Am 8. Februar 2025 jährt sich die Gründung des DDR-Geheimdienstes zum 75. Mal. Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) sollte "Schild und Schwert" der SED-Regierung sein und schikanierte mit seinen Bespitzelungsmethoden viele Menschen, die als "Feinde der Republik" angesehen wurden. Seit 1950 überwachte das MfS die Menschen im Land mit einem großangelegten Personal und wollte alle Lebensbereiche der DDR-Bürger kontrollieren. Das 75. Jubiläum ist ein historischer Anlass, auf einen der gefürchtetsten und umstrittensten Geheimdienste zurückzublicken, der im Volksmund "Stasi" genannt wurde.
Gründung der Staatssicherheit
Das Ministerium für Staatssicherheit, kurz MfS oder Stasi, wurde am 8. Februar 1950 als Geheimpolizei der DDR gegründet. Das Organ, das den DDR-Staat vor sogenannten "Feinden" beschützen sollte, ermittelte anfangs mit ungefähr 3000 Mitarbeitern gegen Sabotage des Staates und die zunehmenden Fälle von Republikflucht. So nannte man den Vorgang, wenn Menschen die DDR ohne Genehmigung verlassen wollten.
Es war direkt dem Politbüro, also dem parteipolitischen Führungsorgan und dem jeweiligen Staatschef unterstellt und fungierte als polizeiliche Ermittlungsbehörde und Auslandsnachrichtendienst.
Minister für Staatssicherheit: Erich Mielke
Der 1906 in Berlin Wedding geborene Kommunist Erich Mielke ist Mitglied des ZK der SED und wird 1950 Staatssektretär und stellvertretender Minister im MfS. Er bleibt mit einer kurzen Unterbrechung durch die Ereignisse des 17. Juni 1953 bis zum Ende der DDR 1989 Minister für Staatssicherheit. Der Sportbegeisterte war zudem von 1953 bis 1989 Erster Vorsitzender der Sportvereinigung "Dynamo Berlin".
1989 kommt Mielke wegen Schädigung der Volkswirtschaft in Untersuchungshaft und wird 1990 in der JVA Plötzensee inhaftiert. 1992 bekommt er einen Haftbefehl wegen 68 Opfern an der innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer.
Aufgabe der Stasi: Totale Überwachung
Erich Mielkes erklärtes Ziel war es, das MfS zu einem flächendeckenden Überwachungsapparat des Staates auszubauen und die Bürger*innen in allen Lebensbereichen auszuspionieren. Dazu hatte die Stasi zum Schutze des Staates in die Privatsphäre der Menschen einzudringen und kontrollierte z.B. die Post und Ferngespräche im Inneren, durfte Staatsanwälte ernennen und hatte Einfluss auf die Musterung von Wehrpflichtigen.
"Genossen, wir müssen alles wissen!"
Die Stasi-Zentrale in Berlin-Lichtenberg
Der zentrale Sitz des Ministers und alle offiziellen Mitarbeiter der Behörde war der Gebäudekomplex des ehemaligen Finanzamtes in Berlin-Lichtenberg. Seit 1950 kamen immer mehr Gebäude hinzu und das Areal rund um Rusche-, Normannen- und Magdalenenstraße bis zur Frankfurter Allee entwickelte sich zur streng geheimen Hochsicherheits-Sperrzone: Bis Oktober 1989 waren auf 22 Hektar ca. 5.000 bis 7.000 offizielle Mitarbeiter tätig.
Diese hoch abgesichteren Büro und Verwaltungsgebäude bildeten als Stasi-Zentrale eine Stadt in der Stadt mit Speisesälen, Konferenzräumen, einem Supermarkt, Friseursalon, Reisebüro, Souvenirshop und einer Buchhandlung. Kein Außenstehender durfte wissen, was hinter den Türen vor sich ging. Der Dienstsitz von Erich Mielke befand sich im Haus I.
Tipp: Auf dem ehemaligen Gelände der Stasizentrale im Haus I befindet sich das Stasimuseum. Ihr könnt dort täglich an einer Führung teilnehmen, in die Geschichte der Staatssicherheit und ihrer Machenschaften eintauchen und euch die ehemaligen Dienstzimmer nebst Überwachungsgeräte und Co. ansehen. Die informative Dauerausstellung lohnt sich für Schulkinder ab ca. 12 Jahren. Auf Nachfrage organisiert das Museum auch Vorträge zu ausgewählten Themen oder Zeitzeugen-Gespräche.
Wer wurde überwacht?
Neben der Spionage im Ausland, also vornehmlich in der Bundesrepublik ging es dem Geheimdienst vor allem darum, potenzielle "Staatsfeinde" im Inneren frühzeitig zu erkennen und diese Bemühungen im Keim zu ersticken. So war das erklärte Ziel eine mögliche kritische Opposition gar nicht erst entstehen zu lassen. Verfolgt wurde also jede*r, der oder die eine kritische Meinung gegenüber dem Staat anklingen ließ und/oder sich erkennbar an die westliche Kultur und Lebensweise der BRD anpasste.
Jegliche politische und nicht-politische Vereine, Gruppen der Kirche und Jugendgruppen oder Subkulturen und Umweltverbände wurden kritisch bezüglich ihrer Tätigkeit und Äußerungen beäugt. Vor allem im Visier waren Menschen mit Verbindungen nach Westdeutschland, sei es durch Freunde oder Familie und alle, die im politischen Widerstand aktiv waren oder sich in irgendeiner Form gegen die DDR und den Staat äußerten.
Eine genaue Zahl aller Bürger*innen, die ausspioniert wurden, ist schwierig festzulegen. Laut Stasi-Unterlagen-Behörde wurden in den 80er-Jahren jährlich ca. 4.000 bis 5.000 Operative und Zentrale Operative Vorgänge durchgeführt, davon wurden ca. 2.000 dieser Ermittlungen jährlich abgeschlossen.
Wer überwachte offiziell und inoffiziell?
Für das MfS arbeiteten eine Vielzahl an offiziellen hauptamtlichen Mitarbeitenden. Das waren meist Mitglieder der Polizei, dem Staatsdienst und Militär. Sie wurden vom Ministerium genau durchleuchtet: Politische Linientreue waren genauso Voraussetzung wie SED-Mitgliedschaft. Als Stasi-Mitarbeiter hatte man viele Vorteile und Privilegien, beruflich wie privat und hatte alle polizeiliche Befugnisse – von Verhaftung, über Verhör bis zur Durchsuchung.
Bis 1989 betrug der komplette Personalstand des MfS insgesamt rund 91.000 hauptamtliche Mitarbeiter. Neben diesen gab es noch die sogenannten inoffiziellen Mitarbeiter, sogenannte IMs. In den 40 Jahren der DDR gab es ca. 612.000 IMs aus der DDR und 12.000 aus der BRD, die ihre Freunde, Familie, Kollegen und Bekannten ausspionierten und an die Stasi berichteten. Deren Durchschnittsalter lag zwischen 25 und 30, wobei der Frauenanteil nur bei 7 % lag. In der BRD waren immerhin 28 % der inoffiziellen Mitarbeiter weiblich.
Die Stasi legte für jeden Ermittlungsvorgang eine Akte an. Diese tausenden Akten werden heute im Stasiunterlagen-Archiv verwaltet und sind für die Bevölkerung zugänglich. Es ist jedem möglich, einen Antrag auf Einsicht in die eigene Stasi-Akte zu stellen.
Wie wurde man IM?
Als IM musste man Informationen sammeln und diese an die Stasi-Mitarbeiter weitergeben. Darin wurde man geschult. Ein IM spitzelte am Arbeitsplatz, in der Schule, Universität, Kirche und in Vereinen, um Untersuchungsvorgänge gezielt einzuleiten oder zu unterstützen. Man konnte sich nicht freiwillig als IM melden, die Stasi-Mitarbeiter warben gezielt Personen an, die strategisch wichtige und gute Kontakte zu bestimmten Vereinen, Berufsgruppen und Gemeinschaften hatten, die man unter Verdacht hatte oder wo man eine staatsfeindliche Tendenz vermutete.
Wer nicht sofort mitmachte, wurde in Einzelfällen unter Druck gesetzt, nicht selten selbst stark überwacht und litt unter diversen Repressalien. In vielen Fällen wurde eine Weigerung als IM tätig zu werden aber akzeptiert.
Einige machten aus Angst oder Aussicht auf Belohnung und persönliche Vorteile mit, andere hatten die (oft trügerische) Hoffnung, durch ihre inoffizielle Arbeit Missstände zu beseitigen und dem Staatsapparat zu zeigen, wie die Menschen wirklich denken. Manche sahen in ihrer IM-Tätigkeit einen gewissen Beitrag, das DDR-System zu stärken. Weitere Details unter bildungsserver.berlin-brandenburg.de
Die 16 Haftanstalten in der DDR
Die Staatssicherheit betrieb in der DDR 16 Untersuchungshaftanstalten in:
- Berlin Hohenschönhausen
- Potsdam
- Frankfurt/Oder
- Cottbus
- Magdeburg
- Rostock
- Schwerin
- Neubrandenburg
- Halle
- Leipzig
- Dresden
- Karl-Marx-Stadt
- Suhl
- Erfurt
- Gera
Die Stasi durfte Menschen einfach auf bloßen Verdacht hin, schon wegen mündlicher Äußerungen, die sich kritisch gegen den Staat richteten, verhaften und vernehmen. Es war eine Behörde ohne rechtsstaatliche Kontrolle. Die Menschen kamen oft zunächst in Einzelhaft und wurden bis zur Grenze ihrer psychischen Belastbarkeit vernommen und verhört.
Es ging darum, die Menschen mit perfiden Verhörmethoden zu zermürben und ihnen Informationen und Geständnisse zu entlocken. Das konnte von wenigen Tagen über viele Wochen gehen. Erst nach einer Verurteilung überführte man Inhaftierte in den normalen Strafvollzug oder wies sie aus der DDR aus. Weitere Details findet ihr bei der BPB.
"In den frühen Jahren der DDR ging das MfS mit offensiver Härte und Brutalität vor. Die Bandbreite der Methoden reichten von körperlicher Gewalt über willkürliche Verhaftungen und Entführungen aus dem Westen bis hin zur Steuerung von Schauprozessen und der Herbeiführung drakonischer Gerichtsurteile."
Traurige Bilanz einer Behörde
Von 1963 bis 1989 gab es in den 16 Stasi-Gefängnissen über 50.791 Verhaftungen und 44.319 Verurteilungen. Die Geschichten der Menschen sind vielfältig und reichen vom eher harmlosen Vortragen "staatsfeindlicher Lieder" über provokantes Auftreten als Punk bis zur versuchten Republikflucht. Auf der Website haft-ddr.de könnt ihr euch über die Hafterfahrungen vieler Menschen informieren und Zeitzeugenvideos ehemaliger Inhaftierter ansehen.
Die größte Haftanstalt in Berlin Hohenschönhausen ist heute Gedenkstätte. Dort führen Historiker und ehemalige Häftlinge als Zeitzeugen durch den historischen Gedenkort, die Haftzentrale und Dauerausstellung. Sehr empfehlenswert für alle mit geschichtlichem Interesse und vor allem für Schulklassen der Oberstufe.