Als Kind haben wir zum Supermarkt immer Konsum oder Kaufhalle gesagt – das war für mich total normal. In der DDR gab es für viele Dinge ganz eigene, häufig sehr bildhafte Bezeichnungen. Entweder weil die sozialistische Führung das so vorgab, oder weil die Menschen umgangssprachlich viel Wortwitz besaßen. Manche inoffiziellen Bezeichnungen traute man sich natürlich nur hinter vorgehaltener Hand zu sagen. Aber eines waren die Menschen vor der Wende: Sprachlich sehr kreativ ... Das wirst du sehen, wenn du dich durch diese Bildergallerie klickst.
Abkindern
Abkindern - bitte was? Das klingt, als wenn man sich von seinem Nachwuchs entledigen würde ... Wer ab 1972 in der DDR die Ehe schloss, erhielt einen zinslosen Ehekredit - durch die Geburt der Nachkommen wurde dieser sozusagen getilgt, d. h. abgekindert. Das war also ein scherzhafter Ausdruck dafür. So sorgte der Sozialismus für genügend Nachwuchs.
Antifaschistischer Schutzwall
Als antifaschistischen Schutzwall bezeichnete man im öffentlichen Sprachgebrauch die Berliner Mauer. Das war ein Begriff, den die SED eingeführt hat, um die Bedeutung des Bauwerks, das Ost- von Westberlin trennte, zu legitimieren.
Bückware
Als Bückware wurden scherzhaft in der DDR jene Waren im Handel bezeichnet, die nur sehr limitiert vorhanden waren. Sie wurden versteckt in den unteren Abteilungen und Regalen platziert. Man sagte auch "unter dem Ladentisch". Vor allem jene Waren, die in DDR extrem begehrt und nur in geringer Anzahl verkauft werden konnten, galten als Bückware. Das betraf alle Warengruppen und wechselte auch öfter mal.
Campingbeutel
Ein Beutel, den man beim Camping dabei hatte? Ja, mehr oder weniger – das war die DDR-Bezeichnung für Rucksack. Meine Eltern sagten und sagen das bis heute noch.
Datsche
Eine Datsche findet man auch heute noch in Schreber- oder Kleingärten. In der DDR war es die Bezeichnung für ein Gartenhäuschen im Grünen oder im Garten, wo man es sich am Wochenende gemütlich gemacht hat.
Erichs Lampenladen
Dieser kreative Begriff bezeichnet natürlich keinen wirklichen Laden. Der Volksmund dachte sich dieses scherzhafte Wort aus als Bezeichnung für den imposanten Palast der Republik in Berlin, ein großes Kulturgebäude am Lustgarten. Das großangelegte mehrstöckige Foyer mit zahlreichen Deckenlampen inspirierte zu diesem witzigen Namen.
Das Gebäude hatte mehrere Räume mit moderner Bühnentechnik und Beleuchtung, die für Fernsehaufzeichnungen und Kulturveranstaltungen genutzt wurden. In einem Teil saß die DDR-Volkskammer und es fanden dort etliche SED-Parteitage statt. Außerdem befanden sich darin mehrere Bars und Restaurants sowie eine Diskothek und ein Bowlingcenter. Die Staatsmacht und das Volk lagen nie so nah beieinander wie dort.
Im Jahr 1990 wurde der Palast wegen Asbestverseuchung geschlossen und 2004 beschloss man den Abriss. Das letzte Konzert dort gab 2004 die westdeutsche Band "Einstürzende Neubauten" - wie passend. Heute steht auf diesem Gelände das Humboldt Forum.
Fahne
Eine Fahne war in der DDR erstmal auch eine Fahne. Wenn man aber "zur Fahne gehen" sagte, meinte man damit umgangssprachlich die nationale Volksarmee (NVA) der DDR.
Getränkestützpunkt
Dieser schöne Ausdruck war der offizielle Staatsbegriff für einen Laden, in dem es sämtliche Getränke gab. Heute wäre das ein Getränkehandel bzw. Fachhandel für Getränke, den es ja auch immer noch gibt. Der DDR-Staat hat für jegliche wirtschaftliche Bereiche immer schöne Fachbegriffe definiert.
Grilletta
Also was das ist, darauf kommt man nicht so leicht. Mit Weihnachtsdekoration hat das nichts zu tun. Es ist tatsächlich etwas zum Essen. Eine Grilletta oder Grilette war sozusagen die Bulette des Ostens bzw. der Ost-Hamburger. Wer das heute noch unter dem Begriff im Osten bestellt, wird bei älteren Gastronomen auf jeden Fall einen Hamburger bekommen.
Horch & Guck
Als "VEB Horch & Guck" wurde das Ministerium für Staatssicherheit volkstümlich ironisch bezeichnet. Der DDR Geheimdienst, die Stasi, war überall und seine inoffiziellen Mitarbeiter hörten sozusagen immer mit und hatten überall ihre Augen und Ohren.
Held der Arbeit
Der "Held der Arbeit" war ein Ehrentitel mit Auszeichnung, die man vom sozialistischen Staat bekommen hat. Er wurde jährlich am 7. Oktober, dem Republikgeburtstag an bestimmte Werktätige für besondere Leistungen im Rahmen ihrer Arbeit verliehen. Zur Urkunde und dem vergoldeten Blechorden erhielt man eine stattliche Prämie von 10.000 Mark.
Träger dieses Ordens sollten eigentlich fleißige Bürger und Werktätige sein, die ja die DDR-Wirtschaft am Laufen hielten. Doch sehr gern vergaben die Genossen diese Ehrung Männern in den eigenen Reihen, wie z. B. Stasi-Chef Erich Mielke oder Präsident Wilhelm Piek... Ungefähr 50 Personen wurden jährlich mit der Urkunde ausgezeichnet und durften sich "Held der Arbeit " nennen.
Jahresendflügelfigur
Dieser sehr bildhafte Ausdruck steht für nichts anderes als einen Weihnachtsengel. Er geisterte in den 80er Jahren als offenbar sozialistischer Ausdruck herum. Der Eulenspiegel-Autor Ernst Röhl hat damit 1986 die bürokratische Sprache der DDR aufs Korn genommen. Ob dieses Wort tatsächlich auch von Parteifunktionären benutzt wurde, ist fraglich.
Kombinat
Von der Jahresendflügelfigur zum Kombinat – das war tatsächlich ein offizieller Begriff. Das Kombinat war ein Zusammenschluss verschiedener VEB-Betriebe. Man könnte es mit einem Konzern vergleichen.
Pappe
Eine Pappe war in der DDR nicht das, was es scheint. "Pappe" oder "Rennpappe" war die umgangssprachliche Bezeichnung für das typische DDR-Auto, den kleinen Trabant. Diesen Namen verdiente er sich jedoch zu Unrecht: Es wurde erzählt, dass der Wagen aus Pappe bestand, denn bestimmte Materialien waren schwer zu kriegen in der DDR. Doch die Karosserie bestand aus Stahlblech, die Beplankung aus Duroplast. Das waren mehrschichtige Baumwollfasern, die mit Phenolharzteilchen bestreut und in Form gepresst wurden. Mehr darüber erfahrt ihr hier.
Republikflucht
Flüchtende Menschen, die ihren Staat verlassen, gab und gibt es überall auf der Welt. Nur die DDR hat die Flucht zu einem Politikum gemacht: Der "ungesetzliche Grenzübertritt", also die Flucht in den Westen, galt laut DDR-Strafgesetzbuch als Straftat. Es drohten bei Republikflucht schon bei kurzzeitigem nicht genehmigten Übertritt in die BRD eine Ordnungsstrafe und sogar in bestimmten Fällen bis zu drei Jahre Gefängnis.
Sättigungsbeilage
Was bitte? Die Sättigungsbeilage war im gastronomischen Sprachgebrauch die Beilage zu Fleisch, also meist Kartoffeln, Reis oder Nudeln. Von ersterem gab es immer genug, von den letzten beiden eher nicht.
Spartakiade
Ja, richtig gelesen, Spartakiade. Der Begriff, der auf den antiken Sklavenführer Spartakus zurückgeht, bezeichnete einen sportlichen Wettkampf für Kinder- und Jugendliche, der in den Kreisen und Bezirken der DDR durchgeführt wurde. Bei den Wettkämpfen wurden vor allem spätere Leistungssportler frühzeitig erkannt und gefördert. Man konnte Pokale gewinnen und erhielt Anerkennung für sportliche Leistungen.
Tal der Ahnungslosen
Dresdener DDR-Bürger fühlen sich jetzt vermutlich angesprochen. Denn so wurde zunächst das Dresdener Elbtal genannt, weil dort Westfernsehen und UKW-Rundfunk via Antenne fast nicht zu empfangen war. Später weitete sich der Begriff auch auf andere Räume aus, wie einen größeren Teil Ostsachsens und Vorpommerns. Wer in diesen Regionen lebte, empfing lediglich die zensierten DDR-Medien und galt daher als "ahnungslos".
Westgeld
Westgeld galt in der DDR als sehr begehrt – damit war das Geld der Bundesrepublik gemeint. Der umgangssprachliche Begriff und Tarnbegriff war auch "Blaue Fliesen", weil die westdeutschen 100-DM-Scheine alle blau waren.
Waren des täglichen Bedarfs
Noch so ein schöner DDR-Wirtschaftsbegriff: Die Waren des täglichen Bedarfs waren Lebensmittel und Drogerieprodukte. Das war gleichzeitig auch der Ausdruck für das Großhandelskombinat für diese Waren, abgekürzt WtB (Waren des täglichen Bedarfs).
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