Paare nutzen die Elternzeit inzwischen oft zum gemeinsamen Reisen. Was aber, wenn Mutti in Elternzeit das Fernweh plagt, Papa aber aus finanziellen Gründen keine Elternzeit nimmt? Alleine mit zwei Kindern backpacken? Autorin Anna hat es gewagt und ist spontan mit ihren zwei Jungs in den Flieger nach Mexiko gestiegen.
Besser Stress am Strand - als daheim
Ein paar Monate nach der Geburt meines entspannten zweiten Sohnes kam das Fernweh und der Wunsch, nicht wieder ein Jahr zuhause zu versauern. Zugegeben, wenn ich mir heute, ein paar Monate nach meiner Reise die Fotos anschaue, frage ich mich was mich damals geritten hat: Neben Palmen, Strand und türkisblauem Meer sehe ich mein gebräuntes, leicht gestresstes Urlaubs-Ich mit meinen dreijährigen und sechs Monate alten Söhnen. Trotzdem war dieser spontane, zweiwöchige Trip an die karibische Küste das aufregendste, befreiendste, intensivste und coolste das ich jemals gemacht habe. Mein Motto: Stressig ist es auch zuhause - also lieber Stress am Strand! Bevor mich jetzt Alle für verrückt erklären: Ich bin natürlich nicht ganz alleine geflogen - das hätte ich mich nicht getraut. Denn man braucht schon jemanden, der kurz ein Auge auf die Kinder hat, wenn man mal kurz Wickeln oder selbst aufs Klo muss. Ich habe tatsächlich eine andere spontane Mutti mit zwei Söhnen im selben Alter gefunden, die mitgeflogen ist. Zusammen haben wir innerhalb von drei Wochen unseren Backpacker-Trip an die Riviera Maya in Mexiko geplant.
Mütter in Elternzeit sind ja sehr flexibel, weshalb wir einen günstigen Direktflug nach Cancun gefunden haben. Nach einer (schlaflosen) Nacht in Cancun sind wir per Bus und Fähre weiter auf die traumhafte, autofreie Insel Holbox. Dann ging es wieder aufs Festland - ins unvergleichliche Tulum. Die letzten vier Nächte unserer Reise haben wir vor Ort spontan gebucht, weil wir zuhause nicht einschätzen konnten wie sich die Reise entwickelt - was wir uns und den Kindern noch zumuten, was wir noch sehen wollen und was mit den öffentlichen Verkehrsmitteln umzusetzen ist. Letztendlich waren wir dann noch vier Tage auf der Isla Cozumel, weil alles so gut geklappt hat. Bei Airbnb haben wir von zuhause und auch vor Ort passende Unterkünfte gebucht. Wichtig war für uns der Preis, Sauberkeit und Strandnähe. Um keine bösen Überraschungen vor Ort zu erleben, studierten wir die Kommentare. Sehr hilfreich war auch der Airbnb-Filter Familien-/Kinderfreundlich - so konnten wir sicher gehen, dass zwei Mamis mit vier kleinen Kindern niemanden stören und dass die Unterkunft kindersicher ausgestattet ist. Wie sich heraus stellte, konnten wir uns voll auf die Aussagen der Vermieter bezüglich Kinderfreundlichkeit verlassen - echt super!
Backpack, Trage und Buggy
Zugegeben, wir und unsere "muchos ninos" waren eine kleine Attraktion. Einheimische und Touristen konnten es fast nicht glauben, dass wir ohne Männer unterwegs waren. Die mexikanischen Männer haben sich halb tot gelacht, wenn wir erzählten, dass unsere Männer zuhause arbeiten während wir Urlaub machen. Außerdem sahen wir schwer bepackt wahrscheinlich ziemlich lustig aus. Jede von uns hatte einen 80 Liter Rucksack, Handgepäck, einen Buggy und die Babytrage immer griffbereit. Das war genau soviel Gepäck, dass wir es zu Fuß gut transportieren konnten.
Das Tolle an Mexiko ist aber, dass die Menschen super hilfsbereit sind. Immer ist eine helfende Hand zur Stelle. Die Gegend um Cancun ist so touristisch, dass man alles bekommt - Windeln, Babybrei, Arzneimittel usw., das ist wirklich optimal wenn man mit kleinen und großen Kindern unterwegs ist. Trotzdem hatten wir Brei, Wasser und Windeln für die ersten Tage eingepackt - man weiß ja nie. Die großen Jungs konnten sowieso alles essen. Die Kleinen haben wir auf Grund der Hitze eigentlich wieder voll gestillt, was ziemlich praktisch war. Das Essen war superlecker und ganz anders als man es in Deutschland von mexikanischen Restaurants kennt. Smoothies, Bowls und frische Zutaten finden sich auf Speisekarten und Märkten. Doch obwohl wir penibel auf Hygiene geachtet haben, sind wir alle nicht ohne Durchfall nach Hause gefahren.
Rumreisen? Kein Problem
Der Nachtflug von München nach Cancun mit den Kindern war ziemlich entspannt, denn alle Kinder haben brav geschlafen. In Mexiko sind Taxis, Busse und Fähren sehr sicher, leicht zu buchen und preislich fair. Wir haben uns sogar so safe gefühlt, dass wir für kurze bis mittellange Taxifahrten manchmal mit vier Erwachsenen, vier Kindern und all unserem Gepäck in einem Taxi saßen. Dank Plattformen wie Airbnb kann man auf der mexikanischen Yukatán-Halbinsel reisen wie es einem gefällt und muss nicht in den riesigen Hotelbunkern um Cancun unterkommen. Das Schönste war, dass wir so mit Einheimischen in Kontakt kamen, grade über die Kinder. Als wir zum Beispiel leicht panisch wurden, weil unsere Jüngsten übersäht von Hitzepickeln waren, wurden wir ungefragt von lächelnden Mexikanern mit Tipps und Hausmitteln versorgt (Der Mexican-Mama-Tipp: Abduschen, und mit Stärke oder Olivenöl einreiben).
Unterkunfts-Highlights
➤ Auf der traumhaften Insel Holbox fahren nur Golfcars. Der Strand ist optimal für Kinder, weil das Wasser so seicht ist. Gewohnt haben wir im Hostel Ida y Vuelta. Nachdem wir zwei Nächte in einer Private Cabin mit Sandboden aber ohne eigens Bad verbrachten, sind wir in je einen Private Bungalow umgezogen. Auch wenn die Jungs die erste Unterbringung besser fanden ("Sandburgenbauen neben dem Bett, voll cool Mama!"), waren wir wirklich froh, als wir unser eigenes Bad hatten. Denn sobald auf Holbox die Sonne unterging, mussten wir zu den Gemeinschaftstoiletten rennen, um nicht total von Mücken zerstochen zu werden.
➤ In Tulum Tunich Jungle Cabañas: Die Kanadier Brandy und Blaine haben selbst drei Kinder. Die Zimmer sind sehr sauber und schön eingerichtet. Das Frühstück ist der Wahnsinn und die Gastgeber supersupernett. Dank eines kleinen Innenhofes können die Kinder vor der Zimmertür spielen ohne dass es gefährlich ist. Über der Straße liegt gleich der Strand und fußläufig erreicht man tolle Strandbars und Restaurants. Das Meer in Tulum ist wilder, mit so kleinen Kindern muss man immer aufpassen. Dafür kann man von hier aus tolle Tagesausflüge machen.
➤ Auf der Isla Cozumel Hacienda Boutique "Room Fiesta": In den Privatzimmern bei Patricia fühlt man sich wie in einem Luxushotel. Alles ist sehr gepflegt, der Innenhof mit Pool ist ein Traum und genau das richtige nach zehn Tagen Strand. Die Insel an sich ist sehr touristisch, täglich kommen Kreuzfahrtschiffe vorbei. Die Strände sind oft steinig, dafür kann man viele Fische sehen.
Die ganze Wahrheit, Chicas
Natürlich war es ganz schön stressig. Siesta? Nicht für uns! Denn einer der Jungs war immer wach. Außerdem hören Kinder im Urlaub auch nicht besser als zuhause. Ich fand es schade, dass ich nicht am mexikanischen Nachtleben teilnehmen konnte. Frühes Aufstehen, den ganzen Tag am Strand, die Hitze und tägliche physische und psychische Anwesenheit streckten mich um spätestens 21 Uhr nieder. Also Abends kein Mezcal und den bioluminiszenten Plankton auf Holbox habe ich auch verpennt.
Bis man sich an die Temperaturen und die Gegebenheiten gewöhnt hat, vergehen ein paar Tage. Die ganze Verantwortung in einem fremden Land trägt man alleine. Das hat mich Kraft gekostet. Am meisten musste ich mich an die hygienischen Bedingungen gewöhnen. Aber es spielt sich ein. Am Schluss der Reise waren wir so gut organisiert, dass wir ewig hätten weiterreisen können. Es ist eben auch nicht anders chaotisch und stressig als zuhause. Trotz all der Herausforderungen kam ich voller Energie nach Hause. Im Umgang mit meinen Kindern bin ich jetzt wahnsinnig entspannt, Alltagssituationen empfinde ich nicht mehr als so stressig, denn ich hatte im Urlaub ganz andere Bedingungen. Zuhause ist alles routiniert und an seinem Platz. Und mein Sohn sagt ständig er will wieder nach Mexiko - alles richtig gemacht.
Bildquelle: privat