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Späte Schwangerschaft: Risiko oder Sorge von gestern?

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© Thinkstock

Immer mehr Mütter erleben ihr erstes Mamaglück heute jenseits der 35. Das bringt Risiken, aber auch Chancen mit sich.

Geena Davis, Ute Lemper und Carla Bruni haben etwas gemeinsam - sie alle sind über 40 Jahre alt und gehören zu den sogenannten Last-Minute-Müttern, die ein spätes Mamaglück erleben. Viele Promis machen es vor und auch immer mehr Frauen in Deutschland bekommen ihr erstes Kind jenseits der 35. Bereits etwa ein Viertel der Schwangeren hierzulande entscheidet sich heute lange nach dem 30. Lebensjahr für ein Kind. Da die Pränataldiagnostik immer besser, die Betreuung der Schwangeren engmaschiger und die Reproduktionsmedizin zunehmend effektiver werden, können Unwägbarkeiten oft von vornherein auf ein Minimum reduziert werden. Sind also Ausdrücke wie "Spätgebärende" und "Risikoschwangere" Bezeichnungen von gestern? Oder gibt es immer noch Risikofaktoren einer späten Schwangerschaft, die trotz modernster Medizin und Technik noch Grund zur Sorge bereiten? Und welche Gründe gibt es dennoch, die für ein Kind über 35 sprechen?

Ab wann gilt man überhaupt als Spätgebärende?

Noch in den 60er Jahren bekamen die meisten Frauen mit 23 Jahren ihr erstes Kind. In den 70ern, nach der Einführung der Anti-Baby-Pille, waren Erstgebärende durchschnittlich 25 Jahre alt. Wer damals mit 30 schwanger wurde, galt bereits als spätgebärend. Heute schaut die Lebensplanung junger Frauen anders aus: Die Ausbildung dauert oft länger, dann wartet der erste Job - damit beginnt für Frauen die richtige Zeit zum Kinder kriegen häufig erst mit 30 - und hört auch mit 40 noch lange nicht auf. Im Allgemeinen gilt man aber mit 35 als Spätgebärende. Ab diesem Alter bezahlen die gesetzlichen Kassen Untersuchungen des Ungeborenen über die übliche Schwangerschaftsvorsorge hinaus.

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Risiko Chromosomenstörung

Der Grund für die altersabhängig intensivere Betreuung der Schwangeren liegt in der höheren Wahrscheinlichkeit für das Risiko einer Chromosomenstörung beim Kind. Mit einer Fruchtwasseruntersuchung oder einer Chorionzottenbiopsie kann ein möglicher Gendefekt beim Ungeborenen festgestellt werden.  Diese beiden Untersuchung bergen jedoch ein Risiko für das Kind und können zu Fehlgeburten führen. Seit einigen Jahren gibt es jedoch auf Bluttests auf Chromosomenstörungen, die völlig risikofrei sind. Die häufigste Chromosomenstörung ist die Trisomie 21, auch Down-Syndrom genannt.

Bei einer 20-jährigen Mutter ist nur eines von 1.700 Kindern betroffen, bei einer 35-Jährigen ist es schon eines von 400 Kindern und bei einer Mutter mit 40 bereits eines von 68 Kindern. Auch sind die Wahrscheinlichkeiten für weitere seltene, aber schwerwiegende Trisomien 18 (Edwards-Syndrom) und 13 (Patau-Syndrom) erhöht. Diese Anomalien führen entweder zu einer stark verkürzten Lebenserwartung mit massiver Behinderung oder zu einer hohen Sterblichkeitsrate der Ungeborenen.
Das klingt drastisch, aber es gilt zu bedenken, dass jede Schwangere, die einer solchen Diagnose gegenübersteht, eine ethische und moralische Verantwortung trägt, die in einer großen seelischen Belastung mündet: Sie muss sich im Zweifel auch mit dem Gedanken eines Schwangerschaftsabbruchs oder mit den besonderen Bedürfnissen ihres Nachwuchses beschäftigen. Trotz dieser beunruhigenden Fakten kommen aber die meisten Babys später Mütter gesund zur Welt. Abgesehen von den höheren Risiken für genetische Defekte gibt es keine Erkenntnisse, die darauf hindeuten, dass Kinder von älteren Frauen häufiger unter angeborenen Schäden leiden als andere.

Weniger Eizellen, geringere Fruchtbarkeit

Die Qualität und Anzahl der Eizellen sinken bei einer Frau ab dem 30. Lebensjahr deutlich. Denn auch die Eierstöcke unterliegen dem Alterungsprozess und die Eireifung funktioniert mit 35 nicht mehr so perfekt wie mit 25. Daher kommt es in höherem Alter häufiger zu Zyklen gänzlich ohne Eisprung. Generell ist die Anzahl der Eizellen, die im weiblichen Körper vorrätig sind, begrenzt. Sind es beim Einsetzen der ersten Menstruation in der Pubertät noch ungefähr 400.000 Eizellen, sind mit 35 Jahren noch etwa 35.000 davon übrig. Da die Eizellen mit zunehmendem Alter auch länger „lagern“, sinkt die Qualität: Es treten häufiger Chromosomenstörungen auf, die in einem sehr frühen Stadium der Schwangerschaft zu einer Fehlgeburt führen können. Oft äußert sich so ein Abbruch einfach in einer stärkeren Monatsblutung, bevor die Schwangerschaft überhaupt bemerkt wurde. Auch nistet sich die befruchtete Eizelle seltener in der Gebärmutterschleimhaut ein oder entwickelt sich einfach nicht mehr weiter. Die verminderte Fruchtbarkeit ist der Grund, warum Frauen mit zunehmendem Alter länger auf ein Kind warten müssen. Oft dauert es länger als ein Jahr bis es klappt, obwohl mit der Frau rein körperlich alles in Ordnung ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Frau mit 35 beim Geschlechtsverkehr schwanger wird, liegt bei lediglich zehn Prozent. Bei Frauen um die 40 sinkt die Quote sogar auf nur fünf Prozent. Zwischen 20 und 25 werden dagegen ganze 30 Prozent spontan schwanger.

Mehr Komplikationen in der Schwangerschaft

Obwohl Frauen über 35 heute im Allgemeinen körperlich fit und gesund sind, kommt es vermehrt zu Komplikationen in der Schwangerschaft. Erkrankungen wie Bluthochdruck, oder Schwangerschaftsdiabetes treten dann häufiger auf. Diese beiden Risiken teilen sich ältere Frauen im Übrigen mit den jüngeren. Die Komplikationen sind rein schwangerschaftsbedingt und nur vorübergehend, erfordern aber eine genaue Überwachung und Behandlung. Auch andere medizinische Funktionsstörungen wie Fibrome, also gutartige Wucherungen in der Gebärmutter, Blutungen aufgrund einer tief liegenden Plazenta oder Beschwerden des Nervensystems können die Schwangerschaft und eine natürliche Entbindung beeinträchtigen. Sie führen bei älteren Schwangeren öfter zu einer Geburt per Kaiserschnitt. Das Auftreten von Schwangerschaftskomplikationen steigt von knapp 10,5 Prozent bei Frauen im Alter zwischen 20 und 29 auf gut 19 Prozent bei Frauen zwischen 35 und 39 Jahren.

Pluspunkte einer späten Schwangerschaft

Trotz aller Risiken hat eine späte Mutterschaft auch Vorteile - sowohl in körperlicher als auch in seelischer Hinsicht. Frauen zwischen 30 und 40 haben meist einen gesünderen Lebensstil als jüngere. Sie ernähren sich ausgewogener, bewegen sich ausreichend, rauchen und trinken weniger. Und sie haben eine positivere Einstellung zum eigenen Körper, sind gelassener und stellen sich damit leichter auf die Veränderungen in der Schwangerschaft ein. Sie vermeiden Stress, gönnen sich mehr Schlaf und genießen die Erfahrung Mutter zu werden ganz bewusst.
Eine Frau über 30 weiß, was sie will, ist selbstbewusster, meist auch finanziell besser gestellt und unabhängiger. Jüngere Mütter fürchten sich zudem eher vor Hilflosigkeit und Kontrollverlust während der Entbindung. Alle diese Faktoren tragen bei älteren Frauen zu einer stabilen Schwangerschaft und entspannten Geburt bei, denn auch Ängste und Sorgen können den Hormonhaushalt negativ beeinflussen und zu Komplikationen führen. Zudem zeigen Auswertungen des Apgar-Scores, der den Gesundheitszustand von Neugeborenen bewertet, sowie der späteren Vorsorgeuntersuchungen, dass es den späten Wunschkindern gesundheitlich ebenso gut geht, wie den Kindern junger Mütter.

Fazit

Das Alter der Frau als Risikofaktor sollte nicht ignoriert, aber auch nicht überbewertet werden. Vielmehr spielen die körperliche und seelische Gesundheit eine große Rolle. Der Beweis sind mehrfache Mütter, die mit über 40 noch „Nachzügler“ bekommen. Diese Frauen sehen dem Ganzen entspannt entgegen, ein weiteres Kind zu bekommen ist für sie meist ein Klacks. Eine Frau, die mit 40 Jahren gesund und fit ist, kann also eine ebenso unkomplizierte Schwangerschaft und natürliche Geburt erleben, wie eine 25-Jährige. Wichtig ist bei älteren Schwangeren aber in jedem Fall eine lückenlose und gründliche Schwangerschaftsvorsorge, dann steht einem späten Mamaglück zumeist nichts im Weg.

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