Ab 1. Januar 2023 gibt es in Freiburgs Kitas und Grundschulen nur noch vegetarisches Mittagessen. Das ist seit dem 18. Oktober amtlich, der Gemeinderat der baden-württembergischen Stadt hat mehrheitlich dafür gestimmt. Natürlich war die Aufregung davor und danach groß, und wir fragen uns, warum eigentlich?
Es gibt inzwischen etliche Studien, die den Nutzen und die Ungefährlichkeit einer vegetarischen Ernährung auch für Kinder unterstreichen. Auch die anerkannte Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) befürwortet "eine vegetarische Ernährung als Dauerkost".
Mittagstisch ohne Fleisch? Freiheitsberaubung!
Trotzdem gab es einen Aufschrei, als Freiburg sein neues Konzept zum Kita- und Schulessen ab 2023 bekannt gab. Das baden-württembergische Agrarministerium machte sich sogar Sorgen um die Entwicklung der Kinder, die "die Möglichkeit haben [sollen], einen eigenen Geschmack zu entwickeln und sich auszuprobieren. Dazu gehört auch der Verzehr von Fleisch“. Auch die SPD, die im Landtag in der Opposition ist, forderte freie Wahl beim Essen.
Mittagessen mit Fleisch? Lieber nicht!
Gleichzeitig suchen Eltern in Berlin, Hamburg und München nicht nur händeringend Kita-Plätze, sondern idealerweise eine Kita, die "vegetarisch ist". Mehr noch: in vielen Großstadtbezirken ist vegetarische Kita-Kost längst Standard, denn vegetarisch ist gleichzeitig halal und koscher und damit inklusiv.
Es geht nicht nur um die Wurst
Was an der Rhetorik der Kritiker*innen auffällt, ist ihre – unzulässige – Generalisierung. Zur Erinnerung: Es handelt sich hier um das Mittagessen in der Kita oder Grundschule. Was in den Familien gegessen wird, bleibt nach wie vor der Vorliebe der Erziehungsberechtigten überlassen.
Bei den Elternvertreter*innen stieß das Konzept aus anderen Gründen auf wenig Gegenliebe: Das Essen wird um 0,90 € teurer und es gibt nur noch eine Auswahlmöglichkeit statt wie bisher zwei. Dafür soll der Anteil an Bio-Lebensmitteln von 20 % auf 30 % steigen, was der Vorsitzende des Landeselternbeirat Baden-Württemberg Michael Mittelstaedt "lachhaft" findet, wie er der Deutschen Presse-Agentur mitteilte, da er bezweifele, dass vegetarisches Essen, egal ob bio oder nicht, teurer sein könnte als solches mit Fleisch.
Fazit
Gut neun Jahre nachdem Renate Künast mit ihrem "Veggie Day" bundesweit für Aufsehen und Entrüstung sorgte, gibt es also ein neues, kleineres Veggie-Gate. Damals war der Vorschlag im laufenden Wahlkampf eine Steilvorlage für Politik und Medien und kostete die Grünen viele Wählerstimmen, während sie gleichzeitig das Image der "Verbotspartei" erwarben.
Renate Künasts Vorstoß war damals ideologisch motiviert. Freiburg hat sein Konzept der Veggie Kitas und Schulen jedoch rein ökonomisch begründet: Offiziell erfolgt die Umstellung auf vegetarisches Mittagessen aus Kostengründen. In Zeiten historischer Inflation ein nicht zu umgehendes Argument. Vielleicht sollte Christian Lindner mal Renate Künast eine WhatsApp schicken – digital first, veggie second.
Quellen: Tagesspiegel Berlin, Merkur, DPA, SWR3
Wenn ihr jetzt Hunger bekommen habt, hätten wir da ein paar Vorschläge – ganz unideologisch:
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