Eine ICSI Behandlung kann als künstliche Befruchtung vor allem in Frage kommen, wenn die mögliche Ursache des unerfüllten Kinderwunsches nachweislich beim Mann liegt oder insgesamt unklar ist. Hier bekommt ihr einen Überblick zu den Voraussetzungen, dem Ablauf der Behandlung und Informationen zu den Kosten.
- 1.Was ist eine ICSI Behandlung?
- 2.Für diese Paare eignet sich die ICSI
- 2.1.Kann ein lesbisches Paar eine ICSI durchführen lassen?
- 3.Der Ablauf einer ICSI-Behandlung
- 3.1.Voruntersuchungen und Spermiogramm
- 3.2.Hormonelle Stimulation zur Eizellgewinnung
- 3.3.Eizellentnahme und Samenprobe
- 3.4.Spermieninjektion im Labor und Brutzeit der Eizellen
- 3.5.Kryokonservierung
- 3.6.ICSI-Transfer des Embryos
- 4.Was ist die ICSI naturelle?
- 5.Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit nach einer ICSI schwanger zu werden?
- 6.Risiken einer ICSI Behandlung
- 7.Psychische und physische Auswirkungen
- 8.Kosten einer ICSI Behandlung
Was ist eine ICSI Behandlung?
ICSI steht für intracytoplasmatische Spermieninjektion und wird von allen Arten der künstlichen Befruchtung am häufigsten angewendet. Bei dieser Methode wird ein einzelnes Spermium mittels feiner Pinzette bzw. Hohlnadel direkt in das Innere der vorher entnommenen Eizelle übertragen. Dabei handelt es sich um die künstliche Nachahmung des natürlichen Eindringens von männlichem Samen in die weibliche Eizelle. Dies geschieht außerhalb des Körpers unter dem Mikroskop.
Die Zahlen von Paaren, die sich für eine künstliche Befruchtung entscheiden, nehmen von Jahr zu Jahr zu. Zwischen den Jahren 1997 und 2014 wurden 250.000 Kinder nach einer Befruchtung außerhalb des Körpers geboren. Allein im Jahr 2015 waren es sogar rund 20.000 Kinder, die nach einer IVF, ICSI und Auftauzyklen von befruchteten Eizellen geboren wurden.
Für diese Paare eignet sich die ICSI
Um herauszufinden, für welche Paare welche Art der künstlichen Befruchtung in Frage kommt, sind eine Reihe von Voruntersuchungen notwendig. Daher solltet ihr so früh wie möglich mit dem eigenen Gynäkologen über die Kinderwunschsituation sprechen und euch an eine spezielle Klinik oder Praxis für Reproduktionsmedizin wenden. Durch die immer höher werdende Zahl von Patienten mit unerfülltem Kinderwunsch sind Termine in diesen Praxen rar. Also lasst euch nicht zu viel Zeit mit der Suche.
Diese Paare kommen in Frage, wenn:
- die Fruchtbarkeit des Mannes eingeschränkt ist und nur sehr wenige bis keine oder träge Spermien in der Samenflüssigkeit des Mannes vorhanden sind
- die Frau einen regelmäßigen Monatszyklus mit Eisprung hat (Frauen mit Endometriose kommen selten in Frage)
- die Ursache für den unerfüllten Kinderwunsch unklar ist
- beide Partner eine Fruchtbarkeitsstörung haben
- beide Partner bereits älter sind
Bevor der Kinderwunscharzt eine ICSI überhaupt vorschlägt, müssen bestimmte Kriterien erfüllt sein, ohne die eine solche Behandlung nicht möglich ist.
Voraussetzungen für eine ICSI Behandlung
- Das Alter der Frau muss zwischen 25 und 40 Jahren liegen. Das des Mannes zwischen 25 und 50 Jahren.
- Der HIV-Test beider Partner muss negativ sein.
- Das Paar sollte verheiratet sein oder in einer festen Partnerschaft leben. Ersteres ist für die Finanzierung über die Krankenkasse ausschlaggebend.
- Eine IVF hat keine Aussicht auf Erfolg oder war nicht erfolgreich.
Kann ein lesbisches Paar eine ICSI durchführen lassen?
Leider ist es in Deutschland noch immer nicht einfach, als lesbisches Paar eine künstliche Befruchtung durchführen zu lassen. Ursache sind die bisher noch lückenhaften gesetzlichen Grundlagen, die es Ärzten schwer machen, eine Befruchtung mittels Samenspende durchzuführen. Ihr könnt euch genau informieren, in welchen Bundesländern dies möglich ist und bei den Praxen nachfragen, ob Frauenpaare oder Solomamas behandelt werden.
Reproduktionsmediziner dürfen lesbische Paare gesetzlich gesehen aus ethischen Gründen ablehnen. Auch die Finanzierung einer solchen künstlichen Befruchtung mittels anonymer Samenspende gestaltet sich in Deutschland schwierig. Daher begeben sich viele lesbische Paare ins Ausland, wenn sie das nötige Geld zur Finanzierung haben. Weitere Informationen findet ihr zu diesem Thema beim Portal Fertila.
Wenn ihr mit dem Gedanken spielt, eine künstliche Befruchtung durchführen zu lassen, kommen viele Fragen auf. Wir haben mit einer Patientenberaterin der Kinderwunschplattform Fertilly gesprochen, die euch im Interview viele hilfreiche Tipps für den Anfang gibt:
Dieses Video entstand in Kooperation mit Fertilly.
Der Ablauf einer ICSI-Behandlung
Voruntersuchungen und Spermiogramm
Ein solcher Prozess beginnt mit einigen Voruntersuchungen und der Blutabnahme bei Mann und Frau, um HIV oder andere Infektionskrankheiten auszuschließen. Der Mann kann vor der Behandlung bereits ein Spermiogramm bei einem Andrologen durchführen lassen, das Aufschluss über die Spermienqualität gibt. Ihr erhaltet dafür von eurem Gynäkologen oder dem Kinderwunscharzt eine Überweisung.
Die andrologische Untersuchung vor der ICSI
Der Androloge spricht mit dem Mann über seine Lebens- und Ernährungsweise, Vorerkrankungen und die Sexualität. Dazu wirft er auch einen genaueren Blick auf den Penis und die Hoden. Wenn ihr direkt beim Erstgespräch angebt, dass ihr eure Fruchtbarkeit bezüglich eines Kinderwunsches ermitteln möchtet, kann der Arzt gezielte Untersuchungen vornehmen. Zunächst gebt ihr eine Spermaprobe ab, die genau analysiert und ausgewertet wird. Zusätzlich kann der Arzt über einen Bluttest auch etwaige hormonelle Unstimmigkeiten ermitteln. Auch ein Ultraschall der Genitalorgane kann individuell sinnvoll sein.
Hormonelle Stimulation zur Eizellgewinnung
Zu Beginn müssen die weiblichen Eierstöcke hormonell stimuliert werden, damit genügend Eizellen zur Entnahme gewonnen werden können. Dazu bekommt die Frau Hormonspritzen, die sie sich an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen setzen muss. Je nach Patientin werden eventuell noch geeignete Schildrüsenhormone oder Eisenpräparate in Tablettenform verschrieben. Das hängt von den sonstigen Werten ab, die der Arzt oder die Ärztin durch ständige Blutabnahme regelmäßig im Blick hat. Wenn ihr eine ICSI naturelle durchführen lasst, geht das ggf. auch ohne Hormone. Wir erläutern gleich nochmal, in welchem Fällen das möglich ist.
Eizellentnahme und Samenprobe
Zur Überprüfung, ob genügend Eizellen vorhanden sind, wird die Patientin regelmäßig zum Ultraschall gebeten. Sind nach einiger Zeit genügen Eibläschen vorhanden und die Hormonspritzen wurden gut vertragen, wird der Eisprung durch eine spezielle Hormonspritze ausgelöst. Nach zwei weiteren Tagen erfolgt die Entnahme der Eizellen durch die Vagina, bei der die Patientin unter leichte Narkose gesetzt wird (Es sei denn, ihr habt eine ICSI im natürlichen Zyklus). Im Normalfall entstehen bei der sogenannten Punktion keine Schmerzen.
Am selben Tag der Punktion wird der Mann aufgefordert eine frische Samenprobe abzugeben. Diese wird untersucht und der Reproduktionsmediziner wählt geeignete Samenzellen unter dem Mikroskop aus. Sollten im Ejakulat keine geeigneten Samen vorhanden sein, gibt es Methoden, um diese zu gewinnen und bis zum Tag der Injektion einzufrieren („Kryokonservierung“).
Spermieninjektion im Labor und Brutzeit der Eizellen
Nach der Eizellgewinnung erfolgt die Injektion der frischen oder aufgetauten Samen in die Eizelle. Nun heißt es warten: Im Brutschrank zeigt sich nach zwei bis vier Tagen, ob die Befruchtung erfolgreich war und sich die Eizelle gut weiter entwickelt. Der Arzt teilt dem Paar mit, wie viele erfolgreich befruchtete Eizellen gewonnen werden konnten und es wird besprochen, wie viele am Tag des Transfers eingesetzt werden sollen.
Der Arzt gibt meist eine persönliche Empfehlung über die Zahl der einzusetzenden Eizellen und informiert über das Risiko für eine Mehrlingsschwangerschaft. Es ist möglich auch drei oder vier Eizellen einzusetzen, eine höhere Anzahl ist aus gesundheitlichen Gründen meist ausgeschlossen. Die Entscheidung über die Anzahl liegt jedoch bei dem Paar.
Kryokonservierung
Durch den Prozess der Kryokonservierung ist es möglich, überzählige gewonnene Eizellen über Jahre einzufrieren. So könnt ihr euch später entscheiden, ob ihr sie für weitere Versuche oder bei Erfolg auch für eine weiteren Kinderwunsch wieder einsetzen lassen wollt. Für die Lagerung fallen natürlich entsprechende Kosten an, die ihr selber tragen müsst.
ICSI-Transfer des Embryos
Nach einem weiteren Ultraschall gibt der behandelnde Arzt einen geeigneten Tag für den Eizelltransfer an. Dieser richtet sich nach dem Zyklus der Frau. Am Transfertag wird vaginal, schmerzfrei und bei vollem Bewusstsein lokal die Eizelle an die richtige Stelle in der Gebärmutter gesetzt. Das Paar kann diesen emotionalen Moment am Monitor mitverfolgen.
Jetzt heißt es warten. Nach drei bis fünf Wochen, kommt ihr zur Blutabnahme in die Praxis. An den Blutwerten können die Ärztinnen sehen, ob sich die Eizelle erfolgreich eingenistet hat und eine Schwangerschaft beginnt. Sollte der erste Schwangerschaftstest negativ sein, kann nach einer gewissen Wartezeit ein erneuter Versuch des Transfers stattfinden.
Was ist die ICSI naturelle?
Wenn ihr von der "ICSI naturelle" hört, dann bedeutet das, die Behandlung findet im natürlichen Zyklus und ohne Hormongabe statt. Diese Art der sanften ICSI kann euch eure Ärztin unter Umständen anbieten, weil sie einige Vorteile mit sich bringt:
- die körperlichen Belastungen sind geringer, weil keine Hormone gegeben werden
- das Risiko einer Mehrlingsschwangerschaft ist geringer
- das Risiko einer Überstimulation mit unangenehmen Folgen entfällt
- die Eizellen werden ohne Narkose entnommen
- die ICSI naturelle ist deutlich günstiger
Meist wird sie jenen Frauen geraten, bei denen bereits mehrere IVFs oder ICSIs nicht zur Einnistung führten und die auch mit Hormongabe nur wenige Eizellen produzieren. Bzw. wenn ihr zu einem Überstimulationssyndrom neigt oder bewusst auf die Hormontherapie verzichten möchtet.
Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit nach einer ICSI schwanger zu werden?
Der Erfolg einer ICSI hängt wie bei einer normalen Schwangerschaft von vielen Faktoren ab. Zunächst auch vom Alter und körperlichen Zustand der Mutter. Daher gibt es nie eine Garantie. Eine Schwangerschaft stellt sich meist bei ca. 30-45 % der Frauen ein. Bei einer Insemination nur bei ca. 10 %. Die Erfolgschancen steigen, je mehr Versuche ihr unternehmt und je jünger ihr seid. Eine pauschale Angabe, wie viele Versuche im Durchschnitt gebraucht werden, ist daher sehr von den Frauen abhängig. Ca. 60 bis 70 % der Patientinnen werden in den ersten vier Zyklen schwanger.
Beim Einsetzen von mehr als einer Eizelle ist die Chance jedoch größer, dass es klappt (bis zu 60 %). Daher kommt es bei der künstlichen Befruchtung häufiger zu Zwillingsschwangerschaften. Man sollte sich vorher daher darüber im Klaren sein, dass dieser Fall eintreffen kann.
Risiken einer ICSI Behandlung
Vieles hängt auch von erfolgreich befruchteten Eizellen ab. Im Schnitt kommt es bei ca. 70 % zu einer Befruchtung. Wie viele Eizellen man gewinnen kann, ist von Patientin zu Patientin individuell. In manchen Fällen kann es zu einer Überstimulation kommen, die auch einige unangenehme Folgen mit sich bringt. Hier entscheidet der Arzt, ob und wann eine erneute Eizellstimulation erfolgen kann.
Psychische und physische Auswirkungen
Die Prozedur der Hormonbehandlung sowie die Eizellgewinnung bringen natürlich auch einige psychische und physische Risiken mit sich. Nicht jede Frau verträgt die Hormonspritzen gleich gut bzw. kann es zu Nebenwirkungen kommen. In diesem Fall wird der Arzt die Behandlung anpassen.
Emotional durchlebt eine Frau eine sehr sensible Zeit und es benötigt einen einfühlsamen Partner oder Partnerin, die sie begleitet. Entscheidet ihr euch für mehrere Transferversuche, weil keine Schwangerschaft eintritt, ist dies auch eine Belastung für die Beziehung des Paares. Daher bieten viele Kinderwunschpraxen auch psychische Begleitung an oder ihr tauscht euch in Kinderwunschforen mit anderen Paaren aus. Mit diesen Erlebnissen und Erfahrungen seid ihr definitiv nicht allein!
Kosten einer ICSI Behandlung
Einen pauschalen Betrag, was eine ICSI genau kostet, kann man nicht nennen. Die Kosten einer künstlichen Befruchtung belaufen sich insgesamt auf mehrere tausend Euro und hängen von der Zahl der Einzeltransfere und dem Lagerungszeitraum der Eizellen ab.
Es fallen Kosten an für
- Ultraschalle
- Blutabnahme
- Medikamente (Tabletten und Hormonspritzen)
- Eizell-Punktion und Narkose
- Spermaaufbereitung
- Kryokonservierung und -transfer
- Lagerung der Eizellen
Die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland übernehmen 50 % der Kosten. Dies gilt für die ersten drei Versuche, wenn das Paar verheiratet ist und beide bei der gleichen Krankenkasse Mitglied sind. Zusätzlich könnt ihr in vielen Bundesländern finanzielle Hilfe beim Land beantragen, wenn ihr bestimmte Voraussetzungen erfüllt. Schaut euch das in jedem Fall an, ob ihr in Frage kommt.
Vor der tatsächlichen Behandlung bekommt man vom Kinderwunscharzt einen Antrag auf Behandlung, der bei der Krankenkasse einzureichen ist. Der Arzt sichert sich zudem über seine Kosten durch einen Behandlungsvertrag ab, den ihr unterzeichnen müsst. Erst nach Freigabe der Finanzierung durch die Krankenkasse, kann der ICSI-Prozess beginnen. Nach dem Transfer müsst ihr die Kosten zunächst privat begleichen. Diese Rechnungen sowie Nachweise für alle Medikamente reicht ihr dann bei der Krankenkasse ein und bekommt euren gesetzlichen Anteil sowie den jeweiligen Zuschuss zurückerstattet.
So verlief meine ICSI
Ich selbst bin Mutter einer kleinen Tochter, die ich dank erfolgreicher ICSI bekommen habe. Glücklicherweise war bei uns lediglich ein Versuch ausreichend und ich wurde sofort schwanger. Das war eine wahnsinnig tolle Neuigkeit, denn ich hätte nie damit gerechnet, dass es auf Anhieb klappt. Ich weiß aus dem Freundeskreis, wie anstrengend der Weg bis zur Schwangerschaft nach einer künstlichen Befruchtung auch sein kann. Manchmal klappt es auch gar nicht.
Da diese Zeit des Wartens, Hoffens und Versuchens sehr anstrengend sein kann, möchte ich euch sagen: Sprecht vorher darüber, was passiert, wenn es nicht klappt. Habt ihr die Nerven, weitere Maßnahmen einzuleiten und habt ihr die nötigen Kosten? Man kann vorher nie wissen, was passiert und sollte immer voller Hoffnung sein. Doch es ist wichtig, einmal darüber zu sprechen, wie man damit umgeht, wenn mehrere Versuche scheitern sollten.
Insgesamt hab ich meine ICSI als angenehm erlebt, da ich die Hormone gut vertragen habe und es keine Komplikationen gab. Wichtig ist, dass ihr euch eine Praxis und einen Arzt heraussucht, in der ihr euch wohlfühlt und man genau auf eure Wünsche eingeht.
Sprecht auch vorher mit eurer Krankenkasse über die Finanzierung und fragt den Arzt ruhig konkret nach den Kosten. Dann seid ihr besser vorbereitet und stürzt euch nicht in die finanzielle Unsicherheit. Ich wünsche euch allen viel Kraft, Ruhe und Glück!
Neben der ICSI gibt es noch einige andere Methoden der Kinderwunschbehandlung. Im Video erläutern wir die verschiedensten für euch:
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