Daniela Katzenberger machte den Spruch "Sei schlau, stell dich dumm" populär, veröffentlichte unter diesem Titel sogar schon ein Buch. Auch Instagram und TikTok sind voll von Videos, in denen sich Frauen über die "Inkompetenz" ihrer Männer hinsichtlich Haushalt und Kinderbetreuung lustig machen. Aber ist das wirklich lustig? Und vor allem handelt es sich hierbei wirklich um Unfähigkeit? Oder nicht doch eher um Faulheit und Unlust? Mittlerweile gibt es für diese Taktik einen Fachbegriff. Die Rede ist von "Weaponized Incompetence" oder auch strategische Inkompetenz. Doch ganz so lustig, wie diese umgekehrte Psychologie klingt, ist sie nicht – vor allem in Beziehungen nicht.
Was bedeutet Weaponized Incompetence?
"Du kannst das besser als ich" oder "Bei mir klappt das einfach nicht so gut, wie bei dir" – beliebte Sätze, mit denen Menschen andere dazu bringen, unliebsame Aufgaben zu übernehmen. In der Psychologie nennt sich dieses Verhalten "weaponized incompetence", was im Deutschen so viel wie strategische Inkompetenz bzw. "als Waffe eingesetzte Inkompetenz" heißt. Egal ob von Kolleg*innen, Freund*innen, Familienmitgliedern oder (Ehe-)Partner*innen angewandt, das Ziel ist immer das gleiche: etwas, auf das man absolut keine Lust hat, auf jemand anderen abzuwälzen.
Tatsächlich geht es dabei nicht wirklich darum, ob jemand eine Aufgabe wirklich kann oder nicht. Viel mehr geht es um das nicht können wollen. Der Journalist Jared Sandberg schrieb 2007 erstmals über dieses psychologische Phänomen im Wall Street Journal. Darin sprach er mit Mitarbeitenden einer Firma, die diese Taktik vor allem bei scheinbar unwichtigen Aufgaben und Aufgaben, bei denen kein Fachwissen von Nöten sei, bewusst anwandten. „Bei der strategischen Inkompetenz geht es nicht um eine Strategie, die scheitert, sondern um ein Scheitern, das erfolgreich ist“, so Sandberg damals.
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Warum Weaponized Incompetence so problematisch ist
Hier und da mal eine Aufgabe abzunehmen bzw. zu übernehmen ist nicht schlimm. Doch wie bei allem kommt es auf die Balance an. Denn die gerät mächtig ins Wanken, wenn plötzlich alles nur noch an einem selbst hängen bleibt. In Bezug auf Haushalt und Kinderbetreuung sind es trotzdem leider immer noch die Frauen, die durch Weaponized Incompetence ihrer Partner*innen mehr Arbeit haben. Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsplanung (DIW) belegt eindeutig, dass es auch an erwerbsfreien Tagen wie Sonn- oder Feiertagen Frauen sind, die überproportional viel Arbeit im Haushalt und die Kinderbetreuung übernehmen.
Menschen, denen es generell schwerfällt, Dinge aus der Hand zu geben oder Nein zu sagen, sind besonders anfällig für Weaponized Incompetence. Sobald jemand eine Aufgabe nicht so erledigt, wie sie es gerne hätten, neigen sie dazu, die Aufgabe an sich zu reißen oder gleich selber zu erledigen. Ein gefundenes Fressen für Weaponized Incompetence-Anwender, eine Aufgabe von vornherein abzulehnen oder eben schlecht auszuführen. Die Folge sind mit der Zeit jedoch spürbar: mehr Arbeit, Überforderung, Spannungen, Stress, Aggressionen und jede Menge Streitpotenzial innerhalb einer Beziehung.
Wie du dich vor Weaponized Incompetence schützen kannst
Aufgrund der immer noch vorherrschenden sexistischen Annahme, Frauen seien von Natur aus besser im Haushalt und bei der Care-Arbeit, sind es meistens Männer, die Weaponized Incompetence in der Partnerschaft anwenden, wie der anerkannte Paartherapeut John Kenny ausführlich auf seiner Website erklärt (Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel!). Wenn dein Partner sich also immer wieder um die gleichen Aufgaben drückt oder sie schlecht ausführt, damit du sie am Ende machst, bist du höchstwahrscheinlich von Weaponized Incompetence betroffen.
Es gibt zwei Arten von Weaponized Incompetence: die einen, die es absichtlich machen, und die anderen, die es unbewusst machen. Zu welcher Kategorie dein Partner oder dein Partnerin gehört, solltest du in einem ernsthaften Gespräch herausfinden. Genau das braucht es nämlich, um sich vor Weaponized Incompetence zu schützen.
Quellen: Wall Street Journal, Deutsches Institut für Wirtschaftsplanung