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Sprache ist mächtig

„Wie ein Mädchen": Hört auf die Hälfte der Menschheit abzuwerten

wie ein Mädchen Kolumne

Dinge "wie ein Mädchen" zu machen, ist nie etwas Gutes. Ich möchte, dass sich endlich etwas in der Sprache ändert. Denn diese schafft Tatsachen, die einen großen Einfluss auf das Aufwachsen von Mädchen UND Jungen haben.

„Du wirfst wie ein Mädchen!" – „Du rennst wie ein Mädchen!" – „Was hast du da an, du siehst aus wie ein Mädchen!" – „Heul doch, wie ein Mädchen!" – „Zier dich doch nicht, so wie ein Mädchen!": Eine kleine Auswahl an Sätzen, die fallen, wenn sich Jungen und Männer nicht so verhalten, wie die Gesellschaft sich männliches Verhalten in all seinen Stereotypen vorstellt.

Die Aussage soll Kinder verletzen

Der Sinn ist klar: Die Aussagen sollen verletzen. Sie sollen Ablehnung darüber zum Ausdruck bringen, dass Jungen Dinge tun oder sagen, die angeblich so gar nicht zu ihrem Geschlecht passen. Was dabei billigend in Kauf genommen wird, ist die Abwertung von Mädchen. Denn alles, was man „wie ein Mädchen" macht, ist schlecht.

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Alles, was jemand „wie ein Mädchen" macht, ist schlecht.

Davon abgesehen, dass diese ganze Zuschreibung etwas „wie ein Mädchen" oder „wie ein Junge" zu tun natürlich total auf überzogenen Klischees beruht, ist es auch einfach mal unfair. Wieso zementieren wir in unserer doch so aufgeschlossenen Gesellschaft sprachlich wieder und wieder und wieder das Bild der schwachen Mädchen?

Wieso machen Mütter und Väter da überhaupt mit? Denn leider sind es ja nicht nur die Anderen, die Alten und die Kinderlosen, die das sagen, ich höre solche Beleidigungen immer wieder auf dem Spielplatz.

Ist da die Sprachpolizei?

Hat sie gerade Beleidigungen gesagt? Ja, hat sie. Und wenn ihr mir jetzt kommt mit „voll die Sprachpolizei" und „ist doch nicht so schlimm", dann kann ich nur sagen: Ist es eben doch! Weil man damit all die alten Rollenbilder weitergibt. Mädchen können nicht schnell rennen, sie können nicht werfen, sie heulen immer und überhaupt ist es gar nicht erstrebenswert, weiblich zu sein. Das suggerieren diese Aussagen. Und das ist einfach nicht wahr.

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Ist die Hälfte der Menschheit defizitär?

Weltweit hält es sich fast die Waage, es gibt ungefähr 3,82 Milliarden Frauen und 3,89 Milliarden Männer. Glaubt ihr wirklich, dass die Hälfte der Menschheit so defizitär ist, wie ihr sie darstellt? Ganz sicher nicht. Es gibt Astronautinnen, Chemikerinnen, Olympiagewinnerinnen, Rennfahrerrinnen, Richterinnen, Designerinnen. Es gibt Bäckerinnen, Mechatronikerinnen, It-Spezialistinnen, Polizistinnen und Schornsteinfegerinnen. Frauen sind überall und sie können alles, was Männer auch können.
((Anmerkung der Korrekturleserin und Chefredakteurin Micky: Meine Tochter und ich tragen mit Stolz dieses Shirt aus UK von Mutherhoodgoods.com, ca. 17 €/25 €, die liefern auch nach Deutschland! Bestes Geschenk für starke kleine Mädchen, Patenkinder und Freundinnen))

Männer können (fast) alles sein

Und Männer können übrigens auch alles was Frauen können. Es gibt Innenausstatter, Friseure, Geburtshelfer, Verkäufer, Erzieher. Es gibt männliche Supermodels und Designer. Fällt euch was auf? Die Liste der "außergewöhnlichen" Männerberufe ist irgendwie kürzer. Kein Wunder, denn wir alle sind daran gewöhnt, dass Jungs eigentlich alles werden können, was sie sich in den Kopf gesetzt haben. Bei Mädchen hingegen ist das noch lange nicht der Fall, sie sind vielerorts noch immer Einzelkämpferinnen, denen unterstellt wird, sie seien zu schwach und zu emotional. „Wie ein Mädchen" eben.

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Andrea Zschocher

Meine Meinung

Ich bin Mutter von drei Kindern, Mädchen wie Jungen und erlebe diese Abwertung von Mädchen beinahe tagtäglich. Ich weiß auch, dass vielen das gar nicht so bewusst ist. Deswegen gibt es auch diese Kolumne, damit wir über die Macht der Sprache ins Gespräch kommen.

Denn ganz ehrlich, alle Kinderbücher der Welt mit positiven Vorbildern für Mädchen (ein weiteres wichtiges Thema für mich) nützen nichts, wenn sie immer wieder hören, dass sie weniger wichtig, weniger gut, als Jungen sind. Gerade wir als Eltern haben da eine große Verantwortung und ich wünsche mir sehr, dass wir diese auch ganz bewusst wahrnehmen.

Andrea Zschocher

Auch Jungen haben Gefühle

Apropos emotional, auch wenn viele denken, Jungs weinen nicht, das stimmt ja so nicht. Natürlich kassieren kleine Jungen immer wieder so dämliche Sprüche, sie sollen nicht so heulen „wie ein Mädchen", wenn ihnen vor Wut, Trauer oder Scham die Tränen übers Gesicht rollen.

Das ist grundlegend falsch. Denn wir sind in erster Linie alle Menschen mit allen Gefühlen. Wir werden nur unterschiedlich sozialisiert mit diesen umzugehen. Und so wie Mädchen oft hören, dass sie dies oder jenes nicht können, eben weil sie Mädchen sind, hören Jungen, dass sie auf gar keinen Fall was anderes als hart und eben männlich sein müssen.

„Wie ein Mädchen" sein ist falsch

Alles was sie tun, das unter dem Verdacht steht „wie ein Mädchen" zu sein, ist verachtenswert. Sagt die Gesellschaft. Schwachsinn, sage ich, denn wir brauchen dringend mehr Jungen und Männer die nicht immer und immer wieder das Märchen von den harten Hunden weitertragen. Uns allen tut es gut, wenn unsere Gesellschaft Jungen das sein lässt, was sie sein wollen, fühlende Wesen die vielleicht nicht besonders gut werfen können, gern Kleider tragen und zu ihren Gefühlen stehen.

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Das macht keinen Mann zu einem schlechten Mann, sondern ehrlich gesagt zu einem besseren. Weil er der Welt Empathie schenkt, weil er er selbst sein kann mit all dem, was ihn ausmacht.

Es gibt keine Norm für Menschen

Und wir brauchen Mädchen, die nicht nach ihrem Geschlecht beurteilt werden. Die nicht als abseits der Norm wahrgenommen werden, wenn sie ihre Meinung laut kund tun, Konfrontationen nicht aus dem Weg gehen oder schneller rennen als alle anderen in der Klasse. Wir sollten das alles feiern und uns über die Unterschiedlichkeit von Kindern freuen. Die hat rein gar nichts mit dem Geschlecht zu tun.

Vergleichen bringt uns nicht weiter, es entzweit die Gesellschaft immer mehr. Es treibt Kinder und Jugendliche in die Verzweiflung und manchmal in die Selbsttötung, wenn sie merken, dass sie den Anforderungen ihrer Eltern und dieser Gesellschaft nicht gerecht werden können.

Dieses Problem des gesellschaftlichen Drucks werden wir nicht über Nacht lösen können. Aber wir können alle heute schon damit anfangen im Kleinen etwas zu verändern. Und dafür müssen wir ab sofort nur auf das unsinnige und unfaire Vergleichen verzichten.

Unterstützt eure Kinder

Wenn eure Kinder etwas machen, das euch überrascht und über das ihr gern sprechen möchtet, dann sagt in Zukunft doch einfach etwas unterstützendes wie: „toll, dass du so schnell rennen kannst" oder „Ich finde gut, dass du so zu deinen Gefühlen stehst". Unsere Kinder brauchen Liebe und Zuwendung, Unterstützung und Lob.

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Worauf sie verzichten können sind Sätze, die sie klein machen und auf ein Geschlecht reduzieren. Sie sind nicht „wie ein Mädchen" wenn sie etwas schlecht machen, sie sind einfach tolle Kinder, die neugierig die Welt entdecken und uns manchmal an den Rand der Verzweiflung bringen.

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Bildquelle: getty images / iStock / Getty Images Plus / monkeybusinessimages

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