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Be- oder Erziehung?

Bedürfnisorientierte Erziehung: So gelingt Attachment Parenting

Bedürfnisorientierte Erzieung: Attachment Parenting
© GettyImages/lolostock

Wir lesen darüber in Blogs oder diskutieren mit anderen Eltern darüber: Ist bedürfnisorientierte Erziehung der richtige Weg, um starke Kinder großzuziehen? Und wie soll das eigentlich gehen? Was steckt hinter dem Begriff Attachment Parenting und auf wessen Bedürfnisse kommt es dabei an? Alles Wissenswerte und jede Menge Tipps für diese Erziehungsform. 

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Was bedeutet bedürfnisorientierte Erziehung?

Bei der bedürfnisorientierten Erziehung, auch Attachment Parenting genannt, geht es darum, die Signale von Kindern wahrzunehmen und angemessen darauf zu reagieren.

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Manchmal wirkt es, als seien Tragetuch, Familienbett und Co. voll im Trend, aber den Erziehungsstil des Attachment Parenting gibt es bereits seit den achtziger Jahren. Der US-amerikanische Kinderarzt William Sears rief damals das Credo aus: Möglichst viel Körperkontakt, möglichst lange stillen, immer sofort aufs Baby reagieren – eben stets bedürfnisorientiert und bemüht handeln.

Wichtig zu wissen: Bedürfnisorientierte Erziehung endet nicht mit dem ersten Lebensjahr. Diese Erziehungsform ist eine fürs Leben. Denn auch wenn sich Bedürfnisse natürlich ändern und wir Eltern anders damit umgehen, Bindung bleibt ein ganz wichtiges Thema. Mit Nora Imlau habe ich über Bindung als Lebensthema mal in einem Interview gesprochen.

Ab wann mit bedürfnisorientierter Erziehung starten?

Bedürfnisorientierte Erziehung beginnt, wenn wir es ganz genau nehmen wollen, ab dem Moment der Schwangerschaft. Denn da haben sowohl Mütter als auch der Embryo (unterschiedliche) Bedürfnisse. Und auch wenn wir das häufig nicht so klar erkennen, schon hier können wir darauf achten, unsere eigenen Bedürfnisse nicht total zu vergessen.

Die Grundprinzipien der bedürfnisorientierten Erziehung

  • Nähe und Geborgenheit: Körperliche Nähe und Zuwendung sind essenziell. Das bedeutet häufiges Kuscheln, Tragen des Babys (z. B. im Tragetuch) und gemeinsames Schlafen, wenn es für euch als Familie passt. Eure Nähe gibt eurem Nachwuchs Sicherheit und stärkt die Bindung zu euch Eltern.
  • Reagieren auf Bedürfnisse: Achtet auf die Signale eures Nachwuchs und reagiert prompt. Schreien lassen, um das Kind „abzuhärten“, gehört nicht zu diesem Ansatz. Stattdessen geht es darum, euer Kind zu trösten und ihm zu zeigen, dass seine Bedürfnisse ernst genommen werden.
  • Stillen nach Bedarf: Das Stillen ist nicht nur Nahrungsaufnahme, sondern auch Trost und Nähe. Solange Mutter und Kind es wünschen, darf gestillt werden. Dabei orientiert man sich an den Bedürfnissen des Kindes und nicht an starren Zeitplänen. Und wenn ihr nicht stillen wollt, ist das auch vollkommen in Ordnung. Denn eure Bedürfnisse sind ebenso wichtig!
  • Respektvolle Kommunikation: Auch kleine Kinder verdienen es, respektvoll behandelt zu werden. Sprecht mit euren Kindern auf Augenhöhe, erkennt ihre Gefühle an und hört ihnen zu. Auf diese Weise fördert ihr auch das Vertrauen und ihre emotionale Intelligenz.
  • Positive Disziplin: Strafen und autoritäres Verhalten haben in der bedürfnisorientierten Erziehung keinen Platz. Es geht stattdessen darum, dass ihr euch eurer Vorbildfunktion bewusst seid und liebevolle Anleitung gebt. Unterstützt eure Kinder, statt sie zu kontrollieren.

Wie funktioniert bedürfnisorientierte Erziehung?

Der vielleicht größte Trugschluss im Zusammenhang mit bedürfnisorientierter Erziehung: Es müssen nur die Bedürfnisse des Kindes erfüllt werden. Das stimmt aber nicht.

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Die Bedürfnisse aller Familienmitglieder stehen im Zentrum. Bedürfnisorientierte Erziehung ist auch kein starres Konstrukt, wie Familien an sich ist auch diese Erziehungsform immer im Wandel, reagieren wir alle zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedlich auf Bedürfnisse.

Angemessen auf Bedürfnisse reagieren

Gerade Babys brauchen die Sicherheit, dass ihre Bedürfnisse prompt und angemessen erfüllt werden. Und wir Eltern können uns mit jeder Menge Helferlein ausstatten, um nicht permanent gegen unsere eigenen Bedürfnisse zu arbeiten. So kann ein Tragetuch hilfreich sein, wenn euer Baby non-stop getragen werden will. Co-Sleeping im Beistellbett gibt dem Baby auch nachts die Nähe, die es braucht, schenkt auch, aber vielleicht auch euch als Eltern die drei Extraminuten Schlaf.

Bedürfnisorientierte Erziehung für Babys

Babys lernen erst, sich in unserer Welt zurechtzufinden und brauchen deswegen die Rückversicherung von uns Erwachsenen: Ich bin da, ich kümmere mich um dich, du bist nicht allein. Deswegen könnt ihr mit einem Neugeborenen auch wirklich nichts diskutieren, deren Bedürfnisse müssen an Ort und Stelle befriedigt werden. Bei Babys bis ungefähr zum sechsten Lebensmonat werdet ihr also in der Praxis eure Bedürfnisse immer hinter die eures Kindes zurückstellen.

Schlafprobleme und Schreibabys

Klar sollte sein: Schlaflernprogramme oder Methoden wie Schreien lassen sind keine Option. Wer hingegen auf die Signale seines Babys und auf seine Intuition vertraut, der hat das Konzept schon ganz gut verstanden.

"Gentle Parenting": Der Erziehungs-Trend kurz erklärt Abonniere uns
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Wie gelingt bedürfnisorientierte Erziehung im Alltag?

Aber wie reagiert man denn nun richtig? All die Hinweise können verunsichern, denn wir Eltern wollen ja eigentlich nichts falsch machen. Und wenn doch jede Familie ihren eigenen Weg finden muss, wie klappt es denn dann bei euch mit dem Attachment Parenting? Hier ein paar Ideen:

  • Beobachten und Verstehen: Nehmt euch Zeit, um die Signale eures Kindes zu verstehen. Jedes Kind ist einzigartig und hat individuelle Bedürfnisse.
  • Rituale und Routinen: Feste Rituale, wie das Vorlesen einer Gutenachtgeschichte oder gemeinsame Mahlzeiten, geben Kindern Sicherheit und Struktur.
  • Selbstfürsorge nicht vergessen: Eltern sollten auch auf ihre eigenen Bedürfnisse achten. Nur wer selbst ausgeglichen ist, kann seinem Kind die notwendige Unterstützung bieten.
  • Austausch und Unterstützung suchen: Der Austausch mit anderen Eltern, die ähnliche Ansichten teilen, kann bereichernd und unterstützend sein.
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Andrea Zschocher

Langfristige Perspektive

Tatsächlich habe ich mich nie groß damit beschäftigt, welchen Erziehungsstil ich denn da eigentlich mit meinen Kindern fahre. Das meiste kommt einfach aus dem Bauch heraus. Während der Schreibabyzeit meiner Kinder, die teilweise das ganze erste Lebensjahr dauerte, war nur im Kleinen Platz dafür, auf meine eigenen Bedürfnisse zu achten.

Und auch heute klappt das nicht immer so ausgewogen, wie es im besten Falle sein sollte. Aber an sich denke ich, dass ich mich der bedürfnisorientierten Erziehung schon recht nahe fühle, auch wenn ich das Gefühl habe, dass es mit zunehmendem Alter der Kinder eher um Be- als Erziehung geht.

Das bedeutet bei uns auch, erstmal jedes Bedürfnis anzuhören. Und ja, wir diskutieren dann auch viel über unterschiedliche Gefühle, Ansichten und Wünsche.

Wohin das führt? Zu drei sehr aufgeweckten Kindern, die viele Fragen stellen, einem eher lauten Familienalltag und in der langfristigen Perspektive hoffentlich zu Erwachsenen, die für sich und andere einstehen und klar kommunizieren können, was sie brauchen.

Andrea Zschocher

Buchtipps für bedürfnisorientierte Erziehung

Wir stellen hier eine kleine Auswahl zu ganz unterschiedlichen Themen vor. Denn natürlich könnt ihr euch erstmal mit den Grundlagen beschäftigen, oder aber gleich das Buch zu dem Thema in die Hand nehmen, wo bei euch der Schuh drückt.

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Bedürfnisorientierte Erziehung: richtig oder falsch?

Mit richtig und falsch ist es in puncto Kindererziehung nicht ganz so einfach. Wir alle wissen, Gewalt gegen Kinder ist verboten und geht gar nicht. Daran halten wir uns. Aber dem Kind Grenzen setzen ist ja wichtig. Dabei auch mal laut zu werden oder sogar schimpfen – ist uns allen schon passiert, oder?

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Wenn ihr das Gefühl habt, ihr hab eine Grenze überschritten, dann entschuldigt euch bei eurem Nachwuchs. Wir alle machen Fehler, und Kinder sind zum Glück sehr viel widerstandsfähiger als wir glauben. Eine scharfe Anrede mit anschließender Entschuldigung werden sie also sicher gut wegstecken, wenn sie wissen: Das ist die absolute Ausnahme und keine Regelmäßigkeit.

Was bedürfnisorientierte Erziehung nicht ist

Ihr müsst auch keine glühenden Fans von Tragetüchern oder Familienbetten sein, um eure Kinder bedürfnisorientiert zu erziehen. Es gibt keine Checkliste, die ihr abarbeiten sollt, damit ihr alles vermeintlich richtig macht. Es ist also kein Fehler, wenn eure Kinder am liebsten im eigenen Bett schlafen und lieber weniger Nähe haben möchte. Das ist vollkommen ok. Wichtig ist, auf euer Bauchgefühl zu hören, auf die Bedürfnisse eurer Kinder und euch selbst einzugehen und klar zu kommunizieren.

Wichtig ist, dann zu handeln, wenn es für ein Familienmitglied im aktuellen Kontext nicht mehr passt. Das könnt ihr sein, oder das Kind. Akzeptiert eure Grenzen und geht nicht immer wieder darüber hinaus.

Ich weiß, dass sich das sehr einfach sagt und ganz schwer umzusetzen ist. Als Mutter von drei Schreibabys, die die Bedürfnisse der Kinder immer über die eigenen gestellt hat, muss ich über meine eigenen Tipps schon auch lachen. Weil sie sich nicht immer so umsetzen lassen. Weil manche Situation ein anderes Vorgehen erfordern. Aber auch dann gibt es im Kleinen noch jede Menge Stellschrauben, an denen ihr drehen könnt, um nicht vollkommen auf der Strecke zu bleiben. Mehr darüber lest ihr in meinem Buch "Mama, Papa Relax".

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Welche Bedürfnisse bei bedürfnisorientierter Erziehung?

Bei der Bedürfnisorientierten Erziehung geht es um die Erfüllung von Grundbedürfnissen. Das sind Sicherheit / Nähe, Nahrung und Zuwendung. Ausdrücklich nicht dazu zählen das neuste Plastikspielzeug oder das 20. Buch.

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Natürlich wird eure Absage an solche Dinge eure Kinder frustrieren. Und das solltet ihr zugewandt und liebevoll begleiten. Denn auch wenn es sich nicht so anfühlt, ihr helft euren Kindern auch auf diese Weise dabei, eine Frustrationstoleranz zu entwickeln.

Frustrationstoleranz lernen

Nicht, dass wir uns da falsch verstehen, natürlich sollt ihr eure Kinder nicht mit Absicht frustrieren. Aber es wird immer wieder Situationen geben, in denen es eben nicht so läuft, wie euer Nachwuchs sich das erhofft. Ist bei uns Erwachsenen ja ähnlich. Und Kinder müssen lernen, damit umzugehen.

Das beginnt im Kleinen schon im Babyalter, wenn ihr beispielsweise eurem Kind mit netten Worten erklärt, dass ihr noch rasch die Butter in den Kühlschrank räumt, und es erst dann in den Arm nehmen könnt.

Bedürfnisorientierte Erziehung: So kann sie gelingen

Attachment Parenting kommt von der englischen Vokabel „attach“ (anhängen, anhaften) und tatsächlich sieht man in der Praxis, wie sich daran die Geister scheiden. Manche Eltern richten ihr Leben komplett nach den Bedürfnissen der Kinder aus und zelebrieren diese Form Selbstaufgabe. Andere verweisen auf die Bedürfnisse aller Familienmitglieder und versuchen den Blick aufs Ganze zu haben.

Beides sind Formen von bedürfnisorientierter Erziehung. Wir empfehlen, zum Wohle aller, die Variante, bei der alle in den Blick genommen werden, auch, um gerade dem Mütter-Burnout vorzubeugen. Am Ende gilt aber: Jede Familie findet ihren eigenen Weg, auch wenn sich einiges ändert.

Welcher Mama-Typ bist du oder wirst du vielleicht sein?

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