Wir alle wollen gute Mütter und Väter sein. Wie schwer das manchmal in der Praxis ist, zeigt sich natürlich erst, wenn der Nachwuchs auf der Welt ist. Und da wir nicht alle Ratgeber dieser Welt lesen können, freuen wir uns immer, wenn Experten, wie der Vater- und Familienforscher Professor Rob Palkovitz von der University of Delaware nützliche Erziehungsratschläge in eine kurze und prägnante Formel packt.
Das ABC der Vaterschaft nach Palkovitz
Wie sieht denn gelungene Vaterschaft überhaupt aus? Reicht es, miteinander den Ball zu kicken und Papa spielt das Kitzelmonster? Das ist auf jeden Fall schon mal ein guter Anfang. Es braucht aber noch ein wenig mehr, wie Studien zeigen. Rob Palkovitz' "ABC" beschreibt nicht nur, welche weiteren Faktoren zu einer guten und langfristig stabilen Papa-Kind-Beziehung beitragen, sondern liefert gleichzeitig eine Anleitung für die Umsetzung.
A wie Affektiv
Das "A" aus "ABC" steht dabei für das englische Wort "affective" (dt. affektiv), also so viel wie gefühlsbezogen, emotional. Das Schaffen eines gefühlvollen, konstanten und sicheren Umfelds ist die erste Säule des Models und die wichtigste. Es bedeutet, dem Kind das Gefühl zu vermitteln, dass Papa ihm den Rücken freihält und auf seiner Seite ist. Dass es ihn im Zweifel jederzeit anrufen kann und Papa kommt. Und dass, auch wenn Papa mal ganz weit weg sein sollte, er an sein Kind denkt. Kurz: Das Kind soll sich der Liebe und Unterstützung seines Vaters jederzeit sicher sein. Dann kann es sich selbst und sein Umfeld erkunden und entdecken. Für Väter bedeutet das: Nicht schimpfen, wenn das Kind ankommt und etwas "beichtet". Nicht seine Sorgen und Nöte abtun und klein reden. Dafür: Zuhören, da sein, zugewandt bleiben – Fels in der Brandung und Kavallerie wenn nötig.
B wie Benehmen (engl. behavior)
"B" steht für "behavior", also Benehmen bzw. Verhalten: Macht Papa im Haushalt mit? Spielt er mit ihnen? Macht er Ausflüge und kommt zu Schulaufführungen? Wenn der Vater aktiv und präsent im Alltag der Kinder ist, fehlen Kinder später seltener in der Schule, nutzen weniger Drogen, geraten nicht so oft mit dem Gesetz in Konflikt und haben bessere Beziehungen zu Gleichaltrigen. Väter hingegen profitieren davon, dass sie endlich wieder spielen dürfen. Lego-Käufe und Modelleisenbahnen sind dann nicht mehr nerdige Hobbys, sondern Ausdruck liebevoller Vaterschaft. Sie erhalten auch die Möglichkeit, ihre eigene Kindheit noch einmal zu erleben und ihr Verhältnis zu den eigenen Eltern neu zu gestalten. Das heißt: das Kitzelmonster und das gemeinsame Kicken ist genauso wichtig wie Papas Applaus beim Schultheater und sein Geheime-Spezial-Soße-Spaghetti-Rezept.
C wie Connection
Es bleibt das "C", das im Modell von Rob Palkovitz für "connection" steht, also eine Verbindung oder "einen Draht" zueinander haben. Dabei geht es darum, dass Papa den Gemütszustand seines Kindes lesen kann. Denn nur so kann er wissen, was es jetzt von ihm braucht: Zuwendung oder Zurückhaltung. Ohne diese Verbindung entstehen sonst immer wieder Situationen, in denen sich das Kind entweder vernachlässigt oder erdrückt fühlt. Väter lernen so, empathischer zu handeln, was sich in Folge positiv auf alle anderen Bereiche in ihrem Leben auswirkt. Wenn das Kind mit einer schlechten Note nach Hause kommt und darüber schon ganz verzweifelt ist, sollte Papa also nicht schimpfen oder gar Sachen sagen wie "Hättest du mehr gelernt, statt immer zu spielen, wäre das nicht passiert", sondern seinen Sohn oder seine Tochter in den Arm nehmen und ihm oder ihr sagen, dass Noten nicht so wichtig sind und es immer das tollste Kind der Welt für ihn sein wird.
Papa wird noch besser
Auch der Vater profitiert von einer solchen Beziehung: Kognitive Funktionen, Gesundheit und Empathiefähigkeit werden laut Studien verbessert. Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl steigen ebenso wie die Fähigkeit zu emotionalem Ausdruck und Regulation. Väter gaben in den Untersuchungen von Rob Palkovitz und seinem Team an, dass sie durch die Beziehung zu ihren Kindern gelernt haben, konstruktiver mit Wut und Ärger umgehen und negative Gefühl leichter kontrollieren zu können. Gleichzeitig konnten sie ihre positiven Gefühle besser ausdrücken, was sowohl für ihre Ehe wie auch Freundschaften zuträglich war.
Starke Kinder, gesündere Väter
Es gibt noch viele weitere Beispiele, wie sich eine gelungene Vater-Kind-Beziehung nicht nur positiv auf das Kind und seine Entwicklung, sondern ebenso auf den Vater und seine persönliche Entwicklung auswirkt. Engagierte Väter kümmern sich besser um sich selbst. Sie machen eher Sport, Diäten, gehen zu Vorsorgeuntersuchungen und engagieren sich auch in ihrem Umfeld mehr. Bei der Vater-Kind-Beziehung geht es also nicht nur um das Kind – Vaterschaft an sich ist ein wichtiger Schritt der Erwachsenenentwicklung von Männern. Zusammengefasst lässt sich also sagen: Nähe, Engagement und Verständnis füreinander – so können Papas ihren Kindern einen sicheren Hafen schaffen und davon selbst profitieren.
Engagierte Väter sind sexy!
Früher, als ich noch jung, ausgeschlafen und Single war, gab es für mich zumindest ein einfaches Auswahlkriterium: War mein Date bereits Vater, erwartete ich, mit Fotos und Storys über seinen Nachwuchs überschüttet zu werden. Dabei bitte leuchtende Augen mit Sternchen drin und die Art weiche Stimme, die von tiefer Liebe herrührt.
Männer, die ihr Kind nur so nebenbei erwähnten oder es im Online-Profil unterschlagen hatten, waren raus bei mir. Ich wusste lange nicht, ob ich eigene Kinder haben wollte, aber einen Mann, der sein Vatersein so richtig und alltäglich lebt und liebt, hätte ich gern getroffen. Ich kannte genügend Geschichten aus meinem Umfeld über nicht so gute Väter und habe bei vielen Freund*innen gesehen, welchen Einfluss der – abwesende, desinteressierte, unzuverlässige – Vater auch viele Jahre später noch hatte. Dabei habe ich nie verstanden, wie man Menschen und natürlich insbesondere sein eigenes Kind so behandeln kann, ohne dass einen das Karma nicht schon in diesem Leben einen Tritt verpasst. Ein guter Mensch – und nur solche finde ich attraktiv – ist auch ein guter Vater. Und seien wir mal ganz ehrlich: Die beschriebenen drei Säulen des Modells – emotionale Nähe, Verantwortungsgefühl in Handeln und Denken sowie in der Lage sein, die Gemütslage des Gegenübers auch ohne Anleitung zu verstehen – sind die Basis jeder zwischenmenschlichen Beziehung. Wenn jemand das nicht mal bei seinem eigenen Kind hinbekommt, dann wohl bei niemandem.
Wollt ihr mehr darüber wissen, wie engagierte Papas für ihre Kinder da sind? Dann schaut euch das Video an:
Quelle: fatherly.com, childandfamilyblog.com
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