Die deutsche Sprache zählt stolze 250.000 Redewendungen, von denen die meisten Muttersprachler*innen nur einen sehr geringen Anteil kennen. Diese 17 vergessenen Sprichwörter lassen sich Jahrhunderte zurückverfolgen – und könnten bald wieder trendy sein.
#1 Das sind mir ja ein paar Pappenheimer!
Klingt irgendwie nach einer Beleidigung, gemeint ist allerdings genau das Gegenteil: Die Pappenheimer sind besonders treue Gefolgsleute, die ihren Auftritt in Schillers "Wallenstein"-Trilogie hatten. Das Sprichwort wurde nach der Veröffentlichung beliebt – und klingt auch heute noch gut.
Verwechselt die Pappenheimer allerdings nicht mit ein paar Pappeimern ... Nicht, dass mir das passiert wäre.
#2 Umgekehrt wird ein Schuh draus
"Umgekehrt wird ein Schuh draus" bedeutet so viel wie "Das Gegenteil / umgekehrt ist (es) richtig". Woher das kommt? Schuhmacher*innen nähten Schuhe bis ins 15. Jahrhundert zunächst auf links – sie mussten sie also erst einmal umkrempeln, damit daraus eine brauchbare Fußbekleidung wurde.
#3 Auf dem Zahnfleisch kriechen
Der Ursprung dieses Sprichwortes ist bis heute unbekannt, die Bedeutung allerdings klar: Wer auf dem Zahnfleisch kriecht ist wirklich total erschöpft. In unserer aktuellen Hustle Culture erscheint mir dieses metaphorische Bild recht passend.
#4 Unter aller Kanone
Ich könnte mir schon denken, warum dieses deutsche Sprichwort nicht mehr gängig ist, die Sorge, es sei gewaltverherrlichend ist aber gänzlich unbegründet. "Unter aller Kanone" rührt von dem lateinischen Spruch "sub omni canone", was so viel heißt wie "unter aller Richtschnur". Es ist also eine nette Alternative für "unter aller Sau".
Für diejenigen der Gen Z und jünger, die schon "unter aller Sau" nicht mehr kennen: Das bedeutet so viel wie "Geht gar nicht klar" oder "Echt uncool, Bro".
#5 Mein lieber Scholli
Da dieses Sprichwort vor allem in den Nachbargebieten von Frankreich recht bekannt war, geht man davon aus, es handle sich um eine Abwandlung des französischen Wortes für "joli" für "hübsch". Es soll also so viel heißen wie "Mein Hübscher" und wird als Ausruf des Bewunderns oder auch der Erleichterung eingesetzt. Die weibliche Version "meine liebe Scholli" hat sich nicht wirklich durchgesetzt ... Das könnte sich jetzt ändern!
#6 Da steppt der Bär
Wenn der Bär steppt, passiert gerade etwas extrem Spektakuläres. Bären waren in früheren Zeiten häufig die Hauptattraktionen in den Zirkussen und zahlreichen Shows.
#7 Das sind mir alles böhmische Dörfer
Böhmen ist eine Region in Tschechien, im 19. Jahrhundert gehörte Böhmen zu Österreich. Tatsächlich soll es schon im 13. Jahrhundert Deutschsprachige in der Region gegeben haben. Viele böhmischen Dörfer trugen jedoch (für die Deutschen) unaussprechliche slawische Namen und standen somit für das Unbekannte, Unverständliche.
#8 Alles (in) Butter
Der Legende nach wurden teure Gläser aus Venetien in Fässern mit ausgehärteter Butter über die Alpen transportiert, um Stöße und Stürze abzudämpfen, sodass nichts mehr zu Bruch gehen konnte. War alles in Butter, war also alles okay.
Mit dem Sprichwort "Alles läuft wie geschmiert" hat das nichts zu tun. Da geht es um geölte Maschinen, die mit Fett beschmiert wurden, damit sie im wahrsten Sinne des Wortes reibungsloser arbeiteten.
#9 Das ist mir Schnuppe!
Als "Schnuppe" bezeichnete man früher das abgebrannte Ende eines Kerzendochts, das nicht mehr brauchbar und daher wertlos war. "Das ist mir Schnuppe" kann also auch bedenkenlos vor den Kindern verkündet werden, besser als "Ist mir sch*** egal" ist es allemal.
#10 Auf den Busch klopfen
Wer auf den Busch klopft, sucht nach Geheimnissen oder verborgenen Informationen. Das Sprichwort stammt wahrscheinlich aus der Sprache der Jäger*innen, die gerne auf die Büsche im Wald klopften, um Vögel hervorzulocken und dann besser fangen zu können.
#11 Du treulose Tomate!
Dieses Sprichwort hat zugegebenermaßen keinen besonders netten Hintergrund. Unter "Tomate" verstand man im übertragenen Sinne die Italiener*innen, die eben besonders viele Tomaten anbauten und in den Norden Europas exportierten. Der (verallgemeinerten) Treulosigkeit bezichtigte man sie, da sie im Ersten Weltkrieg 1915 auf der Seite der Entente-Mächte (darunter Frankreich, England und Russland) und damit gegen Deutschland kämpften.
Da wir diese Zeiten nun hinter uns gelassen haben, steht einer Wiedereinführung dieses Sprichwortes (mit Einschränkungen) meiner Meinung nach nichts mehr im Weg. "Du [beliebiges Adjektiv einsetzen] Tomate!" gibt doch eine liebevolle und echt witzige Beleidigung ab. Ich würde sie allerdings sicherheitshalber nur im direkten Familienkreis gegenüber einsetzen.
Oder ihr benutzt es für Menschen mit besonders rotem Kopf (ich zum Beispiel wurde schon von Menschen diverser Herkunft als "Kleine Tomate" bezeichnet ...).
#12 Montags blau machen
Ein tolles Sprichwort, das – zugunsten unserer aller Life-Balance – wirklich nicht verloren gehen sollte. "Blau machen" bedeutet hierbei "nicht arbeiten" bzw. "schwänzen". Der Ausdruck rührt von den Tätigkeiten der Wollfärber*innen, die ihre Wolle sonntags in einem stinkenden Bad einweichen und dann am Montag nur noch in der Sonne trocknen lassen mussten, wobei sie sich blau färbte. Dadurch hatten sie natürlich nichts weiter zu tun, als abzuwarten und konnten montags entspannt "blau machen".
#13 Mit dem Klammerbeutel gepudert
Jemand, der "mit dem Klammerbeutel gepudert ist", muss verrückt sein. Dies stammt aus einer Zeit als das Mehl noch in Wind- oder auch Wassermühlen fein gemahlen wurde. Um es von den harten Überresten des Korns zu trennen, also Weiß- und nicht Vollkornmehl zu erhalten, wurde es dabei durch den sogenannten "Klammerbeutel" im Mehlkasten gesiebt. Wer letzteren bei laufendem Mahlgang öffnete, war, nun ja, ... eben stark gepudert.
#14 Torschlusspanik
Bis ins 19. Jahrhundert hinein wurden abends meist die Tore großer Städte geschlossen und Fremde mussten bis zu diesem Zeitpunkt die Rückreise angetreten haben. Wer zu spät kam, geriet da schonmal in Panik. Noch in der Neuzeit beschrieb dieser Ausdruck die Angst, etwas sehr Wichtiges zu verpassen.
Ich würde gerne wissen: Bin ich die einzige, die ihr halbes Leben lang dachte, es heißt "Torschusspanik"?!
#15 Da stehste wie die Kuh vorm Neuen Tor
Auch hier geht es um Tore, wobei das "Neue Tor" nur eines von zahlreichen Einlasstoren war, die Berlin bereits im 19. Jahrhundert aufzuweisen hatte. Mit der Einführung der Straßenbahn wurden die Linien mit Buchstaben versehen. Das Neue Tor war eingleisig, es konnte also nie mehr als eine einzige Bahn gleichzeitig hindurchfahren. Und man munkelt, dass besonders die Linie Q immer wieder lange warten musste ...
#16 Einen hinter die Binde gießen
Wer sich gerne mal den ein oder anderen Drink gönnt, kann auf dieses Sprichwort nicht verzichten. Denn natürlich heißt "einen hinter die Binde gießen" ordentlichen Alkohol bechern.
Wahrscheinlich rührt der Ausdruck daher, dass Männer früher Halsbinden trugen. Und wie nannte man es, wenn eine Frau zu tief ins Glas guckte?
#17 Das schlägt dem Fass den Boden aus
"Das schlägt dem Fass den Boden aus!" sagte man, um tiefe Empörung auszudrücken.
Schon seit 1516 gibt es ein – bis heute unverändertes – Reinheitsgebot in der Bierbrauerei, wonach bestimmte Kriterien erfüllt sein müssen, damit es sich um ein echtes, qualitativ hochwertiges Bier handelt. War dies nicht der Fall, wurde dem Fass der Boden ausgeschlagen, sodass alles herausfloss. Den Bierbrauer erzürnte das natürlich gewaltig, aber dafür gilt das deutsche Bier heute als eines der besten weltweit!
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