Ein Film über Mutterschaft der nicht nur zeigt wie sie wirklich ist, sondern auch noch vor Augen führt, dass es nie zu spät ist, die Richtung zu ändern, der ist wirklich eine Seltenheit. In "So sind wir, so ist das Leben" zeigt uns die alleinerziehende Mutter Toni wie stark Frauen wirklich sind und warum wir diese Stärke viel mehr wertschätzen sollten.
- 1.Worum gehts im Film?
- 2.Ab welchem Alter ist der Film geeignet?
- 3.So finden wir den Film
- 4.Für Fans von ...
- 5.Die Stars in "So sind wir, so ist das Leben"
- 6.Interview mit dem Drehbuchautor und Regisseur Nathan Ambrosioni
- 6.1.Nathan, du bist jung, wie bist du auf die Idee gekommen, einen Film über eine Mutter in ihren Vierzigern zu drehen?
- 6.2.Wie versetzt du dich in das andere Geschlecht und in eine Mutter mit fünf Kindern? Denn ich fand die Darstellung von Toni wirklich unglaublich nah an der Realität und meinem Erleben von Mutterschaft.
- 6.3.Ich fand, du hast das sehr gut gelöst, dass Toni von den Tantiemen leben kann, weniger finanzielle Sorgen hat. Denn so werden alleinerziehende Mütter oft dargestellt, als Frauen die nicht klar kommen und auch Geldsorgen haben. Was denkst du über alleinerziehende Mütter?
- 6.4.Ich finde, Toni entwickelt sich parallel zu ihren Kindern. Während die flügge werden, sucht sie nach einem Weg für sich. Wie können Eltern und Kinder sich nicht verlieren wenn beide sich entwickeln?
- 6.5.Toni sagt an einer Stelle, dass sie findet, dass ihre Kinder wunderbare Menschen sind. Wie bekommen wir Eltern das gut hin und was macht gute Menschen eigentlich aus?
- 6.6.Es ist aber eine große Diskrepanz in dem Film, dass sie das für und mit ihren Kinder schafft, für sich selbst aber nicht. Sie hat sich nicht von ihrer Mutter gelöst und einen eigenen Weg eingeschlagen.
- 6.7.Tonis Sohn Marcus sagt an einer Stelle, dass keine Regeln gelten und jede*r alles darf. Nur für Mütter gelte das nicht, sie müssten viele Regeln befolgen. Ich fühle das sehr. Aber die Frage ist ja: Wie ändern wir das?
Worum gehts im Film?
Antonia, von allen nur Toni (Camile Cottin) genannt, ist vor allem eins: Mutter von fünf Teenager*innen. Die könnten unterschiedlicher nicht sein und so hat Toni alle Hände voll zu tun für sie da zu sein. Abends verdient sie sich als Sängerin etwas Geld dazu, die Familie lebt aber im Wesentlichen von den Tantiemen von Tonis früherem Ruhm. Zwei der fünf Kinder stehen vor großen Veränderungen, sie werden nach dem Abitur ihr Studium beginnen. Und das bringt auch Toni zum Nachdenken. Was ist denn da noch, abgesehen von ihren Kindern und dem früheren Ruhm?
Toni überlegt, ob sie auf Lehramt studieren möchte. Neben der Frage der Finanzierung steht vor allem die Frage im Raum: Wie gehen die fünf Kinder damit um, dass ihre Mutter sich neu orientieren möchte. Gerade in einer Zeit in der die Familie sowieso durcheinander geworfen wird.
"So sind wir, so ist das Leben" läuft ab dem 28.12.2023 in den deutschen Kinos.
Ab welchem Alter ist der Film geeignet?
Der Film hat eine FSK-Freigabe ab 0 Jahren bekommen. Allerdings ist das Thema und der Film für Kinder vollkommen ungeeignet, sie würden sich beim Schauen nur langweilen. Für Teenager könnte ein Besuch zusammen mit ihrer Mama vielleicht ganz spannend sein, einfach um zu sehen, wie die Eltern-Kind-Beziehung in anderen Familien so gelebt wird.
So finden wir den Film
So viel zu bedenken
Was mich zunächst mal sehr gefreut hat, ist die positive Darstellung einer alleinerziehenden Mutter. Zum einen sind diese starken Frauen viel zu selten Thema in Filmen und wenn doch, dann meist als total überforderte Menschen die sehr viel Hilfe brauchen. Toni braucht sie nicht (obwohl ich glaube, wir alle brauchen immer mal wieder Hilfe und das ist auch vollkommen in Ordnung), sie bekommt das Leben mit fünf Teenagern hin.
Die Jugendlichen sind wie sie sind, es fallen verletzende Sprüche, Abnabelungs- und Annäherungsprozesse finden statt. Und Toni überdenkt ihr Leben. Denn die Kinder brauchen sie zwar noch, aber nicht mehr so sehr wie früher. Das schafft Raum für Neues. Diese Gedanken kennen sicherlich sehr viele Mütter, ob nun alleinerziehend oder nicht. Wie aber füllen wir diese neue Freiheit?
Ich bin noch nicht so weit, dass meine Kinder sich gut um sich selbst kümmern können, aber auch ich stelle mir immer wieder die Frage: Was will ich denn? Wo will ich hin? Was möchte ich weiterhin machen? Wenn Filme solche Fragen anregen und beim Weiterdenken helfen, dann finde ich das wirklich ganz wunderbar.
"So sind wir, so ist das Leben" regt auf jeden Fall zu solchen Sinnfragen an. Und zeigt: Das Leben mit fünf Teenagern kann wirklich sehr herausfordernd sein. Da schließt sich doch gleich die nächste Frage an: Wie cool und entspannt bleibe ich, wenn meine Kinder in dem Alter sind?
Für Fans von ...
Die Stars in "So sind wir, so ist das Leben"
- Camille Cottin („Killing Eve“) ist Toni
- Léa Lopez
- Louise Labèque
- Thomas Gioria
- Oscar Pauleau
- Juliane Lepoureau
Interview mit dem Drehbuchautor und Regisseur Nathan Ambrosioni
Nathan, du bist jung, wie bist du auf die Idee gekommen, einen Film über eine Mutter in ihren Vierzigern zu drehen?
Das ist witzig, dass du das als erstes fragst. Ich wollte gar nicht unbedingt einen Film über eine Frau machen. Sondern über jemanden, der plötzlich sein Leben in Frage stellt. Aber wenn ich einen Film über einen 20-jährigen Mann mache, dann gibt es da noch nicht viel in Frage zu stellen. Aber bei einer Frau mit fünf Kindern ist das durchaus der Fall. Das ist viel spannender zu schreiben und interessiert mich auch viel mehr. Beim Schreiben habe ich nicht darüber nachgedacht, dass ich 20 bin und die Figur 40, sondern ich habe darüber nachgedacht, was uns verbindet.
Wie versetzt du dich in das andere Geschlecht und in eine Mutter mit fünf Kindern? Denn ich fand die Darstellung von Toni wirklich unglaublich nah an der Realität und meinem Erleben von Mutterschaft.
Danke für dein Feedback. Wie schon gesagt, ich habe den Film nicht konstruiert mit dem Gedanken: Ich bin ein Mann, sie ist eine Frau. Es ging mir um die Geschichte. Davon abgesehen habe ich natürlich eine Mutter, meine Freund*innen haben Mütter, es gibt viele Vorbilder um mich herum. Nur weil ich ein Mann bin, heißt das nicht, dass ich keine Empathie für Frauen haben kann. Weil ich einen Film über meine eigene Generation machen wollte, waren mir die fünf Kinder wichtig.
Auch wichtig war, dass ich keine Mutter zeigen wollte, die mit der Situation total überfordert ist. Es sollte eine Geschichte über eine Frau sein. Dass sie eben Mutter ist, ist ein Nebeneffekt.
Ich fand, du hast das sehr gut gelöst, dass Toni von den Tantiemen leben kann, weniger finanzielle Sorgen hat. Denn so werden alleinerziehende Mütter oft dargestellt, als Frauen die nicht klar kommen und auch Geldsorgen haben. Was denkst du über alleinerziehende Mütter?
Diese Darstellung von alleinerziehenden Müttern gibt es in Frankreich auch. Ich wollte eine dramatische Komödie machen, das war mir wichtig. Diese Frau, die gleichzeitig auch Mutter ist, die schafft es, sich und ihre Familie ohne jede Hilfe zu unterhalten. Es gibt dieses patriarchale Bild, das männliche Regisseure prägen, in denen Mütter nur dazu da sind, Kinder groß zu ziehen. Diese Mütter können ihre Kinder aber finanziell nicht unterstützen. Dieser Darstellung wollte ich etwas entgegensetzen. Bei meiner Figur Toni spielen Männer überhaupt keine Rolle. Es gibt sie einfach nicht, weder um ihr gut zuzureden, noch für sexuelle Interessen. Männer und Sex haben in diesem Leben gar keinen Platz. Meine Figur hat ganz andere Themen in ihrem Leben. Ich wolle eine positive Darstellung von Frauen und Mutterschaft.
Ich finde, Toni entwickelt sich parallel zu ihren Kindern. Während die flügge werden, sucht sie nach einem Weg für sich. Wie können Eltern und Kinder sich nicht verlieren wenn beide sich entwickeln?
Es ist gar nicht so einfach eine Individualität innerhalb der Familie zu behaupten. Denn eine Familie ist genau wie eine Gruppe organisiert und besteht aus verschiedenen Individuen. Da muss jede*r auch auf die eigene Entwicklung achten. Man neigt dazu, gleich zu reden und zu handeln. Da wieder auszubrechen und eine Unabhängigkeit zu entwickeln, das ist sehr schwer. Genau das wollte ich aber erzählen. Im Kino geht das besonders gut, weil ich da auch die Zeit dafür habe. Die Wiederfindung der Individualität war mein Thema.
Toni sagt an einer Stelle, dass sie findet, dass ihre Kinder wunderbare Menschen sind. Wie bekommen wir Eltern das gut hin und was macht gute Menschen eigentlich aus?
Das ist eine sehr gute Frage, weil es für mich die zentrale Frage des ganzen Films ist: Was wird einem weitergeben innerhalb der Familie? Was ist ein Erbe von dem wir uns lösen möchten? Bei Toni ist das einfach: Sie bewundert ihre Kinder dafür, dass sie ihren eigenen Weg gehen. In vielen Dingen sind sie sich ähnlich, aber in anderen haben sie sich voneinander gelöst und ihren eigenen Weg eingeschlagen. Die Einzige, die das nicht geschafft hat, ist sie selbst. Aber das ist ja ein Stückweit normal.
Eltern bringen Kindern bei, wie sie sich von ihrem Elternhaus lösen können. Aber niemand bringt Eltern bei, sich von ihren Kindern zu lösen. Als ihr das klar wird, ist sie glücklich, dass sie mag, wie die Kinder geworden sind. Toni selbst muss ihren Weg noch finden.
Es ist aber eine große Diskrepanz in dem Film, dass sie das für und mit ihren Kinder schafft, für sich selbst aber nicht. Sie hat sich nicht von ihrer Mutter gelöst und einen eigenen Weg eingeschlagen.
Das stimmt. Toni hat so darum gekämpft, anders zu sein als ihre Mutter, dass ihre älteste Tochter ihr irgendwann vorwirft, sie würde sich gar nicht für ihr Leben interessieren. Aber sie hat dafür so sehr gekämpft, weil ihre eigene Mutter ihr Talent so ausgenutzt hat. Das wollte Toni verhindern und es hat dazu geführt, dass die Kinder ihr mangelndes Interesse vorwerfen. Es ist ein Drahtseilakt. Das Verhalten von Tonis Mutter ist toxisch. Sie hat ihre Tochter viel zu lange kontrolliert. Und davon wegzukommen ist sehr sehr schwer.
Tonis Sohn Marcus sagt an einer Stelle, dass keine Regeln gelten und jede*r alles darf. Nur für Mütter gelte das nicht, sie müssten viele Regeln befolgen. Ich fühle das sehr. Aber die Frage ist ja: Wie ändern wir das?
Diese Szene zeigt ganz deutlich den Egoismus und die Grausamkeit der Jugend. Mir war diese Szene wichtig, um das zu zeigen. Toni antwortet darauf, indem sie auf ihr Alter hinweist und ihn damit ein Stückweit entwaffnet. Ich kenne das auch, ich habe sehr jung angefangen Filme zu machen und alle hatte eine Meinung dazu. Es kann einschränkend sein immer nur aufs Alter zu schauen. Denn Frauen dürfen nicht älter werden als 40, wenn sie sich ausprobieren und erfinden wollen. Bei Männern spielt das Alter hingegen keine Rolle. Da müssen wir hinschauen und das müssen wir ändern. Ein erster Schritt ist, diese Diskrepanz sichtbar zu machen.
Danke für das Interview, das wir mithilfe eines Übersetzers letztlich in drei Sprachen geführt haben.