Was ist das Nervigste am Elternsein? Andere Eltern! Denn viele davon liiiiiieeeeben es geradezu, ihre Meinung und Ansichten und ihre Erfahrungen ungefragt kundzutun. Das kann mega stressen und ist oft übergriffig. Hier einige Beispiele aus der Redaktion, welche Sätze wir uns oder unsere Bekannten sich schon anhören mussten.
Viele der folgenden Aussagen sind uns selbst vielleicht auch schon über die Lippen gekommen. Wir alle erkennen uns vielleicht in der einen oder anderen Aussage wieder als diejenigen, die es mal gesagt haben. Daher ein liebevoller Reminder an uns alle: Lassen wir es doch einfach. Unsere Kinder sind unsere Kinder und die der anderen, die der anderen! Man muss doch nicht jedem die eigene Meinung im Sandkasten oder Elterncafé ständig auf die Nase binden, oder?
Satz #1 "Bei uns ist es daheim auch super stressig mit dem Kind"
Meine Kollegin Andrea musste sich das von einer Mutter mit ruhigem Kind anhören, als sie mit ihren drei kleinen Kindern unterwegs war. Sie erinnert uns daran, einander einfach mal eher zu helfen anstatt Kommentare abzugeben.
Bitte lieber Hilfe anbieten statt Öl ins Feuer gießen
Das besagte Vorschulkind spielte ruhig in einer Ecke, während ich versuchte, zwei Kleinkindern hinterherzurennen und das schreiende Baby auf dem Arm zu beruhigen. Macht mir auch heute noch beim Drandenken Stress. Es kann total gut sein, dass diese Eltern auch ihre Herausforderungen hatten, aber in eh schon herausfordernden Situationen noch extra Öl ins Feuer gießen statt einfach Hilfe anzubieten, ist etwas, dass ich nicht nachvollziehen kann.
Satz #2 "Ihre Tochter hat so süße Locken"
Diesen Satz hörte meine Kollegin Charoline oft über ihren Sohn und fragt sich: Warum muss man anhand Äußerlichkeiten automatisch auf ein Geschlecht schließen?
Schließt bitte nicht vom Aussehen aufs Geschlecht!
Ich finde dabei nicht die Verwechslung schlimm, sondern mag es einfach nicht, wenn andere Eltern fremden Kindern automatisch ein Geschlecht zuweisen. Ich sage bei fremden Kindern deshalb immer "ihr Kind/dein Kind", das ist geschlechtsneutral. Wenn ich wirklich wissen will, ob da jetzt ein Mädchen oder ein Junge mit meinen Kindern wippt, dann frage ich ältere Kinder direkt nach ihrem Namen und bei kleinen Kindern frage ich die Eltern.
Ich kenne das auch gut: Als meine Tochter noch ein Baby war, hatte sie viel blau an und wurde automatisch immer als Junge angesprochen. Das ist in vielen Menschen einfach noch so verwurzelt. Doch wenn wir es uns bewusst machen, dass Äußerlichkeiten nichts mit einem Geschlecht zu tun haben, wird das vielleicht irgendwann besser.
Satz #3 "Schläft es denn schon durch?"
Es gibt diese Sätze/Fragen anderer Eltern, die interessiert und freundlich klingen, aber eigentlich nur Vorwürfe machen. Das Thema Durchschlafen ist eines jener Themen, die da besonders beliebt sind. Manche Eltern haben eben das Glück, dass ihr Kind schon mit einem oder zwei Jahr sehr ruhig schläft ohne aufzuwachen. Bei anderen ist es phasenweise so, dass sie teils stundenlang wach sind und ihren Eltern schlaflose Nächte bescheren. Beides ist möglich und ist kein Zeichen von schlechter Elternschaft. Im Übrigen ist es ein Mythos, dass kleine Kinder "durchschlafen müssen".
Satz #4 "Was? Ihr Kind trägt etwa noch Windeln?"
Auch diese Frage impliziert direkt einen Vorwurf. Jetzt fühlen sich bestimmt viele Eltern ertappt, deren Kinder früh trocken geworden sind. Das ist auch toll, aber heißt ja nicht automatisch, dass andere Eltern was falsch machen. Wir sollten aufhören uns da miteinander zu vergleichen und uns gegenseitig ein schlechtes Gewissen zu machen. Meine Kollegin Katja stört an solchen Sätzen die Bedeutung, die dahinter liegt:
Hört mit den unterschwelligen Vorwürfen auf
Alles, was so unterschwellig impliziert, dass sich das Kind nicht gemäß Bilderbuch entwickeln würde oder irgendetwas an der Erziehung nicht richtig wäre, sollten andere Eltern lieber für sich behalten.
Satz #5 "Das dritte Kind läuft so mit"
Viele Eltern von zwei Kindern, die sich überlegen, ob und wann sie ein Drittes möchten, oder Dreifach-Eltern sind, haben schon ähnliche Aussagen gehört. Dieser Satz klingt, als müsse man sich um ein drittes Kind so gar nicht kümmern, als wäre es ein Hund, der nur ab und an gefüttert wird. Das findet Dreifachmama-Andrea befremdlich:
Jedes Kind braucht Aufmerksamkeit und Liebe!
Das ist sowohl für die Eltern als auch das Kind eine echt schwierige Aussage. Klar ist man erfahrener und muss vieles nicht neu besorgen. Aber jedes Kind braucht Aufmerksamkeit und Liebe und Zuwendung. Und die Nerven werden mit mehr Kindern bekanntlich auch nicht unbedingt besser ... Bei mir läuft jedenfalls nicht mal mein Haushalt einfach so mit.
Satz #6 "Du solltest das mit dem Stillen langsam mal lassen, die Kleine ist viel zu dünn, offensichtlich reicht ihr das nicht."
Still-Shaming ist auch sehr beliebt unter Eltern. Die eine stillt zu lange, die andere zu kurz. Es gibt immer Mütter, die ihre eigene Stillerfahrung da als das Nonplusultra sehen und sich beflissen fühlen dies auch zu verbreiten. Unsere freie Redakteurin Julia hat dieser Satz gegenüber ihrer Tochter verständlicher Weise mega wütend gemacht:
Verletzend und unnötig
Mein Kind war da zehn Monate alt und bekam längst Beikost. Das war einfach nur übergriffig, verletzend, uninformiert und unnötig.
Satz #7 "Waaaas? Du stillst nicht mehr?"
Eigentlich hat man es satt, es immer wieder zu betonen: Jede Mutter entscheidet selbst, ob, wann, warum und wie lange sie ihr Kind stillt. Ich musste mir das anhören als meine Tochter mit acht Monaten die Brust nicht mehr wollte. Für mich war das fein, denn so langsam war ich das Stillen nachts auch leid. Wenn es Frauen gibt, die länger stillen (können) und wollen, ist das okay, aber das gilt ja nicht für alle. Vor allem: Mein Kind hat das selbst entschieden, ich habe ihr die Brust nicht entzogen. Mütter wollen einerseits kein Shaming, aber andererseits lieben es viele sich überall einzumischen. Das nervt!
Satz #8 "Sie haben Ihr Kind nicht im Griff"
Dieser Satz wird gern von älteren Menschen gegenüber fremden Kindern fallen gelassen, wenn sie in der Öffentlichkeit murrig und laut sind oder weinen. Daraus spricht eine Zeit, in der man mit Autorität die Kinder zum Schweigen brachte. Dabei haben Kinder doch immer einen Grund, wenn sie so ausflippen und weinen. Mich nervt es auch, wenn mein Kind in der Öffentlichkeit eine Szene macht. Aber es hilft ganz und gar nicht, wenn andere dann solche übergriffigen Kommentare äußern.
Das Kind war einfach müde
"Sie haben Ihr Kind nicht im Griff" sagte mal ein älterer Herr zu meinem Bruder und seiner Tochter in der S-Bahn. Das Kind hat geweint, weil es einfach müde war, nach einem anstrengenden Tag. Der Herr fand wohl, dass weinende Kinder eine Zumutung wären.
Satz #9 "Lisa isst ja alles!"
Seid ihr auch Eltern eines nörgeligen Kleinkinds, das Brokkoli nicht mag, Grünes einfach nicht isst und täglich am liebsten Nudeln möchte? Dann kennt ihr bestimmt auch Eltern, die in Gesprächen übers Essverhalten des Kindes immer betonen, dass ihr Kind alles ist. Erstmal kann ich das dann gar nicht glauben (keiner ist ALLES) und zweitens wollen sie mir damit sagen, dass mein Kind komisch ist. Also was soll das? Und dann fühlt man sich als Elternteil unzulänglich, weil das eigene Kind ein*e Nörgler*in ist. Ich hab auch schon einiges probiert, damit das Kind mal Kartoffeln isst. Jetzt hab ich es akzeptiert, dass sie eben wählerisch ist und fertig. Ihr müsst mir nicht ständig erzählen, dass euer Kind EINFACH ALLES isst.
Keiner ist frei von Fehlern ...
... erst Recht nicht wir Eltern. Lasst uns einfach alle einander ein bisschen mehr respektieren. Dazu gehören auch Kommentare öfter mal sein zu lassen und sie sich zu verkneifen. Vor allem, wenn man diejenigen nicht gut kennt, denen man jetzt am liebsten die eigene Erziehungsmethode referieren möchte. Eltern sein ist Struggle und zwar für jeden von uns. Auch bei denen es super leicht wirkt, ist letztlich nie alles eiapopeia.
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