Die Böttcher, Berger, Wittmanns und Königs sind wieder da. Die vielleicht streitlustigste Familie des deutschen Kinos ist zurück auf der großen Leinwand. Kann der dritte Teil mit den beiden Vorgänger mithalten? Wir haben den Cast zum Interview getroffen und über Ehe, Kinder kriegen und Feminismus gesprochen.
"Der Spitzname" läuft ab dem 19.12.2024 in den deutschen Kinos.
Worum gehts im Film?
Anna (Janina Uhse) und Thomas (Florian David Fitz) wollen endlich heiraten. Zu diesem besonderen Fest haben sie ihre Verwandtschaft in die Tiroler Alpen eingeladen. Während Ex-Professor Stephan Berger (Christoph Maria Herbst) seiner schlechten Laune freien Lauf lässt, wächst das Bankkonto von Elisabeth (Caroline Peters) auf zunächst nicht nachvollziehbare Weise.
Mutter Dorothea (Iris Berben) scheint Abstand von Helikoptervater und Ehemann René (Justus von Dohnányi) zu brauchen. Alles irgendwie wie immer. Nur, dass in "Der Spitzname" endlich auch Cajus (Jona Volkmann) und Antigone (Kya-Celina Baruck) ihren großen Auftritt haben. Und das bedeutet in erster Linie noch mehr Familienstress für die ganze Sippe.
Interview mit dem Cast von "Der Spitzname"
Einer meiner Lieblingssätze im “Spitzname” ist: “Es ist nicht plötzlich in, es ist plötzlich möglich”. Was finden Sie ist großartig, weil es plötzlich möglich ist.
Iris Berben: Es ist plötzlich möglich, dass wir den Feminismus nicht mehr nur kategorisieren auf eine kleine Gruppe von Frauen, die in einer Blase leben und glauben, sie müssten der Welt die Frauen erklären. Es ist jetzt so, dass sich der Feminismus auf eine ganz breite Weise Platz geschaffen hat, in unterschiedlichen Generationen. Man begreift den Feminismus jetzt sehr viel breiter. Vor allem, dass Männer ihn begreifen, dass sie sich einbezogen fühlen und sich selbst als Feministen bezeichnen. Das ist ein ziemlich guter Zustand.
Das heißt noch lange nicht, dass wir angekommen sind. Aber es ist immerhin ein guter Weg.
Ich bin Jahrgang 50, bin in den Sechzigern sozialisiert und politisiert worden. Wir sind dafür auf die Straße gegangen. Es gibt noch extrem viele Baustellen, aber wir haben ein anderes Bewusstsein bekommen.
Ich finde es auch so wichtig , dass Feminismus die Männer mitnimmt. Dass wir uns nicht nur um unsere Töchter kümmern, sondern unbedingt auch um unsere Söhne. Mir ist das in der Erziehung mit meinen Kindern extrem wichtig. Das braucht aber auch einen Partner, der das mitträgt.
So ist es! Deshalb bin ich gegen Männerbashing. Ich habe schon in den Sechzigern gesagt: “Nehmt sie mit! Wir können es nur gemeinsam stemmen.” Es sind Strukturen, gegen die wir ankämpfen.
Die Strukturen sind von Männern gemacht, das liegt Jahrhunderten und Jahrtausenden zurück. Das hatte unter anderem etwas mit der Kraft des Mannes zu tun, mit dem Schutz durch den Mann. Aber dann müssen wir doch jetzt auch die Männer dazu animieren von innen heraus die Strukturen zu verändern. Und können uns nur freuen, wenn wir möglichst viele haben, die mitmachen und möglichst wenige außen vor lassen. Es geht doch immer darum einander einzubeziehen.
Man schafft es am Ende immer nur gemeinsam, denn sonst gehen so viele Ressourcen dafür drauf, gegeneinander zu kämpfen.
Natürlich, warum überhaupt gegeneinander kämpfen? Es gab auch immer ein paar Unverbesserliche. Das ist ja auch eine Charakterfrage. Aber aufgeklärt genug sind Menschen. Vom Verstand her müssten sie es wissen.
Was ich immer denke, wenn ich auf solche Menschen treffe, ist: Euch gäbe es gar nicht, ohne eure Mutter. Wie könnt ihr so sein?
Ja, das sollte man sagen, wenn man auf hartes Anti-Frauen-Verhalten trifft. Es kommt immer genau an diesen Punkt, an dem ich denke: Ihr habt alle eine Mutter gehabt. Wie könnt ihr so ein Frauenbild haben? Warum vergesst ihr, dass ihr ohne Frauen nicht existent wärt?
Was ich nicht ertragen würde, wäre, wenn meine Kinder solche Menschen werden. Weil ich versuche ihnen jetzt so viele Freiheiten mitzugeben, sie Dinge ausprobieren lasse, in der Hoffnung, dass sie lernen: Ich kann sein, wer ich sein will.
Das ist wichtig. Ausprobieren, ohne, dass immer etwas dahintersteckt. Man sucht sich, fragt sich, wer bin ich überhaupt. Das Leben hat so viel damit zu tun, Antworten auf die Fragen zu finden: Wo will ich hin? Was will ich für mich erleben?
Ihre Dorothea im Film ist eine sehr entspannte Mutter, gerade auch im Vergleich zu René, gespielt von Justus von Dohnányi. Ich finde, solche Darstellungen brauchen wir viel mehr, weil auch die natürlich das Bild von Mutterschaft prägen. Wie wird man denn so entspannt und in sich ruhend? Das kann ja nicht nur das Alter sein.
Es kann nicht nur das Alter sein, nein.
Ich bin in einer anderen Zeit groß geworden. Für mich war es besonders wichtig, selbstbestimmt zu sein. Wenn du selbstbestimmt bist, bedeutet das auch immer Verantwortlichkeit zu übernehmen. Ich bin so groß geworden, dass man Obrigkeiten in Frage gestellt hat, Antworten haben wollte. Kein “Es war immer schon so”, sondern das Hinterfragen.
Das birgt schon in sich, dass man lässiger damit umgeht als Menschen, die es gewohnt sind, sich diesen Regeln und diesen Strukturen unterzuordnen. Dazu kommt: Ich bin eher spielerisch. Was der Film genau schafft, spielerisch zu vermitteln und eben nicht mit erhobenen Zeigefinger, der uns den Weg weist. Und trotzdem verliert der Film dadurch nicht an Seriosität.
Es ist eine Wesensart, aber ich finde immer, es ist ein bisschen leichter und entspannter über Dinge lachen zu können, sie auch mit einem gewissen Witz zu vermitteln. Generell sollte man nicht in arroganten Blasen leben. Ich finde, das ist gerade beim Gendern ein Problem. Da erreichen wir die Menschen, die wir erreichen müssen, nicht.
Es ist richtig, wir verändern uns, Sprache verändert sich. Für mich war das nie eine Frage, möglichst alle einzubeziehen in einer Gesellschaft. Aber für viele Menschen ist es ein Problem. Die, die es nicht tun oder es vielleicht auch nicht können, die werden ausgegrenzt. Wir machen dann genau das mit denen, was wir ihnen wegnehmen wollen. Canceln von Menschen, das ist doch genau das, wogegen wir arbeiten. Wir wollen sie doch einbeziehen.
Was mir an dem Film auch so gut gefallen hat, ist, dass drei Generationen von Frauen füreinander einstehen und auch in ihrer Unterschiedlichkeit die Gemeinsamkeit finden. Das ist eine Idealvorstellung. Wie schaffen wir es, dass es keine Idealvorstellung bleibt?
Viel vorleben. Nicht nur eine Haltung vorgeben, sondern sie selbst auch vorleben. Miteinander reden und andere Generationen ernst nehmen. Einander zuhören. Wenn Sie es so wollen, dann stecken alle drei Generationen im Film ja in Schubladen. Macht sie auf, die Schubladen, lass uns rausspringen und immer wieder offen sein füreinander.
Das ist vielleicht eine andere Lebensmelodie. Aber lass mal hören. Diese Offenheit müssen wir uns immer wieder abringen.
Es gibt nicht die eine Regel, wie wir es machen. Vielleicht ist es ein Anfang, sich gegenseitig zuzuhören, sich ernst zu nehmen. Zu verstehen, dass es in einem Alter von 14 oder 17 Jahren gerade ganz wichtige große Fragen gibt. Nimm sie ernst, hör den Jugendlichen zu und versuche zu vermitteln, ohne zu sagen, “man muss”.
Vielen Dank für das schöne Gepräch, Frau Berben
Ab welchem Alter ist der Film geeignet?
"Der Spitzname" hat eine FSK von 6 bekommen. Kinder in dem Alter werden mit der ganzen Thematik allerdings überhaupt nichts anfangen können. Ihr könnt natürlich mit euren Teenager*innen ins Kino gehen, aber wir empfehlen, dass ihr euch einfach mal einen netten Abend mit Freund*innen, Partner*innen oder Familie macht.
Mein Rating für den Film
Ein Wiedersehen mit Familie Berger-Böttcher, was kann da bitte schiefgehen? Also außer dem, was bei dieser Familie eben immer passiert. Ich mochte die ersten beiden Teile sehr, weil ich guten Screwball-Komödien sehr viel abgewinnen kann. Einziger Wermutstropfen: Wenn ihr Teil 1 und 2 nicht kennt, werdet ihr mit Teil 3 leider keinen Spaß haben, einfach weil der Kontext fehlt. Deswegen streamt die doch und dann: Ab ins Kino!
So finde ich den Film
Die Familie ist wieder da
Die meisten von uns haben eine slightly dysfunktionale Familie, bei der wir uns manchmal fragen, wieso das alles so kompliziert ist. Bei jedem neuen "Namen"-Film denke ich aber: Also, so schlimm ist es vielleicht dann doch nicht. Deswegen bin ich tatsächlich ein bisschen traurig, dass die Trilogie an der Stelle mit "Der Spitzname" nun abgeschlossen ist.
Auch in diesem Teil treffen die starken Charaktere wieder aufeinander und haben nichts an Bissigkeit und Streitlust eingebüßt. Ich mag sehr, dass auch diese Familie in der Lage ist, sich dem Zeitgeist anzupassen, sich zu öffnen und neuen, wichtigen Themen Platz zu machen. Im Vorfeld habe ich schon Kommentare gelesen, dass Menschen keine Lust auf "Wokeness" und "Genderwahnsinn" haben. Erstens: Schaut euch den Film doch erstmal an. Und zweitens: Wenn Familie Berger-Böttcher-Wiedemann-König sich ändern kann, dann könnt ihr das auch!
Interview mit Christoph Maria Herbst
Eins meiner Lieblingszitate im Film ist: “Es ist nicht plötzlich in, es ist plötzlich möglich”...
Christoph Maria Herbst (nickt): Ein Zitat von meiner sehr gewitzten Filmtochter. So sehr die Figur einem auch auf den Senkel gehen kann, umso klarer und deutlicher muss man festhalten, dass sie ein paar schöne Wahrheiten von sich gibt. Das ist zum Beispiel eine. Als Christoph höre ich so einen Satz und denke: Sie hat recht. Aber als ehemaliger Professor Berger muss ich natürlich anders reagieren.
Was mich interessiert: Was ist für dich etwas, wo du sagst: Das ist gut, dass das jetzt endlich möglich ist.
Da gibt es ja tausend Entwicklungen, die ich mitbekommen habe. Wenn ich da an die feministische Entwicklung denke, da sind wir in vielen Bereichen ja noch gar nicht an einem Endpunkt und an einer echten Gerechtigkeit angekommen. Ich weiß auch nicht, ob ich das zu meinen Lebzeiten noch mitkriegen werde, dass es da wirklich gerechter zugeht, was die Bezahlung von Frauen an geht. Und wenn wir jetzt schon über Geld reden, es ist doch ungerecht, dass sich Osten und Westen immer noch nicht angeglichen haben. Da würden mir viele Sachen einfallen, aber ich sollte ja jetzt positive Beispiele nennen.
Ich glaube, meine homosexuellen Freunde und Freundinnen sind froh, in der heutigen Zeit zu leben und nicht in der verstaubten Zeit der Bonner Republik oder noch vor 20 Jahren. Da ist disruptiv einiges passiert. Auch wenn wir nicht verhehlen können, dass wir im Moment in einer Zeit leben, in der man das Gefühl hat, dass die Gesellschaft wieder unglaubliche Rückschritte macht.
Was ich gut und wichtig finde, ist, dass Filme inzwischen diverser besetzt werden.
Ja, unbedingt. Auch wenn unser Film jetzt nicht so divers besetzt ist, wie wir es in anderen Produktionen erleben. Aber wenn sich Leute über Diversität aufregen, dann möchte ich denen immer nur zurufen: Sag mal, in welcher Gesellschaft lebt ihr denn? Das hier ist doch unsere Gesellschaft! Die wird jetzt nur endlich mal auch im Film entsprechend belichtet.
Bei uns im “Spitznamen” ist es nicht so. Wir sehen die altbekannten Nasen wieder, diese beiden dysfunktionalen, mit anderen Worten, ganz normalen Familien, die sich gegenseitig die Schädel spalten, aber am Ende doch feststellen; Mist, wir mögen uns zwar nicht, aber wir lieben uns. Jetzt kommen endlich die Kinder noch dazu. Von Caius und Antigone wurde zwei Filme lang gesprochen, ich finde es super, dass sie endlich ein Gesicht kriegen. Auch ich war gespannt, wie meine Kinder eigentlich aussehen. (Er lacht) Und jetzt haben wir diese beiden tollen Kolleg*innen gefunden.
Die stehen geradezu archetypisch für ihre Generation und natürlich auch für ihre Themen. Dass die uns alten weißen Männern und auch alten weißen Frauen das alles dann vor den Latz knallen, ist super und als treibendes Moment für die Komödie geradezu unabdingbar. In unseren Figuren sind wir alle Ego Shooter und drehen uns nur um uns selbst. Dass da noch mal das Salz an der richtigen Stelle in die Suppe gestreut wird, das ist wichtig.
Ich habe mir im Vorfeld ein paar Kommentare unter dem Trailer angeguckt und war doch überrascht, wie sehr die Leute sich da über “Wokeness” aufregen.
Ich lese mir solche Kommentare gar nicht erst durch. Aber ich kann denen, die sich darüber aufregen nur sagen: Es gibt genug Figuren im Film, die sich daran abarbeiten. Wenn ihr mit dieser Wokeness also nichts anfangen können, dann schlagt euch doch einfach emotional oder mental auf die Seite der anderen Figuren. Denn es wird ja auch dagegenhalten.
Was hier stattfindet, ist ein sehr unterhaltsamer, intelligenter Diskurs genau innerhalb dieser Position. Da kann man doch nicht nur einen Trailer gucken und sagen “Ach nein, da kommt schon wieder sone Scheiße!”. Diejenigen haben den Film, den sie ja noch gar nicht gesehen haben können, dann auch nicht verstanden. Auch das ist wieder ein Sinnbild für unsere Gesellschaft, dass man immer sofort eine Meinung haben muss, obwohl man noch gar nicht weiß, worüber man redet.
Das Problem ist dabei auch, dass Menschen glauben, sie müssen eine Meinung haben, die sie dann auch nicht ändern dürfen. Dabei ist das doch immer möglich. So, wie deine Figur es erlebt. Dein Professor muss sich ändern.
Das stimmt, die Lernkurve ist sehr steil. Auch der Abhang, den der ein oder andere runterschlittert, ist sehr steil. Das fand ich für mich als Schauspieler, der ich zum dritten Mal dieser von mir gehass-liebten Figur, Körper und Stimme geliehen habe, besonders toll. Zu sehen, was man mit der alles anstellen kann, was die alles aushält. Er ist trotzdem glaubhaft. Der ist gecancelt worden und das ist ein großartiges tragikomisches Momentum für einen, der sich zu 150 Prozent über seinen Status definiert hat. Der bröckelte ja schon in „Der Nachname“, da er ja nicht Chef der Uni wurde.
Jetzt hast du gerade gesagt, dass du eine Hassliebe mit dieser Rolle verbindest. Gibt es etwas, das dich von Stephan Berger weiter begleiten wird?
Mich selbst in meinem eigenen Leben jetzt erstmal nichts. Ich habe mir Gott sei Dank diese grauenhafte Marotte, Leute ständig zu maßregeln und zu verbessern, nicht abgeguckt. Ich muss allerdings gestehen, dass es mich hier und da schon kribbelt, wenn ich erlebe wie mit deutscher Sprache am Alltag, auch im Fernsehen, umgegangen wird. Das ist teilweise echt hanebüchen. Aber das bleibt dann bei mir. Ich kann dir also vor allem sagen, was ich von ihm gelernt habe, nicht zu tun.
Ich wünsche Stephan Berger alles Gute und würde mich freuen, wenn ich den mal wiedersehe. Ich glaube, wir haben mit dem “Spitznamen” den Trilogie-Sack jetzt zugemacht. Andererseits scheint man sich da eine Katzenklappe offen zu halten, dadurch, dass man auch von einer neuen Generation erzählt. Das ist für einen Autor sehr dankbar, von Familien und dann noch von verschiedenen Generationen zu erzählen. Stichwort „Merz gegen Merz“, wenn da andere Leute dazu kommen, wird die Personalie immer größer. Man könnte aber auch ein Prequel erzählen.
Oder ihr tretet ein bisschen in den Hintergrund und die neuen Schauspieler*innen übernehmen. Denn mir ging das beim Film gucken schon auch so: Ich bin nicht Teil dieser Familie, aber ich kenne die Figuren und freue mich, dass ich sie wiedersehen kann. Dieser Schlagabtausch macht einfach Spaß.
Ja, dieses Screwballige, das macht einfach Spaß. Und dann ist die Trilogie einfach auch gut besetzt. Sönke Wortmann und die Seinen haben da einfach eine gute Trüffelnase gehabt.
Dein Stephan hat so ein bisschen Sorge, den Kontakt zu seinem Sohn zu verlieren. Und er, der nie um Worte verlegen ist, findet die Worte dann plötzlich nicht ...
... im Gymnastikraum. Das ist eine meiner Lieblingsszenen. Denn die emotionale Intelligenz, die hat er leider nicht so gepachtet.
Ganz genau. Und auch wenn du selbst keine Kinder hast, was denkst du, ist ein guter Weg, um eben nicht so sprachlos voneinander zu stehen wie die beiden.
Aus dem Gefühl heraus sage ich: Du musst kommunikationsfähig sein. Und zwar nicht erst ab einem bestimmten Alter, sondern immer schon. Ich glaube, du musst deinem Kind von Anfang an mitgeteilt haben, dass du da bist. Es muss wissen, dass es dich jederzeit ansprechen kann.
Ich glaube, man sollte nicht den Fehler machen zu glauben, man könne der beste Freund seines Sohnes werden. Dafür hat er beste Freunde. Du bist und bleibst der Vater. Da sein, wenn dein Kind dich braucht, halte ich für wichtig. Auszustrahlen, dass dein Sohnemann oder deine Tochter nicht stört, sondern du da bist, ist wichtig. Und zuhören können.
Ich glaube gar nicht, dass man immer auf jede Frage eine Antwort haben muss. Aber man sollte zuhören können und verstehen: Was treibt den anderen gerade um. Präsenz haben, den anderen sehen und hören. Das würde mir jetzt so spontan einfallen und das ist ja alles genau das, was Stefan Berger nicht gemacht hat. Der ist einer der größten Ego-Shooter im Film.
Das hat immer alles seine Frau gemacht. Es gibt in “Der Vorname” diese wunderbare Aufregungsszene von meiner Frau [gespielt von Caroline Peters], wo sie sich in einem riesigen Monolog aufregt, und aufzählt wo ihr Mann, also ich, all die Jahre gefehlt habe, während sie sich gekümmert hat. Das ist alles so dermaßen angestaubt, so voller uralter Rollenverständnisse, dass man nur noch lachen kann, wenn es nicht so traurig wäre. Daran muss jeder Vater, jede Mutter arbeiten.
Dieses Präsentsein, zuhören können, ist ja auch was, was die Kinder dann hoffentlich weitertragen in ihre Generation. Denn eigentlich, glaube ich, brauchen wir das alle, dieses gesehen und gehört werden.
Kinder spiegeln immer ihre Eltern. Das weiß man auch aus der aus der Psychologie, dass unheimlich vieles über Imitation läuft. Man weiß auch aus Familien, wo nicht viel gelesen wurde, dass da die Kinder nicht viel lesen. Wenn Kinder ihre Eltern beim Rauchen sehen, greifen auch die Kinder zu einem sehr frühen Zeitpunkt zum Glimmstängel. Da muss sich, denke ich, jeder erstmal an die eigene Nase fassen, bevor man sagt: Die Lehrer*innen, die Gesellschaft oder TikTok macht immer alles falsch. Ich glaube, dass vom Nukleus Familie, diesem kleinsten gemeinsame Kern, die meiste Vorherbestimmung ausgeht.
… Und darauf muss man Lust haben.
Ja genau. Diese Gedanken sollte man sich früher machen. Vielleicht sollte es auch sowas wie einen Elternführerschein geben. Ich glaube nämlich nicht, dass jeder dazu geeignet ist. Ich in meinem Leben konnte das dann ausschließen, denn irgendwann war ich einfach auch zu alt. Mein Gott, ich werde in 12 Jahren 70.
Wenn ich jetzt noch ein Kind kriegen würde und das würde Abi machen, dann wäre ich 76. Das muss jetzt nicht zwingend sein. Aber auch da ist jeder Jeck anders, wie wir in Köln sagen, das soll jeder für sich entscheiden. Für mich war irgendwann klar, dass genau mit diesem verantwortungsethischen Bewusstsein, das ich gerade formuliert habe, ein Kind in meiner Lebenswirklichkeit nicht gut aufgehoben wäre. Um des Kindes willen. Das war dann eine sehr besonnene Entscheidung zu sagen, dann lass ich es besser. Denn am Ende gibt es nur Leidtragende und das kann es nicht sein.
Danke fürs Gespräch, Christoph Maria Herbst.
Für Fans von ...
Die Stars in "Der Spitzname"
- Dorothea König wird gespielt von Iris Berben
- Christoph Maria Herbst ist Stephan Berger
- Florian David Fitz spielt Thomas Böttcher
- Elisabeth Berger wird von Caroline Peters gespielt
- Janina Uhse spielt Anna Böttcher
- Justus von Dohnányi ist als René König wieder dabei