Kennt ihr das Buch “Das Neinhorn” von Marc-Uwe Kling? Sicherlich, denn das Kinderbuch mit dem motzigen Einhorn, das immer Nein sagt, ist ein absoluter Bestseller und in vielen Haushalten mit Kindern zu finden. So auch in unserem, aber jetzt nicht mehr!
Wir haben das Neinhorn versteckt. Vor den Kindern. Ganz oben und ganz hinten im höchsten Wohnzimmerregal. In den ersten Tagen wurde es noch gesucht und danach gefragt, aber leider konnten auch Mama und Papa das Buch einfach nicht finden. Sowas! Nach einer Woche war das Neinhorn endlich vergessen und in unserer Familie kehrte wieder Frieden ein!
Warum wir das Neinhorn hassen
“Kennt ihr schon das Neinhorn? Das müsst ihr unbedingt haben” wurden wir monatelang von Freunden beschwatzt und zu irgendeinem Geburtstag kam es dann unter Glitzer-Sternen-Raketen-Geschenkpapier zum Vorschein: Das Buch “Das Neinhorn” von Marc-Uwe Kling. Und damit zog das Unglück in unser Haus.
NEIN!!!! NEIN!!!! NEIN!!!
Als würden Kinder (egal ob Kleinkind oder Grundschulkind) nicht schon von sich aus oft genug NEIN sagen, mit dem Neinhorn in unserem Wohnzimmer potenzierte sich das Ganze ins Unerträgliche. Jetzt wurde nicht nur aus bitterem Ernst NEIN gesagt, jetzt kam das Wörtchen auch zum Spaß bei jeder Gelegenheit um die Ecke. Wer ein Kleinkind hat, weiß, dass die einfachsten Dinge wie morgendliches Anziehen ein wahrer Kraftakt sein können. Mit dem Neinhorn in unserem Bücherregal wurde es fast zum Ohnmacht-Akt (vor nervlicher Erschöpfung). Unsere Morgen sahen so aus:
“Großes Kind, zieh dich bitte an.” - NEIN
“Kleines Kind, komm bitte her.” - NEIN
“Kinder, es gibt Frühstück!” - NEIN
“Kinder, Zähne putzen.” - NEIN
“Kinder, ich habe euch lieb!” - NEIN
Und das war nur ein klitzekleiner Ausschnitt unseres Morgens. Das ging den ganzen Tag so weiter.
Doch. Doch. Doch
Und wäre das viele Nein sagen nicht schon schlimm genug, kam auch noch die depperte Königsdochter dazu. Sorry, die Figur ist an sich schon nervig und ihr Einfluss auf meine Kinder hat ihre Sympathiewerte nicht nach oben getrieben. Bis zum Einzug des Neinhorns und seinen nervigen Freunden wusste ich nicht, dass das Wörtchen DOCH so vielseitig einsetzbar sein kann.
“Kleines Kind, eine Ameise ist nicht größer als ein Wal.” - DOCH
“Großes Kind, 13 minus 5 ist nicht 9.” - DOCH
“Kleines Kind, das Springseil lässt sich nicht durch das Schlüsselloch schieben.” - DOCH
“Großes Kind, die Hose des kleinen Kindes passt dir schon lange nicht mehr.” - DOCH
“Kinder, ich habe euch lieb.” - DOCH
Bis hierhin war noch Spaß. Jetzt wurde es ernst.
Nein. Doch. Das kennen wir Eltern schon ohne das Neinhorn zu Genüge und ein Teil von mir fand diese Unterhaltungen auch sehr lustig. Allerdings nur ein kleiner Teil. Der andere musste zur Arbeit, Essen kochen, Einkaufen, Telefonieren, …., eben Dinge erledigen und war irgendwann ziemlich genervt und dann auch bald gestresst. Aber das viele Nein und Doch hat nicht nur etwas mit meinen Nerven gemacht, sondern sickerte langsam in die kleinen Kinderseelen. Wie beim Neinhorn und der schrecklichen Königstochter wurden ihre Mienen immer grimmiger, ihre Stimme immer rauher und es bildeten sich Falten auf der zuvor glatten Kinderstirn. NEIN und DOCH waren jetzt kein Spiel mehr, sondern bitterer Ernst. Es klang von Tag zu Tag patziger und mieser. Über unserem Haus schwebte plötzlich eine dunkle Gewitterwolke und verhagelte allen die Stimmung. Das Neinhorn hatte die Macht übernommen.
Im Video findet ihr weitere Inspiration für das Bücherregal eurer Kinder ...
Das Neinhorn fliegt raus!
Einem zickigen Neinhorn geschlagen geben? Niemals! Das Vieh muss weg. In einer heimlichen Nacht und Nebelaktion haben wir Eltern das aufrührerische Werk verschwinden lassen. Mit spitzen Fingern zogen wir es leise aus dem Bücherregal mit der Angst, dass von irgendwoher gleich ein donnerndes NEIN! erschallen wird. Aber alles blieb ruhig. Eingeschlagen in dunkle Materie absorbierenden Glitzerstoff haben wir es anschließend in der hintersten und höchsten Ecke des Regals versteckt und hoffen, dass es dort niemals wieder gefunden wird.
Und endlich kehrte wieder Frieden, Glück und gute Laune in unserem Haus ein, auch wenn es manchmal immer noch aus dem Kinderzimmer schallt:
Kleines Kind: “NEIN!”
Großes Kind: “DOCH!”
Ihr kennt das Neinhorn noch nicht und meine Litanei über dieses Kinderbuch hat euch eher neugierig gemacht als abgeschreckt? Hier gibt's das Buch und seinen Nachfolger die Schlangeweile:
Meine Kollegin Natalie rät euch übrigens von einem Hausbett ab, Redakteurin Katja würde nie wieder Schnuller geben und Gesine findet das Muttersein generell in bestimmten Situationen verdammt anstrengend. Und dass wir den Mental Load alle nicht mögen, aber erleben, lest ihr hier.