Wann habt ihr eigentlich das letzte Mal ein Buch in der Hand gehalten? Früher war das vermutlich öfter der Fall. Einige Romane begleiten uns ein Leben lang, weil sie uns inspirieren, verstören oder ganz neue Welten erkennen lassen. Nicht alle Bücher haben wir gern gelesen, besonders dann nicht, wenn sie uns von der Schule vielleicht aufgedrückt wurden. Diese DDR-Buchklassiker sind eine Mischung aus Beidem. Sie waren teils Pflichtlektüre in der Oberschule, haben aber sicher auch ganz viele Menschen beeinflusst. An welches Buch erinnert ihr euch besonders?
Christa Wolf
Der geteilte Himmel
Dieses Buch hat nicht nur jede Menge Schulklassen in der DDR begleitet, sondern wurde wirklich oft auch privat gelesen. In Christa Wolfs "Der geteilte Himmel" ist Trennung in all ihrer Form das bestimmende Thema.
Im Krankenhauszimmer erwacht im August 1961 Rita Seidel aus ihrer Ohnmacht. Sie beginnt sich zu erinnern: an ihren Betriebsunfall und an Manfred Herrfurth. Sie war mit dem Chemiker in der Hoffnung auf ein gemeinsames glückliches Leben in die Stadt gezogen. Aber jetzt ist er nicht mehr da. Manfred ist vom Chemikerkongress in Westberlin nicht mehr zurückgekehrt, im festen Glauben, dass Rita ihm folgen wird. Die aber sitzt nun fest.
Christa Wolf war eine der bedeutendsten Schriftstellerinnen der DDR. Als erste in der DDR lebende Autorin wurde sie 1980 mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet. Neben "Der geteilte Himmel" sind auch "Nachdenken über Christa T.", "Kein Ort. Nirgends" und "Kassandra" sehr bekannte Werde aus der DDR-Zeit.
Ulrich Plenzdorf
Die neuen Leiden des jungen W.
Die allermeisten kennen "Die Leiden des jungen Werther von Goethe. Der Schriftsteller Ulrich Plenzdorf hat die alte Geschichte in ein "neues" Gewand getaucht und dabei ergründet, in wie weit denn auch 1972 Werther, der in diesem Roman Edgar heißt, noch liebt und leidet. Es gibt viele Parallelen: Beide Männer, Goethes Werther und Plenzdorfs Edgar, lieben eine unerreichbare Frau, bauen ein Verhältnis zum Verlobten dieser Frau auf und sind gesellschaftskritisch. Als Kinder ihrer Zeit kritisiert der eine die Ständegesellschaft, während Edgar sich kritisch mit der Regierung auseinandersetzt. Und, das dürfte hinlänglich bekannt sein, beide sterben.
Ulrich Plenzdorf hat außerdem noch "Die Legende von Paul und Paula" geschrieben.
Spur der Steine
Das Buch "Spur der Steine" ist ein absoluter Klassiker der DDR- Literatur, heute aber nur noch antiquarisch erhältlich. Bei Ebay oder Medimops habt ihr aber gute Chancen, dass der Roman vorrätig ist. Es geht um den Zimmermann Hannes Balla, der im Laufe der Geschichte eine Wandlung vom auf seinen eigenen Vorteil bedachten Handwerker zum Sozialisten durchmacht. Es gibt außerdem eine Dreiecksliebesgeschichte um Katrin Klee, die sowohl in Balla als auch in seinen Gegenspieler Werner Horrath verliebt ist und schließlich mit dem verheirateten Parteisekretär ein Kind bekommt. Obwohl "Spur der Steine" eine Fiktion ist, ist dieser Roman auch ein Stück Zeitgeschichte, die nachzeichnet, wie die Kollektivierung der Landwirtschaft vorangetrieben wurde.
Zum Roman gibt es auch eine Verfilmung von Frank Beyer mit Manfred Krug in der Hauptrolle.Nach nur drei Tagen im Kino wurde der Film verboten und erst nach dem Zusammenbruch der DDR wieder ausgestrahlt.
Nackt unter Wölfen
Auch "Nackt unter Wölfen" ist ein Klassiker der DDR-Literatur. Bruno Apitz, selbst im KZ Buchenwald inhaftiert, schreibt über ein dreijähriges Kind, das in Buchenwald von Häftlingen versteckt wurde und so überleben konnte. Vorlage für den Roman ist Stefan Jerzy Zweig, der tatsächlich im Alter von drei Jahren von seinem Vater in einem Rucksack versteckt und nach Buchenwald gebracht wurde. Apitz Roman bleibt aber genau das: Ein Roman, der mit Fakten spielt, aber nicht die Realität in Gänze abbildet. Der Autor hatte beispielsweise keinen Kontakt zu dem Jungen während der Zeit in Buchenwald, sie trafen sich erst nach Erscheinen des Romans in der DDR.
Was bleibt, ist ein Roman über Menschlichkeit unter unmenschlichen Bedingungen. Und dieses Thema ist eines, dass uns über alle Zeiten hinweg begleiten wird.
Das siebste Kreuz
Natürlich findet sich unter den DDR-Buchklassikern vor allem antifaschistische Literatur. Immerhin war Antifaschismus Staatsdroktrin der DDR.
In "Das siebte Kreuz" fliehen sieben Gefangene aus dem Konzentrationslager Westhofen. Nur einer von ihnen kann sich retten, die anderen werden entweder gefasst oder sterben bereits auf der Flucht. Und ab da ist Georg Heisler auf Hilfe angewiesen. Jeden Menschen, den er trifft, stellt er durch seine Anwesenheit die Frage: Wie entscheide ich mich? Für Menschlichkeit oder Denunziation? Verrate ich den Geflüchteten oder solidarisiere ich mich mit der Person, die da vor mir steht?
Seghers Roman basiert auch auf der eigenen Fluchterfahrung. Sie schreib den Roman ab 1938 im Exil in Südfrankreich, griff auf Erinnerungen aus ihrer Heimat und dem KZ Osthofen zurück. 1942 wurde "Das siebte Kreuz" in den USA veröffentlicht. In der DDR wird der Roman Pflichtlektüre für den Deutschunterricht an den Oberschulen.
Wie der Stahl gehärtet wurde
"Wie der Stahl gehärtet wurde" ist gar nicht in der DDR entstanden, sondern bereits lange davor. 1932 wurden die ersten Ausgaben, der Roman wurde aber mehrfach geändert. Bis heute gibt es um dieses Buch viele Diskussionen, weil insbesondere die Partisanenbewegung Machnowschtschina viel zu negativ und im Geiste der damaligen Zeit dargestellt wurde.
Auch dieses Buch bekommt ihr, wie viele andere DDR-Buchklassiker, meist gebraucht für wenig Geld. Schaut euch doch bei ebay oder Medimops mal um.
Das Judenauto
Franz Fühmann war in der DDR vor allem für seine Kinder- und Jugendbücher bekannt. Aber er schrieb auch für Erwachsene, gilt als einer der bedeutensten Autoren der DDR. Neben den Erzählungen, die in "Das Judenauto" versammelt sind, dürften vor allem seine Nacherzählungen von mythologischen Stoffen weit bekannt sein. Ob "Das Nibelungenlied", "Prometheus" oder "Das Hölzerne Pferd", Fühmann gelang es, mit seinen Werken Menschen zu begeistern, die sonst keinen Zugang zu diesen klassischen Stoffen hatten.
Der Mittelpunkt der Erde
Günter Kunert ist vor allem für seine Gedichte bekannt, hat aber auch Erzählungen, Kurzgeschichten und autobiografische Aufzeichnungen verfasst. Er erhielt 1979 ein mehrjähriges Visum und verließ die DDR. Schreibend setzte er sich weiterhin mit ihr auseinander. Die meisten von Kunerts Büchern sind nur noch antiquarisch zu bekommen, eine Ausnahme bildet der kurz nach seinem Tod veröffentlichte Roman "Die zweite Frau".
Anne Frank Tagebuch
Das Tagebuch der Anne Frank ist kein reiner Klassiker der DDR-Literatur, denn natürlich ist dieses Buch weltweit bekannt. Aber es wurde eben auch in der DDR viel gelesen, war Pflichtlektüre in der Schule.
Es gibt unterschiedliche Fassungen des Buches, u.a. weil Otto Frank, Annes Vater, aus Diskretion einige Teile aus dem Manuskript entfernte. Die hier gezeigte Version ist nicht die, die in der DDR gelesen wurde, sondern die, die der Anne Frank Fonds Basel als einzige Fassung autorisiert hat.
Die Väter
Willi Bredel hat die erste literarische Darstellung aus einem deutschen KZ geschrieben. Der Roman "Die Prüfung" basiert auf seinen eigenen Erfahrungen im KZ Fuhlsbüttel und auf Aufzeichnungen seines Mitinsassen Fritz Solmitz. Bredels Roman "Die Väter" war Pflichtlektüre in der Abiturstufe. Es erschien im Rahmen der Triologie "Verwandte und Bekannte" und umfasste außerdem die Werke "Die Söhne" und "Die Enkel". Die beiden letztgenannten Romane konnten das Publikum aber kaum begeistern, nur "Die Väter" wirkte nachhaltig nach.
Die Umsiedlerin oder das Leben auf dem Lande
Heiner Müller gilt als einer der bedeutensten Dramatiker des Landes. Durch Publikations- und Aufführungsverbote in der DDR wurde Müller im Westen eher rezipiert. Erst nach dem Mauerfall wurde auch in der ehemaligen DDR bekannt, wie bedeutend Müllers Arbeit war.
"Die Umsiedlerin" entstand als Auftragsarbeit für das Deutsche Theater Berlin. Das führte dazu, dass zu den Probenarbeiten erst ein Teil des Gesamttextes vorlag und sich Müller von den Laien-Darsteller*innen inspirieren ließ, sein Werk zu vollenden. Die Premiere des Stücks wurde überschattet von Störversuchen der Partei, die nicht abschätzen konnte, wie linientreu Müllers Stück war. Die Darsteller*innen wurde aufgefordert, sich vom Regisseur und Autor zu distanzieren, Müller wurde aus dem Schriftstellerverband ausgeschlossen. Bis 1973 wurden in der DDR keine Stücke von Heiner Müller aufgeführt. Erst 1984 wurde "Die Umsiedlerin oder Das Leben auf dem Lande" unter seinem Originaltitel am Puppentheater Neubrandenburg wieder gezeigt.
Hinze-Kunze-Roman
Volker Braun zählt, zusammen mit Heiner Müller und Peter Hacks, zu den wichtigsten Dramatikern der DDR. Sein "Hinze-Kunze-Roman" spürt der Frage nach, wie eine Gesellschaft eigentlich darüber bestimmt, wer Herr ist, und wer Knecht. Kunze ist ein Politiker, versteht sich aber als Arbeiterklasse und benimmt sich, als kenne er keine Sorgen. Insbesondere gegenüber Frauen ist er übergriffig. Hinze, der für ihn arbeitet, muss sich damit auseinandersetzen, dass das Kind, was seine Frau Lisa erwartet, eventuell gar nicht von ihm, sondern von Kunze sein könnte....
Video: Typische DDR-Produkte, die es heute noch gibt
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