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Feuerwerk-Debatte

Böllerverbot: Überfällig und sinnvoll oder unnütze Spaßverderberei?

Böllerverbot
© Getty Images / jacoblund

Umweltverschmutzung, traumatisierte Kriegsopfer und schwere Verletzungen durch Böller vs. Tradition, der freudigen Begrüßung des neuen Jahrs und jeder Menge Lichter-Knaller-Spaß: Viele Argumente sprechen für, viele gegen ein Böllerverbot. Wir haben uns das mal angeschaut und hier die Pro- und Contra-Argumente im Überblick.

Böllern: Ja oder Nein?

Alle Jahre wieder: Kurz vor Silvester entfacht sich die Debatte über ein grundsätzliches Böllerverbot jedes Jahr aufs Neue. Zu laut, zu viel Müll, zu gefährlich, zu viel Umweltbelastung, eine Zumutung für die ohnehin schon überlasteten Kliniken, sagen Kritiker. Spaßverderber und Übertreiber rufen die Gegner. Fakt ist: Immer mehr Städte verbieten in bestimmten Arealen das Hantieren mit Feuerwerkskörpern. Auch 2023 ist das Böllern z.B. in vielen Innenstädten nicht erlaubt.

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Pro: Das spricht für ein Böllerverbot an Silvester

  1. Tausende Verletzungen: Verbrannte Haut, zerfetzte Hände, abgerissene Finger. Was nach einem blutigen Horrorfilm klingt, ist vielmehr die traurige und absolut unnötige Realität, die Unfallärzte jedes Jahr an Silvester zu Gesicht bekommen. Jedes Jahr landen deutschlandweit etwa 8.000 Menschen in der Notaufnahme, weil sie sich beim Böllern selbst oder durch das Fehlverhalten anderer verletzt haben. Etwa ein Drittel der Menschen behält bleibende Schäden. Nicht zu vergessen: Unsere Kliniken sind ohnehin schon überlastet. Wollen wir das durch die Spaß-Böllerei noch verschärfen?
  2. Traumatisierte Menschen. Wer Krieg erlebt hat, nimmt so ein Feuerwerk mitunter deutlich anders auf, als die "Aber das macht doch Spaß"-Rufer. Gerade jetzt in diesen Zeiten, sollten wir Rücksicht nehmen, sind sich viele Menschen einig.
  3. Feinstaubbelastung: Gerade in Zeiten des Wandels, in der sich immer mehr Menschen mit Themen wie Klimawandel und Umweltschutz auseinandersetzen, wird das Feuerwerk zum Jahresbeginn kritisch beäugt: Laut Umweltbundesamt werden dabei im Schnitt rund 2.050 Tonnen Feinstaub frei gesetzt, "was 13 Prozent der jährlich durch Holzfeuerungen und ca. einem Prozent der gesamt freigesetzten Feinstaubmenge in Deutschland entspricht".
  4. Müll: Aus Umweltsicht ist nicht nur der Feinstaub problematisch einzustufen: Auch der Müll, der nach dem Abfeuern häufig auf der Straße liegen bleibt, ist eine Belastung für die Umwelt. Der Verband kommunaler Unternehmen kritisiert, dass allein in Berlin, Hamburg, München, Köln und Frankfurt am Main rund 191 Tonnen Silvesterabfall zusammenkommen. In diesen fünf Städten sind am 1. Januar über 1.100 Mitarbeiter für die Reinigung im Einsatz.
  5. Verängstigte Tiere: Was uns in Freude und Jubel versetzt, ist für Tiere leider generell purer Stress. Durch ihr deutlich feineres Gehör ist die Knallerei für sie oft kaum zu ertragen, einige Tiere reagieren sogar panisch. Während wir für unsere Haustiere Vorkehrungen treffen können und versuchen, sie vom Lärm abzuschirmen und abzulenken, sind die Enten im Parkteich, die Tauben in der Innenstadt und die Wildtiere in den Stadtparks dem Krach schutzlos ausgeliefert.
  6. Geldverschwendung: 133 Millionen Euro: So viel gaben die Deutschen 2018 für Feuerwerksartikel aus. Zum Vergleich: Der Bau der höchsten Brücke der Welt in China hat umgerechnet 139  Millionen Euro gekostet. Was wir mit diesem Geld alles Sinnvolles machen könnten ...
  7. In anderen Ländern funktioniert es auch: In Dänemark z. B. ist privates Feuerwerk verboten, auch in Griechenland oder Frankreich ist die Böllerei unüblich. Hier gibt es öffentlich organisierte Feuerwerke.
  8. Es gibt Alternativen: Vor allem für Kinder sind Wunderkerzen und kleine Tischfeuerwerke, aus denen lustiges Spielzeug fliegt, eine tolle Alternative. Diese gehören übrigens zu den sogenannten "Kleinstfeuerwerken" und somit der Feuerwerks-Kategorie F1 an. Zur Kategorie F2 gehören die richtigen Knaller und Raketen, die in der Regel nur von Erwachsenen abgefeuert werden dürfen. Böller-Gegner möchten F2 Feuerwerk verbieten, F1 Knaller, also Feuerwerkskörper, die eine sehr geringe Gefahr darstellen ("Jugend- /Tischfeuerwerk") sollen weiterhin erlaubt sein.
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Maike Mauer

Reicht das nicht an Argumenten?

Ich habe nichts gegen Spaß an Silvester – aber braucht es dazu regelmäßig diese ausufernde Groß-Knallerei? Neben der Umweltbelastung und der als bedrohlich wahrgenommenen Situation durch traumatisierte Menschen und Tiere geht es auch um ÄrztInnen und Pfleger.

Unsere Kliniken sind ohnehin längst überlastet (und das nicht erst seit gestern). Gebietet es da nicht der Respekt vorm medizinischen Personal, ihm – aus meinen Augen: aktuell wirklich unnötige – Arbeit zu ersparen? 

Maike Mauer

Contra: Das spricht gegen ein Böllerverbot an Silvester

  • Tradition: Silvester ohne Feuerwerk? Für die meisten von uns unvorstellbar. Schließlich ist das bunte Spektakel am Himmel ein uralter Brauch. Das erste mal soll Sprengstoff zu feierlichen Anlässen im China des frühen 12. Jahrhunderts genutzt worden sein. 1379 soll es das erste Feuerwerk in Italien gegeben haben, 1506 war das erste Feuerwerk in Deutschland zu bestaunen. Der Brauch im neuen Jahr Lärm zu machen, tauchte schon Mittelalter auf: Hier zogen die Menschen mit allem, was laute Geräusche machte, durch die Straßen. Mit Töpfen, Rasseln, Trommeln und Trompeten, dem Läuten der Kirchenglocken und abgesetzten Schüssen wollten sie böse Geister vertreiben. Dafür nutzen wir heute unsere Böller.
  • Verbote bringen nichts: Das Verbote manche Dinge erst recht so richtig interessant machen, lernen wir alle bereits im frühen Kindesalter. Wieso sollte es da mit Feuerwerk anders sein? Und wer welchen Böller wo gezündet hat, wird wohl kaum kontrollierbar sein.
  • Verlorene Steuern: 2018 gaben die Deutschen rund 133 Millionen Euro für Feuerwerksartikel aus. Durch ein generelles Böllerverbot gehen dem Staat mehrere Millionen Euro Steuereinnahmen flöten.
  • An anderen Ecken die Umwelt schonen: Anstatt das Böllern aus Umweltgründen zu verbieten, solle sich laut Kritikern lieber an anderen Ecken um die Umwelt gekümmert werden. Schließlich verpesten Autos unsere Atemluft permanent mit Feinstaub und das Silvesterfeuerwerk ist nach einer Stunde meistens schon wieder abgeklungen.
Lisa Purrio

Mein Fazit

Oh ja, die Knallerei und das Rumgeböller auch Tage vor und nach Neujahr sind furchtbar nervig. Ich selbst kann da sehr gut drauf verzichten. Während einer Silvesterfeier mit Freunden in einer zentral gelegenen Wohnung konnte ich aus dem Fenster beobachten, wie ein paar Idioten einfach Raketen und Böller in die große Menschenmenge jagten, die dort fröhlich feierte. Absurd! Die ganze Nacht rückten immer wieder Krankenwagen an, es entstanden Schlägereien, die Stimmung war gruselig. Und wenn ich jedes Jahr den Müll sehe, der auch noch Tagen danach überall herumliegt, wird mir ganz anders.

Trotzdem halte ich absolut nichts von einem Böllerverbot. Erstens denke ich, dass wir weiß Gott andere Probleme haben, mit denen wir uns auseinandersetzen sollten. Der Gesellschaft eine uralte Tradition zu nehmen, die nach einer Stunde wieder vorbei ist, sollte da auf der Prioritätenliste nicht auftauchen. Ein Böllerverbot liegt auf der Skala irgendwo zwischen erhobenem Zeigefinger und Moralaposteltum.

Ich halte die ganze Debatte für unnötig und realitätsfern. Wir reden an Silvester schließlich nicht nur über ein paar "Verrückte", die jedes Jahr ihr Erspartes beim Aldi um die Ecke für Feuerwerk ausgeben – es ist ein Großteil der Bevölkerung. Es sind Menschen, die sich nicht ständig um das große Ganze Gedanken machen, weil sie mit ihrem täglichen Leben zwischen Kinderbetreuung, Arbeit, Haushalt, privaten Sorgen und Ängsten genug beschäftigt sind. Für sie ist der Silvesternacht die große Genugtuung am Ende des Jahres, einmal laut sein, den ganzen Mist und die ganzen Sorgen des alten Jahres wegsprengen und sich unter dem bunten Himmel zu wünschen, das im neuen Jahr alles besser wird. Zum Ende des Jahres einmal laut sein und hoffen, dass es im nächsten besser wird. Wie soll man ihnen vermitteln, dass das jetzt nicht mehr erlaubt ist?

Dass Böllerverbote in bestimmten Gegenden erlassen werden, ist natürlich absolut sinnvoll und wichtig. Den Menschen ihre alte Tradition zu nehmen, halte ich hingegen für falsch. Hier sollte sich lieber jeder einzelne an seine Nase packen und es mit dem Böllern sein lassen. Vielleicht lassen sich ja auch noch ein paar Freunde überzeugen.

Lisa Purrio

"Dinner for One"-Quiz: Wie gut kennst du den Silvester-Klassiker?

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