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Faszinierend

Pareidolie: Wenn ein Baum dich anlächelt oder Wolken dir etwas sagen wollen

Pareidolie Baum
Pareidolie: Ich sehe ein Gesicht - siehst du es auch? (© Getty Images/Florencio Horcajo Alvarez)

Parei-was? Pareidolie ist der Fachbegriff für ein Phänomen, das bestimmt viele von euch kennen. Vor allem mit Kindern zusammen, die eine große Fantasie haben, macht das richtig Spaß. Was genau das ist, wie es im Gehirn entsteht, ohne dass wir es wollen und warum diese Fähigkeit manchmal auch gefährlich sein kann.

Was ist Pareidolie?

Du brühst dir morgens deinen geliebten Kaffee mit Milchschaum und staunst nicht schlecht, weil er dich anlächelt. Ist da ein Gesicht im Milchschaum? Dieses Phänomen nennt sich Pareidolie. Es ist die Fähigkeit des Gehirns in Objekten Gesichter zu erkennen, obwohl da gar kein Gesicht sein kann. Das kennen viele von uns aus dem Alltag. Bestimmt habt ihr schon mal mit eurem Kind Wolken gedeutet oder in einem Getränk oder an einem Baum ein Gesicht gesehen, das durch die Astlöcher entstanden ist. Ziemlich häufig erkennen wir Gesichter in Autos, Schubladen, Schränken, Häuserwänden, Papierkörben, Lebensmitteln und den einfachsten Dingen des Alltags mit Mustern, die ein Gesicht erzeugen.

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Es gibt sogar ein sehr berühmtes Beispiel für das Phänomen, das ihr vermutlich auch kennt: Als die Sonde "Viking 1" im Jahr 1976 das erste Bild vom Mars schickte, staunte man nicht schlecht: Es sah so aus, als wenn uns ein Gesicht angucken würde. Dabei waren es nur die Felsformationen und deren Schatten, die unser Gehirn derart übersetzt hatte. Das Foto war eher unscharf, sodass jede mögliche Deutung hineininterpretiert wurde und sich viele Theorien um außerirdisches Leben darum rankten.

Pareidolie Gesicht im Kaffee
Einfach nur ein Kaffee mit Crema oder ein Gesicht mit offenem Mund!? (© Getty Images/dmf87)

Wie Pareidolie entsteht

Ich sehe im Alltag sehr häufig in Schildern, Pflanzen oder an Hauswänden kleine Gesichter. Oft kann man sich gar nicht dagegen wehren, dass man diese Gesichter sieht und das hat auch einen Grund: Das Gehirn ist sozusagen darauf programmiert, in abstrakten Mustern Gesichter oder Wesen zu sehen.

Wissenschaftler*innen vermuten, dass diese Fähigkeit eine Art Schutzfunktion sein soll: Der Mensch sucht etwas Vertrautes im Abstrakten, was ihm Sicherheit und Kontrolle vermittelt. Er scannt seine Umgebung permanent ab und versucht Dinge zu deuten. Als soziales Wesen ist Interaktion für uns Menschen extrem wichtig. Wir suchen sozusagen immer nach dem Menschen bzw. Lebewesen. Diese Neigung sichert damit auch unser Überleben. 

"Pareidolien sind das Resultat meist unbewusst entstehender Fehldeutungen durch das menschliche Gehirn, denn dieses neigt dazu, diffuse und scheinbar unvollständige Wahrnehmungsbilder und -strukturen zu komplettieren und vertrauten Mustern und Formen anzugleichen. Dieses Gesichtererkennen liegt nach Ansicht von Experten zwischen optischer Täuschung und Erwartungshaltung des Gehirns, sodass Menschen auch deshalb Gesichter sehen, weil sie diese erwarten."
Quelle: Stangl, W. Online Lexikon für Psychologie & Pädagogik (2024, 22. Januar).
Pareidolie Haus Dachfenster
Seht ihr hier nicht auch eindeutig den verschlafenen Blick, den dieses Häuserdach hat? (© Getty Images/Kyryl Gorlov)

Pareidolie klingt also wie irgendeine Krankheit, ist aber natürlich keine. Sie kommt vor allem bei gesunden Menschen vor. Es kann jedoch eine extreme Form dieser Fähigkeit geben, die laut Stangl Lexikon bei schizophrenen Menschen auftritt:

Bei der sogenannten Apophänie sehen diese Personen Verbindungen und Zusammenhänge in Dingen, wo es nachweislich überhaupt keine gibt. Das können dann vor allem Zahlenreihen oder banale Ereignisse sein.

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In der Psychodiagnostik wird die Fähigkeit zur Pareidolie auch beim sogenannten Rorschach-Test eingesetzt. In dem Testverfahren zeigt man Patienten zehn verschiedene Bilder von Tintenklecksen, die er deuten soll. Der Psychiater Hermann Rorschach, der den Test entworfen hat, war der Meinung, dass die Patienten dadurch ihre Gefühle deutlich machen können und Einblicke in ihre Persönlichkeit geben.

Pareidolie
Diese Sonnenblume macht einfach gute Laune! (© Getty Images/Lemanieh)

Was Pareidolie mit Verschwörungstheorien zu tun hat

Von der harmlosen Pareidolie ist der Weg nicht weit zu Verschwörungstheorien. Das menschliche Gehirn sieht gern Dinge, die nicht wirklich da sind oder versucht Zusammenhänge und Muster zu erkennen. Grundsätzlich ist das eine wichtige Fähigkeit für uns Menschen, die uns hilft zu überleben. Aber es kann uns auch in Bereiche führen, die fragwürdig bzw. sogar gefährlich sind bzw. basiert die Verbreitung von Verschwörungstheorien auf diesem Phänomen. Berühmte Beispiele solcher Fehlwahrnehmungen sind neben dem Marsgesicht auch alle möglichen UFO-Sichtungen oder angebliche Geistwesen auf alten Fotografien.

Manche Menschen sind besonders anfällig dafür und glauben daher gern vorschnell bestimmte Theorien, ohne diese kritisch auf ihren Wahrheitsgehalt zu hinterfragen. Auch bestimmte esoterische Lehren, Astrologie und moderne Wahrsager haben daher immer noch viel Zulauf, weil deren Aussagen häufig auf Pareidolie beruhen und rational oder mit Fakten oft nicht erklärt werden kann. Laut Studien sollen das vor allem Personen mit neurotischem Charakter sein.

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Sogar Säuglinge im Mutterleib sehen Gesichter

Tatsächlich ist die Fähigkeit Gesichter zu erkennen schon vor der Geburt vorhanden. Ein Experiment wies nach, dass Säuglinge im Mutterleib schon Gesichtsmuster erkennen können, die auf die Bauchdecke gestrahlt wurden. Die Babys drehten im Bauch ihren Kopf immer in Richtung des Gesichts, das bewegt wurde. Das menschliche Gehirn besitzt für diese Gesichtserkennung spezielle Areale. Selbst wenige Tage alte Säuglinge reagieren schon stärker auf Gesichtsbilder als auf Bilder von Objekten ohne Gesicht. Wer einen frisch geborenen Säugling daheim hat oder besucht, kann das ja mal ausprobieren.

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Laut neuer Studie werden grinsende Waschmaschinen-Gesichter meist männlich interpretiert

Fachleute vom National Institute of Mental Health zeigten 4.000 Versuchspersonen verschiedenste sogenannte Gesichter, z. B. von Waschmaschinen oder Häusern, die sie nach Emotion, Alter und Geschlecht bewerten sollen. Über 80 Prozent der Gesichter wurden als männlich interpretiert. Das heißt, illusorische Gesichter werden meist als männlich wahrgenommen und das von beiden Geschlechtern. Die Vermutung dahinter ist, dass das menschliche Gehirn als Kategorie eher männlich nimmt, wenn sehr wenige Informationen vorhanden sind. Unklar ist jedoch, woran das liegt und ob das angeboren oder sozial erworben sei.

Unmittelbar nach der Geburt sollen Säuglinge laut Untersuchungen häufig weibliche Gesichter bevorzugen. Sie können Männer und Frauen schon sehr früh unterscheiden und würden dann häufiger zu Frauen schauen. Bei Babys, die sehr früh jedoch von einem Mann versorgt würden, ändere sich dann diese Neigung. Das hat also vermutlich eher etwas mit der Person zu tun, die sie seit Beginn am häufigsten sehen und die ihnen am nächsten ist.

Quellen: Stangl, W. Online Lexikon für Psychologie & Pädagogik (2024, 22. Januar). Pareidolie. Online Lexikon für Psychologie & Pädagogik, Spektrum der Wissenschaft

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