Die Entscheidung, ein Kind zu adoptieren, ist ein großer Schritt, bei dem es sehr hilfreich ist, über alle Bestimmungen gut informiert zu sein. Bei uns erfahrt ihr, unter welchen Bedingungen ihr in Deutschland ein Kind adoptieren könnt, mit welcher Wartezeit ihr rechnen solltet und welche Vorgaben es für die Adoption eines erwachsenen Menschen in Deutschland gibt.
Inlandsadoption vs. Auslandsadoption
Wenn du in Deutschland lebst und hier ein Kind adoptieren möchtest, spricht man von einer Inlandsadoption. Bei einer Auslandsadoption hingegen adoptierst du im Ausland ein Kind und holst es dann nach Deutschland, um hier mit ihm zu leben. In diesem Artikel beschäftigen wir uns ausschließlich mit den Bestimmungen für Adoptionen in Deutschland.
Dürfen wir in Deutschland ein Kind adoptieren, wenn wir nicht verheiratet sind?
Um in Deutschland ein Kind zu adoptieren, musst du nicht verheiratet sein. Auch Alleinstehende haben das Recht auf Adoption. Ihr könnt auch als unverheiratetes Paar ein Kind adoptieren, allerdings nicht gemeinsam. In diesem Fall kann immer nur ein Partner oder eine Partnerin allein das Kind annehmen, also eine Einzeladoption vornehmen. Das gilt sowohl für heterosexuelle als auch für homosexuelle uneheliche Beziehungen.
Allerdings ist eine Sukzessivadoption möglich. Das heißt, wenn ihr später doch noch heiratet oder eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingeht, kann der Ehegatte oder die in die Lebenspartnerschaft eingetragene Person das Kind ebenso adoptieren. Dabei liegt dann quasi eine Stiefkindadoption vor, mit dem einzigen Unterschied, dass das Kind nicht das leibliche Kind des Partners oder der Partnerin ist, sondern das Adoptivkind.
Verheiratete Paare können ausschließlich gemeinsam adoptieren, in diesem Fall sind Einzeladoptionen nicht möglich.
Über seine Erfahrungen mit Adoptionen für gleichgeschlechtliche Paare in Deutschland spricht dieser Papa in unserem Video:
Wie stehen die Chancen, in Deutschland ein Kind zu adoptieren?
Wenn du in Deutschland ein Kind adoptieren möchtest, solltest du dich derzeit auf eine gewisse Wartezeit einstellen. Im Moment liegt die Zahl der Adoptionswilligen um ein Vielfaches über der Zahl der zu adoptierenden Kinder. Im Schnitt beträgt die Wartezeit, bis dir ein Kind vorgeschlagen wird, rund 1,5 Jahre. Dies ist allerdings nur ein ganz grober Richtwert, manchmal wird ein Kind sehr schnell vermittelt, wenn es nach Ansicht der Adoptionsstelle gut zu dir passt, manchmal dauert es viele Jahre, bis ein Kind zu dir kommt. Es kann leider sogar auch sein, dass du gar kein Adoptivkind zugewiesen bekommst.
Diese Faktoren erhöhen die Chancen, in Deutschland ein Kind adoptieren zu können:
- Vor allem bei Kindern unter 10 Jahren erhöht es die Chancen, wenn einer der Partner nicht oder nur eingeschränkt berufstätig ist.
- Ihr habt bessere Chancen, wenn eure Partnerschaft schon einige Jahre besteht.
- Ihr habt bessere Chancen, wenn ihr noch jung seid.
- Verheiratete werden oft bevorzugt.
Welche Bedingungen prüft die Adoptionsvermittlungsstelle in Deutschland?
Um in Deutschland ein Kind adoptieren zu dürfen, prüft die Vermittlungsstelle, ob du die dafür nötigen Bedingungen erfüllst, also z. B. ein Gesundheitszeugnis und ein einwandfreies polizeiliches Führungszeugnis ohne Vorstrafen vorlegen kannst. Zusätzlich nimmt die Adoptionsvermittlungsstelle auch eine Einschätzung folgender "weicher" Faktoren vor, die sich entscheidend auf eure Adoptionschancen auswirken:
- Persönlichkeit (Einfühlungsvermögen, emotionale Wärme)
- Stabilität der Partnerschaft
- Wirst du dem Kind gegenüber einen offenen Umgang mit der Adoption pflegen?
- Wie sehen deine/eure Erziehungsvorstellungen aus?
- Wie gestalten sich die Wohnverhältnisse (hat das Kind ein eigenes Zimmer)?
- Hat das Kind in deinem/eurem sozialen Umfeld Zugang zu anderen Kindern?
Antworten auf die 20 wichtigsten rechtlichen Fragen zum Ablauf einer Adoption findet Ihr in diesem Artikel:
Wie läuft die Adoption von Erwachsenen in Deutschland ab?
Auch Volljährige können in Deutschland adoptiert werden, sogar wenn sie eigene leibliche Eltern haben. Voraussetzung einer Adoption im Erwachsenenalter ist es allerdings, dass zwischen den Adoptiveltern und dem "Kind" schon seit der Kindheit eine sehr enge, Eltern-Kind-ähnliche Beziehung besteht. Adoptionen im Erwachsenenalter werden in der Regel getätigt, um dieses Verhältnis auch rechtlich anerkennen zu lassen und das Kind damit z. B. erbberechtigt zu machen.
Bei einer sog. "schwachen Erwachsenenadoption" entstehen rechtliche Familienbande nur zwischen dem Adoptiv"kind" und den Adoptiveltern, nicht aber mit deren Verwandten, es gibt also z. B. keine "Adoptivoma". Wenn der oder die zu Adoptierende noch leibliche Eltern hat, kommt das durch die Adoption neu entstandene Familienverhältnis zum bestehenden noch dazu. Erb- und Unterhaltsregelungen bestehen dann zwischen beiden Familien, also zu vier Elternteilen.
Im Unterschied dazu gibt es auch die "Volladoption" im Erwachsenenalter mit den gleichen rechtlichen Folgen wie bei der Adoption von Minderjährigen. Damit erlischt vor dem Gesetz das Verwandtschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern. Unterhalts- und Erbschaftsansprüche gelten ihnen gegenüber dann nicht mehr. Diese Form der Adoption ist sehr selten, unter den folgenden Bedingungen aber möglich:
- Wenn Pflegekinder von ihren Pflegeeltern adoptiert werden und die leiblichen Eltern dies bis zum 18. Geburtstag verhindert hatten.
- Wenn die Adoptiveltern ein minderjähriges Geschwisterkind des oder der zu Adoptierenden bereits adoptiert haben oder zeitgleich adoptieren.
- Bei Stiefkindadoption im Erwachsenenalter.
Schlechte Chancen auf eine Erwachsenenadoption bestehen allerdings bei einem geringen Altersabstand des "Kindes" und der Eltern von unter 15 Jahren oder wenn der oder die zu Adoptierende zuvor einen Asylantrag gestellt hat, der abgelehnt wurde. Auch wenn das Familiengericht der Meinung ist, dass die Adoption ausschließlich vorgenommen werden soll, um Erbschaftssteuer zu sparen oder um etwa einen Adelstitel zu vererben, wird es dem Antrag nicht zustimmen.
Welche Kosten entstehen bei der Adoption von Erwachsenen in Deutschland?
Ein Familiengericht muss der Adoption von Erwachsenen zustimmen. Um hier möglichst gute Chancen zu haben, empfiehlt es sich oftmals, für den Adoptionsantrag einen Anwalt oder eine Anwältin zu beauftragen. Für diese*n fallen dann allerdings Kosten an.
Hinzu kommen Notar- und Gerichtskosten. Die Höhe der Notarkosten richtet sich nach dem "Gegenstandswert", ist also abhängig von den Vermögensverhältnissen des oder der Adoptierenden. Details erfahrt ihr in diesem Artikel:
Mit welcher Wartezeit muss ich rechnen, wenn ich in Deutschland einen Säugling adoptieren will?
In Deutschland können leibliche Eltern frühestens acht Wochen nach der Geburt ihres Kindes in dessen Adoption einwilligen. Trotzdem kann es unter bestimmten Umständen schon direkt nach der Geburt zu den Adoptiveltern kommen. Die leibliche Mutter kann ihr Einverständnis allerdings innerhalb dieser acht Wochen jederzeit zurückziehen. Eine Ausnahme gibt es aber: Bei schweren Verstößen gegen das Kindeswohl kann das Familiengericht das Baby den leiblichen Eltern sofort entziehen und es den Adoptiveltern übergeben.
Wenn ihr derzeit in Deutschland einen Säugling adoptieren wollt, müsst ihr viel Geduld mitbringen. Es gibt viel weniger Neugeborene, die zur Adoption freigegeben werden als Adoptionswillige. Die Wartezeit kann hier gut und gerne zwischen drei und sieben Jahren betragen. Manchmal geht es aber doch auch sehr schnell, wie uns diese Mutter erzählt:
Zwar war laut dem Statistischen Bundesamt im Jahr 2020 jedes Zweite der 3.774 Adoptivkinder in Deutschland im Säuglings- oder Kleinkindalter. Allerdings wurden über die Hälfte dieser Kinder von einem Stiefelternteil adoptiert.
Wenn ihr aber doch Glück habt und einen kleinen Säugling adoptieren könnt, solltet ihr wissen: Bei neugeborenen Adoptivkindern habt ihr ebenso wie leibliche Eltern Anspruch auf eine Hebamme. Außerdem habt ihr natürlich auch das Recht auf Kindergeld, ihr könnt Elternzeit nehmen und Elterngeld beantragen.
Quelle: Bundesministerium der Justiz