Frauen mit Kinderwunsch hören oft unzählige gut gemeinte Ratschläge, wie es schneller klappen soll oder was man nicht tun darf und sollte. Nach dem Sex bloß liegen bleiben, immer schön viel Gemüse essen oder ja nur zum Eisprung ganz viel Sex haben? Auch über die männliche Fruchtbarkeit und die Spermienqualität kursieren da so einige Mythen. Aber was ist dran?
Wir haben mal nachgeforscht und berichten euch, wie viel Wahrheit in dem einen oder anderen Fruchtbarkeitstipp steckt. Letztlich kann keiner euch zu 100 % genau sagen, woran es liegt, dass manche Frauen schneller schwanger werden als andere. Wir müssen auf unseren Körper vertrauen, oder?
Fruchtbarkeitsmythos 1: Nach dem Sex liegen bleiben
Nach dem Höhepunkt in Schockstarre zu verfallen, hat keinen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit einer Befruchtung. Ebenso wenig hilft es, die Beine zur Kerze in die Luft zu strecken oder sich ein Kissen unter den Po zu schieben, um die Spermien in die richtige Richtung zu lenken. Wichtig ist es, dass ihr beide Spaß daran habt und der Sex an euren fruchtbaren Tagen erfolgt. Sonst bringt auch das längste Liegenbleiben nach dem Sex nichts 😉
Dr. med. Ulrike Thieme (medizinische Leiterin bei Zava):
„Nein, denn nicht die Menge, sondern die Qualität des männlichen Samens ist entscheidend. Sind die Spermien zum Beispiel nicht agil genug, um den Weg bis zur Eizelle selbstständig zurückzulegen, hat auch die Ausrichtung des weiblichen Körpers keinen Einfluss auf den Erfolg der Befruchtung.“
Fruchtbarkeitsmythos 2: Nach dem Sex nicht auf Toilette gehen
Es ergibt auch keinen Sinn, auf das Duschen und auf den Toilettengang nach dem Sex zu verzichten, damit das Sperma nicht heraus gespült wird. Bei 500 Millionen Spermien pro Samenerguss finden immer einige ihren Weg dahin, wo es nötig ist.
Übrigens kann es sogar schädlich sein, nach dem Sex nicht auf die Toilette zu gehen, denn das erhöht das Risiko auf eine Blasenentzündung.
Fruchtbarkeitsmythos 3: Sauna und heiße Bäder sind schlecht für die Spermienqualität?
Diese Weisheit gilt nur für Männer und ist tatsächlich wahr. Denn schwitzende Spermien zeugen nicht gut: Temperaturen, die höher sind als die eigene Körpertemperatur, verringern sowohl die Beweglichkeit als auch die Anzahl der männlichen Spermien. Männer mit Kinderwunsch sollten demnach tatsächlich zu häufige Saunabesuche und heiße Bäder vermeiden, zumindest kurz vor dem Sex! Auch auf die Sitzheizung im Auto oder das Laptop auf dem Schoß sollten sie lieber verzichten.
Wie beweglich und zahlreich die Spermien sind, sagt euch ein Spermiogramm!
Fruchtbarkeitsmythos 4: Das Gewicht hat keinen Einfluss auf die Fruchtbarkeit
Dieser Mythos ist falsch, und zwar bei Männern und Frauen. Sind Frauen extrem schlank oder sportlich, kann dies den Eisprung verhindern und zum Ausbleiben der Menstruation führen. Haben Frauen zu viel Körperfett, werden mehr männliche Hormone gebildet. Das kann ebenfalls den Eisprung und damit die Möglichkeit, schwanger zu werden, vermindern. Auch sehr dünne Männer können unter nachlassender Libido und verminderter Spermienqualität leiden. Das Körpergewicht hat also durchaus einen Einfluss auf die Fruchtbarkeit.
Laut einer Studie scheinen ein paar Pfunde bei Männern jedoch nicht zu stören.
Fruchtbarkeitsmythos 5: Die Pille mindert die Fruchtbarkeit
Die Pille vermindert die Fruchtbarkeit nicht, ganz im Gegenteil. Dem Körper wird eine Schwangerschaft vorgegaukelt. Es kann ein wenig dauern, bis der Körper sich hormonell umgestellt hat. Aber es gibt auch Frauen, bei denen stellt sich eine Schwangerschaft schon in den ersten Monaten nach Absetzen der Pille ein. Das kann ganz verschieden sein. Sprecht dazu mit eurer Gynäkologin oder dem Gynäkologen, wenn nach ein paar Monaten nichts passiert.
Dr. med. Ulrike Thieme (medizinische Leiterin bei Zava):
„Nein, nach dem Absetzen der Antibabypille normalisiert sich der Hormonhaushalt meist innerhalb weniger Wochen. Auch wenn dieser Vorgang in Einzelfällen länger dauern kann, ist eine Schwangerschaft bereits direkt nach dem Absetzen der Pille möglich.“
Fruchtbarkeitsmythos 6: Rauchen macht unfruchtbar
Rauchen ist zweifellos ungesund und sorgt für ein erhöhtes Risiko von Eileiterschwangerschaften und Gebärmutterkrebs. Und: Raucherinnen müssen manchmal tatsächlich länger auf ein Baby warten. Denn Rauchen kann sich negativ auf das Wachstum der Eibläschen und damit der Eizellen auswirken. Zudem nimmt die Konzentration der Hormone Progesteron und Estradiol ab, die wichtig für das Einnisten einer befruchteten Eizelle sind. Zu Fehlbildungen oder gar Unfruchtbarkeit führt es allerdings generell nicht. Beim Mann kann sich der Zigarettenkonsum auf die Qualität der Spermien auswirken.
Fruchtbarkeitsmythos 7: Männer sind ihr ganzes Leben lang fruchtbar.
Es ist grundsätzlich richtig, dass Männer die biologische Uhr nicht so ticken hören. Ihr Kinderwunsch hat sozusagen deutlich mehr Zeit, als es bei Frauen der Fall ist, weil deren Eizellenanzahl jährlich rapide abnehmen. Das heißt aber nicht, dass nicht auch das Alter des Mannes ein Faktor für die Spermienqualität ist.
Dr. med. Ulrike Thieme (medizinische Leiterin bei Zava):
„Diese Annahme stimmt nur bedingt. Im Gegensatz zu Frauen, die mit der Menopause unfruchtbar werden, kommt bei Männern die Spermienproduktion nie ganz zum Erliegen – doch mit zunehmendem Alter sinkt bei ihnen die Qualität des Samens. Zudem können typische Erkrankungen im Alter, beispielsweise der Prostata oder Blase, ebenfalls zu einer altersbedingten Unfruchtbarkeit führen.“
Fruchtbarkeitsmythos 8: Entspannung hilft, schneller schwanger zu werden
Viele von uns hören immer wieder: Entspanne dich und mach mal Urlaub, dann klappt es schon mit dem Kind! Bei manchen Paaren hat es tatsächlich schon geholfen und sie sind im Urlaub schwanger geworden. Doch insgesamt kommt das auf den Körper der Frau und die Spermienqualität des Mannes an. Entspannungsübungen können helfen, dass der Körper insgesamt mehr im Gleichgewicht ist, denn Stress wirkt sich auch negativ auf den Zyklus aus. Doch nicht bei jeder Frau mit längerem Kinderwunsch wird regelmäßiges Yoga sofort zur Schwangerschaft führen.
Wenn ihr schon einige Monate versucht schwanger zu werden, und nicht weiter wisst, dann hilft euch vielleicht unser Ratgeber dabei, den Gründen nachzugehen.
Fruchtbarkeitsmythos 9: Ein Orgasmus erhöht die Chancen schwanger zu werden
Dafür, dass eine Frau, die während dem Sex einen Orgasmus hat, auch größere Chancen auf eine Schwangerschaft hat, gibt es keine Belege. Es ist zwar davon auszugehen, dass durch die Kontraktionen der Gebärmutter beim Orgasmus die Spermien schneller Richtung Eileiter befördert werden, aber nachweisbar ist das nicht. Auch Versuche bei künstlichen Befruchtungen, durch die Gabe von Oxytocin Kontraktionen der Gebärmutter zu fördern und damit die Erfolgswahrscheinlichkeit der Behandlung zu erhöhen, zeigten bisher keinen Erfolg.
Fruchtbarkeitsmythos 10: Gesunde Ernährung hilft, schwanger zu werden
Ja es ist richtig, dass der weibliche Körper Vitamine und Ballaststoffe benötigt. Doch um schwanger zu werden, müsst ihr jetzt nicht nur noch Gemüse und Salat essen. Es ist wichtig sich ausgewogen und normal zu ernähren und nicht zu viel Junk Food zu sich zu nehmen. Doch insgesamt gibt es keine Beweise, dass besonders gesunde Ernährung oder viel Gemüse Einflüsse auf die weibliche Fruchtbarkeit hätte. Es gibt leider kein Wundergemüse oder Beere der Welt, das einzig und allein die Fruchtbarkeit erhöhen kann.
Fruchtbarkeitsmythos 11: Man kann nur zum Eisprung schwanger werden
Das ist falsch. Zwar gilt eine Frau tatsächlich nur an den Tagen um den Eisprung herum als fruchtbar, Spermien können aber drei bis sieben Tage in der Scheide oder in der Gebärmutter überleben. Der Zervixschleim, der vor und an den fruchtbaren Tagen vom Gebärmutterhals abgesondert wird, versorgt die Spermien mit Nährstoffen wie Zucker und Eiweiß und schafft so optimale Bedingungen. Die Chancen für eine Schwangerschaft stehen also beim Sex etwa fünf Tage vor und einen Tag nach dem Eisprung gar nicht schlecht. Daher macht es Sinn, wenn ihr euren Eisprung genau berechnet z.B. via Zykluscomputer.
Fruchtbarkeitsmythos 12: Paare, die Kinder haben, können nicht unfruchtbar werden
Leider trifft das nicht zu. Es ist keine Seltenheit, dass es länger dauert, ein zweites Kind zu bekommen. Manchmal geht es aber auch ganz schnell. Das hängt wirklich vom jeweiligen Körper ab, inwiefern ihr wieder schwanger werden könnt.
Dr. med. Ulrike Thieme (medizinische Leiterin bei Zava):
„Das stimmt nicht. Da es für eine Unfruchtbarkeit zahlreiche mögliche Auslöser gibt, können auch Menschen, die bereits Eltern sind, betroffen sein. Mediziner sprechen in diesem Zusammenhang von einer „sekundären Sterilität.“
Fruchtbarkeitsmythos 13: Zu viel Sex schadet den Spermien
Sollte der Mann seine Spermien aufsparen, bis der Zeitpunkt des Eisprungs gekommen ist? Nein, das ist unnötig. Bei häufigem Sex kann sich die Menge des Ejakulats verringern, aber die ist nicht entscheidend für eine erfolgreiche Befruchtung. Es kommt vielmehr auf die Beweglichkeit der Spermien an. Eine israelische Studie, die die Beweglichkeit der Spermien mit der Häufigkeit des ausgeübten Geschlechtsverkehrs in Beziehung setzt, zeigt, dass die besten Ergebnisse bereits nach einem Tag Abstinenz erreicht wurden. Auf die Spermienqualität wirken sich ganz andere Faktoren weitaus negativer aus als häufiger Sex.
Fruchtbarkeitsmythos 14: Die Missionarsstellung ist die beste Stellung schwanger zu werden
Angeblich sind die Missionarsstellung oder Sex von hinten besonders vorteilhaft für eine Befruchtung, da die Spermien so besonders tief in die Scheide eingebracht werden. Schlecht sollen dagegen Stellungen sein, bei denen die Frau oben ist, oder im Stehen. Die Schwerkraft soll dann das Vordringen der Spermien erschweren. Das sind definitiv Mythen, denn schwanger werden kann die Frau in jeder vaginalen Stellung! Doch von Vorteil sind vor allem jene Stellungen, bei der der Mann besonders tief eindringen kann.
Fruchtbarkeitsmythos 15: Gleitgel ist schädlich für Spermien
Das stimmt nur teilweise. Es kommt an, welches Gel ihr verwendet. Es sollte ein kinderwunschfreundliches Gel sein, dass die Spermien nicht hemmt. Dazu sagt Dr. med. Ulrike Thieme: „Tatsächlich gehen einige Mediziner davon aus, dass manche Gleitmittel die Beweglichkeit von Spermien negativ beeinflussen können. Die Studienlage ist bisher allerdings nicht eindeutig. Neueste Untersuchungen legen nahe, dass auch sogenannte „spermienfreundliche“ Gleitgele keine signifikanten Vorteile gegenüber handelsüblichen Gleitmitteln bieten.“
Es gibt extra Gleitgel, das den Kinderwunsch noch unterstützt. Informiert euch vorher, welches Gel da am besten ist. Ihr könntet dieses versuchen:
Fruchtbarkeitsmythos 16: Je älter die Frau, desto unfruchtbarer
Das ist leider so. Bei Frauen ist die Umstellung auf die Unfruchtbarkeit mit dem „Verbrauch“ der letzten Eizelle ein klarer Schnitt und auch die hormonelle Umstellung verläuft bei Männern weniger dramatisch. Denn Frauen können ab der Menopause definitiv keine Kinder mehr bekommen. Männer produzieren zwar bis ins hohe Alter fruchtbare Spermien, doch auch deren Qualität nimmt kontinuierlich ab. Bei einer späten Vaterschaft steigt das Risiko von Fehlgeburten und genetischen Abweichungen deutlich. Frauen können in jungen Jahren ihre Eizellen einfrieren lassen für einen späteren Kinderwunsch.
Video: Social Freezing – Weil die Fruchtbarkeit und der Eizellenvorrat begrenzt sind
Eizellen einfrieren ist eine gute Möglichkeit für den späteren Kinderwunsch. Im Video sprechen wir mit Expertin Lily, die ihre Eizellen selber einfrieren ließ und Patientinnen zu Social Freezing bei der Plattform Fertilly berät.