Selbstbestimmung über den eigenen Körper ist ein hart erkämpftes Recht von Frauen. Das sehen jedoch nicht alle Menschen so. Die Anhänger*innen der Initiative Pro Life stellen das in Frage und möchten "das Leben schützen".
Schwangerschaftsabbruch ist in Deutschland immer noch strafbar
"Wer eine Schwangerschaft abbricht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft." So steht es im Deutschen Strafgesetzbuch. Eine Abtreibung ist in Deutschland grundsätzlich rechtswidrig, bleibt unter bestimmten Umständen aber straffrei: 1995 wurde ein Paragraph hinzugefügt, der eine Abtreibung straffrei macht, wenn die Schwangere an einer Schwangerschaftskonfliktberatung teilnimmt, nicht weiter als in der 12. Schwangerschaftswoche ist und der Abbruch durch einen Arzt oder eine Ärztin durchgeführt wird. Dann ist eine Abtreibung immer möglich. Weitere Umstände, die die Abtreibung straflos machen, sind medizinische oder kriminologische Gründe.
Ein langer Kampf
Dass Frauen das Recht haben, selbst über ihren Körper und ihr Leben zu entscheiden, ist für uns heute ganz normal. Unvorstellbar, dass es vor gar nicht allzu langer Zeit noch ganz anders aussah: Bis 1997 galt beispielsweise nur der erzwungene außereheliche Geschlechtsverkehr als Straftat. Wenn ein Mann innerhalb einer Ehe seine Frau zum Sex zwang, galt dies bis Ende der 90er Jahre nicht als Straftat. Umso besser, dass heute alle Hebel Richtung Gleichberechtigung und Selbstbestimmung gedreht sind und sich immer mehr Menschen dafür stark machen.
Was bedeutet Pro Life?
Doch nicht allen Menschen passt das Recht auf Selbstbestimmung, beispielsweise die Pro Life-Bewegung, in Deutschland auch Lebensschützerbewegung genannt. Dahinter verbirgt sich ein Zusammenschluss von Abtreibungsgegner*innen, der sich zu einem Großteil aus fundamentalen Christen aber auch aus anderen Interessensgruppen zusammensetzt. Ihr gemeinsames Credo: Abtreibung ist Mord. Frauen, die sich für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden sind ergo Mörderinnen.
Es handelt sich bei Pro Life nicht um eine kleine Gruppe: In den USA sind die Abtreibungsgegner*innen so stark, dass der Bundesstaat Alabama im Mai 2019 ein radikales Abtreibungsverbot einführte, das Frauen nicht mal mehr dann einen Schwangerschaftsabbruch erlaubt, wenn sie vergewaltigt wurden. Diese Entscheidung wurde übrigens von 25 Männern gefällt. Ihre Argumentation: Leben muss geschützt werden und das beginnt laut ihrer Ansicht bereits mit der befruchteten Eizelle. Pro Life eben.
Pro Life – aber nicht das von Frauen
Leben schützen schön und gut, allerdings scheint für Abtreibungsgegner*innen nur das Leben des Ungeborenen zu zählen. Das eine ungewollte Schwangerschaft für die betroffenen Frauen enorme gesundheitliche und psychische Folgen haben kann, wird gänzlich ausgeblendet. Erst 2016 starb in Italien eine 40-Jährige an den gesundheitlichen Folgen ihrer Schwangerschaft, weil kein Arzt ihr eine Abtreibung gewähren wollte. Zwar sind Schwangerschaftsabbrüche dort seit über 40 Jahren erlaubt, werden aber aus ethischen Gründen von den meisten Ärzt*innen abgelehnt.
Pro Life macht Hilfesuche zum Spießrutenlauf
Dass Menschen verschiedene Meinungen vertreten ist in unserer Demokratie fest verankert. Problematisch wird es jedoch, wenn andere dadurch massiv belästigt werden. So versammelten sich laut einem Bericht der Frankfurter Rundschau 2019 während der Fastenzeit beispielsweise radikale Abtreibungsgegner*innen zu einer Mahnwache namens “40 Tage für das Leben”. Sie trafen sich jeden Tag vor einer Frankfurter Beratungsstelle von pro familia, in welcher Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch in Erwägung ziehen, sich Rat einholen können und rechtlich auch müssen.
Die Anhänger*innen von Pro Life beteten laut, sangen Lieder, hielten Bilder von Föten oder Plakate mit Aufschriften wie "Ungeborene haben Rechte" hoch. Für die Frauen, die sich oft in einer verzweifelten Situation befinden, wenn sie Rat bei einer Beratungsstelle suchen, eine enorme Belastung. Schließlich fällt keiner Frau die Entscheidung für eine Abtreibung leicht.
Auf Wunsch kann eine Schwangerschaftskonfliktberatung auch anonym bleiben – doch bei den Belagerungen vor der Beratungsstelle ist diese Anonymität nicht mehr gewährleistet. Beraterinnen erzählten in Interviews, der Gang zur Beratung werde für manche Frauen so regelrecht zum Spießrutenlauf. Die Bilder und Zurufe der Pro-Life-Anhänger setzen Frauen, die ungewollt schwanger sind, massiv unter Druck. Sich in Ruhe mit der schwierigen Lage auseinanderzusetzen ist kaum noch möglich.
Mein Körper, meine Entscheidung
Wenn eine Frau sich für einen Schwangerschaftsabbruch entscheidet, dann hat sie ihre Gründe und das geht nur sie selbst etwas an – und niemanden sonst. Mein Körper, meine Entscheidung. Das sollte doch wohl für uns alle gelten. Dass es auch heute noch Menschen gibt, die unser Recht auf Selbstbestimmung ausschalten wollen, macht mich immer wieder fassungslos.
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