Unfruchtbarkeit ist eines der großen Tabuthemen bei Männern. Sehr selten nur reden Betroffene offen darüber, wenn sie mit ihrer Spermaqualität Probleme haben. Dabei ist es so wichtig, frühzeitig darüber zu sprechen, weil es bestimmte Mittel und Wege gibt, wie man die Spermienqualität verbessern kann.
- 1.Spermienqualität gut oder schlecht?
- 2.Spermienqualität nimmt immer weiter ab
- 3.Was Männer vermeiden sollten, um die Spermaqualität nicht zu verschlechtern
- 3.1.Nikotin-, Alkohol- und Drogenkonsum
- 3.2.Medikamenteneinnahme
- 3.3.Anabolika
- 3.4.Übergewicht
- 3.5.Wärme
- 3.6.Ungünstige Ernährung
- 3.7.Stress
- 3.8.Extremsport
- 4.Diese Mikronährstoffe können eure Spermienqualität oder -quantität verbessern
- 5.Chancen auf ein Kind trotz niedriger Spermienqualität?
Spermienqualität gut oder schlecht?
Die Qualität des männlichen Spermas lässt sich nicht etwa in einer Prozentzahl messen, die hoch oder niedrig sein kann. Vielmehr ergibt sich die Spermienqualität aus einer Kombination vieler verschiedener Merkmale des männlichen Samens.
Die folgenden Faktoren bestimmte diese Spermienqualität:
- Ejakulatvolumen
- ph-Wert
- Spermienkonzentration
- Spermiengesamtzahl
- Beweglichkeit der Samenzellen (Motilität)
- Form
- Vitalität
- Leukozyten
All diese Faktoren können mithilfe eines Spermiogramms analysiert werden. Referenzwerte für die Auswertung wurden 2021 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) anhand von frischen Spermaproben einer bestimmten Gruppe fruchtbarer Männer festgelegt. Jeder Mann hat also eine spezifische, individuelle Spermaqualität, die in Referenz zu diesen Werten ermittelt wird.
Spermienqualität nimmt immer weiter ab
Studien zufolge nimmt die Spermienqualität von Männern aus den westlichen Industrienationen insgesamt seit 30 Jahren nachweislich ab. Die Spermienzahl hat sich laut den Wissenschaftlern reduziert, sei aber noch im unbedenklichen Bereich.
Warum das so ist, ist den Experten aber selbst noch ein Rätsel. Noch fehlen genauere Untersuchungen. Im Verdacht stehen auf jeden Fall die zunehmende Belastung durch Umweltgifte und andere Chemikalien, zum Beispiel in Pflanzenschutzmitteln, in Kosmetik oder anderen Produkten, die wir tagtäglich benutzen.
Weil sehr viele Stoffe in Verdacht stehen, sich negativ auf die Fruchtbarkeit auszuwirken, ist es auch so schwierig, zu wissen, auf welche Produkte man ggf. verzichtet.
Ein Mann ist kein Mann, wenn er nicht fruchtbar ist!?
Das Bild von Männlichkeit ist leider immer noch mit einer starken Potenz verbunden. Der Mann ist nur was wert, wenn er auch fruchtbar ist und Kinder zeugt ...? Liebe Männer, bitte lasst ab von diesem Anspruch. Was soll das denn? Euer Wert bemisst sich doch nicht an der Anzahl und Schnelligkeit eurer kleinen Schwimmer.
Aus eigener Erfahrung in der Partnerschaft weiß ich, dass es für einen Mann ein schwieriges Thema ist und auch viel Selbstwertgefühl dabei verloren geht. Der Mann fühlt sich schuldig und hilflos, wenn seine Spermawerte nicht wie bei anderen Männern im Umkreis so sind, dass mühelos ein Kind entstehen kann. Das muss er erst einmal verarbeiten.
Aber in einer liebevollen Partnerschaft geht man damit offen um und spricht darüber. Die Schuldfrage kann beim unerfüllten Kinderwunsch eines Paares ganz viel kaputt machen. Ich kann euch nur empfehlen, ehrlich miteinander zu reden, gut zuzuhören und euch über alle Mittel und Wege zu informieren.
Auf der Grundlage und eurer persönlichen Situation könnt ihr dann gemeinsam entscheiden, welche Schritte und welche Behandlungen ihr wie geht. Wir haben trotz schlechtem Spermiogramm vor einigen Jahren unsere Tochter dank ICSI bekommen.
Was Männer vermeiden sollten, um die Spermaqualität nicht zu verschlechtern
Der Lebenswandel eines Mannes kann viel dazu beitragen, wie das Spermiogramm ausfällt. Männer haben es also zur Hälfte mit in der Hand, ihre Spermienqualität zu verbessern, indem sie die folgenden Punkte beherzigen.
Nikotin-, Alkohol- und Drogenkonsum
Rauchen, Alkoholmissbrauch und Drogenkonsum wirkt sich dauerhaft negativ auf die männliche Fruchtbarkeit aus. Es schwächt nicht nur den Körper, sondern eben auch Spermaqualität und - quantität. Bei Alkohol sollen die schädlichen Einflüsse auf die Spermien ab fünf Flaschen Bier pro Woche spürbar sein. Der regelmäßige Konsum von harten Drogen kann sogar zu einer irreversiblen Unfruchtbarkeit führen.
Medikamenteneinnahme
Leider wirken sich auch bestimmte Medikamente auf die Spermien aus. Wer Medikamente gegen Epilepsie oder Psychopharmaka bei einer Depression einnehmen muss, sollte sich genau darüber informieren. Vor allem, wenn noch ein Kinderwunsch besteht. Auch bestimmte Chemotherapeutika oder die regelmäßige Einnahme von bestimmten Schmerzmitteln oder Antihistaminika kann die Spermienqualität negativ beeinflussen.
Anabolika
Das männliche Hormon Testosteron ist ursächlich für das Muskelwachstum. In Bodybuilderkreisen wird daher mit künstlichem Testosteron, sogenannten Anabolika, nachgeholfen. Doch diese künstliche Zugabe von Testosteron kann die Spermaproduktion hemmen.
Übergewicht
Übergewicht kann sowohl bei Frauen als auch bei Männern die Fruchtbarkeit herabsetzen. Ursache dafür sind hormonelle Störungen, die durch die Fettleibigkeit ausgelöst werden. Bei Männern leiden vor allem die Spermienzahl und die Beweglichkeit der Spermien unter den Pfunden. Es ist also ratsam, durch Ernährung und Sport Gewicht zu verlieren, vor allem wenn es mit der Schwangerschaft nicht klappt und auch euer Arzt dazu rät.
Wärme
Spermien sind wärmeanfällig. Am liebsten haben sie es bei einer Temperatur von 32 bis 37 Grad. Daher sind sie in den Hoden auch außerhalb des Körpers gelagert. Man liest häufig noch vom Mythos, die Sitzheizung im Auto oder Sauna- oder Solarium-Besuche könnten Männer unfruchtbar machen. Bisher gibt es dafür aber keine ausreichenden gesicherten Beweise bzw. Studien. In normalem Umfang hat das also in der Regel keine gravierenden Auswirkungen.
Ungünstige Ernährung
Übermäßiger Koffeinkonsum und Sojaprodukte sollen sich negativ auf die männliche Fruchtbarkeit auswirken. Hier handelt es sich aber wirklich um extreme Mengen von Kaffee, die nicht mehr gesund sind. Bei Sojaprodukten geht es um enthaltene Stoffe, die dem weiblichen Östrogen ähneln. Wenn das bei Männern zu viel produziert wird, wirke sich das ungünstig auf den männlichen Hormonhaushalt aus.
Stress
Stress kann die Hormonproduktion durcheinanderbringen und so ebenfalls die Spermienqualität mindern. Die gute Nachricht: Dieser Effekt wirkt meist nur kurzzeitig und die Spermienproduktion wird sich wieder erholen, wenn etwas mehr Ruhe im Leben des Mannes eingekehrt ist. Wenn ihr gerade versucht schwanger zu werden, versucht am besten eure Stressfaktoren im beruflichen und privaten Leben möglichst minimieren.
Extremsport
Bei Sportlern, die extremen Ausdauersport betreiben, finden sich häufig niedrige Testosteronwerte, was sich auch in der Spermienqualität niederschlägt. Lasst euch also einmal durchchecken, wenn ihr über viele Jahre extrem viel Sport gemacht habt oder beruflich Sport macht.
Was Männer tun können, um ihren Spermien einen Boost zu geben
Im Grunde genommen gilt für die Spermien das, was für den gesamten Körper gilt: Eine ausgewogene Ernährung und regelmäßiger Sport tut dem Körper und der Seele gut. Ein Mann sollte es mit Ausdauersport nicht übertreiben, aber wie viel Sport man braucht, kann sehr unterschiedlich sein. Hier könnt ihr im Zweifel euren Allgemeinarzt oder Urologen kontaktieren.
In Sachen Ernährung bei Kinderwunsch ist es wichtig, dass ihr Lebensmittel mit vielen Antioxidantien esst: Obst, Gemüse, Vollkornprodukte und gesunde Fette gehören auf euren Speiseplan. Antioxidantien unterstützen die Keimzellreifung und schützen die Samenzellen vor freien Radikalen. So fördern sie die Anzahl und die Beweglichkeit der Spermien.
Nicht zuletzt spielt auch das Alter des Mannes eine Rolle, wenn es um die Spermienqualität geht. Zwar produziert ein Mann zeit seines Lebens Spermien, allerdings werden diese mit zunehmendem Alter langsamer, unbeweglicher und instabiler. Der Mythos, ein Mann sei bis ins hohe Alter fruchtbar, trifft also so nicht zu. Die Fruchtbarkeit nimmt definitiv auch ab, nur nicht so eindeutig und endgültig wie bei einer Frau durch die Wechseljahre.
Diese Mikronährstoffe können eure Spermienqualität oder -quantität verbessern
Die meisten Frauen wissen schon lange, dass ihr Körper für eine Schwangerschaft viele Vitamine braucht und nehmen bei Kinderwunsch frühzeitig Nahrungsergänzungsmittel. Gynäkologinnen empfehlen diese einer Frau von Anfang an bei Kinderwunsch. Da Männer seltener zum Urologen zur Vorsorge gehen, hören sie deutlich später (oder nicht), wie es um ihre männliche Gesundheit bestellt ist.
Viele Männer wissen daher auch nicht, dass auch sie etwas für ihre Spermien tun können: Immer mehr Studien belegen, wie wichtig Vitamine, Mineralstoffe und Antioxidantien für die Spermaqualität sind. Mit der Nahrung allein können wir diese wichtigen Nährstoffe mitunter gar nicht aufnehmen, daher gibt es praktische Mikronährstoffe, die all das enthalten.
Folgende Vitamine und Nährstoffe wirken sich positiv auf die Spermienqualität aus:
- Folsäure: Folsäure wird zur Keimzellreifung benötigt und wirkt antioxidativ. Studien geben Hinweise darauf, dass eine erhöhte Folsäure-Zufuhr die Spermienzahl erhöht und die Form der Spermien günstig beeinflusst. Folsäure kommt zum Beispiel in Leber, Getreide und Hülsenfrüchten sowie Nüssen vor. Männer können es wie Frauen in Kapselform zu sich nehmen.
- Vitamin D, C und E: Vitamin D ist extrem wichtig für die Testosteronproduktion. Vitamin E wirkt antioxidativ und kann die Spermienanzahl und Qualität ebenfalls steigern. Vitamin C hat einen antioxidativen Effekt. Vitamin E findet ihr in Pflanzenölen und Nüssen, Vitamin C in Zitrusfrüchten oder Paprika und Vitamin D nimmt der Körper über die Haut durch die Sonneneinstrahlung auf. Bei nachgewiesenem Mangel eignen sich Vitamin-D-Präparate.
- Zink: Zink wirkt ebenfalls antioxidativ und wird für die Keimzellreifung benötigt. Es findet sich zum Beispiel in Rind- und Hühnerfleisch, Meeresfrüchten, Käse, Haferflocken oder Erdnüssen. Männer mit schlechtem Spermiogramm können ggf. mit der Einnahme von Zink-Kapseln ihr Spermiogramm verbessern.
- Selen: Selen soll dabei helfen, die Spermienzahl zu erhöhen. Es steckt zum Beispiel in Fisch, Rind- und Hühnerfleisch, Kokosnüssen, Steinpilzen, Hülsenfrüchten oder Sonnenblumenkernen. Es gibt Präparate, die Selen & Zink mit Biotin kombinieren.
- Omega-3-Fettsäuren: Omega-3-Fettsäuren fördern das Hormonsystem und sind daher für alle gesunden Männer essenziell. Es ist vor allem in Fischen wie Lachs, Makrele und Hering enthalten, aber auch in Raps- oder Leinöl. Die nötigen Mengen könnt ihr sehr gut durch Fischölkapseln zu euch nehmen oder die veganen Varianten aus Algen.
- Ashwagandha: Der indische Ginseng oder auch Ashwagandha wird nicht nur in der ayurvedischen Medizin verwendet. Er soll die Testosteronproduktion ankurbeln und das Spermavolumen erhöhen.
- L-Arginin und L-Carnitin: Diese Aminosäuren L-Arginin und L-Carnitin sollen die Mobilität der Spermien verbessern.
- Myo-Inositol: Myo-Inositol ist ein Isomer, das positive Auswirkungen auf die männliche Fruchtbarkeit hat. Das zeigten Studien. Ihr könnt es in Tablettenform oder als Pulver in Wasser aufgelöst einnehmen. Auch für die weibliche Fruchtbarkeit ist es hilfreich.
- Magnesium: Laut Studien können sich Anzahl und Qualität der Spermien auch durch Magnesiumeinnahme positiv entwickeln.
Wenn ihr möglichst alles davon einnehmen möchtet, oder zumindest vieles, dann kann das ganz schön teuer werden. Es gibt auch Kombipräparate, die viele der oben genannten Stoffe enthalten:
Das Unternehmen Fertilabs bietet z. B. alle hier empfohlenen Nährstoffe in einem Paket an. Für eine Monatspackung Vilavit Male zahlt man im Abo 62,10 € und benötigt keine Nahrungsergänzung zusätzlich. Über einen Zeitraum von einem halben Jahr soll sich dabei das Spermiogramm verbessern können. Ihr könnt es auch einmalig für 69 € bestellen. Ich sprach mit Fertilabs-Gründerin Claudia Gessler-Zwickel über ihren persönlichen Kinderwunschweg trotz ihrer Erkrankung Endometritis:
Chancen auf ein Kind trotz niedriger Spermienqualität?
Die gute Nachricht ist: Auch bei einem schlechten Spermiogramm gibt es die Chancen, schwanger zu werden, auch auf natürlichem Wege. Sie sind nur eben deutlich niedriger, je nach Diagnose. Aber möglich ist es immer.
Männer, denen der Urologe nach der Spermaauswertung OAT-Syndrom bescheinigt, sind erstmal ziemlich ernüchtert. Kinderwunschärzte raten daher in diesen Fällen und generell bei schlechter Spermaqualität und Immotilität zu einer künstlichen Befruchtung mittels ICSI.
Weitere Verfahren für eine künstliche Befruchtung bei schlechter Spermienqualität sind zum Beispiel TESE und MESA, bei denen das Sperma direkt aus den Nebenhodenkanälchen beziehungsweise aus dem Hodengewebe entnommen wird.
Begebt euch also in eine Kinderwunschpraxis und lasst euch ausführlich untersuchen und zu euren Möglichkeiten beraten. Fragt die Ärzte zusätzlich zu obigen operativen Methoden auch nach Nahrungsergänzungsmitteln und was ihr selbst für eure Spermien tun könnt. Dann fühlt ihr euch weniger machtlos und unterstützt euren Körper möglichst optimal, so gut es geht. Natürlich haben wir nicht alles in der Hand, aber es hilft uns, zu wissen, dass man nicht ausgeliefert ist und durchaus etwas tun kann. Wir drücken euch die Daumen, denn positive Gedanken und etwas Glück ist immer auch dabei!
Quellen: Fertilabs, Deutsche-Apotheker-Zeitung, Spiegel, Oxford Academic, Springer Medizin