Am 9. Juni wählen wir in Deutschland wieder. Für viele Familien steht die Wahl des Europäischen Parlaments allerdings eher hinten auf der sowieso überquellenden Mental Load-Liste. Auf den ersten Blick verwundert das wenig, denn bei Europawahlen ist der Wahlkampf weniger präsent als bei beispielsweise Bundestagswahlen. Füllt man den aktuellen WAHL-O-MAT aus, fällt außerdem auf, dass kein einziges spezifisch familienpolitisches Thema abgefragt wird. Sind die Europawahlen für Familien also eine weniger wichtige Wahl? Das wäre ein gefährlicher Trugschluss, denn genau das Gegenteil stimmt!
Es ranken sich einige Fragezeichen um die Europawahl 2024, weil viele von uns die Europapolitik nur am Rande auf dem Schirm haben. Ist ja so schon genug los in unserem eigenen Leben und Land. Warum wir aber unbedingt wählen sollten und weshalb es für unser Familienleben wichtig ist, wo wir unser Kreuz setzen: Das schauen wir uns heute bei Durchblick in 5 Minuten: Politik für Mombies & Walking Dads mal genauer an.
EU-Politik hat auf uns alle Auswirkungen ...
..., auch und besonders auf Familien. Viele kennen die folgende Situation: Ein neues Familienmitglied ist gerade geboren. Mama und Baby üben sich im Stillen, ein Milchstau kündigt sich an. In der Kita geht das RS-Virus um und das große Geschwisterkind bleibt zur Sicherheit zu Hause und braucht in der neuen Situation besonders viel Aufmerksamkeit. Ein Wochenbett ist nie eine One-Woman-Show. Ohne den Papa, oder die Partnerin und den Partner, ist diese Zeit kaum zu schaffen, geschweige denn zu genießen. Aber gerade mit zwei kleinen Kindern ist jeder Urlaubstag kostbar – haben Kitas doch oft mehr Schließtage als Eltern Urlaubstage. Seit der neuen Elterngeldregelung dürfen Eltern aber nur noch einen Monat Elternzeit gemeinsam nehmen. Kein Wunder also, dass für das Wochenbett so mancher Jahresurlaub draufgeht. Und genau hier kommen EU-Richtlinien und damit die Wichtigkeit der Europawahl ins Spiel!
Die wichtige Familienstartzeit ist eine EU-Richtlinie
Dank einer EU-Richtlinie kann sich das in Deutschland bald ändern. Die Richtlinie 2019/1158 zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige hat dafür gesorgt, dass die aktuelle Regierung aus SPD, Grünen und FDP die Familienstartzeit in ihren Koalitionsvertrag aufgenommen hat: Also eine zweiwöchige Auszeit für Väter und Partnerinnen und Partner nach der Geburt eines Babys. Ja, die Familienstartzeit ist noch nicht umgesetzt und ja, aktuell streiten sich die Regierungsparteien um die Umsetzung, statt sie endlich in Kraft treten zu lassen. Genau das hat die EU auch bereits angemahnt. Und das ist der Punkt.
Wählen für Demokratie und Gleichstellung
Damit weiterhin derart wichtige Richtlinien und die Anmahnung ihrer Umsetzung aus Brüssel kommen, müssen wir demokratische Parteien wählen, die sich für solche Maßnahmen einsetzen. Gerade für Familien ist wichtig, dass sich das EU-Parlament mit Themen wie Gleichstellung intensiv auseinandersetzt und diese in ihren Mitgliedsstaaten vorantreibt. Durch den Rechtsruck in Europa gibt es immer mehr Politiker und Politikerinnen, die wieder vom alten „Die Frau gehört an den Herd“-Modell schwärmen und zum Beispiel kein Interesse daran haben, Mütter zu unterstützen, damit sie gleichberechtigt berufstätig sein können, wenn sie das möchten.
Ein EU-Parlament, überwiegend bestehend aus Vertretern und Vertreterinnen einer Familienpolitik aus den 50er Jahren ist leider keine unrealistische Schreckensvision, sondern eine echte Gefahr, die droht.
Und auch deswegen sollten Familien am 9. Juni 2024 unbedingt wählen gehen und dafür eintreten, dass wir aus Brüssel weiter Rückenwind für eine moderne Familienpolitik bekommen.
Insgesamt 96 deutsche Abgeordnete können wir in Deutschland am 9. Juni für das Europäische Parlament wählen. Dabei gilt das Verhältniswahlrecht: Je mehr Stimmen eine Partei bekommt, desto mehr Abgeordnete kann sie von ihrer Liste mit Wahlvorschlägen entsenden. Es gibt – anders als bei der Bundestagswahl – keine Sperrklausel, sodass auch Kandidatinnen und Kandidaten kleiner Parteien eine Chance haben, ins Parlament einzuziehen. Und das erste Mal dürfen bei dieser Europawahl 16-Jährige wählen. Familien mit großen Teenies können also die erste richtige gemeinsame Wahl zelebrieren. Es könnte wohl keinen besseren Zeitpunkt geben, die Demokratie zu feiern, als gerade jetzt.
Durchblick in 5 Minuten: Politik für Mombies & Walking Dads
Wir halten euch familienpolitisch auf dem Laufenden
Ihr habt keine Zeit für Politik, denn euer Alltag ist dank Care-Arbeit, Job, Haushalt und allem anderen voll genug? Aber gerade als Eltern merkt ihr im Alltag immer wieder, wie sehr Familien von der Politik nicht mitgedacht werden? Unsere familienpolitische Expertin Natascha Sagorski fasst euch aktuelle wichtige familienpolitische Debatten einfach und gut verständlich zusammen, sodass ihr auch mit wenig Zeit und Ressourcen wisst, was euch als Familien politisch aktuell betrifft und worauf es ankommt. Lest auch unsere anderen Folgen: