Manche Scheidungskinder machen schwere Zeiten durch, wenn die Eltern sich trennen und scheiden lassen und das ist genau die Krux an der Sache: Die Eltern vergessen über die Scheidung manchmal ihre Kinder … mit Folgen. Ein neuer Artikel aus der Reihe „Was wir uns fragen?!”
Wie viele Scheidungskinder gibt es in Deutschland?
Sagen wir erst mal was zu den nackten Zahlen: Im Jahr 2019 gab es 74.661 Scheidungen mit minderjährigen Kindern. In Summe gab es 2019 122.010 minderjährige Scheidungskinder. Wow, da staunen wir nicht schlecht!
Doch nicht für alle muss es eine traumatische Zeit sein. Wir Eltern haben es in der Hand, was unsere Kinder aus dieser Zeit mitnehmen und vielleicht auch lernen. Fair gegenüber dem Partner zu bleiben, ist sicherlich das Schwerste an der ganzen Sachen, aber für Kinder so wichtig!
Scheidung mit Kindern: Neutralität ist der Schlüssel
Wir haben uns wieder in unserer Redaktion umgehört und haben einige Scheidungskinder unter uns. Sie haben uns von ihren Erfahrungen berichtet und dabei zeigt sich: Dass die Eltern neutral bleiben, scheint wichtig für die weitere Beziehung zu sein.
Anonym berichtet uns eine Redakteurin, dass ihre Mutter sich immer bemüht hat, nicht schlecht über den Vater zu sprechen. „Meine Mutter wollte, dass wir uns unser eigenes Bild machen. Je älter wir wurden, desto offener wurde sie. Aber ehrlicherweise war das Verhältnis zu meinem Vater auch sowieso schwierig.”
„Unentspannt wurde es, wenn meine Eltern aufeinandergetroffen sind. Insbesondere meine Mutter hat sich uns zu Liebe sehr zusammengerissen.” erzählt sie weiter.
Auch eine weitere Redakteurin ist ein Scheidungskind. Als ihre Eltern sich trennten, war sie vier Jahre alt: „Ich habe tatsächlich von der ganzen Prozedur fast gar nichts mitbekommen. Mein Vater war beruflich auch vorher oft länger weg und dann wurden die Abstände wohl länger – als Kind hat man ja auch kein so dolles Zeitgefühl. Ich erinnere mich nur an einen großen Streit, bei dem beide Parteien weinten und ich mit Taschentüchern vom einen zum anderen lief.”
Sie spricht einen wichtigen Punkt an: „Ich bin sehr froh, dass meine Eltern nicht aus den falschen Gründen zusammen geblieben sind. Kann aber erst jetzt so richtig nachvollziehen, was meine Mutter alles gestemmt hat.”
Welche Gefühle und Probleme haben Scheidungskinder: Von Angst bis Erleichterung
Kinder haben entsprechend ihres Alters verschiedene Sorgen. Kindergartenkinder haben Angst, dass sie ein Elternteil verlieren. Ältere Kinder geben sich vielleicht sogar die Schuld an der Trennung der Eltern. Bei Teenies kommen dann verschiedene Dinge zusammen: Sie sind in der Pubertät und haben eh schon ambivalente Gefühle. Sie können anders als jüngere Kinder die Trennung schon fassen, aber landen in einem wahren Gefühlschaos.
Unsere erste Redakteurin schildert ihr Gefühlswelt: „Ich war noch kein Jahr alt, als unser Vater uns verlassen hat. Später als ich älter war, wurde mir bewusst, was eigentlich los ist: Mein Vater hat immer wieder den Kontakt abgebrochen, das stürzte mich natürlich im ersten Moment in Enttäuschung. Das wandelt sich dann in Gleichgültigkeit. Ich konnte gar keine richtige Beziehung aufbauen.”
„Es ergab sich dann eine finanzielle Abhängigkeit: Wenn ich in Kontakt blieb, bekamen wir die unregelmäßigen Unterhaltszahlungen. Nicht zuträglich für ein gutes Verhältnis. Nach dem Studium, mit erstem eigenen Job habe ich dann den Kontakt abgebrochen. Ich, aber auch mein Bruder und meine Mutter waren sehr erleichtert.” erzählt sie weiter.
Ob die zweite Redakteurin ihren Vater vermisst hat? „Mir selbst hat das gar nicht so gefehlt, dass ein Vater im Haus ist, weil ich es ja auch nicht anders kannte. Ich denke, mein Vater wiederum hat viel verpasst, was sich nicht nachholen lässt.”
Und wie bei unserer ersten anonymen Redakteurin auch, standen leider die Finanzen häufig im Mittelpunkt: „Was allerdings immer gefehlt hat - oder zumindest oft knapp war, ist Geld. Es ist eine solche himmelschreiende Schande, dass es auch heute noch zu einer DER großen Armutsrisiken zählt, alleinerziehend zu sein!”
Rechtliches: Ab wann dürfen Scheidungskinder entscheiden, bei wem sie wohnen?
Nach der Trennung sollten die Eltern zusammen entscheiden, wo die Kinder zukünftig leben. Können sie sich nicht einigen, entscheidet ein Familiengericht. Die Kinder dürfen je nach Alter mitreden, zumindest gilt das für Kinder im Grundschulalter, aber es kommt auch auf das Gericht an.
Der Entzug des Sorgerechts eines Elternteils gegen den Willen eines 14-jährigen und älteren Kindes ist nicht möglich. Vielleicht ist es eine gute Idee, wenn neutralere Personen als die Eltern, versuchen, herauszufinden bei wem die Kinder lieber primär leben möchten.
Es ist ja nur verständlich, dass gerade Kinder im Grundschulalter sich nicht „für ein Elternteil entscheiden” wollen. Mitunter sind sie vielleicht auch erleichtert, wenn sie eine Struktur vorgegeben bekommen und nichts mit dieser Entscheidung zu tun haben.
Quelle: destatis.de
Nicht auf dem Rücken der Kinder austragen!
Ich weiß, das ist schwerer gesagt, als getan. Sich trennende Eltern sollten sehr sensibel sein, wenn sie gegenüber des Kindes über den Ex-Partner sprechen. Es kann die Beziehung stärken oder eben kaputt machen. Ich finde, Scheidungskinder haben in dieser Phase genug damit zu tun, sich wieder zu sortieren. Da sollten es die Eltern nicht noch schlimmer machen. Und aus meiner Erfahrung: Das gilt nicht nur für ganz kleine Kinder, sondern auch für junge Erwachsene. Am Ende zieht der den kürzeren, der versucht hat, seine Kinder zu instrumentalisieren.
Bildquelle: Gettyimages/fizkes