Jeder von uns kennt das: Wir sagen etwas zu unserem Kind, um es zu erziehen und merken schon dabei, dass das jetzt total daneben war. Oder seinen Sinn komplett verfehlt hat. Kein Problem, wir sind ja alle nur Menschen. Wer aber raus will, aus dem Erziehungshamsterrad, der sollte sich unsere 10 Erziehungsfehler mal genauer ansehen.
Wir haben für euch 10 typische Erziehungsfehler zusammengestellt, die die meisten Mütter und Väter machen – und das immer wieder. Mit unseren Tipps und Alternativen wollen wir euch helfen, diese Muster zu durchbrechen. Klickt euch einfach mal durch, vielleicht könnt ihr den einen oder anderen Verbesserungsvorschlag in euren Familienalltag einbauen. Natürlich nur was zu euch passt und womit ihr euch auch wirklich wohl fühlt. Denn nur dann seid ihr authentisch und könnt eure Kinder wirklich erreichen. Wir wünschen euch ganz viel Erfolg!
Erziehungsfehler 1: Keine klaren Ansagen
Der Familien- und Kommunikationsberater Dr. Jan-Uwe Rogge nennt es das „Drama der guten Worte“. Ohne sich dessen bewusst zu sein, verhalten wir uns unseren Kindern gegenüber oft unklar: Wir verpacken zum Beispiel unseren Auftrag „Hilf mir bitte beim Abwasch!“ in eine Frage: „Könntest du mir bitte beim Abwasch helfen?“ Kinder kennen aber keine rhetorischen Fragen. Für sie gilt: Wenn man mich fragt, kann ich Ja oder Nein sagen. Der Konflikt ist vorprogrammiert. Also statt einer höflichen Frage einfach genau formulieren, was man vom Kind gerade möchte.
Lies dazu auch: Kinder brauchen klare Worte
Erziehungsfehler 2: Versprechen nicht halten
Versprechen haben für Kinder eine magische Bedeutung. Dass Erwachsene manchmal etwas nur aus Höflichkeit oder Zuneigung zueinander sagen, ohne deshalb gleich an eine konkrete Durchführung zu denken, ist für Kinder unvorstellbar. Wir sollten uns daher davor hüten, etwas zu versprechen, was wir nicht halten können oder wollen. Das erschüttert das kindliche Vertrauen.
Bis ins Grundschulalter ist sogar wichtig, zu einer Äußerung wie „Wir gehen morgen ins Schwimmbad“ hinzuzufügen, „wenn die Sonne scheint“. Und wenn ein Versprechen wirklich einmal nicht gehalten werden kann, solltest du dich nicht groß rechtfertigen, sondern lieber eine attraktive Alternative anbieten.
Erziehungsfehler 3: Perfektionismus
Nimm dir Zeit für dich! Die Batterien der Eltern müssen auch mal aufgeladen werden. Entspanne dich zwischendurch ohne deine Kinderschar! Opfere dich nicht auf! Du hast keine Lust, zum zehnten Mal Holzäpfel und Plastikbrot im Kaufmannsladen zu kaufen? Das ist okay! Kinder müssen lernen, sich auch alleine zu beschäftigen.
Lasse den Ärger raus! Wenn du sauer bist, dann dürfen deine Kinder das ruhig spüren. Das vertragen sie auch gut, solange du nicht gleich zum „Wüterich“ wirst. Spare dir den Perfektionismus! Du leistest auch so schon unglaublich viel! Das beweisen – mit einer Ladung Humor – auch unsere Videos: 10 Dinge, die Mütter perfekt können & 10 Dinge, die Väter perfekt können
Erziehungsfehler 4: Zu viel reden
Es gibt den schönen Ausdruck „Muttertaubheit“. Er bezeichnet das Phänomen, dass Kinder auf Durchzug schalten, wenn zu viel auf sie eingeredet wird. Manchmal passiert es uns nämlich, dass wir aus Gewohnheit oder Unkonzentriertheit einen Schwall von Ermahnungen, Vorschlägen und Hinweisen auf unser Kind einprasseln lassen – und hinterher empört fragen: „Hörst du mir überhaupt zu?“
Die ehrliche Antwort würde wahrscheinlich lauten: Nein. Und das zu Recht. Gerade in der Kommunikation mit Kindern gilt: Weniger ist mehr! Wenn du zum Beispiel auf Gefahren wirklich nur hinweist, wenn es notwendig ist, wirst du viel eher gehört, als wenn du gewohnheitsmäßig bei jeder Kleinigkeit rufst „Pass auf!”.
Erziehungsfehler 5: Ausnahmen machen
Mit Ausnahmen erkaufst du dir vielleicht einen kurzen Moment Ruhe, aber schon bald machst du dir damit das Leben schwer. Daher: Entweder gilt eine Regel oder man streicht sie ganz. Die Einhaltung fällt übrigens leichter, wenn es nur wenige Regeln gibt, z. B. „Nein heißt nein“ oder „Nach dem Zähneputzen nichts mehr essen“. Und was, wenn die Kinder quengeln? Dann erst recht nicht nachgeben! Denn dann lernen sie: Mit diesem Verhalten erreiche ich etwas.
Besser: Das unerwünschte Verhalten freundlich ignorieren oder nur mit einem kurzen Satz kommentieren: „Ich möchte nicht, dass du quengelst.“ Das erfordert Durchhaltevermögen, aber über kurz oder lang begreift jedes Kind, dass es mit freundlichen Worten und einem höflichen Tonfall weiter kommt.
Erziehungsfehler 6: Unangemessene Strafen aussprechen
„Wenn jetzt nicht Schluss ist, darfst du morgen nicht auf den Kindergeburtstag.“ Wenn man richtig sauer ist, kann einem so ein Satz vielleicht schon mal rausrutschen, obwohl man seinem Kind die Feier des besten Freundes niemals streichen würde. Sei dann schlau und rudere umgehend zurück: „Da habe ich jetzt Blödsinn erzählt. Aber ich möchte, dass du aufhörst, im Wohnzimmer so zu toben. Und wenn das nicht klappt, ist für heute das Fernsehen gestrichen.“
Strafen und Konsequenzen müssen nämlich angemessen und durchführbar sein. Sonst verfehlen sie ihr Ziel und werden vom Nachwuchs nicht ernst genommen.
Erziehungsfehler 7: Keine glaubwürdige Körpersprache
Eltern überschätzen oft die Wirkung von Worten und unterschätzen die Wirkung von Körpersprache. Kommunikationspsychologen gehen davon aus, dass 55 Prozent der Kommunikation über Körpersprache, Mimik und Gestik abläuft, 38 Prozent über die Stimme oder die Art des Sprechens und lediglich 7 Prozent über den Sinn der Worte. Was Kinder brauchen: eine ganz direkte Ansprache mit eindeutigen Botschaften.
Möchtest du deinem Kind also beispielsweise ein bestimmtes Verhalten verbieten, solltest du klipp und klar “Nein” sagen und das mit ernster Miene und gegebenenfalls erhobenen Zeigefinger, damit deinem Kind schnell bewusst wird: Das ist kein Spaß und keine Verhandlungssache.
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Erziehungsfehler 8: Falsches Timing
Vieles geht im Alltag mit Kindern nur deshalb schief, weil Eltern einfach den falschen Moment erwischen. Einen Fünfjährigen zur Mithilfe in der Küche zu rufen, wenn er kurz vor der Vollendung seines Lego-Palastes steht? Keine gute Idee! Zimmer aufräumen nach einem langen Tag auf dem Spielplatz? Das klappt bestimmt nicht so gut.
Am besten funktioniert eine Mischung aus festen Terminen, z. B. „Samstagvormittags wird eine halbe Stunde aufgeräumt“ und altersgemäßer Flexibilität. Bei einer Fünfjährigen lautet der Auftrag: „Räum bitte den Tisch auf, wenn du das Bild fertig gemalt hast.“ Bei einem Zehnjährigen: „Bring das Schlauchboot bitte bis heute Abend auf den Dachboden.“ Das trainiert die Fähigkeit der Kinder, sich selbst zu organisieren, und nimmt noch dazu Stress aus dem Familienalltag.
Erziehungsfehler 9: Falsche Vorstellungen
Manchmal haben wir ein Bild im Kopf, das am Ende nicht der Realität entspricht, z. B. dass man mit zwei Kleinkindern „mal schnell“ etwas im Möbelhaus besorgen könnte. Oder, dass eine sonntägliche Bruncheinladung mit einem quicklebendigen Einjährigen doch ganz lustig sei. Kinder „funktionieren“ in solchen Situationen aber in der Regel nicht so, wie wir uns das wünschen. Denn wir stellen dabei nicht altersgemäße Anforderungen an sie.
Sinnvoll ist es, die Unternehmung dann entweder abzubrechen oder, wenn das nicht geht, sie so kindgerecht wie möglich zu Ende zu bringen. „Man sollte dann weder sich noch dem Kind die Schuld geben, sondern einfach daraus lernen und es das nächste Mal anders machen“, rät Psychologin Angelika Faas.
Erziehungsfehler 10: Dem Partner in den Rücken fallen
Jeder Mensch ist anders. Und jeder erzieht anders. Aber Kinder sollten nicht die Möglichkeit haben, ihre Eltern gegeneinander auszuspielen. Deshalb gilt die Regel: Auch wenn es ein innerliches Zähneknirschen kostet, dem Partner nicht vor den Kindern in den Rücken fallen, sondern Meinungsverschiedenheiten lieber unter vier Augen besprechen.
Manchmal geht das natürlich nicht, zum Beispiel im Falle einer Trennung. Die Psychologin Angelika Faas rät in solchen Fällen, das den Kindern gegenüber klar zu kommunizieren: „Bei Papa gelten seine Regeln und bei mir meine. So ist das nun mal.“
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