Schon im ersten Lockdown haben sich die Befürchtung bestätigt: Es gab zunehmend gemeldete Fälle von häuslicher Gewalt in der herausfordernden Zeit. Nun befinden wir uns in den nächsten Wochen wieder alle zu Hause und vor allem während der Feiertage wird es nicht in allen Familien friedlich zugehen. Ihr seid nicht allein: Hier könnt ihr euch Hilfe holen!
Häusliche Gewalt könnte im Lockdown und zu Weihnachten wieder ansteigen
Im Frühjahr zwang der erste Lockdown Familien zu Hause zu bleiben. In jenen Haushalten, wo es bereits Probleme gab, traten diese noch mehr zu Tage. Der befürchtete Anstieg von Meldungen der häuslichen Gewalt und Gefährdung von Kindeswohl nahm tatsächlich zu. Auch wenn es noch keine offizielle Statistik für dieses Jahr gibt: Schon im Jahr 2019 stiegen die Zahlen der gemeldeten Fälle häuslicher Gewalt stark an und für 2020 wird nochmals eine Erhöhung der Zahlen erwartet.
Auch das Bundesfamilienministerium ist sich dieses Problems bewusst und weist jetzt angesichts des neuen Lockdowns verstärkt auf das Hilfsangebot hin.
Jede vierte Frau im Alter von 16 bis 85 Jahren wurde bereits einmal in ihrem Leben von ihrem Lebensgefährten oder Ex-Lebensgefährten misshandelt.
Bin ich von häuslicher Gewalt betroffen?
Viele denken, dass häusliche Gewalt erst mit sexuellem Missbrauch oder körperlichen Übergriffen beginnt. Diese Punkte sind natürlich die Spitze des Eisbergs und Alarmzeichen, sich sofort Hilfe zu holen. Dabei sind auch psychische Gewalt und verbale Attacken schon der Beginn der Problematik.
Kinder leiden vor allem nicht nur dann, wenn ein Elternteil physisch vom Partner oder der Partnerin attackiert wird, sondern bemerken natürlich auch erste Spannungen und vor allem die nicht-körperlichen Mechanismen von Unterdrückung und Bedrohung.
Hilfe solltet ihr euch unbedingt dann holen, wenn euer Partner bzw. eure Partnerin wiederholt Grenzen überschreitet und eine oder mehrere der folgenden Verhaltensweisen zeigt:
- er/sie (vor den Kindern) beleidigt und bedroht
- er/sie häusliches Eigentum im Jähzorn beschädigt
- den Kontakt oder die Kommunikation (Handykontrolle) zu anderen verbietet
- gewalttätig oder beleidigend zu den Kindern ist
- er/sie daran hindert, das Haus zu verlassen
- er/sie eure Finanzen kontrolliert und bestimmt
- er/sie euch nach einer Trennung terrorisiert
All diese Formen von häuslicher Gewalt stellen Straftaten dar. Im folgenden Artikel könnt ihr euch genau informieren, wie häusliche Gewalt definiert ist und was ihr tun könnt.
Hilfstelefon und Frauenhäuser: Hier könnt ihr euch Hilfe holen
Egal, ob ihr die erwähnten Anzeichen von häuslicher Gewalt erst einmalig vorgekommen sind oder ihr und euer Kind schon länger darunter leidet: Wichtig ist, dass ihr euch meldet, mit jemandem außerhalb der Familie sprecht und euch nicht verkriecht und es erduldet. Die Dunkelziffer bei häuslicher Gewalt in Familien ist leider extrem hoch, weil viele die Taten nicht melden.
Das kann sehr viele Gründe haben. Ihr solltet wissen, dass es schon ein erster Schritt ist, sich einzugestehen, was da passiert und dass es nicht Ordnung ist. Ein erstes anonymes Telefonat kann euch da schon helfen und der erste Schritt sein.
Telefonberatung zu häuslicher Gewalt und Gewalt gegen Kinder:
- Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen 08000 116 016, auch Chat- und E-Mail-Beratung verfügbar, Beratung in vielen Sprachen
- Weisser Ring: Hilfe für Kriminalitätsopfer 116 006
- Hilfetelefon Sexueller Missbrauch 0800 22 55 530
- Deutscher Kinderschutzbund Telefonberatung Elterntelefon 0800 111 0 550, Kinder- und Jugendtelefon 0800 111 0 333
- Telefonseelsorge 116 123
- BIG-Hotline Häusliche Gewalt gegen Frauen und Kinder 030 611 03 00
Beratungsstellen und Frauenhäuser in Deutschland
- Frauenhäuser in ganz Deutschland finden
- Adressen Autonomer Frauenhäuser
- Frauen gegen Gewalt Beratungsstellen
- Weißer Ring Hilfe vor Ort
Eine erste Anlaufstelle bei sexuellem Missbrauch oder Verdacht auf solchen kann das Hilfe-Telefon Sexueller Missbrauch (0800 22 55 530) sein. Hier finden Betroffene von sexueller Gewalt in Kindheit und Jugend, Angehörige sowie Personen aus dem sozialen Umfeld von Kindern, Fachkräfte und generell Interessierte anonyme und kostenlose Hilfe. Wer sich nicht traut zum Hörer zu greifen, kann sich auch online beraten lassen. Die Webseite Hilfe-Portal Sexueller Missbrauch beantwortet viele Fragen und hat weitere Kontakte für Hilfesuchende.