Erlernen von Regulation
Um mal ein Bild zu zeichnen: Wenn euer Neugeborenes weint, weil es sich einsam fühlt und auf den Arm möchte, dann nehmt ihr es sofort hoch. Einem sechs Monate alten Baby könnt ihr verbal signalisieren, dass ihr da seid und nur noch kurz die Butter in den Kühlschrank räumt, bevor ihr euch kümmert. Bei einem Vierjährigen könnt ihr dann um einen Moment Geduld bitten, bevor ihr eure Aufmerksamkeit auf ihn fixiert.
Kinder lernen so auch, sich selbst zu regulieren und eben nicht immer alles sofort rauszulassen. Sie erleben Selbstwirksamkeit, wenn sie verstehen, dass sie selbst ihr Verhalten und ihre Reaktionen auf Unwohlsein beeinflussen können. Das ist ein ganz wichtiger Schritt, der Kindern auch ganz viel Kraft gibt und sie stark fürs Leben macht.
Woran erkennt man Regulationsstörungen?
Sie äußern sich durch exzessives Geschrei, Schlaf- und Fütterstörungen. Im Klartext bedeutet das vor allem für Eltern große Herausforderungen, weil das viele Geschrei eures Kindes an die Substanz geht. Wichtig ist: Ihr seid der Maßstab dessen, was ihr erträglich findet.
Kommen dann noch Sorgen wegen mangelndem Schlaf und Probleme beim Stillen oder Flasche geben dazu, kann uns Eltern das schnell besorgen. Sprecht im Zweifelsfall immer mit einem Kinderarzt oder einer Kinderärztin darüber. Sie können Entwarnung geben oder auch zu Spezialist*innen überweisen.
Es kann passieren, dass euch gesagt wird, es sei alles in Ordnung und euer Kind hätte keine Regulationsstörungen. Dann nehmt das erstmal an, weil es ja nur sagt: Eurem Kind geht es gut. Aber, von dieser Diagnose geht das Geschrei nicht weg und die Sorgen auch nicht. Deswegen ist es wichtig, dass ihr immer auf euch achtet und euch eben dann Hilfe holt, wenn ihr sie braucht. Es gibt Schreibabyambulanzen und auch viele Schreibabyexpert*innen, die euch gut unterstützen können.
Wann hören Regulationsstörungen auf?
Das ist unterschiedlich. Bei vielen Kindern wird es nach drei Monaten besser, das Geschrei ebbt ab, sie wirken ausgeglichener. Es kann auch sein, dass es besser wird, wenn ihr ab dem sechsten Monat langsam mit der Zufütterung von Brei anfangt.
Manche Babys können es kaum erwarten festere Nahrung zu bekommen und wirken dann auch ausgeglichener. Vergesst aber nicht: Wir reden hier von Zufüttern, eure Kinder müssen nicht auf einmal eine ganze Mahlzeit verdrücken und ihr müsst auf jeden Fall auch nicht aufhören zu stillen.
Es kann aber auch sein, dass euch das Geschrei eures Babys über das gesamte erste Jahr begleitet. Und es gibt auch Kinder, die eine Regulationsstörung haben, bei denen das immer ein Thema bleibt. Da werden euch die Expert*innen umfassender informieren können. In den allermeisten Fällen sind Regulationsstörungen aber ein Thema für die ersten Monate.
Was tun bei einem Schreibaby?
Die Nerven behalten. Auch wenn das so unendlich schwer fällt. Wenn ihr abgeklärt habt, dass es keine organischen Ursachen gibt, dass mit eurem Schreibaby also körperlich alles in Ordnung ist, dann geht es vor allem darum, gut durch diese Zeit zu kommen. Es kann überwältigend sein, dem vielen Geschrei ausgesetzt zu sein. Helft euch und eurem Kind indem ihr:
- Andere ins Boot holen. Bittet sie darum, euch zu unterstützen.
- Viele kleine Gefallen (Essen vorkochen, Geschwisterkinder aus der KIta / Schule mitbringen) entlasten auch.
- Ruhezeiten finden. Ihr müsst nicht 24h für euer Kind da sein, andere Bezugspersonen dürfen euch Freiräume schaffen
- Über Gefühle reden. Ja auch die, die sich ganz schlimm anfühlen.
- Holt eure*n Partner*in ins Boot. Nur weil ihr in Elternzeit seid, heißt das nicht, dass ausschließlich ihr nachts verantwortlich seid. Die Verantwortung für euer Kind tragt ihr gemeinsam.
- Vergesst nicht, dass euer Baby mehr ist als nur Geschrei. Die gute Momente sollten auch gefeiert werden. Weil sie euch durch die schwere Zeit tragen werden.
Buchtipps für Regulationsstörungen bei Babys
Meine Meinung
Meine drei Kinder waren alle Schreibabys. Und die Zeit war unglaublich hart, ich kann das also bei allen Eltern nachempfinden, die das aktuell durchmachen. Ich habe mir damals keine professionelle Hilfe gesucht und rückblickend denke ich, das hat für uns so auch ganz gut gepasst.
Aber ich wünsche mir, dass andere Eltern nicht so lange in ihren Sorgen und ihrem Ausgebrannt sein verharren. Ihr könnt euch dann am besten um eure Kinder sorgen, wenn es euch selbst auch gut geht.
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