Eine Familie ist erst vollständig, wenn mehr als ein Kind dazu gehört? So ein Quatsch. Ein bis zwei Erwachsene plus ein Kind. Das passt perfekt. Denn es gibt seeehr gute Argumente für ein Einzelkind. Warum wir längst widerlegte Vorurteile über Einzelkinder á la rücksichtslos, verwöhnt, egoistisch endlich mal abhaken sollten. Und weshalb ich als Einzelkind-Mama beim Satz "Ich habe nur ein Kind" das NUR ab sofort weglasse.
Familien mit einem Kind sind übrigens gar nicht mehr so selten. Rund ein Viertel der Kinder wächst laut dem Statistischem Bundesamt dauerhaft als Einzelkinder auf. Und auch wenn Eltern oft einen kritischen Blick riskieren, wenn sie sich dazu bekennen, gibt es gute Gründe für die 1-Kind-Familie (mal davon abgesehen, dass da auch gar nicht so selten das Schicksal entscheidet).
#1 Einzelkinder bekommen die volle Aufmerksamkeit
Einzelkinder sind super, weil wir Eltern uns voll und ganz auf unser Kind konzentrieren und mit ungeteilter Aufmerksamkeit auf seine Bedürfnisse eingehen können. Das erleichtert es uns natürlich ungemein, unsere Minis individuell zu fördern und damit ihr Selbstbewusstsein zu stärken, weil sie sich jederzeit mit ihren Bedürfnissen ernst genommen fühlen können.
Aber klar, alles hat zwei Seiten: Natürlich birgt dieser Vorteil auch die Gefahr, sein einziges Kind zu sehr ins Spotlight zu rücken. Wer sich dessen bewusst ist, kann sich jedoch hinterfragen und seinem Einzelkind gezielt mehr Freiräume lassen. Und natürlich spiegeln auch wir Einzelkind-Eltern: "Jetzt geht es gerade nicht", wenn das mal so ist.
#2 Einzelkind-Familien sind flexibler
Es ist auch mit einem Kind nicht immer easy seinen Alltag zu wuppen. Aber natürlich fällt es Einzelkind-Eltern deutlich leichter, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Schließlich will "nur" ein Kind betreut, gekuschelt, beschäftigt, in den Schlaf begleitet oder irgendwo hingebracht und wieder abgeholt werden.
Das macht das Leben für Alleinerziehende sowie Eltern, die beide arbeiten, organisatorisch weniger komplex als das von Großfamilien. Beim Erwachsene-Kind-Verhältnis 2:1 – wie bei uns – fällt es auch leichter, sich alles 50:50 zu teilen.
#3 Einzelkinder sind früh selbstständig
Das gilt natürlich nicht pauschal für jedes Einzelkind. Doch viele Einzelkinder lernen in Ermangelung an Geschwistern schon früh, Probleme alleine zu lösen und werden dadurch quasi nebenbei selbstständiger. Sie sind meist resilienter und leiden nicht so schnell unter Stress. Auch, weil sie einfach so ihre Zeit für sich haben können, ohne sie bei Geschwistern erkämpfen zu müssen.
#4 Einzelkinder können gut allein sein
"Mamaaaa, Papaaa, wollt ihr mit mir spielen?" Weil das nun mal nicht immer geht und keine Geschwister zum Spielen greifbar sind, lernen Einzelkinder früh(er), sich mit sich selbst zu beschäftigen. Langeweile ist daher für sie oft ein Fremdwort.
#5 Einzelkinder sind sozial und teilen durchaus mit anderen
Einzelkind = Einzelgänger? Noch immer hält sich das Gerücht, Einzelkinder seien unsozial und egoistisch. Studien zeigen, dass häufig das Gegenteil der Fall ist. Eine gute Sozialisation ist schließlich nicht nur mit Geschwistern möglich, sondern auch auf dem Spielplatz, in der Kita und der Schule. Unser Einzelkind fällt lustigerweise oft auf, weil er seine Sachen so gerne mit anderen teilt.
Meine Theorie: Er muss zu Hause nie etwas abgeben, weil da keine Geschwister sind – und hat daher wenig Angst, zu kurz zu kommen. Die Kids mit Geschwistern aus unserem Freundeskreis, die viel teilen müssen, sind tendenziell weniger freigiebig (was natürlich auch vollkommen okay ist).
#6 Einzelkinder sind gute Freunde
Während Geschwister sich aneinander festhalten können, müssen Einzelkinder gezwungenermaßen früher lernen, auf andere zuzugehen, Kontakte zu knüpfen und Freundschaften zu pflegen. Viele Einzelkind-Eltern fördern das ganz bewusst schon bei ihren Kleinsten.
Unser Mini hatte von Anfang an viel Kontakt mit anderen Kindern von Freund*innen oder aus Kursen wie Pekip und Babyschwimmen oder im Mini-Sport. Bis heute bekommen wir das Feedback, wie offen, freundlich und sozial unser Einzelkind ist. Und damit ist er nicht allein unter den Einzelkindern.
#7 Einzelkinder scheinen psychisch stabiler zu sein
Dieses Ergebnis einer großangelegten Studie der Ohio State University mit Kindern aus China und den USA haben mich selbst erstaunt: Aber Einzelkinder scheinen demnach im Laufe ihres Lebens seltener mit psychischen Problemen wie depressiven Symptomen oder Ängsten konfrontiert zu sein, als Kinder mit Geschwistern.
Die These der Forscher: Müssen Kinder die Ressourcen und Aufmerksamkeit ihrer Eltern mit mehreren Geschwistern teilen, könnte sich das negativ auf ihre psychische Gesundheit auswirken. Umso wichtiger ist, dass wir alle Kids aus unserem Umfeld im Blick behalten, um sie im Zweifel zu unterstützen. Einzelkind-Tanten oder Onkel haben dafür ja meist etwas mehr Kapazitäten.
#8 Mit Einzelkindern fällt die Urlaubsplanung leichter
Ohja, mit einem Einzelkind ist es natürlich deutlich leichter zu reisen als mit mehreren Kids im Gepäck. Wir Eltern müssen nur die Bedürfnisse eines Kindes berücksichtigen und oft ist es sogar möglich, das Kind kostenlos im Elternzimmer mit unterzubringen.
Wir waren mit unserem Mini zum Beispiel schon auf den Malediven, in Kopenhagen oder Südtirol. Natürlich fahren auch meine Kolleginnen mit mehreren Kindern weg. Trotzdem ist es für 1-Kind-Familien in der Regel leichter und im Vegleich günstiger.
#9 Ein Kind kostet weniger als mehrere
Klingt auf den ersten Blick banal, ist es aber auf den zweiten gar nicht. Viele Eltern überlegen sich heute mit Blick auf ihre Finanzen sehr genau, ob sie sich ein zweites oder drittes Kind leisten können (oder wollen).
Für mich zeugt das von Verantwortungsgefühl, auch wenn es sich falsch anfühlt, seinen Kinderwunsch von den finanziellen Rahmenbedingungen abhängig zu machen. Aber hey, ein Kind kostet bis zu seinem 18. Lebensjahr knapp 165.000 €, ergaben Modellrechnungen des Statistischen Bundesamts. Da können Eltern schon mal kurz ins Grübeln kommen, ob ein Geschwisterchen eine gute Idee ist.
Ich selbst habe drei Geschwister – und so schön das ist, wir alle vier mussten auf vieles verzichten, das für Kinder in unserem Umfeld selbstverständlich war, inklusive Urlaub in der Ferne. Mit einem Kind fällt es den meisten leichter, Herzenswünsche zu erfüllen oder Geld zurückzulegen. Ausnahmen bestätigen die Regel. Ist genug Kohle da, ist das ja auch mit 3 bis 5 Kids kein Problem.
#10 Einzelkinder brauchen weniger Platz
Auch das klingt banaler, als es im realen Leben ist. Eine Familie mit Einzelkind benötigt kein riesiges Haus oder ein extragroßes Auto. Das nimmt viel Druck raus, insbesondere wenn man in einer Stadt lebt, in der großzügige Wohnungen für Familien eher rar sind.
Es fällt Eltern später zudem leichter, die Ausbildung oder ein WG-Zimmer für ein Kind als für mehrere Kids zu finanzieren. Das wäre für mich jetzt kein Grund gewesen, kein zweites Kind zu bekommen, aber hey, es ist ein Vorteil für Ein-Kind-Familien.
#11 Einzelkinder sind oft erfolgreicher in der Schule
Dieses Klischee von Einzelkindern scheint sich tendenziell zu bewahrheiten: US-Studien zeigen, dass Einzelkinder in der Schule erfolgreicher sind und höhere Abschlüsse erreichen. Das gilt auch für deutsche Einzelkinder, bestätigt Professor Kasten, der ein Buch über Ein-Kind-Familien geschrieben hat: „Sie haben häufig eine höhere Leistungsmotivation, was oft in einer besseren Schul- und Berufslaufbahn gipfelt.“
Und dann sind da natürlich noch Eltern, die sich nicht zwischen mehreren Kindern aufteilen müssen, wenn ihr Kind Unterstützung oder eine*n Lern-Partner*in braucht.
#12 Einzelkinder sind kreativ
Klar, das passt nicht für jedes Einzelkind zu 100 Prozent. Aber Einzelkinder müssen tatsächlich eher aus sich heraus kreativ werden, wenn es ihnen zu Hause langweilig wird – und nie ein Geschwisterkind zum miteinander spielen verfügbar ist. Außerdem steht ihnen das gesamte Material zur Verfügung, das Mama oder Papa besorgt haben, und keiner kommt, weil er oder sie jetzt ebenfalls genau DIESE Farbe, DIESES Instrument oder DIESE Legosteine haben möchte.
#13 Einzelkinder sind oft Teamplayer
Weil Einzelkinder wie unser Mini die elterliche Nähe ungeteilt genießen können, entwickeln sie oft eine große Sensibilität für andere, sorgen in Gruppen für Ausgleich, kümmern sich um andere oder schaffen es sogar, gegnerische Parteien zu versöhnen. Und ja, dieses Feedback bekommen wir ziemlich oft zu unserem Einzelkind. Einzelkinder können durchaus Teamplayer sein – und sind es häufig auch.
#14 Einzelkinder bringen weniger Unruhe ins Leben
In einem Haushalt mit Einzelkind geht es ruhiger zu. Zumindest in der Tendenz. Mit mehreren Kindern ist hingegen immer ordentlich was los und die Lautstärke ist im Schnitt deutlich höher. Wobei unser Einzelkind ein ziemlich sportliches ist, das gern seine Freunde zu Besuch hat und dem so einige Quatsch-Ideen einfallen. Aber ja, im Schnitt ist es mit einem Kind immer weniger Gewusel. Und ein Kind wirbelt das Leben insgesamt auch weniger durcheinander.
#15 Einzelkinder sind anhänglicher?
Jein. Aber naturgemäß haben Einzelkinder oft eine besonders enge Bindung an die Eltern. Auch, weil Mütter und/oder Väter mit einem einzigen Kind es leichter haben, dieses so zu sehen, wie es wirklich ist und ihm geben können, was es braucht.
Auch die Geschwister-Forschung deutet darauf hin. Toni Falbo, Professorin für pädagogische Psychologie an der Universität Texas, wertete für ihre Übersichtsarbeit zu Einzelkindern und ihrer Persönlichkeitsentwicklung mehr als 200 Studien aus. Sie fand keine gravierenden Unterschiede zwischen Kindern, die mit oder ohne Geschwister aufwuchsen. Nur ein Unterschied fiel auf: Die Beziehung von Einzelkindern zu ihren Eltern war häufig enger, als die von Kids mit Schwestern oder Brüdern.
Wie ist das bei euch, falls ihr auch Einzelkind-Eltern seid oder ohne Geschwister aufgewachsen seid?
#16 Einzelkinder stehen zu Fehlern
Einzelkinder stehen zu ihren Fehlern – sie können sie ja keinem Geschwisterkind in die Schuhe schieben. Ähmja, da gibt es gar nicht viel mehr zu sagen ;) Und wahrscheinlich gibt es diese Tendenz auch, weil sie oft ein gutes Verhältnis zu ihren Eltern haben.
#17 Einzelkinder sind Lieblingskinder
Das ungute Gefühl, ein Kind vielleicht doch minimal lieber zu haben als das andere, kommt bei Eltern von Einzelkindern gar nicht erst auf. Ihre Nummer 1 ist und bleibt für immer ihr liebster Mini-Mensch (selbst wenn der oder die dann irgendwann einen Kopf größer und Teenie ist oder später als Erwachsene*r selbst Kinder hat).
Andererseits höre ich oft von Mehrfach-Eltern, dass die Liebe schon irgendwie gleich groß ist für alle, sich nur eben unterschiedlich anfühlt. Also sind alle Kinder irgendwie Lieblingskinder. Und das ist doch eine wundervolle Nachricht.
#18 Einzelkinder werden schneller erwachsen
Einzelkinder sind oft reifer für ihr Alter, weil sie mehr Zeit mit Erwachsenen verbringen. Dafür entwickeln sich Zweit- oder Drittgeborene im Schnitt etwas schneller, weil sie sich alles vom größeren Geschwisterkind abschauen.
#19 Einzelkinder fühlen sich für ihre Eltern verantwortlich
Weil die Bindung bei Einzelkindern und ihren Eltern Studien zufolge schon im Kindesalter etwas besser ist, liegt die Vermutung nah, dass sich dieses Liebesband hält. Ich zumindest, hoffe das für uns Eltern und unser Einzelkind sehr.
Später wird es jedenfalls niemals Geschwisterstreit darüber geben, wer sich womöglich zu wenig um die alten Eltern kümmert.
Allein sind Kinder ohne Geschwister übrigens auch nicht öfter als Kids mit Geschwistern, weil sie in der Regel starke Freundesbande knüpfen (können).
#20 Einzelkinder: Einmal reicht!
Das Kind ist aus dem Gröbsten raus, möchte man da wirklich nochmal von vorne anfangen mit durchwachten Nächten, Windeln und Geschrei? Bei rund jedem 2. Elternpaar lautet die Antwort: eher nein. Und manchmal ist es auch das Schicksal, das entscheidet: Da kommt kein zweites Kind mehr.
Deshalb habe ich mir das NUR abgewöhnt, wenn ich erzähle, dass ich Einzelkind-Mama bin. Wir wissen nie, warum das so ist. Und was soll das "NUR" überhaupt bedeuten? Sparen wir uns also lieber die Frage, das NUR und wenig wertschätzendes Augenrollen. Denn Ein-Kind-Familien sind genauso toll wie kinderreiche Familien – oder kinderlose. Finde ich zumindest.
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Ihr habt euch noch nicht entschieden, ob ihr euch noch ein Kind oder sogar zwei oder drei Kids wünscht? Diese Artikel können euch vielleicht helfen: