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Vom Kinderzimmer ins Ringlicht: Wie neue Gesetze Influencer-Kids schützen sollen

Junge bloggt auf Social Media Mikro und Kamera
© Getty Images / E+ / supersizer

TikTok, Insta und YouTube sind für viele Kinder und Jugendliche heute so selbstverständlich wie für uns Eltern früher das Telefonieren. Aber was, wenn der Spaß zur Arbeit wird? Hamburgs Justizsenatorin Anna Gallina möchte Kinder-InfluencerInnen und Kinder von InfluencerInnen besser schützen. Wir schauen uns an, was dahintersteckt und was das für Familien bedeutet.

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Das Jugendarbeitsschutzgesetz soll sicherstellen, dass Kinder nicht überfordert werden und genügend Zeit für Schule, Freizeit und Erholung haben. Das gilt nicht nur für Ferienjobs am Fließband, sondern auch für Tätigkeiten, die auf den ersten Blick nach purem Spaß aussehen, wie Filmaufnahmen und Social Media Clips.

Das betreffende Gesetz wurde im Jahr 1960 erlassen und zuletzt 1984 überarbeitet – lange bevor es die ersten sozialen Medien gab. Hamburgs Justizsenatorin Anna Gallina wies nun deutlich darauf hin, dass die Gesetzgebung noch nicht an das digitale Zeitalter angepasst sei. Sie fordert, dass auch Aktivitäten auf Plattformen wie TikTok, Instagram oder YouTube als Kinderarbeit anerkannt und genehmigt werden müssen. Denn mehr und mehr Kinder betreiben eigene Social-Media-Kanäle, viele angetrieben von ihren Eltern.

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Warum der Schutz von Kinder-Influencern wichtig ist

Kinder, die als InfluencerInnen aktiv sind, können verschiedenen Risiken ausgesetzt sein:

  1. Überforderung und Stress: Regelmäßige Postings und der Druck, immer neue Inhalte zu produzieren, können belastend sein.
  2. Verlust der Privatsphäre: Wenn das gesamte Leben online stattfindet, bleibt wenig Raum für eine unbeobachtete Kindheit.
  3. Finanzielle Ausbeutung: Nicht immer profitieren die Kinder selbst von den Einnahmen ihrer Online-Aktivitäten.
  4. Vernachlässigung der Bildung: Die Schule könnte unter zeitintensiven Online-Aktivitäten leiden.
  5. Psychische Belastung: Negative Kommentare oder der ständige Vergleich mit anderen können das Selbstwertgefühl beeinträchtigen.

Hier hat das Jugendarbeitsschutzgesetz Lücken

Im Allgemeinen ist Kinderarbeit untersagt – sagt das Jugendarbeitsschutzgesetz. Allerdings gibt es Ausnahmen, unter denen Jungen und Mädchen beispielsweise an Theateraufführungen oder Filmproduktionen teilnehmen dürfen. Hierfür muss ein Antrag beim Amt für Arbeitsschutz eingereicht werden (Details in der Box unten).

Die Realität: Im Fall eines Influencer-Jobs holen die wenigsten Eltern die nötige Erlaubnis von den Behörden ein. Und die Behörden kontrollieren kaum, was auf Kinder- und Familienkanälen passiert. Sie können ohnehin nur wenig tun, wenn Kinder zu Hause von ihren Eltern gefilmt und vermarktet werden, weil es schwer ist festzustellen, wie viel sie wirklich arbeiten.

Zudem gibt es eine Regelungslücke: Das Gesetz aus dem Jahr 1960 sieht nur Ausnahmeregelungen für Kinder über 3 Jahren vor, da man damals davon ausging, Babys könnten nicht arbeiten. Die Social Media Realität von heute zeigt aber, dass es oftmals Babys und Kleinkinder sind, die bei Influencer-Kanälen vor der Kamera stehen ... äh liegen und krabbeln.

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Gallina wies nun auf genau jene rechtlichen Lücken hin und will Social-Media-Plattformen in Zukunft stärker überwachen. Sie plant eine Gesetzesinitiative, um die Betreiber weitergehend in die Verantwortung zu nehmen. Schon im Dezember möchte sie dieses Thema daher bei der Arbeits- und Sozialministerkonferenz in Hamburg auf die Agenda heben.

Jugendarbeitsschutzgesetzes in Kürze

Gemäß § 5 Abs. 1 des Jugendarbeitsschutzgesetzes (JArbSchG) dürfen Kinder unter 15 Jahren grundsätzlich keiner Beschäftigung nachgehen. Es gibt jedoch Ausnahmen von dieser Regel. § 6 erlaubt unter bestimmten Voraussetzungen die Arbeit von Kindern vor der Kamera.

Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren dürfen bis zu zwei Stunden täglich zwischen 8 und 17 Uhr vor der Kamera tätig sein. Kinder über sechs Jahren dürfen bis zu drei Stunden täglich zwischen 8 und 22 Uhr arbeiten, sofern die zuständige Aufsichtsbehörde dies genehmigt hat.

Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens muss das Jugendamt angehört werden, eine Einwilligung der Sorgeberechtigten muss vorliegen, ebenso eine ärztliche Bescheinigung. Nach der Arbeit muss das Kind mindestens 14 Stunden Freizeit haben. Die schulischen Leistungen des Kindes dürfen nicht beeinträchtigt werden. Die Betreuung des Kindes während der Arbeit muss sichergestellt sein. Erst nach dem Erhalt des Bewilligungsbescheids darf das Kind dann der Beschäftigung nachgehen.

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Micky Moses

Verantwortungsvoller Umgang is king!

In der Generation unserer (Groß-)Eltern waren Traumberufe Lokomotivführer, Stewardess, Pilot oder Astronaut. Laut den Freundebüchern in unserer Kindheit wollten alle um uns herum Sängerinnen, Fußball-Star, Schauspieler oder Tierärztinnen werden. Fragt man die Kids heute, sagen viele: TikTok-Star oder InfluencerIn.

Der Vorstoß aus Hamburg trägt dieser Entwicklung Rechnung. Es ist wichtig, dass wir uns als Gesellschaft mit dem Spannungsfeld 'Kinder und Social Media' auseinandersetzen. Als Eltern können wir unsere Kinder dabei unterstützen, die digitale Welt sicher und positiv zu erkunden – ohne dabei überfordert zu werden, wichtige Aspekte ihrer Kindheit zu verpassen oder zu freigiebig die Privatsphäre mit der Welt zu teilen. Die Gesetzgebung muss ihren Teil dazu beitragen.

Auch wenn manche Medien es gerne so drehen wollen, Gallina geht es nicht darum geht, Kindern den Spaß an Social Media zu verbieten. Im Gegenteil: Im Fokus des Vorstoßes steht der Schutz von Kindern, deren Online-Aktivitäten möglicherweise die Grenze zur Arbeit weit überschreiten.

Micky Moses

Quellen: Jugendarbeitsschutzgesetz, NDR: Gallina will minderjährige Influencer besser schützen, News for teachers: "Studie: Knapp die Hälfte aller Abiturienten will “Influencer” oder “Creator” werden", Medienrechtsanwaelte.de

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