Auch wenn ihr es nicht glaubt, ihr kennt Spencer Elden. Denn der heute 30-Jährige ist das Baby, das auf dem Cover von Nirvanas "Nevermind" einem Geldschein hinterher schwimmt. Was die Eltern vor dreißig Jahren vielleicht ganz lustig fanden, beschäftigt den Mann sein ganzes Leben. Denn jeder hat ihn als Baby nackt gesehen.
In diversen Artikeln und Interviews hat sich Spencer Elden in den letzten Jahren zu seinen zwiespältigen, vollkommen nachvollziehbaren Gefühlen bezüglich des Nirvana-Covers ausgelassen. Einerseits scheint er stolz, Teil der Popgeschichte zu sein, er hat das Cover mehrfach für Magazine nachgestellt und sich "Nevermind" quer über die Brust tätowieren lassen.
Scham über Kinderfotos
Aber andererseits ist da Scham und ja, auch ein finanzielles Interesse, das Elden vermutlich zur Klage motiviert. Denn während seine Eltern angeblich nur 200 US-$ für das Foto erhalten und überhaupt niemals eine schriftliche Zustimmung zur Verwendung des Fotos gegeben haben, verdienten andere Millionen mit dem Album.
Klage wegen Kinderpornografie
Aktuell hat Spencer Elden beschlossen, die noch lebenden "Nirvana"-Mitglieder Dave Grohl und Krist Novoselic, die Plattenfirma, Kurt Cobians Ehefrau Courtney Love und den Fotografen wegen Kinderpornografie zu verklagen. Er gibt an, dass die Dollarnote erst später zum Foto hinzugefügt wurde und ihn das wie einen Sex-Worker erscheinen ließe. Außerdem handelt es sich bei der Nacktdarstellung eines Minderjährigen um Kinderpornografie. Elden sagt außerdem, er habe lebenslange Schäden davongetragen und fordert 150.000 US $ von jedem der insgesamt 17 Beklagten.
Unklare Bedingungen
Wie genau das Coverfoto entstand, lässt sich heute nicht mehr zweifelsfrei klären. Elden wirft dem Fotografen und den Bandmitgliedern vor, "wissentlich kommerzielle Kinderpornografie produziert, besessen und beworben zu haben." Der Grund sind die gezeigten Genitalien des Babys. Ob den Eltern versprochen wurde, diese nicht zu zeigen, ob es überhaupt eine entsprechende Absprache über die Nutzung des Fotos gab, darüber herrscht bis heute Uneinigkeit.
Fest steht: Unterwasserfotograf Kirk Weddle, ein Freund von Spencer Eldens Eltern, wurde mit dem Foto fürs "Nevermind"- Coverfoto beauftragt. In Pasadena, USA, fotografierte Weddle dann den kleinen Spencer Elden, der Rest ist tatsächlich Geschichte.
Wir tragen die Verantwortung
Nur für den 30-Jährigen ist es das nicht. Denn seine entblößten Genitalien sind nach wie vor für alle sichtbar. Zur Wahrheit gehört natürlich auch, dass niemand je wüsste, wie das Baby auf dem Foto vom Nirvana-Album heißt, hätte Elden nicht selbst immer wieder darüber gesprochen. Aber an diesem Beispiel zeigt sich recht deutlich welche Verantwortung wir für unsere Kinder tragen. Denn die Entscheidungen, die wir heute treffen, können unter Umständen das Leben unserer Kinder für immer beeinflussen.
Eltern treffen Entscheidungen für Kinder
Vermutlich werden die wenigsten von uns die Fotos ihrer Kinder für Werbezwecke zur Verfügung stellen, aber auch diese Stockfotografie, die wir bei familie.de natürlich beruflich nutzen, ist umstritten. Immer geben Eltern ihr Einverständnis dazu, die Kinder werden nicht gefragt bzw. können die Folgen überhaupt nicht überblicken.
Es gilt aber auch, dass jedes Foto oder Video, das ihr von euren Kindern in den sozialen Medien teilt, überlegt sein sollte. Das Foto vom Dreijährigen, der stolz auf dem Klo sitzt, kann auch 30 Jahre später noch gefunden werden, das Video, in dem Papa dem Teenie den Strom fürs PS4-Zocken abdreht, verschwindet nie wieder ganz aus dem Netz.
Sharenting ist ein Problem
Was für Eltern ein lustiger, schräger, witziger Moment ist, kann für Kinder lebenslange, nicht überblickbare Folgen haben. Deswegen müssen wir auch verstärkt über Sharenting reden, denn am Ende werden es unsere Kinder sein, die von den Folgen betroffen sind und einen Weg finden müssen, damit umzugehen.
Wenn euer Kind Probleme mit Mobbing hat, dann solltet ihr euch Hilfe suchen. Unser Video bietet erste Tipps:
Mein Fazit
Ich schreibe viel über Sharenting, Cybergrooming und all die Themen, mit denen sich Eltern vielleicht lieber nicht so gern beschäftigen. Dabei ist genau das wichtig, wegschauen und auf das Beste hoffen, bringt niemanden weiter.
Schon die Tatsache, dass ein Foto, dass 1991 veröffentlicht wurde, noch heute massenhaft im Umkreis ist und ein Leben so massiv beeinflusst, zeigt doch unsere elterliche Verantwortung. Damals steckte das Internet noch in den Kinderschuhen, all das, was heute möglich ist, war Utopie.
Niemand von uns weiß, was in Zukunft möglich sein wird, und deswegen, auch wenn es einige nicht mehr hören können, ist jede Entscheidung zum Schutz der Persönlichkeitsrechte unserer Kinder so wichtig.
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