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Zykluserkrankung

PMDS: Wie monatliche Depressionen vor der Periode entstehen – mit Tipps einer Betroffenen

PMDS erkennen und behandeln
© Getty Images/LaylaBird

Zyklusbedingte Beschwerden kurz vor der Periode kennen viele Frauen. Es gibt jedoch eine schwere Form von PMS, die mit starken psychischen Symptomen und weiteren Problemen einhergeht. Wenn es euch vor eurer Periode regelmäßig richtig schlecht geht, könntet ihr PMDS haben. Wie genau man das erkennt und wie es behandelt werden kann, ist nicht ganz so einfach. Wir haben eine Betroffene und PMDS-Coach befragt, wie sie damit umgegangen ist und was sie euch rät.

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Was ist PMDS?

PMDS ist die Abkürzung für prämenstruelle dysphorische Störung. Damit ist eine Erkrankung mit größtenteils psychischen, aber auch physischen Symptomen gemeint, die mit dem monatlichen Zyklus zusammenhängen. PMDS ist als solche eine schwere Form von PMS, dem prämenstruellen Syndrom. Sie ist keine reine psychische Erkrankung, auch wenn die betroffenen Frauen stark unter vielen psychischen Beschwerden leiden. Die Ursache der Störung ist eine biologische, keine psychische.

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Der Unterschied zu einer psychischen Erkrankung ist die Tatsache, dass die Beschwerden zyklusabhängig sind und vor allem zwei Wochen vor der Menstruation, in der sogenannten Lutealphase, auftauchen. Mit dem Einsetzen der Periode oder wenige Tage danach verschwinden sie wieder. Frauen, die daran leiden, durchleben also jeden Monat immer wieder zur selben Zeit eine Achterbahnfahrt. Unter diesen Symptomen leiden Frauen bei PMDS:

  • Reizbarkeit
  • Anspannung
  • Affektabilität
  • Wutausbrüche
  • Angstzustände
  • Depressionen
  • Bauch- und Unterleibsschmerzen
  • Brustspannen
  • Kopf- und Rückenschmerzen
  • Schlafprobleme
"Die Symptome sind so schwerwiegend, dass sie zu erheblichem Leidensdruck oder erheblichen Beeinträchtigungen im persönlichen, familiären, sozialen, schulischen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen führen und nicht die Verschlimmerung einer psychischen Störung darstellen."
Aus der ICD-11

Ursachen für PMDS

PMDS wird bei betroffenen Frauen durch die hormonelle Lage nach dem Eisprung hervorgerufen. Forschende am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig haben herausgefunden, dass bei Frauen mit dieser Erkrankung "die Transporterdichte für den Botenstoff (Transmitter) Serotonin im Gehirn vor der Regelblutung stark erhöht ist." Dadurch entstehe ein Serotoninmangel im Gehirn, der die affektiven Symptome der Erkrankung erklärt. Frauen, bei denen PMDS festgestellt wird, reagieren überempfindlich auf Östrogen und Progesteron. Diese Hormone werden vor allem in der zweiten Zyklushälfte stärker produziert, wenn bei den Frauen die genannten Beschwerden einsetzen. Es besteht also ein direkter biologischer Zusammenhang.

Wie und welche Ärzte stellen die Diagnose PMDS?

Wenn ihr feststellt, dass ihr jeden Monat zur gleichen Zeit an oben genannten Symptomen leidet, wäre ein Gespräch mit eurer Gynäkologin der erste richtige Schritt. Die Schwierigkeit bei PMDS ist jedoch, diese von einer psychischen Erkrankung zu unterscheiden und damit richtig zu behandeln. Außerdem muss der Arzt oder die Ärztin die Symptome von anderen Erkrankungen wie Endometriose oder PCOS abgrenzen.

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Nicht alle Gynäkologen sind (schon) dahingehend ausgebildet bzw. spezialisiert. Außerdem ist PMDS als Erkrankung in Deutschland noch recht unbekannt. Laut ICD-10 (Internationale Klassifikation der Krankheiten) ist es keine anerkannte Störung mit eindeutiger Klassifikation und Abgrenzung zu PMS, in der ICD-11 ist dies jedoch genau festgehalten.

Die ICD-11 empfiehlt, dass Frauen mit PMDS-Symptomen über mindestens zwei Zyklen genau ihre Beschwerden notieren. Damit PMDS diagnostiziert werden kann, muss innerhalb des letzten Jahres mindestens "ein affektives Symptom wie Stimmungslabilität, Reizbarkeit, depressive Verstimmung oder Angstzustände" vorhanden sein und zusätzlich ein körperliches Symptom wie Gelenkschmerzen, Brustspannen oder Schläfrigkeit dazukommen.

Großer Unterschied: PMDS vs. PMS

Der Unterschied zwischen PMDS und PMS ist die Schwere der Symptome. Frauen, die an PMDS leiden, fühlen sich dadurch in ihrem Alltag komplett eingeschränkt. Sie geben an, dass sich ihre Persönlichkeit während des hormonellen, zyklusbedingten Einflusses vollkommen ändert und dies mit dem Einsetzen der Periode wieder vorbei ginge. Die Beschwerden seien dabei so stark, dass sich dies negativ auf das berufliche und familiäre Umfeld auswirkt, weil die Frauen in dieser Zeit wie "fremdgesteuert" agieren.

"Im Einzelfall kommt es sogar zu fremdaggressiven  Handlungen  („Türenknallen“, tätliche Auseinandersetzungen mit dem Partner). Frauen leiden besonders darunter, wenn ihre problematischen Verhaltensweisen die Kinder betreffen, wenn sie diese ungerecht behandeln, sie anschreien oder wenn ihnen sogar „die Hand ausrutscht“. Auch prämenstruelle Depressivität mit Suizidalität kommt vor, bis hin zu Suizidversuchen."
DGPFG e.V. Anke Rohde, 02/2029
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PMDS erkennen: Wie eine Betroffene zur Expertin für ihre Erkrankung geworden ist

Den richtigen Arzt und eine Diagnose zu erhalten, ist meist der erste erleichternde Schritt für Betroffene, um richtig individuell behandelt zu werden. Das ist bei PMDS gar nicht so leicht, wie wir von Daniela Wolf im Interview erfahren: Die zweifache Mutter hat selbst PMDS, gründete den 1. PMDS-Selbsthilfeverein und bietet Frauen auf ihrem Weg zur Diagnose Hilfe an.

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Wie hast du herausgefunden, dass du PMDS hast bzw. dass deine psychischen Probleme mit deinem Zyklus zusammenhängen?

"Es gab immer wieder Zeiten seit meiner ersten Menstruation, bei denen ich ahnte, dass etwas nicht stimmte. Ich nahm aber auch 14 Jahre eine Antibabypille. Mit Beginn meiner 1. Schwangerschaft und den starken Wesensveränderungen, begann ich erneut zu recherchieren und da wusste ich, es muss PMDS sein. Dies wurde dann auch bestätigt."

Wie stark hat das deinen Alltag und dein Wohlbefinden beeinflusst?

"Die PMDS beeinflusst das komplette Leben. Den Job, den Alltag, das soziale Umfeld, die Liebe. Meine Leitsymptome sind ein Gemisch aus Depressionen, Wut, Gereiztheit und Impulsivität. Die Beeinträchtigungen in allen genannten Teilen des Lebens sind von kaum aushaltbar bis überschaubar. Kein Monat ist gleich und das macht diese Erkrankung so unberechen- und unsichtbar."

Was hat dir letztlich dabei geholfen, mit der PMDS umzugehen bzw. dass es dir besser geht vor deiner Periode?

"Das Wissen, das ich mir über die Jahre angeeignet habe und die mentale Veränderung meiner Denkweise. Ich bin von Bekämpfen in Akzeptanz gegangen. Das war die Basis dafür, meinen Körper und meinen Geist neu kennenzulernen und Strategien zu erarbeiten, um meine Symptome zu lindern. Dazu gehören auch Neben-Diagnosen, Fokus auf Ernährung, Stress-Management und die Frage, wie wichtig ist mir meine Gesundheit."

Was können Frauen tun, die unter PMDS leiden oder vermuten, dass sie PMDS haben?

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"Als erstes sollten Betroffene anfangen ein ausführliches Zyklus-Emotions-Tagebuch zu führen. Wie ist ihr Tag? Wieviel Schlaf hatte man? Was hat man gegessen? Neben den gängigen Zyklus-Fragen ist auch wichtig, wie wir uns täglich fühlen. Good und bad News. Dann ist der Gang zu einem Fachmenschen, dem man vertraut, ein guter Weg. Eine Beratung bei mir als PMDS Coach beinhaltet z.B. eine ganzheitliche Hilfestellung, die Erkrankung zu kennen, Wege zu finden, den Alltag besser zu gestalten und Unterstützung bei Terminen mit Fachmenschen."

Gibt es Frauenärztinnen, die auf solche zyklusbedingten psychischen Erkrankungen spezialisiert sind oder sollte man sich direkt psychologische Hilfe holen?

"PMDS ist keine psychische Erkrankung. Diese Fehleinschätzung ist tatsächlich mit die größte Hürde. Sie hat neben psychischen Symptomen eine breite Palette an körperlichen Beschwerden. Die richtigen Fachmenschen zu finden, ist ein großes Problem für uns Betroffene. Wir haben vereinzelt gute Fachmenschen, die sich auskennen. Das sind nicht automatisch Gynäkolog*- oder Psycholog*innen. An Listen für Betroffene wird gearbeitet, aber wir haben einfach nicht genug, da mit dem ICD11 noch nicht ausreichend gearbeitet wird, und die PMDS hier in Deutschland nach wie vor zu unbekannt ist."

Welche anderen Spezialisten und Spezialistinnen wären denn die richtigen Ansprechpartner?

"Wir haben das ZI in Mannheim, dass eine Spezial-PMDS-Sprechstunde anbietet. Frau Sibel Nayman ist dort mit ihrem Team eine große Bereicherung in Deutschland, da sie explizit an der PMDS forschen. Wir haben ebenfalls ein großes Angebot an Naturheilkundler*innen, die sich auf den Zyklus spezialisiert haben. Sabine Sischka ist hier immer wieder eine Herzens-Empfehlung. Wir haben Coaches, wie mich, die viel Wissen besitzen.

Was wir kaum haben, sind Fachmenschen, die ganzheitlich arbeiten. Genau das benötigen wir aber mit dieser und eigentlich jeder Erkrankung. Ich habe zum Beispiel eine Autoimmun-Erkrankung, ADHS und PMDS/PME. Solche Kombinationen haben viele meiner Klientinnen und Betroffene im Allgemeinen und das macht die PMDS deutlich komplizierter, da eben alle Organe Einfluss auf den Verlauf nehmen. Als einzige PMDS Mentorin in Deutschland spüre ich auch, wie unterversorgt wir Betroffenen sind, da eben die gängigen Behandlungen zu einseitig sind."

Über Dani Wolf

Dani Wolf PMDS Mentorin
© Sternenregen Photographie

"Ich bin Dani, PMS/PMDS-Mentorin, 40 Jahre, 2-fach Mama und verheiratet. Die PMDS begleitet mich offiziell seit 10 Jahren und mir und anderen zu helfen ist meine Lebensaufgabe und Berufung geworden. Nebenbei liebe ich es aber auch Zeit mit meiner Familie zum verbringen, zu kochen, zu reisen & meinen Ehrenämtern nachzugehen.

Allen Betroffenen möchte ich mitgeben, dass sie nicht alleine sind. Wir sind eine Community, die sehr wertschätzend und hilfreich ist und es gibt stetig Forschung, die an Lösungen für uns arbeitet."

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Weitere Anlaufstellen & Hilfe

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Hinweis: Wenn ihr gefährdet seid und nicht weiter wisst, steht euch das Info-Telefon der Deutschen Depressionshilfe zur Verfügung. Ihr erreicht es unter 0800 / 33 44 533. In Notfällen, z. B. bei drängenden und konkreten Suizidgedanken zögert nicht, euch an die nächste psychiatrische Klinik oder den Notarzt unter der Telefonnummer 112.

Quellen: ICD 11 GA34.41 Premenstrual dysphoric disorder, DGPFG e.V., PMDS Hilfe, Neurologen und Psychiater im Netz, PMDS Mentorin

Perioden-Quiz: Weißt du schon ALLES über den weiblichen Zyklus und die Menstruation?

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