Ausgerechnet aus der FDP, einer Partei, die einen im ersten Moment vielleicht nicht mit Familienfreundlichkeit für sich einzunehmen weiß, kommt nun ein interessanter Vorschlag. Der Familienminister Nordrhein-Westfalens, Joachim Stamp, fordert ein höheres Kindkrank-Tage-Kontingent für Familien und inzwischen hat die Bundesregierung dem auch zugestimmt.
Wenigstens bis Ende 2020 wissen Eltern nun: Wir haben zehn Kindkrank-Tage zusätzlich. Ob diese Neuerung, die die Bundesregierung Ende August beschlossen hat, dauerhaft Eltern unterstützt, wissen wir nicht. Für den Moment aber gilt: Pro Elternteil gibt es fünf Kindkrank-Tage mehr, bei Alleinerziehenden sind es dann zehn.
Denn die Pandemie macht, das wird inzwischen zum Glück vielfach diskutiert, besonders Familien zu schaffen. Und es wird in den nächsten Monaten sicher nicht einfacher werden. Denn Herbst und Winter sind Erkältungszeit. Das ist unter normalen Umständen schon kräftezehrend, in der Pandemie werden Eltern aber an ihre Grenzen kommen. Und das leider nicht nur mental, sondern auch monetär.
Limitierte Kindkrank-Tage
Ein Grund dafür: Die limitierten Kindkrank-Tage. Denn wenn Kinder laut der Vorgabe in Schulen und Kitas schon mit leichten Erkältungssymptomen die Einrichtungen nicht mehr besuchen können, müssen Eltern sich krankschreiben lassen, um den Nachwuchs zu versorgen.
Mit krankem Kind im Homeoffice
Die, die weiterhin im Homeoffice arbeiten können, schaffen es vielleicht irgendwie, ihr hustendes Kind noch neben der Arbeit zu betreuen. Haben wir mittlerweile auch genügend Übung drin – Kinderbetreuung parallel zur eigenen Arbeit praktizieren viele von uns seit März. Aber die Eltern, die nicht mehr im Homeoffice sind, die müssen sich auf ihr Kind krankschreiben lassen, um der Arbeit fern zu bleiben.
20 Kindkrank-Tage pro Jahr und Kind
Laut § 616 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in Verbindung mit dem § 45 im fünften Sozialgesetzbuch stehen beiden Elternteilen jeweils zehn Kindkrank-Tage pro Jahr und pro Kind zu. Alleinerziehende bekommen logischerweise 20 Tage pro Jahr und Kind. Das ist aber auch gedeckelt, ab dem dritten Kind gibt es nur noch fünf Tage pro Elternteil. Generell gelten die Kindkrank-Tage auch nur für Kinder bis 12 Jahre.
Forderung der Politik
Soweit also die Theorie, die Eltern schon seit Jahren immer wieder an ihre Grenzen bringt. Kinder werden einfach oft krank, das erste Kitajahr ist bei vielen Eltern gefürchtet. Nun aber befinden wir uns in einer Pandemie! Der FDP-Politiker Joachim Stamp will etwas für uns Eltern tun. "Wir sollten die Krankentage für Eltern ausweiten, wo sie freinehmen können für die Betreuung ihrer kranken Kinder. Mit dem jetzigen Kontingent ist das in Fragen einer Pandemie nicht dauerhaft zu stemmen", sagte der stellvertretende Ministerpräsident von NRW.
Unbezahlt freinehmen
Aktuell haben viele Eltern die Kindkrank-Tage für dieses Jahr bereits aufgebraucht. Ihnen bleibt nur, unbezahlt frei zu nehmen. Das hat für die ganze Familie einschneidende Folgen. Es ist bekannt, dass mehr Familien durch Corona von Armut bedroht sind. Müssen Eltern, die nur über ein geringes oder mittleres Einkommen verfügen, unbezahlt freinehmen, könnte das eine neue Welle von (Kinder-) Armut zur Folge haben.
Mehr Rücksicht auf Familien
Der Familienminister von NRW hofft, dass sein Vorschlag auf Bundesebene diskutiert wird. "Wir müssen mehr Rücksicht auf die Familien nehmen. Deshalb wünsche ich mir von Frau Giffey, von Herrn Heil, von Herrn Spahn hier jetzt endlich mal eine vernünftige Lösung." Sollte dies nicht passieren, wird Stamp sich dafür stark machen, dass eine Änderung der Kindkrank-Tage-Regelung in Nordrhein-Westfalen angestoßen wird.
Quelle: Zeit
Meine Meinung
An unserem Kühlschrank hängt ein Zettel, auf dem mein Mann und ich akribisch festhalten, wer von uns wie viele Kindkrank-Tage für welches Kind genommen hat. Bei drei Kindern ist nämlich das Nachverfolgen der bereits genommenen Kindkrank-Tage (das müssen wir für die Krankenkasse nachvollziehen) schon eine Herausforderung.
Wir haben für dieses Jahr noch ein paar Tage übrig (aber das dicke Ende kommt ja auch erst noch). Das liegt aber auch daran, dass wir oft mit den Kindern gar nicht zum Arzt gehen, sondern unseren Arbeitsalltag so gestalten, dass sich eine*r um die Kinder kümmern kann und dann eben abends/ nachts arbeitet. So "sparen" wir uns die Tage für herausforderndere Zeiten auf.
Die wenigsten Eltern haben aber diese Möglichkeit. Seit Jahren erklären Eltern immer wieder, dass die Kindkrank-Tage zu knapp bemessen sind. Gut, dass sich endlich mal die Politik damit beschäftigt.
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