Armutsfalle Frau. Und Armutsfalle Familie, so lassen sich die allermeisten Artikel über Vorsorge fürs Alter zusammenfassen. Denn leider sind Frauen von Altersarmut sehr viel häufiger betroffen als Männer. Ein Grund: der Gender Pay Gap, der Verdienstunterschied zwischen den Geschlechtern. Frauen bekommen im Schnitt 20 % weniger Lohn als ihre männlichen Kollegen. Diese Diskrepanz führt dazu, dass Frauen auch deutlich mehr fürs Alter sparen müssen, als Männer. Die Frage ist nur: Wo soll das Geld dafür denn herkommen?
Frauen, fangt früh an zu sparen. Das ist die sehr verkürzte Zusammenfassung der Untersuchung der Finanzplattform Weltsparen. Weil Frauen nicht nur die große Gehaltslücke, sondern auch ihre längere Lebenserwartung kompensieren müssen, sollten sie früher mit dem Sparen beginnen, um zum Renteneintritt gleich viel wie die Männer auf der hohen Kante zu haben.
Sparen um fürs Alter vorzusorgen
Das Onlinemagazin Businessinsider hat zusammengefasst, wie viel Frauen mit 30, 40, 50 und 60 Jahren gespart haben müssen, um den gewohnten Lebensstandard auch im Rentenalter halten zu können. Die Werte basieren auf Durchschnittsgehältern, die vom Statistischen Bundesamt, der Deutschen Rentenversicherung und dem Rentenprognosen-Rechner Fairr-Cockpit geliefert wurden.
Alter der Frau in Jahren | Durchschnitts-Netto-Monatsgehalt in EURO | Geld, dass noch gespart werden muss (monatlich 10 % des Nettogehaltes bis 67 in EURO) | Geld, dass bereits auf dem Konto sein müsste (um den aktuellen Lebensstandard im Alter zu halten) |
30 | 2.062 | 111.000 | 52.000 |
40 | 2.420 | 84.000 | 104.000 |
50 | 2.513 | 54.000 | 139.000 |
60 | 2.529 | 24.000 | 157.000 |
Männer müssen weniger sparen
Und, schon ein bisschen schockiert wegen dieser Zahlen? Zum Vergleich, ein 30-jähriger Mann müsste nur 16.000 € sparen. Jetzt sehen wir also, dass wir, während wir Karriere machen und Familien gründen, auch noch fast 53.000 € zusammen sparen sollten. Und den Sparbetrag in 10 Jahren fast verdoppelt haben müssen.
Das durchschnittliche Brutto-Jahreseinkommen einer 30-Jährigen beträgt laut Statistik 40.189 €, das eines 30-jährigen Mannes liegt bei 50.237 €. Weil Männer statistisch betrachtet aber eine geringere Lebenserwartung haben und sich ihr Gehalt in den nächsten Jahren deutlich steigert, müssen sie viel weniger zurücklegen.
Familiengründung fehlt in Berechnung
Was in diese Berechnung gar nicht mit eingeflossen ist, sind in Teilzeit arbeitende Frauen (und natürlich auch Männer) oder Frauen, die mehrere Elternzeiten nehmen. Das ist aber nun mal Lebensrealität.Ffür die Frauen, die sich Kinder wünschen, sieht es mit der Vorsorge also gleich noch viel düsterer aus.
Vorsorge-Plan: Anlagen
Die Empfehlung vom Portal Weltsparen? Langfristige Anlagen in einen ETF-Sparplan mit möglichst hoher Sparrate. Klingt in der Theorie doch alles ganz einfach. Aber in der Praxis ist es das eben nicht. Denn viele Familien leben doch jetzt schon an der Armutsgrenze. Von wenig noch viel zurücklegen funktioniert einfach nicht.
Wir müssen drüber reden
"Über Geld redet man nicht", "Du musst besser / öfter um dein Gehalt verhandeln", "Dann arbeitet eben dein Mann in Teilzeit", das alles sind Sätze, die wohl die meisten Frauen schon gehört haben. Gleichzeitig gibt es dann solche Erkenntnisse, die sprachlos machen.
Wie viele Frauen haben wohl soviel Geld auf der hohen Kante? Wie viele Frauen verdienen wirklich dieses Bruttojahresgehalt, dass als Durchschnittsgehalt angegeben wird? Ich bin überzeugt davon, dass die Schwankungen hier sehr hoch sind. Es ist schon eine privilegierte Sicht auf Geld, wenn man sich mit dem Thema Vorsorge so auseinandersetzen kann, während andere Familien um jeden Euro am Monatsende kämpfen.
Und übrigens, wann immer ich offen über Geld und Einkommen spreche, wird es auf der anderen Seite merklich still. Da könnten wir alle noch an etwas Offenheit arbeiten.
Lasst uns über Geld reden
Natürlich ist es wichtig, dass Frauen daran denken, fürs Alter vorzusorgen. Darüber sollten wir in der Tat auch mehr sprechen, uns gegenseitig Tipps geben und ermuntern, dass das Thema Vorsorge so verdammt wichtig ist.
Selbstverständlich müssen wir immer wieder auf den Gender Pay Gap hinweisen, bis sich da etwas ändert. Aber nur vom Reden wird die Rente von Frauen nicht steigen. Es ist so einfach zu sagen: Frauen, spart doch mehr. Aber die Frage danach, wo der Notgroschen herkommen soll, die bleibt unbeantwortet. Die Bertelsmann-Studie hat im Juli 2020 gezeigt, Mutter werden macht arm. Da ist kein Geld für die hohe Kante.
Es muss was passieren
Ich finde die Ergebnisse dieser Berechnung als Gesprächsöffner über Gehälter und Vorsorgepläne sehr gut. Gleichzeitig wünsche ich mir, dass dieser Gender Pay und Versorgungs-Gap nicht einfach nur zur Kenntnis genommen wird, sondern echte Veränderung angestrebt wird.
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