Vermutlich kennt jede*r Marie Kondo und ihre Aufräummethode "KonMari". Es geht, vereinfacht gesagt, darum, das eigene Leben zunächst gründlich auszumisten und dann jedem Gegenstand einen Platz zuzuweisen. Jetzt gab Marie Kondo zu: Mit Kindern funktioniert das aber gar nicht (mehr).
Wir sehen sie überall, die superordentlichen, superaufgeräumten Zimmer in denen jedes Ding einen festen Platz hat und vor allem der Boden und die Tische frei von Stehrümmchen und Kram aller Art sind. Instagram ist der Hotspot in diesem Bereich und sorgt bei vielen Eltern für Bauchschmerzen. Denn wenn man das eigene Wohnumfeld mit dem reduzierten Leben anderer vergleicht, kommen wohl nur die wenigsten von uns dabei gut weg.
Magic Cleaning und Sparking Joy
Auch ich habe "Magic Cleaning" gelesen, das Buch, in dem die Japanerin Marie Kondo darüber schreibt, wie richtiges Aufräumen funktioniert und das Leben verändern kann. Und ja, auch die auf dem Buch basierende Netflixserie "Sparking Joy" habe ich mal eingeschaltet. Allerdings, ich gestehe, nur die Folge, in der Familien gezeigt wurden. Der Grund: Ich wollte (natürlich) sehen, wie andere Familien schaffen, was bei mir zu Hause einfach nicht klappen will. Ausmisten, Entrümpeln und endlich stressfrei Ordnung halten.
Von der Serie war ich ziemlich enttäuscht. Natürlich kann man darüber staunen, wie viele Dinge sich in einem Familienhaushalt so ansammeln, aber wer ohne Fehler ist, der werfe den ersten Stein. Auch ich habe gestern auf der Suche nach einem Geodreieck für eins meiner Kinder drei (!) Malkästen gefunden. Weil ich mangels eines echten Systems immer wieder vergesse was, wir bereits zu Hause haben.
Vorm Aufräumen kommt die Bestands-Aufnahme
Genau da setzt die KonMari-Methode ja eigentlich an. Die erste Aufgabe ist nämlich alles zusammenzusuchen, was zu einer Kategorie gehört. Also nicht raumweise aufzuräumen, sondern nach Artikeln, beispielsweise Oberbekleidung oder Schmuck. Dann müsst ihr laut Marie Kondo all ihre Kategorien durchgehen und nur behalten, was Freude bringt. "Does it spark joy", bereitet es mir Freude, fühle ich etwas, wenn ich diesen Gegenstand berühre? Das sollt ihr euch bei jedem einzelnen Teil fragen.
Familienalltag und Ausmisten
Ich habe meinen Kleider- und Schuhschrank auf diese Weise ausgemistet und bin damit tatsächlich nach wie vor sehr zufrieden. Aber dann verließ mich meine Ambition und das liegt vor allem daran, dass der Rest meiner Familie einfach nicht mitziehen wollte. Ich kann nicht für drei Kinder entscheiden, welches Spielzeug ihnen wirklich Freude macht. Und sie selbst können auch nur bedingt überblicken, was es bedeutet, sich aus einem spontanen Gefühl heraus von Dingen zu trennen, die in der nächsten Woche schmerzlich vermisst werden.
Und so sieht es bei uns weiterhin ziemlich chaotisch aus und ich finde doppelte Dinge, über die ich mich wenigstens kurzfristig auch mal ärgere. Wieso schaffe ich nicht, was doch offensichtlich Millionen Menschen möglich ist, ausmisten und aufräumen mit Marie Kondo. Ich bin tatsächlich davon überzeugt, dass ihre Methode sehr gute Ansätze hat. Vielleicht auch, weil ich eine Weile in Japan gelebt habe und mir sehr bewusst darüber bin, wie ordentlich die meisten Japaner*innen schon deswegen leben müssen, weil es nie viel Raum gibt für all ihre Besitztümer.
Und doch, ein Gefühl der Unzulänglichkeit blieb…
Bis ich jetzt auf Marie Kondos Blog gelesen habe, dass ihr selbst bewusst ist, dass ihre Methode mit Kindern im Haus Grenzen hat. Sie schreibt über ihre Frustration als Mutter zweier Kinder, weil ihr Heim nicht mehr so aufgeräumt ist wie früher. Sie berichtet, dass ihr oft die Energie fehle, um noch mehr aufzuräumen. Und, dass sie lernen musste, sich selbst wohlwollender zu betrachten und sich mehr zu verzeihen. Die Freude des Elternseins übersteigt auch bei ihr die Zufriedenheit, die ein aufgeräumtes Zuhause ihr geben könnte, schreibt sie.
"When I first became a mother, I felt frustrated when I couldn’t tidy my home exactly the way I wanted. Then, after having my second child, I didn’t even have the energy to consider some of my former practices around the house! Motherhood taught me to be more forgiving of myself. The joy that comes from parenting exceeds any satisfaction that could have come from a perfectly neat home."
Auf Deutsch:
"Als ich Mutter wurde, war ich frustriert, weil ich mein Zuhause nicht genau so aufräumen konnte, wie ich es wollte. Dann, nachdem ich mein zweites Kind bekommen hatte, hatte ich nicht einmal die Energie, über einige meiner früheren Praktiken im Haushalt nachzudenken! Die Mutterschaft hat mich gelehrt, mir selbst mehr zu vergeben. Die Freude, die Elternschaft mit sich bringt, übersteigt jede Befriedigung, die von einem perfekt gepflegten Zuhause ausgehen könnte."
Marie Kondo auf ihrem Blog
Wir brauchen mehr Ehrlichkeit miteinander
Genau solche Geständnisse braucht es, damit wir uns nicht unzulänglich fühlen. Denn wie oft sitzt wohl jede*r von uns zu Hause und grübelt darüber nach, warum es gefühlt, nur bei einem selbst nicht klappt. Während alle anderen 2020 begeistert nach Marie Kondo nur noch behalten haben was "Joy sparkt", war ich damit beschäftigt, die gute Laune meiner Kinder nicht zu verlieren.
Und als ich die Methode dann ausprobiert habe, war eben auch schnell Schluss, weil uns Eltern schlicht die Zeit fehlt, den gesamten Haushalt durchzugehen, während drei Kindern lautstark Aufmerksamkeit verlangen. Jetzt zu lesen, dass die Erfinderin der Methode zugibt, dass sie selbst mit den Themen Aufräumen und Familienalltag ihre Schwierigkeiten hat, ist wunderbar entlastend.
Gesucht: Eure Erfahrungen mit der KonMarie-Methode
Wie geht es euch damit? Wie räumt ihr mit euren Kindern auf? Habt ihr die KonMarie Methode schon mal ausprobiert? Was sind eure Erfahrungen damit? Schreibt mir gern, denn wir alle können soviel voneinander lernen.
Wir sind die größten Vorbilder für unsere Kinder. Wir sollten also beim Aufräumen und Ausmisten schon voran gehen. Aber wie lernen Kinder eigentlich am besten? Unser Video verrät es euch: