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Die Kernfamilie: Normalfall oder Auslaufmodell?

Kernfamilie: Ein Auslaufmodell?

Vater, Mutter, Kind – die klassische Kernfamilie. Dieses Familienmodell bestimmt der Statistik nach auch heute noch Deutschland. Aber schaut man sich im Alltag um, ist Deutschland viel bunter: Alleinerziehende, Patchworkfamilien, Regenbogenfamilien oder Co-Parenting. Hat die „Kernfamilie“ an Boden verloren?

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Kernfamilie: Was ist das überhaupt?

In der Soziologie beschreibt man die Kernfamilie als eine Abkehr der Großfamilie. Diese Kleinfamilie, früher auch Gattenfamilie genannt, besteht demnach aus Vater, Mutter und Kindern. Diese Familienform hat sich in den vergangenen zweihundert Jahren herausgebildet und wurde nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland zur Norm. Der Großteil der Menschen lebt heute nicht mehr in einer Großfamilie. Großeltern, Tanten, Onkel und Cousinen, die früher vielleicht auch einmal im Haus gewohnt haben, leben jetzt woanders.

Der Begriff Gattenfamilie nimmt an, dass die Eltern verheiratet waren und wer die Familie bestimmt hat – der Vater. Er sorgte für das Einkommen, während die Mutter sich um die Kinder und den Haushalt kümmerte. Ist klar?! In der heutigen Zeit stimmt das natürlich glücklicherweise nicht mehr so. Über 70 % der Frauen arbeiten (wenn auch oft nur in Teilzeit) und steuern ihren Teil zur finanziellen Versorgung der Familie bei. Gleichzeitig hat sich die Zahl der Paare vervielfacht, die nicht verheiratet sind und trotzdem Kinder haben. 35 % aller Kinder wurden 2017 unehelich geboren, in Ostdeutschland ist dabei die Quote mit über 50 % wesentlich höher.

Die Kernfamilie wird weiterhin als Norm gesehen

Die Zeiten haben sich geändert, aber die Kernfamilie gilt – zumindest gesellschaftlich – bei vielen immer noch als Norm. Ist sie nach wie vor die „normale Familie“?

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Obwohl sich gesellschaftlich viel geändert hat (in Großstädten wie Berlin zum Beispiel wurden vom Statistischen Bundesamt allein 30 % Alleinerziehende erfasst), hinken die Gesetze der Zeit hinterher und bilden die Realität nicht ab: Ein Kind, das in einer Ehe geboren wird, gilt automatisch als Kind des Ehemannes, er hat das volle Sorgerecht und Unterhaltspflicht. Auch wenn er nicht der leibliche Vater ist. Eine Frau, deren Frau Mutter geworden ist, wird erst durch eine aufwendige Stiefkindadoption rechtlich die Mutter ihres Kindes. Da gibt es offensichtlich noch einiges an Nachholbedarf in puncto Gesetzeslage.

Ist Großfamilie nicht doch besser?

Als in den fünfziger Jahren die Kleinfamilie zur Norm wurde, war das für viele ein großer Fortschritt. Man hockte nicht mehr so eng aufeinander und musste nicht unter strengen Augen der (spießigen) Eltern oder Schwiegereltern leben. Man konnte sich endlich freier entfalten. Nun blicken einige wieder mit sehnsüchtigem Blick auf die Zeiten, wo sich immer jemand fand, der oder die auf die Kinder aufpasste oder ein Auge auf Opa hatte.

Zumindest im ländlichen Raum ist es oft noch so, dass Oma und Opa um die Ecke wohnen. In Großstädten sieht die Situation oft anders aus. Viele arbeitende Eltern wären froh, wenn sie die Kinder in den Ferien oder im Notfall bei den Großeltern unterbringen könnten. Auch wenn das Konflikte birgt, da man sich in der Kindererziehung nicht so einig ist. Tatsache ist, dass viele Eltern gar nicht wüssten, was sie mit ihren Kindern machen würden, wenn Oma oder Opa nicht zur Stelle wären, da die Betreuungssituation in Deutschland verbesserungswürdig ist.

Sie mag sich also Kernfamilie nennen, aber ein Großteil der Paare mit Kindern sucht nach wie vor Hilfe bei der erweiterten Familie. Sind es Familienmitglieder, ist das schlechte Gewissen, dass man ihnen etwas aufbürdet, nicht so groß. Kernfamilie oder Großfamilie – in dieser Funktion hat sich nicht so viel geändert.

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Nichts ist ideal – Familie ist zu komplex

Im Prinzip kann man sagen, dass man wahrscheinlich bei jeder Familienform ein Haar in der Suppe findet. Ideal ist nichts, auch nicht die Kernfamilie. In jeder Konstellation gibt es Konflikte, dafür sind menschliche Beziehungen einfach zu komplex. Die Familienpolitik muss sich noch weitgehender ändern. Kinder- und Altenbetreuung brauchen Geld, Einsatzbereitschaft und Fantasie. Die Pflege sollte auch nicht nur an den Frauen kleben bleiben – da ist auch nach wie vor keine Änderung in Sicht.

Anja Kleinelanghorst

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Bildquelle: LightFieldStudios, Getty Images

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