In der DDR war Reisefreiheit politisch gesehen Fehlanzeige. Das hieß jedoch nicht, dass die Menschen nicht viel gereist sind. Wo und wie es nur ging, versuchten die DDR-Bürger dem sozialistischen Alltag zu entfliehen. Reisen durfte man natürlich in der gesamten Deutschen Demokratischen Republik, dem Gebiet der heutigen neuen Bundesländer in Ostdeutschland. Aber auch Auslandsreisen waren teilweise möglich, wenn man die äußerst enervierenden Grenzkontrollen über sich ergehen ließ. Natürlich nicht in die “kapitalistischen Staaten”, doch in viele Staaten des Ostens, zu der die DDR freundschaftliche Beziehungen pflegte. Ferienhäuser und Hotels gab es nur wenige, daher war die Privatunterkunft sehr beliebt und man besuchte sich über Freundschaften, Bekanntschaften und Co. daheim.
Auch Plätze über die DDR-Tourismusverbände oder Jugendtourist gab es wenige und diese waren häufig früh schon belegt. Selbst der betrieblich organisierte Platz in einem der über 1000 FDGB-Ferienheime war meist schnell ausgebucht: Familien, die einen der begehrten Ferienheimplätze ergatterten, waren mehr als glücklich. Kinder urlaubten massenhaft in Ferienlagern der FDJ und viele DDR-Kinder können sich heute noch an unbeschwerte Tage und die erste Romanze im Ferienlager an der Ostsee oder im Thüringer Wald gut erinnern. Wir wagen einen Blick zurück und zeigen euch die beliebtesten Urlaubsregionen der Menschen in der DDR.
Wohin verreisten die DDR-Bürger am liebsten? Wir stellen euch einige ganz typische DDR-Reiseziele vor, die sich auch heute noch großer Touristenströme erfreuen. Unser Weg führt uns erst ins osteuropäische Ausland und dann zu den beliebtesten Ferienregionen des Ostens, die bis heute echte Geheimtipps und wahre Naturschätze sind. Viel Spaß beim Erinnern und Neu- oder Wiederentdecken!
#1 Ungarn: Sommerurlaub am Balaton
Ferien am Balaton war eine DER Top-Destinationen in Sachen DDR-Reiseziele. Der Balaton, zu deutsch “Plattensee”, ist ein flacher Binnensee in Ungarn, wohin es damals wie heute zahlreiche Europäer zog. Der Süßwassersee mit seinen wunderschönen Stränden erstreckt sich mit einem 197 km langen Ufer im Westen Ungarns. Besonders beliebt sind bis heute die Badeorte Siofok, Balatonlelle oder Balatonfüred, wo es damals zahlreiche Appartements und Hotels gab, die ständig ausgebucht waren. Teilweise hat man nur über Beziehungen privat noch eine Unterkunft ergattern können. Was den Balaton heute noch so beliebt bei Familien macht?
Was Urlaub am Balaton heute noch so besonders macht
Der Balaton ist ein von vielen Ufern eher flacher See und eignet sich toll für kleine Kinder und Urlaub mit der ganzen Familie. Rundherum findet ihr eine abwechslungsreiche Landschaft, ungarische Gastfreundlichkeit und viele nette, entspannte Menschen. Doch auch für Partypeople gibt es die passende Abwechslung in zahlreichen Discos, Klubs und Beach Hotels. Rund um den Balaton könnt ihr das ungarische Leben in vollen Zügen miterleben.
#2 Rumänien: Urlaub zwischen Siebenbürgen und Walachei
Auch Rumänien war ein sehr häufiges Reiseziel vor der Wende. Die abwechslungsreiche Landschaft von Gebirge bis Meer und die gastfreundliche Herzlichkeit der Menschen, die hart arbeiteten, aber fast nichts besaßen, lockte viele DDR-Bürger an. Wer Wasser liebte, war glücklich, wenn er einen Ferienheimplatz oder eine Unterkunft am Schwarzen Meer ergatterte.
Doch Hotels und Co. waren auch hier eher unerschwinglich. Man reiste umständlich mit wenig Gepäck, zu Fuß und per Zug oder Anhalter und wenn man Glück hatte, kam man irgendwo bei einer sehr gastfreundlichen rumänischen Familie unter. Häufig hatte man ein Zelt dabei und schlief einfach unter dem Sternenhimmel. Damals entstanden viele Freundschaften, die bei einigen bis heute halten.
Landschaftlich und kulturell ist Rumänien auch heute unbedingt eine Reise Wert, vor allem die Karpaten, Siebenbürgen (Transsylvanien, Heimat von Drakula), Bukarest und die Schwarzmeerküste rund um Constanta sind landschaftlich extrem sehenswert und echte Geheimtipps.
#3 Polen: Urlaub in den Masuren
Viele DDR-Bürger verbrachten ihren Urlaub mit Kind und Kegel auch sehr gern im ostdeutschen Nachbarland Polen. Man gelangte mit Zügen recht schnell an die polnische Ostsee oder die historisch schönen Städte Krakau, Breslau und Warschau. Die Polen waren den Gästen sehr offen und freundlich gegenüber und man pflegte langjährige Freundschaften und besuchte sich gegenseitig bis heute.
Die polnische Ostsee ist aktuell sehr beliebt und häufig auch ausgebucht. Ein Geheimtipp ist die masurische Seenplatte, eine wunderschöne Seenlandschaft im ehemaligen ostpreußischen Gebiet. Dort könnt ihr in romantischer Umgebung jeden Wassersport betreiben, den ihr euch vorstellen könnt und es gibt viele relativ preisgünstige Appartements und Ferienwohnungen, auch für größere Familien und Gruppen.
#4 Tschechien: Urlaub im Böhmischen Land und Städtetrip nach Karlsbad
Urlaub in der ehemaligen CSSR war ähnlich beliebt wie Reisen nach Polen. Man gelangte per Zug oder Bus schnell ins tschechische Nachbarland: Im Winter zog das Riesengebirge Schnee- und Skifans an und im Sommer besuchten Großstadtfans Karlsbad oder Prag. Viele Jugendliche zog es vor allem 1968 in die tschechische Hauptstadt, weil in den Kinos westliche Filme liefen und man Schallplatten westlicher Künstler kaufen konnte.
Das Warenangebot in der CSSR war damals einfach vielfältiger, westlicher und spannender, weshalb es ein Muss war, in den 60er Jahren nach Praha zu reisen. Dort konnte man in Jugendherbergen oder auch Privatunterkünften günstig unterkommen, viele schliefen sogar einfach am Bahnhof. Das goldene Gässchen, der Hradschin, das Kafka-Museum und die Karlsbrücke: Prag ist auf jeden Fall unbedingt eine Reise wert!
#5 Bulgarien: Partyurlaub am Goldstrand
Der bulgarische Goldstrand ist damals wie heute noch eine Hochburg der Partyszene. Man könnte ihn als den “Ballermann des schwarzen Meeres” bezeichnen. In den 70ern und 80ern war die bulgarische Schwarzmeerküste rund um Varna ein beliebtes Ferienziel für die Bürger*innen der DDR. Für bulgarische Herzlich- und Gastlichkeit, wunderschöne Sandstrände und kulinarische Abwechslung nahm man gern die beschwerliche Zugfahrt und nervenaufreibenden Grenz- und Passkontrollen auf sich.
Der Goldstrand unweit der Stadt Warna bekam seinen Namen durch seinen feinen, gelben in der Sonne glänzenden Sand. Auf etwa 3 km Länge könnt ihr auch heute noch chillen, baden, feiern und die bulgarische Sonne zu einigermaßen humanen Preisen in vielen Ferienhotels genießen.
#6 Insel Rügen: Kinderferienlager oder Familienurlaub am Strand
Bleiben wir jetzt in Deutschland: Natürlich war das erste und kostengünstigste Ziel in der DDR immer die Heimat. Doch es gab natürlich damals wie heute beliebte Hotspots. Die Ostsee darf in dieser Liste daher nicht fehlen. Allen voran die Insel Rügen mit ihren schönen Sandstränden und beeindruckenden Buchenwäldern oder den Kreidefelsen, die heute zum Weltkulturerbe gehören.
In der DDR waren vor allem viele Kinder auf Rügen, u.a. im Ort Prora, im Ferienlager. Auf obigem Foto seht ihr ein Kinder-Ferienlager der Wismut, das zu den beliebtesten an der Ostsee gehörte und zahlreichen Kindern mit Massenveranstaltungen schöne Ferientage abseits der eigenen Familie verschaffte. Dort seht ihr, wie Kinder aus der DDR sich gemeinsam mit Kindern aus Polen auf das Neptunfest vorbereiten. So traf man an der Ostsee auch gleich noch Bekannte aus den benachbarten sozialistischen Bundesländern und es entstand ein spannender Austausch.
Romantik und Naturerbe pur an den Kreidefelsen
Es gab überall auf Rügen viele FDGB-Ferienplätze und Zeltplätze, die jährlich im Sommer voll belegt waren. Eine Liste der alten DDR-Ferienanlagen findet ihr auf dieser Website. Sehr viele davon gab es vor allem in Binz und Prora. Das sind auch heute noch, neben Sellin, Sassnitz, Bergen und Göhren, beliebte Urlaubsörtchen auf der Insel.
Heute ist Rügen immer noch ein Urlaubermagnet mit seinen schönen Stränden und dem beeindruckenden Nationalpark Jasmund, wo man entlang der Steilküste wandern und sich die berühmten Kreidefelsen von oben ansehen kann. Das Schönste an der Insel ist ihre Vielseitigkeit, man hat als Familie für jede Aktivität und jede Vorliebe, von Strand- bis Bergaction, etwas dabei und es wird euch garantiert nie langweilig.
#7 Insel Hiddensee: Beliebte Kleininsel an der Ostsee
Ganz in der Nähe von Rügen liegt auch die Insel Hiddensee. Damals und heute war sie ein Paradies für Familien. Die Insel liegt vor der Westküste Rügens auf 16,8 Kilometern Länge und 3 Kilometern Breite. Beeindruckend für die DDR-Bürger*innen und auch die Urlauber*innen heute ist die vielfältige Landschaft dort, der schöne Sandstrand und die vielen kulturellen Angebote. Hiddensee wirbt damit, extrem familienfreundlich zu sein und viele Angebote für Familien zu haben. Ein Besuch lohnt sich jedoch nicht nur bei Badewetter im Sommer, sondern auch in Herbst und sogar Winter. Da gibt es eher noch freie Unterkünfte als in den sommerlichen Monaten.
#8 Sachsen: Das Elbsandsteingebirge entdecken
Ein Nationalgut in der DDR war und ist bis heute das einmalige Elbsandsteingebirge in Sachsen. Zu den bizarren, einzigartigen Felsformationen zieht es seit Jahrhunderten zahlreiche Touristen und Tagesausflügler aus der ganzen Welt. Das Gebirge reicht von Sachsen bis weit nach Tschechien und umfasst in Sachsen die sogenannte Sächsische Schweiz. Die typischen Felsen und ihre Aussichtspunkte sind einfach einzigartig in Mitteleuropa. Scharen von DDR-Bürgern wanderten damals auf den gut gesicherten Wanderwegen und fühlten sich wie im Märchen.
Sächsische Schweiz: Naturschauspiele auf der Basteibrücke bei Rathen
Hier seht ihr, warum die Sächsische Schweiz auch heute noch einen Besuch wert ist: Vor nebelverhangenen Wolken erstrecken sich der Lilien- und Königsstein neben der beeindruckenden Basteibrücke bei Rathen. Wer über diese uralte Brücke wandelt, hat einen spektakulären Ausblick aufs Elbtal und das Elbsandsteingebirge. Über die Brücke, die aus Sicherheitsgründen nur teilweise gesperrt ist, gelangt ihr zur größten mittelalterlichen Felsenburg in der sächsischen Region, der Felsenburg Neurathen. Für Erkundungen eignen sich als Ausgangspunkt das malerische Städtchen Pirna oder der Kurort Bad Schandau.
#9 Der Harz: Verhexte Gebirgswälder und historische Dampfloks
Wer Wanderurlaub liebt, der war zu DDR-Zeiten im thüringischen Harz. Das Mittelgebirge zwischen Wernigerode und Bad Sachsa war und ist ein Mekka für Wanderfreunde und Liebhaber der romantischen Fachwerkhäuser, die vielfach noch erhalten sind. Ihr könnt auf romantischen Wanderwegen die Berglandschaft erkunden und herausfinden, wo die Hexen auf dem Brocken ihre Walpurgisnacht feiern.
Der Harz erzählt euch viele Geschichten von Hexen und Geistern und ist eine spannende Natur- und Erlebnisreise für die ganze Familie. Neben wandern, Naturentdeckungen und Eisenbahnromantik gibt es jedoch auch viele Freibäder für Badespaß, Burgruinen, einen alten Stollen, den man besichtigen kann, die Ziegenalm Sophienhof mit eigener Käserei oder die atemberaubende Hängeseilbrücke über der Rappbodetalsperre.
Unterkünfte im Harz findet ihr vor allem in Ferienappartements, es gibt aber in den kleinen Städtchen auch einige Hotels oder Wanderhütten, in denen ihr auch mal günstig mit Halb- oder Vollpension ein paar Nächte verweilen könnt.
#10 Thüringer Wald: Wandern entlang des Rennsteigs
“Ich wandre ja so gerne am Rennsteig durch das Land,
den Beutel auf dem Rücken, die Klampfe in der Hand.”
Diese Zeilen von Karl Müller und Herberth Roth kennt jeder, der zu DDR-Zeiten im Thüringer Wald unterwegs war. Hier hört man auch vielerorts noch das sogenannte Rennsteiglied. Der Rennsteig war und ist der beliebteste Wanderweg im Thüringer Wald. Auf 169,3 km wandert man vom Mittellauf des Flusses Werra bei Eisenach bis zum Oberlauf der Saale bei Blankenstein. Der Höhenweg über dem Kamm des Thüringer Waldes wurde schon von vielen Dichtern besungen und ist aktuell wieder so beliebt wie damals.
Doch nicht nur Positives verbindet uns mit diesem Ort: Wer hier entlang wandert, kann vor allem im östlichen Teil noch die Sperranlagen des ehemaligen sogenannten “Todesstreifens” sehen, denn dort überschreitet der Wanderweg die Grenze zwischen Bayern und Thüringen. Daher wurde er besonders scharf überwacht und erinnert uns an vielen Stellen an das Leid durch die Grenzsoldaten, dass viele Menschen an der Grenze ertragen mussten.
#11 Der Spreewald: Wasserlandschaft in Brandenburg
Südlich von Berlin in der brandenburgischen Lausitz liegt die einmalige Kulturlandschaft des Spreewaldes. Schon für die DDR-Urlauber war ein Kurztrip oder Urlaub rund um das Wasserörtchen Lübbenau ein Highlight und Erholung pur.
Der Spreewald ist eine natürliche Fluss- und Moorlandschaft, die durch Kanäle ergänzt wurde, an deren Rändern Menschen in besonderen Hütten und Häusern leben, die exakt an diese Wasserlandschaft angepasst sind. Die Naturschätze des Spreewaldes entdeckt man während einer Kahnfahrt mit Fährmann, oder paddelt selber im Kanu oder im Kajak.
Das Besondere der Landschaft sind seine sorbischen Bewohner, die Wenden – ein slawischer Volksstamm, der sich im 6. Jahrhundert dort ansiedelte und eine ganz eigene Kultur lebte. Einige Bewohner bewahren bis heute die sorbische Lebensweise und tragen die typische Tracht, die man als Tourist*in dann dort bestaunen kann.
Wenn ihr den Spreewald besucht, solltet ihr Wasser lieben und eure Kinder sollten offen für Wasseraktivitäten sein. Übernachten könnt ihr in einem der vielen Appartemens oder Hotels. Die Region ist vollkommen auf Urlauber ausgelegt.
Habt ihr jetzt so richtige Reiselust bekommen? Dann nichts wie rein ins nächste Abenteuer.
Video: 6 abwechslungsreiche Idee für euren Erlebnisurlaub mit Kindern
Wenn ihr euch noch weiter für die DDR interessiert und ostalgisch stöbern mögt, dann schaut euch mal folgende Beiträge von uns an:
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