Die Spitzen von Union und SPD haben sich auf einen Koalitionsvertrag geeinigt, nun müssen noch die Parteien zustimmen. Autorin Natascha Sagorski argumentiert, warum ein solcher Neustart für Familien Hoffnung bedeuten kann.
Die Forderungen der Familienkette im Koalitionsvertrag
Vor anderthalb Jahren haben wir aufgerufen, bei Deutschlands erster Familienkette vor dem Bundestag dabei zu sein.
Mit dabei hatten wir fünf wichtige familienpolitische Forderungen, die wir mit den Petentinnen direkt vor Ort an Bundestagsabgeordnete übergeben haben. Der Großteil dieser Forderungen findet sich nun im Koalitionsvertrag wieder oder, wie der gestaffelte Mutterschutz, ist bereits Gesetz geworden.
Mutterschutz auch für Selbstständige, eine Anhebung des Elterngelds, Bekämpfung der Kinderarmut und eine Reform des Unterhaltsvorschuss: All diese Vorhaben, damals bei der Familienkette vorgestellten Forderungen sind nun im Koalitionsvertrag festgehalten. Das ist ein großer Erfolg und zeigt, dass familienpolitisches Engagement aus der Zivilgesellschaft heraus sehr wohl wirksam ist!
Zeit für einen Neustart
Nun ist ein Koalitionsvertrag noch keine Gesetzessammlung. Erinnern wir uns an den letzten Koalitionsvertrag, gerade im Bereich Familienpolitik, standen dort fabelhafte Sachen drin. Nur umgesetzt wurde davon herzlich wenig. Die Inhalte des Vertrags sind eine Sache, die tatsächliche Politik dann eine andere, sie steht unter dem Einfluss des Weltgeschehens und vielem mehr.
Aber gerade, weil in der letzten Legislatur familienpolitisch so viel weniger umgesetzt wurde, als wir uns und sicher auch die Regierung selbst sich erhofft hatten, können wir nun auf mehr Tempo und Erfolge hoffen. Es ist nur menschlich, dass eine neue Familienministerin (meines Wissens sind keine Männer für den Posten im Gespräch) große Motivation hat, es gerade jetzt besser zu machen, deutlich mehr umzusetzen zu können und mit Schwung in die Legislatur zu starten.
Kein Worst Case, sondern Anlass zur Hoffnung
Die Zeichen, dass dieser Wille dafür da ist, können wir auf jeden Fall schon erkennen: Bei der Diskussion um das Elterngeld haben wir nach den lautstarken Abschaffungs- und „Nice to have“-Forderungen bereits mit dem Schlimmsten gerechnet, aber hinter verschlossenen Türen wurde nicht über die Abschaffung, sondern eine Erhöhung des Elterngelds gesprochen.
Bei all den politischen Absurditäten eines amerikanischen Präsidenten Trump und anderer politischer Hardliner, sind wir es einfach fast schon gewohnt, immer vom Worst Case auszugehen. Dieser Koalitionsvertrag ist familienpolitisch aber kein Worst Case, sondern Anlass zur Hoffnung.
Es liegt auch an uns
Ist er perfekt und vollständig, was die Bedürfnisse von Familien betrifft? Nein, keineswegs und sicher auch weit davon entfernt. Themen wie Kinderrechte, Inklusion, Familienstartzeit, eine Reform des Pflegegelds für pflegende Eltern,… Die Liste ließe sich noch beliebig lange erweitern.
Aber doch steht viel Richtiges sind Wichtiges darin und die mögliche neue Regierung muss nun erstmal die Chance bekommen, all das und hoffentlich noch mehr umzusetzen. Ich habe mich entschlossen ihnen diesen Vertrauensvorschuss zu geben und das Gute an einer Demokratie ist: Wir alle können
- diese Umsetzung kritisch, laut und beratend begleiten.
- Themen durch Petitionen setzen, diese unterschreiben und verbreiten
- auf Demonstrationen gehen
- unsere Themen bei politischen Veranstaltungen immer wieder ansprechen
- und in den Sozialen Medien politischen Inhalten teilen und kommentieren
– um nur ein paar Möglichkeiten zu nennen.
Keine Regierung arbeitet im luftleeren Raum. Ein Koalitionsvertrag ist eine gemeinsame Ausgangsbasis, kein abgeschlossener Brief mit sieben Siegeln. Der gestaffelte Mutterschutz stand auch nicht im letzten Koalitionsvertrag und wurde doch in der zugehörigen Legislatur verabschiedet. Gemeinsam können Familien viel erreichen, deswegen lohnt es sich nach vorn zu blicken und mitzumachen. Denn zu tun gibt es familienpolitisch nun wirklich genug. Packen wir's an.
Mehr Ideen für politisches Engagement von Familien findet ihr in Natascha neuem Buch: Wie wir mit unseren Kindern die Demokratie verteidigen.
Zum Thema gestaffelter Mutterschutz haben wir mit Collien-Ulmen-Fernandes, Marie Nasemann und Sebastian Tigges gesprochen: