Babys lieben Wiederholungen einfach – immer wieder dasselbe Spiel, dasselbe Lied, der selbe Knopf der gedrückt wird und der ewige Kreislauf aus fallen lassen und aufheben. Dass Babys Wiederholungen so spannend finden ist kein Zufall. Denn sie helfen dem Baby beim Lernen, verschaffen ihm Erfolgserlebnisse und Sicherheit. So können wir Eltern Babys dabei unterstützen.
Babys lernen durch Wiederholungen – und nicht nur sie
„Kinder lernen am leichtesten, wenn sie etwas häufig wiederholen“, sagt Sabina Pauen, Entwicklungspsychologin an der Universität Heidelberg. „So ist unser neuronales System geschaltet: Womit man ein paar Mal konfrontiert wird, brennt sich nun mal leichter in die grauen Zellen ein.“ Das ist bei uns Erwachsenen nicht anders. Denkt nur an die Fahrschule: In der ersten Stunde haben unsere Knie beim Treten der Pedale gezittert. Es hat unsere ganze Konzentration erfordert, die Kupplung kommen zu lassen und nicht nur einmal haben wir den Wagen mitten im Stadtverkehr abgewürgt. Heute können wir gleichzeitig – und ohne Anstrengung – die Kupplung kommen lassen, Gas geben, schalten, auf den Verkehr achten und mit dem Beifahrer sprechen. Die einzelnen Handlungen sind uns durch ständiges Wiederholen in Fleisch und Blut übergegangen.
Das Grundprinzip des Lernens ist bei Klein und Groß dasselbe. Aber während das Gehirn eines Erwachsenen schon vielfältig geprägt ist, fängt ein Baby fast bei null an. Ihm begegnet jeden Tag ein ganzes Universum. Jeder Gegenstand, jedes Wort, jede Bewegung sind erst einmal neu und einzigartig. Diese zahllosen, verwirrenden Sinneseindrücke müssen zunächst sortiert werden.
Motivieren muss man ein Baby dazu nicht: Sie sind geborene Lerner. Sie üben so lange, bis sie etwas können oder verstanden haben – ohne Angst vorm Scheitern und äußerst hartnäckig.
Nochmal, nochmal und nochmal: Babys lernen hartnäckig
Nochmal, nochmal und nochmal: Babys lernen hartnäckig. Manchmal sogar so hartnäckig, dass es uns Eltern irritiert. So kann es zum Beispiel sein, dass ein Baby immer und immer wieder auf den Knopf an einem Lampenfuß drückt. Das Baby will damit nicht provozieren – auch wenn es uns nach dem 5. mal vielleicht so vorkommt: „Ein Baby, das sich so verhält, will Kontrolle über seine Umwelt gewinnen“, sagt Sabina Pauen. Das Baby probiert es so oft aus, da nicht alle Dinge in seiner Umwelt so verlässlich und vorhersagbar sind. Und irgendwann begreift das Baby: Es funktioniert immer, das Licht geht jedes mal an!
Führt eine bestimmte Handlung immer zu dem gleichen Ergebnis, gibt das Sicherheit und sorgt für Klarheit. „Wenn das Baby das Prinzip kapiert hat, findet es das Ganze nach ein paar Tagen auch nicht mehr so spannend“, sagt die Entwicklungspsychologin.
Vorerst aber wird das Baby bei seinem Experiment bleiben. Und immer und immer wieder den Knopf drücken. Wenn es also gerade partout nicht passt, dass das Licht ständig an und aus geht, oder die Lampe ein wertvolles Erbstück ist, müssen sich die Eltern was einfallen lassen. Pauen rät, dann aber nicht einfach „Lass das!“ sagen, sondern versuchen, es mit einfachen Worten erklären, z.B.: 'Ja, das kann man an- und ausmachen, aber nicht so oft, sonst geht die Lampe kaputt'. „Auch wenn das Baby das noch nicht in seiner Gänze versteht, wird etwas davon bei ihm ankommen“, so Pauen.
Eltern können aus dem Experiment ihres Babys aber auch ein Spiel machen: Begleiten wir den Wechsel von Licht und Dunkelheit mit den Worten „an“ und „aus“ und animieren so das Baby zum Mitsprechen. Oder wir zeigen ihm, dass das Experiment genauso bei der Küchenlampe glückt – cool, oder?!
Babys können also nicht nur durch aktives Wiederholen lernen, sondern auch durch passives – durch ihre Eltern. Wichtig ist dabei allerdings, dass die Wiederholung freiwillig geschieht. Menschen merken sich Dinge dauerhaft nur, wenn sie sich wohlfühlen und ein echtes Interesse haben. Meist helfen Erwachsene Babys und kleinen Kindern aber ohnehin ganz unbewusst durch Wiederholungen, sozusagen instinktiv. Denn während die Kleinen geborene Lerner sind, sind die Erwachsenen in einigen Bereichen geborene Lehrer.
Auch die Sprache wird durch Wiederholungen gelernt
Wenn wir mit einem Baby sprechen, hebt sich unsere Stimme unwillkürlich, wir reden langsam, deutlich und mit übertriebener Betonung. Die Wörter und Sätze, die wir verwenden, sind einfach – und wir wiederholen sie häufig: Guck mal, ein Hase, da ist ein Hase, ein kleiner, brauner Hase! „Die Sprechmerkmale der Eltern sind hier optimal angepasst an die Fähigkeit des Kindes, Sprache wahrzunehmen“, sagt Kristin Gisbert, Entwicklungspsychologin und Bildungsexpertin. „Ziel dieser Art des Sprechens ist in den ersten Lebensmonaten vor allem die Vermittlung der Sprachmelodie und der charakteristischen Laute. Dazu tragen Wiederholungen erheblich bei.“
Jede Sprache hat durch die Betonung bestimmter Silben ein eigenes Klangmuster. Im Deutschen etwa wird bei zweisilbigen Wörtern die erste Silbe betont: Ha-se. Diese Melodie nehmen Babys bereits im Mutterleib wahr. „Kinder bevorzugen von der Geburt an ihre Muttersprache“, sagt Jürgen Weissenborn, Linguist an der Berliner Humboldt-Universität. „Und nicht zufällig gehören Wörter, die dieser Sprachmelodie entsprechen und häufig wiederholt werden, zu den ersten im Wortschatz eines Kindes.“
Aus diesem Grund sind Babys – und viele Erwachsene – auch ganz vernarrt in Lieder und Reime, die häufig wiederholt werden: „Das ist der Daumen, der schüttelt die Pflaumen“ oder „Backe, backe Kuchen“ sind gewissermaßen typisch deutsch und perfekt geeignet, um Kinder beim Spracherwerb zu unterstützen. Irgendwann weiß das Baby, was als Nächstes kommt, singt und klatscht mit – und hat dabei einen Heidenspaß. Weil es den Ablauf kennt, fühlt es sich sicher.
Um dieses sichere Gefühl wissen gerade Eltern, die auf die „großen“ Wiederholungen im Leben ihrer Babys achten: die Rituale. Sie gliedern den Alltag und schaffen Strukturen, an denen sich der Nachwuchs orientieren kann.