Kinder können sich nur zu resilienten Erwachsenen und eigenständigen Persönlichkeiten entwickeln, wenn wir sie dabei liebevoll begleiten und unterstützen. Dazu gehört auch, dass wir Kinder ernst nehmen. Das fängt schon bei kleinen Formulierungen im Alltag an und hört bei den großen Konflikten auf. Unsere Kinder haben andere Themen und Probleme in ihrem Alltag als wir. Daher ist es wichtig, dass wir einander zuhören und uns in die Erlebniswelt des Kindes versetzen.
Das kann im Alltag eine große Herausforderung sein, wenn uns unser eigener beruflicher und emotionaler Stress über den Kopf wächst. Hier kommen ein paar kleine Handlungsideen, wie wir unsere Kinder und ihre Gefühle ernster nehmen.
#1 Zur Kommunikation auffordern: Erzähl mal!
Manche Kinder sind offener und ihnen liegt das Wort immer direkt auf der Zunge. Andere sind eher verschlossen und rücken nicht so leicht mit der Sprache raus. Der erste Türöffner zur Gefühlslage unseres Kindes ist ein ernst gemeintes: Erzähl doch mal! Damit signalisieren wir, dass wir wissen möchten, wie es ihm geht und was es denkt. Es fühlt sich wertgeschätzt und gesehen.
#2 Wirklich Zuhören ohne Unterbrechungen
Richtig zuhören ist eine Kunst, die nicht viele beherrschen. In unserem eigenen Kopf kursieren so viele Gedanken im Alltag, dass es oft schwerfällt, sich 100% auf den anderen zu konzentrieren. Wenn ihr einen ruhigen Moment mit eurem Kind habt und es aufgefordert habt zu erzählen, dann solltet ihr wirklich versuchen ganz beim Kind zu sein. Jegliche Ablenkung wäre nur wieder ein Zeichen, dass ihr das Kind nicht ernst nehmt.
Natürlich ist das nicht leicht, vor allem wenn ihr mehrere Kinder habt. Dann versucht den anderen zu erklären, dass ihr jetzt gemeinsam etwas besprechen wollt und zieht euch zurück. Dann fühlt sich euer Kind wirklich wahrgenommen und wird eher mit der Sprache herausrücken.
#3 Sich Zeit nur für das Kind nehmen
Wenn unser Kind etwas bedrückt, merken wir Eltern das meist direkt. Der erwähnte Türöffner ist dann die Aufforderung zum Gespräch. Damit wir das Kind und seine Gefühlswelt auch verstehen, ist eine gewisse Ruhe und Zeit nötig. Wir sollten das nicht zwischen Tür und Angel fragen, sondern uns vielleicht 10 Minuten dafür nehmen und nihts anderes in der Zeit machen. Wenn wir diese Zeit gerade nicht finden, ist es besser ehrlich zu sagen, wir sprechen heute Abend darüber als nur halbherzig nebenbei zu hören, was los ist.
#4 Genaue Nachfragen stellen: Es gibt nie nur eine Seite
Die Welt ist nicht schwarz weiß und unsere Probleme sind es meist auch nicht. Doch gerade kleinere Kinder müssen erst lernen, was Zwischentöne sind, wie man Konflikte löst und überhaupt mit anderen umgeht. Das braucht seine Zeit. Wenn eure Kinder euch von einem Erlebnis berichten, wo sie sich ungerecht behandelt fühlen, dann fragt nochmal nach, ob es beschreiben kann, wie es sich gefühlt hat. Und wenn andere beteiligt sind, dann versucht euch gemeinsam in die andere(n) Person(en) zu versetzen und wie die sich wohl fühlten. Empathie ist eine Fähigkeit, die auch wir Erwachsene ein Leben lang üben.
#5 Verständnis zeigen: Ich sehe dich!
Für ein Kind kann etwas für uns scheinbar Banales eine große Katastrophe sein. Daher ist es nicht hilfreich, wenn wir auf seinen Gefühlsausbruch mit No-Go-Sätzen wie "Das ist doch nicht so schlimm!" reagieren. Für das Kind ist es aus welchem Grund auch immer schon schlimm oder zumindest kann es nicht damit umgehen und ist verunsichert.
Durch körperliche Gesten können wir ihm zeigen, dass wir es und seine Gefühle ernst nehmen: in den Arm nehmen, die Hände um es legen, in die Augen schauen, Körperkontakt herstellen. Außer natürlich wir haben ein Kind, was solche Berührungen nur schwer zulassen kann, dann müssen wir das natürlich in kleineren Gesten zeigen und uns da herantasten.
#6 Fehler benennen, aber nicht verurteilen
Wir zeigen unserem Kind, das wir es ernst nehmen auch, indem wir es Fehler machen lassen. Eine positive Fehlerkultur ist extrem wichtig. Wir vermitteln ihm das am besten, indem wir ihm zeigen, dass es völlig okay ist, Dinge anzupacken und dass dabei auch mal was schief gehen kann. Darin können wir ihm ein gutes Vorbild sein, indem wir auch eigene Fehler zugeben.
Wenn das Kind von einem Konflikt mit einer anderen Person erzählt, dann gehört auch dazu, dass man erstmal nicht den Fehler der anderen Person sucht. Ihr könnt gemeinsam versuchen zu verstehen, wie es dazu gekommen ist und warum sich euer Kind so oder so verhalten hat. Vorwürfe egal in welche Richtung sind da erstmal fehl am Platz.
#7 Das Kind Dinge (mit)entscheiden lassen: Was schlägst du vor?
Natürlich kommt das aufs Alter des Kind und das Thema an: Eine große Geste des Ernstnehmens ist es, wenn wir unseren Kindern keine fertigen Lösungen präsentieren, sondern gemeinsam nach ihnen suchen. Wir fragen sie am besten, was sie jetzt tun möchten und welche Gedanken ihnen dazu durch den Kopf gehen. Dann zeigen wir ihnen, wie wichtig uns ihre Sicht der Dinge ist. Wenn das zu keiner Einigung führt, kann man als Erwachsener einen Vorschlag machen und dann gucken, wie der ankommt. Manchmal braucht auch Zeit und es dauert ein wenig, bis ein Kind das versteht oder anerkennt.
#8 Keine Enttäuschung zeigen, sondern Mut zur Verantwortung fördern
Ein Kind will von seinen Eltern gesehen und wahrgenommen werden. Es möchte natürlich auch, dass wir stolz auf seine Handlungen sind. Manchmal wird es aber auch Dinge tun, von denen wir vielleicht nichts geahnt haben und enttäuscht sind. Wir sollten unser Kind nicht als unfehlbares Wesen sehen, sondern es mit allen Seiten so annehmen, wie es ist. Dazu gehört aber auch, dass es weiß, dass es alles erzählen kann, auch die unschönen Dinge, die Fehler und Probleme.
Statt unsere Enttäuschung zu zeigen, können wir fragen, warum das Kind sich so oder so verhalten hat und was es über die Konsequenzen denkt. Wenn wir dabei ruhig zuhören und es ernst nehmen, wird es uns vertrauen und sich auch öffnen. Viel eher als wenn wir nur Enttäuschung zeigen und sauer sind, dass unser Kind scheinbar nicht so ist, wie wir glaubten.
#9 Konfliktfähigkeit fördern: Ich bin da anderer Meinung
Eine wichtige Lektion für alle Familien ist der Mut zur Konfliktfähigkeit. Die Streitkultur ist in jeder Familie anders. Bei manchen wird es schnell laut und die Gefühle kochen hoch. Andere fressen erstmal alles in sich hinein und rücken erst später damit raus. In einer Familie sind sich nie alle einig. Die Kinder müssen lernen ihren eigenen Standpunkt zu vertreten und auch wir Erwachsene müssen ihnen zeigen, dass wir sie dahingehend ernst nehmen.
Dazu gehört auch, sich ausreden zu lassen und einander nachzuvollziehen. Wir müssen nicht alles gleich sehen, wir müssen aber darüber offen reden können und uns als Erwachsene auch mal zurücknehmen. Natürlich haben wir mehr Lebenserfahrung und wissen manches besser, aber heißt das, unsere Kinder dürfen nicht ihre Erfahrung machen? Das sollten wir ihnen zugestehen und sie nicht von oben herab behandeln. Denn auch wir mussten viele Dinge im Leben erst lernen und sind häufig dabei gestolpert. Das macht uns zu dem, was wir heute sind.
Video: Kinder lernen spielerisch
Wenn wir besser verstehen, wie das kindliche Gehirn tickt, verstehen wir auch unsere Kinder besser. Im Video erfahrt ihr Unglaubliches darüber. Außerdem könnten euch diese Beiträge noch interessieren:
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