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Ezra - Eine Familiengeschichte

Tony Goldwyn: "Autisten sind einfach immer sie selbst"

Ezra - Trailer Deutsch

Mit "Ezra - Eine Familiengeschichte" kommt ein Film in die Kinos, der vordergründig zeigt, welche Herausforderungen Familien mit autistischen Kinder haben. Aber eigentlich ist der Film eine Hommage an alle Familien. Wir haben exklusiv mit Hauptdarsteller Bobby Cannavale und Regisseur Tony Goldwyn gesprochen.

"Ezra - Eine Familiengeschichte" läuft ab dem 12.09.2024 in den deutschen Kinos.

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Ab welchem Alter ist der Film geeignet?

"Ezra - Eine Familiengeschichte" hat eine FSK 6 bekommen. Der Film ist allerdings für Kinder überhaupt nicht interessant, immerhin geht es um den Struggle von Eltern in Bezug auf Vereinbarkeit, Erziehungsstilen und auch den Umgang mit den eigenen Eltern.

Der Film ist wirklich nur für Eltern spannend, für die aber absolut sehenswert.

Worum gehts im Film?

Max (Bobby Cannavale) lebt bei seinem Vater Stan (Robert de Niro), streitet mit seiner Exfrau Jenna (Rose Byrne) und derem neuen Freund Bruce (Tony Goldwyn) um die Erziehung des gemeinsamen autistischen Sohnes Ezra (William A. Fitzgerald). Als Jenna eine Entscheidung trifft, die die Zukunft Ezras stark beeinflusst, bricht Max aus und begibt sich mit seinem Sohn auf eine Reise, die nicht nur die Beiden, sondern die gesamte Familie verändern wird.

Ezra - Eine Familiengeschichte Interview zum Film
FILMPLAKET (© Tobis Film)

Unser Rating für den Film

"Ezra - Eine Familiengeschichte" berührt sehr. Das Ensemble spielt großartig, Bobby Cannavales Vater Max frustiert einen manchmal so sehr, dass man ihn am liebsten packen und schütteln möchte. Gleichzeitig macht genau das die Frage auf: Wie würde ich reagieren? Was bin ich bereit für meine Kinder zu tun? Wunderbar, dass Kino sowas kann, oder?

9,1/10

So finde ich den Film

Andrea Zschocher

Ein Film, der den Struggle vieler Familien zeigt

Ich habe nur ein einziges Problem mit "Ezra - Eine Familiengeschichte". Und das ist, dass ich mich jedesmal, wenn ich über den Film rede, fühle, als würde ich jemandem etwas wegnehmen. Denn natürlich weiß ich, dass es in diesem Film um ein autistisches Kind geht und darum, wie die Familie zusammenhält, sich aneinander reibt, kämpft, aufgibt, zusammenfindet. ABER: Auch wenn die Herausforderungen mit einem autistischen Kind sicherlich andere sind: Auch ich erkenne mich darin wieder.

Was eigentlich ja etwas Gutes ist, immerhin soll es ja nicht darum gehen zu zeigen: Guck mal, wie anders Menschen/ Familien sind, in denen Autismus vorkommt. Aber ich fühle mich gleichzeitig so, als würde ich die Geschichte und das Thema kürzen, wenn ich eben nicht immer auch darüber spreche, dass Ezra, großartig gespielt von Willam A. Fitzgerald, Autist ist. Ich komme mir dann vor, als würde ich das Gespräch kapern, das Spotlight wegnehmen von dem viel zu wenig repräsentierten Thema Autismus im Film und die Diskussion auf Familienstruggle und Carearbeit verlagern. Das fühlt sich falsch an und gleichzeitig merkwürdig richtig, weil Inklusion für mich ja auch nicht immer nur darüber funktioniert, dass man schaut, was einen trennt, sondern unbedingt auch, was einen eint.

Es bleibt für mich ein merkwürdiger Grad, wie ihr auch in den Interviews, die ich mit dem Hauptdarsteller Bobby Cannavale und dem Regisseur Tony Goldwyn geführt habe, lesen könnt. Zum Glück waren beide Männer da auch sehr offen, so dass wir die Thematik durchaus ergründen konnten.

Mein Rat ist: Bildet euch eine eigene Meinung und schreibt mir dann gern, wie es euch nach dem Gucken ging. Feststeht: "Ezra - Eine Familiengeschichte" ist absolut sehenswert. Und es ist vollkommen ok, sich daran zu reiben und nicht alle Figuren zu jeder Zeit sympathisch zu finden. So gings mir auch. Aber der Film hallt nach und das ist immer etwas Gutes, oder?

Andrea Zschocher
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Für Fans von ...

Die Stars in "Ezra - Eine Familiengeschichte"

  • Familienvater Max wird gespielt von Bobby Cannavale
  • Rose Byrne spielt Mutter Jenna
  • Robert de Niro spielt Opa Stan
  • Der titelgebende Ezra wird von William A. Fitzgerald gespielt
  • Rainn Wilson ist als Nick zu sehen
  • Whoopi Goldberg spielt Max´ Agentin Jayne
  • Vera Famiga ist als Grace zu sehen
  • Special Guest: Jimmy Kimmel
Ezra - Eine Familiengeschichte Interview zum Film
Im Interview: Bobby Cannavale (2v.l) und Tony Goldwyn (4.v.l.) (© Tobis Film / John Baer; Cara Howe)

Interview Tony Goldwyn& Bobby Cannavale

Was habt ihr gelernt, als ihr diesen Film gedreht habt?

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Tony Goldwyn: Ich habe so viel gelernt. Zunächst einmal wurde ich in die Autismus-Community aufgenommen. Es war uns wichtig, dass Autist*innen involviert waren und sich repräsentiert fühlen. Es gibt da diesen Spruch unter Autist*innen: Wenn du eine autistische Person getroffen hast, hast du eine autistische Person getroffen. Denn alle sind unterschiedlich. Ich dachte immer, ich hätte das schon verstanden, aber während des Films habe ich verstanden, dass das nicht nur für Autist*innen gilt, sondern für jeden Menschen auf dieser Welt.

Wir alle haben unsere Gaben und unsere Herausforderungen. Wir sind alle auf der Suche nach etwas. Natürlich drücken wir uns unterschiedlich aus, aber wenn wir von diesem Verständnis füreinander ausgehen, dann ist das die Essenz von allem. In unserem Film ist Autismus also eher eine Metapher für das, was alle Menschen, vor allem aber Eltern, erleben.

Bobby Cannavale: Ich habe selbst drei Söhne und bin immer daran interessiert zu erfahren, was es bedeutet, Jungs groß zu ziehen. Zu überlegen, was wir Väter an unsere Söhne weitergeben. Deswegen war das, was mich an dem Film vor allem angesprochen hat, die Darstellung der Vater-Sohn-Beziehung. Meine drei Söhne sind alle sehr unterschiedlich. Immer wenn ich denke, ich habe etwas verstanden, stellt sich raus: Nein, habe ich nicht.

Was ich bei diesem Film gelernt habe ist, dass alle Kinder unterschiedlich sind, dass sie alle unterschiedliche Bedürfnisse haben. Was uns Eltern aber eint ist, dass unsere Kinder uns brauchen. Unsere Verbindlichkeit, unsere Präsenz, uns als Eltern. Als ich groß geworden bin, gab es genau das nicht in meinem Leben. Ich habe das immer vermisst und suche deswegen nach Projekten dieser Art. Ich bekomme solche Filme nicht so oft angeboten, meist spiele ich eher moralisch fragwürdige Personen, die bösen Gegenspieler in Filmen. Nicht, dass meine Vaterfigur Max in diesem Film nicht auch moralisch fragwürdige Entscheidungen trifft, er ist ein schwieriger Charakter. Aber seine Hingabe für seinen Sohn ist etwas, dass mich sehr angesprochen hat.

Natürlich habe ich auch viel über Autismus und die autistische Community gelernt. Tony Spiridakis, der das Drehbuch geschrieben hat und der Regisseur Tony Goldwyn sind gute Freunde von mir. Ich habe also auch von ihnen viel gelernt, vor allem über Elternschaft und autistische Kinder. Ich habe mich viel mit William Fitzgerald [er spielt Ezra] und seinen Eltern ausgetauscht. Vor allem auch über die Herausforderungen, ein Kind mit Autismus und ein neurotypisches Kind gleichzeitig zu erziehen. Denn es gibt da natürlich ganz spannende Dynamiken.

Gleichzeitig habe ich immer wieder gedacht: Deren Geschwisterdynamik ist nicht so unterschiedlich von der meiner beiden Söhne. Ich habe ja noch einen 29-jährigen Sohn und die beiden Kleinen sind 6 und 8 Jahre alt. Von dem, was Williams Eltern erzählt haben, gibt es aber trotzdem viele Gemeinsamkeiten.

Am Ende geht es immer um die Frage: Wie viel Zeit kann ich meinen Kindern geben? Wie sehr bin ich für sie da, nehme sie wahr? Es gibt diesen täglichen Struggle, wie wir unsere Kinder ins Leben begleiten, wie wir als Familie leben wollen. Denn alle Kinder gehören dazu. Wir müssen das alle lernen, wir alle gehören dazu, haben unseren Platz in der Gemeinschaft, sind wichtig. Für mich ist dieser Film eine Coming of Age Geschichte. Wir müssen nur lernen, Autismus nicht als etwas Besonderes, sondern zu unserer Gesellschaft gehörendes wahrzunehmen.

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Es gibt im Film eine Szene, in der Ezra anfänglich gemobbt wird und jemand anderes für ihn einsteht. Ist das nicht etwas, was wir viel mehr brauchen, füreinander einstehen?

Tony Goldwyn: Ja, natürlich. Mobbing ist ein Verhalten, das auf Angst basiert. Wir alle kennen das doch, dass wir auf einer Party, bei einem Job oder im Alltag überlegen: Wie passe ich mich an, damit die anderen mich mögen? Wen kenne ich, um mich nicht so allein zu fühlen? Wir sind soziale Wesen, das ist ganz normal.

Wenn wir aber mit uns selbst im Reinen sind, dann sind wir sehr viel selbstbewusster. Dann sagen wir uns: Ich kann das hier auch ganz allein meistern, ich muss mich gar nicht anpassen. Das ist etwas, das wir alle lernen können. Ich muss mich da auch jeden Tag wieder dran erinnern, dass wir sind wie wir sind. Wir müssen uns nicht immer anpassen, um anderen zu gefallen.

Unser Ezra und ganz viele Autist*innen, die ich kennengelernt habe, sind genau so. Sie sind einfach immer sie selbst. Davon können wir doch so viel lernen. Es geht nicht darum, dass sie sich nicht anpassen wollen, sie sind einfach wer sie sind und damit im Reinen. Ehrlich gesagt sind ja auch viele Künstler*innen genau so: Man muss in der Lage sein von einer Bühne oder eine Menge wegzugehen und zu sagen: Das hier, das ist das, was mich interessiert. Das mag nicht das sein, was dich interessiert, aber ich muss diesen Weg hier weiterverfolgen und das so machen, wie ich es sehe.

Ich mag den Film sehr. Und ich sehe es wie ihr, es ist natürlich ein Film über Autismus, aber es ist ein Film, den alle sehen sollten. Man muss selbst keine Erfahrung mit Autismus haben, um alles Gesehene nachvollziehen zu können. Denn es zeigt in erster Linie den Druck, dem Eltern und Kinder heute von der Gesellschaft ausgesetzt sind, alles richtigzumachen, sich richtig zu verhalten, nicht anzuecken.

Tony Goldwyn: Da hast du total recht. Ich wollte ja auch keinen Film nur über Autismus machen. Es ist eine Metapher. Wenn man sich den Film über den Jungen Ezra, der nun mal auch Autist ist, anschaut, dann merkt man: Er ist nicht derjenige, der sich verändert. Ihm gehts doch gut. Ezra realisiert, dass er dann besonders stark und in sich ruhend ist, wenn er er selbst sein kann. Er fühlt keinen Druck, sich zu verändern.

Die Menschen um ihn herum verspüren den aber und geben diesen Druck an ihn ja auch weiter. Sie haben Sorge, dass Ezra sich nicht in die Gesellschaft einfügen kann, dass er nicht in ihr zurechtkommt. Und sie sind letztlich die, die verstehen, genau das ist ok so. Mein Freund Tony Spiridakis hat das Drehbuch geschrieben. Sein Sohn Dimitri ist Autist und der Film dreht sich natürlich auch um Tonys Erlebnisse als Elternteil eines autistischen Kindes.

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Als Dimitri mit vier Jahren die Diagnose bekam, war Tonys erster Impuls zu fragen: Wie kriegen wir das wieder hin? Welche Therapien braucht es, wie viel wird das kosten? Der Arzt antwortete dann: Es wird vielleicht ein paar Jahre dauern, bis Sie an den Punkt kommen zu verstehen, dass es nichts zu verändern gibt. Ihrem Sohn geht es gut. Dimitri ist inzwischen 25 Jahre alt und ein großartiger Mann mit ganz vielen Facetten. Es geht also genau um das, was du gesagt hast.

Ich hoffe, dass die Erkenntnis, die du beim Schauen des Films hattest, ganz viele andere Menschen auch haben werden. Ich hoffe, dass ganz viele Leute sich in dieser Familie wiederfinden, auch wenn sie keine autistischen Kinder haben. Denn den Struggel kennen ja viele.

Bobby Cannavale: Genau das ist es, Andrea. Meine zwei kleinen Jungs haben viele Bedürfnisse, die sich auch von Tag zu Tag ändern. Ich verstehe auch, dass Eltern manchmal zu beschäftigt sind, sich darum zu kümmern, das geht mir ja auch so. Aber wenn ich mich komplett auf sie einstelle, dann merke ich, dass sie einfach nur versuchen einen Weg zu finden, sich in der Welt zurechtzufinden. Das ist unser Job als Eltern, ihnen dabei zu helfen.

Das ist aber eine absolute Herausforderung, denn wir haben ja auch unsere Verantwortungen, Jobs, Verpflichtungen. Für mich ist Kindererziehung aber der wichtigste Job auf der ganzen Welt. Denn von uns bekommen sie ihr Feedback, wir gestalten ihr Leben, durch uns verstehen sie sich selbst und ihre Gefühle. Das ist nicht immer einfach auszuhalten, aber es ist unglaublich wichtig. Kinder mit Special Needs machen es da natürlich noch mal extra herausfordernd und kräftezehrend.

Am Ende geht es für mich in „Ezra“ vor allem um einen Vater, der sein Kind unterstützen und ihm dabei helfen will, einen Platz im Leben zu finden. Er will sein Kind nicht unter Medikamente setzen und nicht in ein System pressen, das eben nicht für alle Menschen gemacht ist.

Es freut mich wirklich zu hören, dass du den Film auch als einen Film siehst, der den Familenstruggle in den Vordergrund stellt, der zeigt wie schwierig es ist, Kinder großzuziehen, die vielleicht nicht ins System passen und die geliebt groß werden sollen.

Ich möchte ja gar nicht, dass wir den Fokus auf Ezras Autismus verlieren, weil es natürlich total wichtig ist, dass Familien repräsentiert werden, dass das Thema mehr in den Fokus rückt und wir alle da mehr hinschauen, auch, um dazuzulernen. Gleichzeitig kam ich beim Schauen eben immer wieder an den Punkt, dass ich dachte: Ich kenne das auch, dieses Gefühl, anders zu sein, als die anderen. Das beginnt ja schon damit, dass meine Kinder zwar sehr viele Bücher lesen, aber kaum Games oder Filme kennen. Das macht sie auch anders als andere, wenn gleich das natürlich nicht mit Autismus zu vergleichen ist.

Bobby Cannavale: Auf jeden Fall. Ich merke auch, dass mir der Film jetzt sehr viel wichtiger ist, als er es war, als wir gedreht haben. Weil meine Kinder älter sind und ich mehr und mehr verstehe, welcher Struggle damit einhergeht. Damals waren sie 6 und 4, jetzt sind sie 8 und 6. Sie spüren jetzt sehr deutlich: Ich darf nicht, was andere dürfen, ich bin anders. Unsere Familien sind sich in dem Punkt ähnlich, auch wir schauen kaum Filme, es gibt keine Spielkonsolen, wir lesen viel. Ich muss mit meinem Achtjährigen jetzt aber sehr viel mehr diskutieren, warum er bestimmte Dinge wie beispielsweise Videospiele nicht spielen darf. Dass wir als Familie eigene Regeln haben, die in anderen Familien nicht gelten.

Er hat keine Lernbehinderung und er ist neurotypisch und trotzdem versteht er nicht, warum er so anders ist, als andere. Er muss einen Weg finden, wie er dazugehören kann, auch wenn er anders ist als andere. Es bleibt ein täglicher Kampf, das mit Kindern zu besprechen. Und ich denke, für viele Eltern ist es einfach, nachzugeben und das iPad rüberzureichen.

Wir haben uns dagegen entschieden, aber das strengt unglaublich an. Es laugt einen aus, es laugt auch die Beziehung zwischen den Eltern total aus. Im Film sieht man das ja auch, dass die Beziehung das nicht verkraftet. Ein Elternteil arbeitet, der andere struggelt selbst mit seiner Karriere. Trotzdem muss ein Umfeld fürs Kind geschaffen werden, das Stabilität bietet, Halt und Normalität.

Jenna, Ezras Mutter, gespielt von deiner Partnerin Rose Brynne, möchte gern Hilfe annehmen, der Vater Max sperrt sich aber dagegen. An dem Punkt fand ich deine Rolle so unglaublich anstrengend und war auch frustriert von ihr. Denn natürlich muss es auch ok sein, Hilfe anzunehmen. Gerade, weil sie sich ja mehr um Ezra kümmert. Auch diese Darstellung brauchen wir ja viel öfter in Filmen.

Bobby Cannavale: Da stimme ich dir zu, allerdings kann ein Film natürlich auch nicht alle wichtigen Themen auf einmal abdecken. Es ist aber so, Tony [Spiridakis] hatte bestimmte Ansichten, die Mutter hatte andere. Das zu verbinden gelingt nicht immer, auch Tonys Ehe hat das nicht erlebt. Deswegen sind Ezras Eltern im Film auch getrennt, es hat eben nicht funktioniert.

Ich glaube, viele Entscheidungen, die Max trifft, werden auch beeinflusst von seinem eigenen Vater. Auch das erschöpft ja Jenna, dass er in manchen Punkten so ist wie der Vater. Wir sehen hier auch zwei Menschen an ihrem Breaking Point und das, obwohl sie noch immer so sehr aneinander hängen. Sie mussten sich trennen, weil sie aufgrund unterschiedlicher Standpunkte sonst als Familie gar nicht weiterkommen. Nun ist Max jemand, der einen Raum betritt und seine Gefühle überwältigen nicht nur ihn, sondern alle Anwesenden.

Ich verstehe also sehr gut, wenn du sagst, dass es schwierig ist, meinen Max zu mögen, vor allem weil er eben Entscheidungen trifft, die nicht alle nachvollziehen können. So ist er eben, impulsiv, schnell. Er selbst sagt ja auch, dass das Leben manchmal messy ist. So ist er auch, übrigens ja auch bis zum Ende des Films, denn das löst sich ja nicht auf.

Dabei zuzusehen, wie Max seinen Sohn Ezra überreden will, sich an die Welt anzupassen, das tat schon weh. Weil man beim Zugucken natürlich denkt: Mach das nicht. Und gleichzeitig weiß: Als Elternteil wäre man vermutlich ganz genauso.

Tony Goldwyn: Genau darum geht es ja. Wie oft halten wir uns denn selbst den Spiegel vor und sind wahrhaftig zu uns, unseren Kindern, unseren Partner*innen?Wir versuchen doch viel zu oft andere zu erziehen, damit sie sich auf eine bestimmte Art verhalten. Dabei ist das vielleicht nicht der richtige Weg.

Im Film gibt es ja dann auch eine Szene, bei der klar wird: Ezra ist durchaus in der Lage sich anzupassen. Weil er weiß, dass es für andere wichtig ist. Er tut das nicht, weil es für ihn wichtig ist, aber er versteht, was es seinen Eltern bedeutet. Das tut er aus Großherzigkeit für andere. Dimitri, der Sohn von Tony hat auch gelernt, dass er manche Umarmungen zulassen kann. Nicht, weil es für ihn wichtig ist, aber weil er weiß, dem Gegenüber ist das wichtig. Er hat also eine Strategie gelernt, um mit Erwartungen umzugehen. Das machen wir im Grunde genommen aber alle.

Genau diesen Moment, den ich bewusst vage halten möchte, um niemanden zu spoilern, den fand ich so wichtig. Weil er zeigt, was Tony gesagt hat: Ezra kann auf seine Eltern zugehen, selbst wenn er das nur für sie tut, nicht für sich.

Bobby Cannavale: Das war Tony Spiradakis auch so wichtig zu zeigen. Er kennt das ja aus seinem eigenen Leben. Er sagte zu mir: "Immer wenn ich denke, dass ich meinen Sohn verstanden habe, dann macht er etwas, was ich niemals erwartet hätte". Das schmeißt dann alles, was wir über autistische Menschen zu wissen glauben, wieder um. Aber es stimmt eben der Satz: Wenn du einen Autisten getroffen hast, hast du einen Autisten getroffen.

Die Szene, die du meinst, finde ich so wunderschön. Weil sie zeigt, wie die Eltern immer wieder und wieder alles geben, ohne Erwartungen zu haben. Und dann mit einem Mal passiert etwas, dass die Eltern so dringend brauchen und er tut das aus freien Stücken und es tut ihnen so gut.

Darf ich dir etwas erzählen? Ich kann diesen Film nicht gucken, ohne emotional zu werden. Das ist sehr außergewöhnlich für mich, denn eigentlich mag ich es nicht, mich selbst [in Filmen] zu sehen und wenn ich es dann muss, dann distanziere ich mich innerlich davon und vergesse, dass ich es bin. Seit ich mit diesem Film begonnen habe, werde ich aber immer sehr emotional. Ich denke, es hat etwas mit der Beziehung zu meinem Sohn zu tun. Aber auch wenn ich jetzt mit dir darüber rede, werde ich wieder emotional.

Ich verstehe dich sehr gut und danke dir für deine Offenheit. Du hast vorhin gesagt, dass der Film für dich eine Coming-of-Age Geschichte von Ezra ist. Dem stimme ich nur halb zu. Denn ich fand, dass auch Max genau das mit seinem Vater Stan, gespielt von Robert de Niro, erlebt. Er sucht so sehr nach Anerkennung und Verbindung zu seinem Vater. Ich glaube, dass wir alle das nachempfinden können, denn viele von uns wünschen sich das doch auch immer noch.

Bobby Cannavale: Da hast du recht. Ich verstehe genau, was du meinst. Dich darüber sprechen zu hören sorgt dafür, dass ich wieder ganz emotional werde. Du hast mich nicht danach gefragt, aber ich erzähle es einfach trotzdem: Tony [Goldwyn] und ich wollte schon länger zusammenarbeiten, also habe ich das Script gelesen und war total begeistert. Ich habe zu ihm gesagt: Wir müssen diesen Film erfolgreich machen und mit mir allein wird das nicht klappen. Lass uns Bob [Robert de Niro] fragen, ob er meinen Vater spielen will.

Bob hat seinen eigenen Zugang zu dem Thema, er hat viele Kinder und auch einen Sohn mit Special Needs. Es ist allerdings so, dass er eine ganz eigene Art hat zu arbeiten, sodass wir vorher nicht geprobt haben. Da muss man vertrauen, dass es gut wird. Und das wurde es. Es gibt diese Szene im Diner zwischen Max und Stan [der Rolle, die Robert de Niro spielt] und die ist so essenziell, weil sie zeigt: Eltern, die versuchen, mit ihren Kindern in Verbindung zu gehen, die tun ihr Bestes.

Wir werden alle älter und es wird immer schwieriger diese Verbindung zu finden. Denn natürlich wollen unsere Kinder irgendwann ihren eigenen Weg gehen. Da zueinander zu finden und offen und ehrlich miteinander zu kommunizieren, das kann auch weh tun.

Was war für dich der erinnerungswürdigste Moment im Zusammenhang mit diesem Film? Denn in den USA wurde er ja schon im Mai 2024 in den Kinos gezeigt.

Tony Goldwyn: Wir haben tolle Kritiken für den Film bekommen, was uns gefreut hat. Aber viel wichtiger war es für mich, als der autistische Sohn von unserem Producer Bill Horberg nach einem Screening des Films auf mich zugerannt kam. Wir hatten in dem Jahr vorher nicht wirklich viel Kontakt miteinander und nie gesprochen, weil er das selten tut.

Er kam auf mich zu, umarmte mich ganz fest und ließ mich bestimmt 30 Sekunden lang nicht los. Er sagte nichts, er hielt mich einfach nur fest. Danach umarmte er seinen Vater und ich merkte: Die Message von dem Film ist angekommen. Das war für mich die eindrücklichste Erinnerung.

Quiz: Ist unsere Familie ein gutes Team?

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