Dein Geschlecht mit dem du geboren wirst, kann davon abweichen, wie du dich fühlst. Das nennt man die eigene geschlechtliche Identität finden. Manche wissen das schon früh, andere sind sich unsicher. Alles dazwischen ist legitim und wird als "nicht-binär" bezeichnet.
Das binäre Geschlechtssystem
Das biologische Geschlecht eines Menschen wird rein wissenschaftlich bei der Geburt zugewiesen. Anhand der rein körperlichen Geschlechtsmerkmale unterscheidet man zwei Geschlechter, das männliche Geschlecht und das weibliche Geschlecht. Daher nennt man das geschlechtliche System binär, weil es aus zwei gegensätzlichen Geschlechtern besteht.
Die meisten Menschen werden mit jeweils eindeutigen Merkmalen geboren. Das wären die Vagina und Brüste bei den Frauen und der Penis bei den Männern. Um mal nur die primären Merkmale zu nennen, die als eindeutig gelten. Es gibt jedoch auch Menschen, die mit Merkmalen beider Geschlechter geboren werden. Diese Personen nennt die Wissenschaft intersexuell. Das kommt gar nicht so selten vor.
Die geschlechtliche Identität ist jedoch unabhängig von den rein biologischen Merkmalen, mit denen man geboren wurde. Und da sind wir beim Begriff "nicht-binär".
Was ist nicht-binär?
Als nicht-binär bezeichnen sich Personen (oder werden bezeichnet), die sich nicht eindeutig diesem binären Geschlechtssystem zugehörig fühlen. Synonyme, also ähnliche Ausdrücke dafür, sind auch "genderqueer" oder der englische Begriff "non-binary". Du kannst also äußerlich wie ein Junge aussehen und auch männliche Geschlechtsmerkmale haben, dich aber nicht (immer) so fühlen und/oder teilweise nicht als männlich gelesen und angesprochen werden wollen. Gleiches gilt für das Weibliche. Alle Identitäten, die dem System von männlich/weiblich widersprechen, werden daher als "genderqueer" oder non-binär bezeichnet.
Du kennst dich mit den ganzen Abkürzungen der Queer-Szene noch nicht aus? Im Video erfährst du, wofür LGBTQ steht:
Was kennzeichnet nicht-binäre Personen?
Diese Frage eindeutig zu beantworten, ist sehr schwierig. Denn die Geschlechtsidentität, also zu welchem Geschlecht du dich zugehörig fühlst, ist sehr individuell und kann auch von Zeit zu Zeit variieren. Hier wird eine Schublade geöffnet, in die natürlich nicht jeder passt oder passen muss. Solche Kategorien machen auch viel Druck auf junge Menschen.
Diese Bezeichnungen sind in der LGBTIQ+-Szene entstanden und sollen die Gesellschaft darauf aufmerksam machen, dass die Art, wie wir leben, nicht durch das binäre System zweier Geschlechter eingegrenzt ist. Es geht dabei um die Aufklärung und gesellschaftliche Akzeptanz von Personen, die sich außerhalb dieses Systems bewegen und einfach auch gesehen und akzeptiert werden möchten, wie sie sind. Es geht um Diversität und geschlechtliche wie sexuelle Vielfalt und Freiheit.
Eine nicht-binäre Person kann auch
- genderfluid sein/sich fühlen: Personen, deren Geschlechtszugehörigkeit von Zeit zu Zeit wechselt
- agender sein/sich fühlen: Personen, die sich gar keinem Geschlecht eindeutig zugehörig fühlen
- polygender sein/sich fühlen: Personen, die mehrere Geschlechter haben
Non-binäre Personen möchten nicht eindeutig mit "sie" oder "er" angeredet werden. Man fragt am besten nach, was die korrekte Ansprache ist oder verwendet immer den jeweiligen Vornamen. Manche mögen die englische Variante "they/them" oder die deutsche "xier", die aussagt, dass man non-binär ist, doch das ist wirklich sehr individuell.
Ist eine trans*Person nicht-binär?
Transsexuelle Menschen, die sich als trans* bezeichnen, sagen damit meist aus, dass sie zum gegenteiligen Geschlecht gehören, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde. Es kann also sein, dass du als Mädchen geboren wurdest, alle sexuellen Merkmale eines Mädchens besitzt, aber dich wie ein Junge fühlst und auch so aussehen bzw. nach außen gelesen werden möchtest. In dem Fall wärst du binär, weil du eindeutig weißt, zu welchem Geschlecht du gehörst. Es ist jedoch nicht dasjenige, das dir bei deiner Geburt aufgrund der biologischen Merkmale gegeben wurde.
Trans*Personen, die nicht-binär sind, sehen sich aber in diesem zweigeschlechtlichen System nicht und können sich damit nicht identifizieren. Die Begriffe "transsexuell" und "transgender" sind nicht gleich zu verwenden und man muss dabei sehr vorsichtig sein. Letztlich entscheidet jede Person selbst, wie sie sich fühlt und als was sie gelesen werden möchte. Das ist häufig auch ein Prozess, der nicht von heute auf morgen abgeschlossen ist. Die Gesellschaft ist häufig leider noch nicht bereit, darauf sprachlich immer zu achten. Vielen fällt das sehr schwer, weil das zweigeschlechtliche System so stark in unserer Sprache verankert ist.
Finde heraus, wer du bist!
Diese Begrifflichkeiten können ganz schön verwirrend sein. Vor allem wenn man als Teenager noch gar nicht so genau weiß, wer man ist und wie man leben möchte. Es spricht auch überhaupt nichts dagegen, dass du dich ausprobierst, mit deinem Aussehen experimentierst. Keine*r sollte von dir verlangen, dich zu etwas zu bekennen, was du (noch) nicht bist. Begriffe helfen zwar, eine gesellschaftliche Akzeptanz zu erlangen und Themen sichtbar zu machen. Doch sie können auch sehr einengen und dann entsteht sehr viel Druck, der einem in jungen Jahren zu viel sein kann. Wenn du mit all diesen Begriffen überhaupt gar nichts anfangen kannst, dann ist das überhaupt nicht schlimm. Nimm dir die Zeit, dich zu entwickeln, mach deine eigenen Erfahrungen und sprich mit jemanden darüber, dem du vertraust. Es ist wichtig, dass man Verbündete hat und weiß, dass man nicht allein ist.
Ich fühle mich zu meinem Geschlecht sexuell hingezogen: Bin ich nicht-binär?
Die sexuelle Orientierung hat gar nichts mit der geschlechtlichen Identität oder dem biologischen Geschlecht zu tun. Das heißt also, du kannst als Mädchen Mädchen lieben, aber transsexuell sein. Du kannst als non-binäre Person bisexuell sein und beide Geschlechter lieben. Wenn du dich selbst eher genderfluid fühlst, kannst du dich zu deinem eigenen oder dem anderen Geschlecht hingezogen fühlen.
Wichtig ist, dass du nicht durch Begriffe oder gesellschaftliche Erwartungen limitiert bist. Du darfst selbst herausfinden, wer du bist, wer du sein möchtest und wie du dich am wohlsten fühlst. Es gibt kein "richtig" oder "falsch", was das angeht. Lediglich die Gesellschaft und z.b. deine Familie muss akzeptieren lernen, dass es Vielfalt in jeglicher Form gibt und diese unser Leben bereichert.
Quellen: BPP, Regenbogenportal