Beziehung ohne Sex und körperliches Verlangen, dafür mit tiefer Verbundenheit, emotionaler Intimität und inniger Zuneigung: Liebe hat viele verschiedene Gesichter und eins davon ist die platonische Liebe. Was genau man darunter versteht und wie sie sich von romantischen Beziehungen sowie Freundschaften unterscheidet.
Was ist platonische Liebe?
Beim Thema Beziehung ohne Sex und erotische Intimitäten denken viele sofort an eine normale Freundschaft, die sogenannte Friendzone oder gar an eine missglückte oder unglückliche Liebesbeziehung. Doch bei einer platonischen Liebe geht es um viel mehr als um eine nicht (mehr) erwiderte Liebe oder freundschaftliche Gefühle.
Stattdessen stehen innige Liebe, Ehrlichkeit, Loyalität, Geborgenheit, Vertrauen, Verbundenheit, gegenseitiger Respekt, gemeinsame Interessen und Werte sowie das Erreichen von Zielen oder Lebensträumen zwischen zwei Menschen im Mittelpunkt. Nur eine Sache spielt dabei eben keine große Rolle: der Sex bzw. andere körperliche Intimitäten, wie Küsse, Erotik oder sinnliche Streicheleinheiten.
Gut zu wissen: Das sexuelle Verlangen aufeinander und die körperliche Anziehung fehlen in einer platonischen Beziehung entweder von Anfang an komplett oder flauen mit den Jahren bzw. im Alter ab.
Wie ihr wahrscheinlich schon richtig vermutet habt, hängt die Namensgebung mit dem großen griechischen Philosophen Platon zusammen, obwohl sich der Begriff erst später in der Renaissance entwickelt hat. Laut verschiedener Thesen und Schriften war die platonische Liebe für Platon die höchste und bedeutendste Form der Liebe, weil sie ohne körperliche Nähe auskommt.
Wie unterscheiden sich platonische und romantische Liebe?
Im Grunde genommen sind sich die platonische und (zumindest eine intakte) romantische Liebe sehr ähnlich, denn es besteht zweifelsohne eine tiefe Verbundenheit und innige Liebe zwischen den Partner*innen. Und auch die berüchtigten Schmetterlinge im Bauch sowie das Schmieden gemeinsamer Zukunftspläne können bei einer platonischen Liebe durchaus existent sein.
Dabei ist die sexuelle Orientierung und ob es sich dabei um Mann und Frau oder ein gleichgeschlechtliches Paar handelt, völlig nebensächlich. Der wohl größte Unterschied zwischen den beiden Beziehungen ist, dass die platonische Liebe rein auf einer emotionalen und seelischen und eben nicht auf einer körperlichen sowie sexuellen Ebene beruht. Nichtsdestotrotz sind beide Partner*innen in jeder Situation für den oder die andere da.
Welche Gründe sprechen für eine platonische Beziehung?
Warum manche Menschen keine körperliche Anziehung zueinander empfinden und stattdessen lieber eine platonische Beziehung eingehen, hat individuelle Gründe. Wir haben euch einige Beispiele für ein fehlendes körperliches Verlangen zusammengefasst:
- es besteht generell kein Verlangen nach körperlichen Intimitäten – sei es Sex, Petting oder Küsse
- die emotionale und geistige Ebene steht im Vordergrund
- man kennt sich seit dem frühsten Kindesalter und liebt sich mehr wie ein Geschwisterpaar
- die sexuelle Lust aufeinander ist im Laufe der langjährigen Beziehung nicht mehr vorhanden, die Liebe zueinander ist jedoch nach wie vor sehr groß
- man leidet aufgrund des Alters oder einer Krankheit an sexueller Unlust
- einer oder beide Partner*innen sind asexuell
- es besteht zwar generell Lust auf Sex, allerdings mit anderen Partner*innen außerhalb der Beziehung
Bitte beachten: Manche Menschen haben schlicht und ergreifend Angst vor Sex und gehen deshalb keine romantische Beziehung ein. Hier kann zum Beispiel eine Gesprächstherapie mit einem oder einer Sexualtherapeut*in helfen.
Kann eine platonische Beziehung funktionieren?
Ja, die Beziehungsform der platonischen Liebe kann durchaus funktionieren und auch eine dauerhafte Zukunft haben. Wichtig ist jedoch, dass zwischen den Partner*innen absolute Klarheit herrscht, Missverständnisse aus dem Weg geräumt werden, gegenseitiges Vertrauen vorhanden ist und gemeinsame Vereinbarungen in Bezug auf die Beziehung getroffen werden.
Auch – oder besser gesagt vor allem – Sex bzw. der nicht vorhandene Sex darf kein Tabuthema sein und muss angesprochen werden: Verzichten beide Partner*innen bewusst auf sexuelle Aktivitäten? Ist Sex außerhalb der Beziehung – also im Prinzip eine offene Beziehung – für beide in Ordnung? Diese Fragen gilt es zu klären, um Misstrauen und Eifersucht vorzubeugen.
Das Wichtigste: Solange ihr eure eigenen Wünsche, Bedürfnisse, aber auch Ängste und Sorgen mitteilt und euch vor allen Dingen blind vertraut, sind der platonischen Liebe keine Grenzen gesetzt.
Gibt es einen Unterschied zur Freundschaft?
Im ersten Moment kommt vielleicht die Frage auf: Ist eine platonische Beziehung nicht automatisch eine gute und langjährige Freundschaft? Natürlich kommt es hier in erster Linie darauf an, wie tief und innig die Freundschaft ist. Doch im Vergleich zu einer „normalen" Freundschaft, in der man sich sympathisch ist, hin und wieder gemeinsame Aktivitäten unternimmt und man auf der gleichen Wellenlänge liegt, geht eine platonische Liebe viel mehr in die Tiefe.
Bei einer platonischen Beziehung handelt es sich vielmehr um eine Art Seelenverwandtschaft mit einer starken emotionalen Verbindung. Anders als in vielen Freundschaften ist die Vertrauensbasis zwischen den beiden Menschen enorm hoch, man meistert zusammen Krisen und Verluste, steht sich im Alltag bei und liebt sich bedingungslos – ähnlich wie in einer klassischen Liebesbeziehung.
Monogam oder Polyamorie? Neben platonischen, romantischen, freundschaftlichen oder rein sexuellen Beziehungen gibt es viele weitere Beziehungsformen. Einige davon stellen wir euch im folgenden Video vor!
Bildquelle: Gett