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Totales No-Go

Kein Mom-Shaming mehr: Warum wir uns eher helfen sollten, als einander zu verurteilen

Eltern in der Öffentlichkeit maßregeln No Go
© Getty Images/princigalli

Mein willensstarkes fünfjähriges Kind bekommt gerade mitten am Tag in der Öffentlichkeit einen Schrei- und Weinanfall. Es ist einiges an Stress bereits vorausgegangen und ich bemühe mich um viel Verständnis, aber das Kind rastet total aus. Ich reagiere etwas zu laut und heftig, gehe einige Schritte weiter, um durchzuatmen und Abstand zu gewinnen. Da kommt eine fremde Mutter hinter mir her und fragt mich flapsig, ob das Kind zu mir gehöre und was das soll ... Warum ich leider sehr uncharmant reagiert habe und was mich daran so wütend macht.

Total übergriffig + nicht hilfreich!

Wie würdet ihr euch fühlen, wenn in einer Situation, wo die Nerven bei euch und eurem Kind total blank liegen und eine fremde Person euch auch noch Vorwürfe macht? Ich persönlich empfinde das als total übergriffig und grenzüberschreitend. In einem Moment, in dem ich emotional aufgewühlt bin und selber erstmal versuche, mich herunterzuregulieren, kommt jemand dazu, der nicht freundlich deeskaliert, sondern verbal noch Öl ins Feuer gießt.

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Noch dazu hat sie nicht einfach nur etwas im Vorbeigehen bemerkt, sondern rief mir noch eine Beleidigung hinterher, auf die ich dann leider ebenfalls verbal aggressiv reagiert habe.

Gut gemeint, aber der Ton macht die Musik

Diese Frau hat es sicherlich nur gut gemeint: Sie sah ein weinendes Kind und eine völlig fertige Mutter, die Abstand sucht. Was sie jedoch nicht sah, war all das, was der Situation vorausgegangen ist und dass ich mich innerlich beim Weitergehen versucht habe zu beruhigen, um mein Kind zu beruhigen. Sie wollte dem Kind sicher nur helfen, indem sie mich anspricht. Es kam jedoch durch ihre Art und Weise vollkommen falsch an und hat mich total wütend gemacht.

Denn sie hat mir verbal und durch ihre Art gezeigt: Ich bin eine schlechte Mutter und das möchte sie mir unbedingt sagen. Dadurch habe ich mich noch mieser und gestresster gefühlt und habe die fremde Frau, die das meiner Tochter gegenüber nur gut meinte, unangemessen beleidigt. Damit hab ich ihr Vorurteil mir gegenüber bestätigt. Meine Tochter hat das alles natürlich mitbekommen. Wir konnten das klären und sie hat sich dann nach einer Weile wieder beruhigt.

Niemand macht alles immer richtig und angemessen

Ich wusste auch ohne den übergriffigen Hinweis der Frau, dass ich meiner Tochter gegenüber zu heftig reagiert habe. Doch alle Trostversuche und Verständnis haben erstmal nichts weiter gebracht. Da ich nur noch hilflos war, bin ich einfach erstmal weitergegangen und es sah so aus, als würde das weinende Kind alleine sein. Natürlich hätte ich sie nicht da alleine gelassen!

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Die Frau kannte natürlich nicht die gesamte Situation und kannte uns nicht. Zumal ich auch in dem Moment mit Freundinnen und deren Kindern unterwegs war, die schon weiter gegangen sind und das ganze Drama mitbekommen hatten.

Und genau das ist es, was ich sagen will: Wir sehen immer nur einen Ausschnitt und kennen nicht alle Hintergründe. Bevor wir uns in eine Situation einmischen, die wir öffentlich mitbekommen, sollten wir überlegen, ob und auf welche Art und Weise wir dies tun.

Statt mit dem Finger zu zeigen, besser Hilfe anbieten

Ich bin total dafür, dass wir in einer modernen Gesellschaft aufeinander achten. Es gibt häuslicher Gewalt und Missbrauch hinter verschlossenen Türen, von denen wir nichts mitbekommen. Natürlich ist Zivilcourage wichtig und dass wir uns einmischen, wenn andere verbal oder körperlich in der Öffentlichkeit beleidigt werden. Es gibt da für meine Begriffe aber kleine, feine Unterschiede.

Statt mir so flapsig hinterherzurufen oder mich noch anzugreifen, hätte sie auch vorsichtig neutral fragen können, ob wir Hilfe brauchen oder alles okay ist. Das hätte mir nicht das Gefühl gegeben, dass ich alles falsch mache, sondern mich erstmal beruhigt. Zum Glück waren meine Freundinnen dabei und haben mir Verständnis entgegengebracht. Sie fanden das Ganze auch unnötig und übergriffig.

Katja Nauck

Geben wir aufeinander Acht, aber shamen wir uns nicht gegenseitig!

Worum es mir geht: Ich kann anerkennen, dass ich die Situation mit meiner Tochter hätte besser und anders lösen können. Das war nicht die einfühlsamste Art und Weise. Aber manchmal gibt es eben Momente, wo die Nerven blank liegen und man falsch reagiert. Jede*r von uns kennt das, oder?

Wer das Gefühl hat, andere Eltern öffentlich maßregeln zu müssen in ihrem Umgang mit dem Kind, sollte sich die Situation genau ansehen bzw. überlegen, wie er oder sie sich dazu äußert. Verständnis und eine neutrale Frage nach Hilfe sind meistens okay. Natürlich gibt es einen Unterschied, wenn man z. B. beobachten würde, wie ein Elternteil ein Kind körperlich oder extrem verbal misshandelt. Es ist gar nicht leicht, dabei immer zu entscheiden, wann man sich einmischen sollte und wann nicht.

Jede*r hat da auch andere verbale und körperliche Grenzen, was ihm bzw. ihr schon zu heftig ist. So was kann stark triggern, wenn man selber Gewalt in jeglicher Form erlebt hat. Von daher ist es grundsätzlich gut, wenn Leute sich um andere Menschen sorgen. Es darf aber nicht in ein plumpes Shamen ausarten, weil eine Mutter mal Dinge macht, die man selber nicht gutheißt. Letztlich sollten wir zusammenhalten und uns nicht gegenseitig verurteilen. Oder wie seht ihr das? Schreibt mir gern an katja@familie.de

Katja Nauck
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Psycho-Test: Welche Spielplatzmutter bist du?

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