Wenn du mit Hilfe moderner Medizin schwanger geworden bist, fällt es gar nicht so leicht, das dem eigenen Kind zu erklären. Wie spricht man mit einem Vorschulkind über eine so medizinische und sensible Sache und wann ist der richtige Zeitpunkt? All diese Fragen beschäftigen Eltern wie uns, wenn Kinder neugierig werden. Psychologin Julia König hat selbst ein Kind durch künstliche Befruchtung bekommen und verrät uns, warum so ein Aufklärungsgespräch so wichtig ist und wie geeignete Kinderbücher uns dabei helfen können.
Wann haben Kinder das richtige Alter, um ihnen zu erklären, dass sie durch künstliche Befruchtung entstanden sind?
"Für eine spielerische Integration des Themas ist eine frühzeitige Aufklärung, bestenfalls im Alter von 3 bis 6 Jahren, für Kinder und Eltern wertvoll. In diesem Alter können sie die besondere Form der Entstehungsgeschichte in ihr Selbstbild integrieren und sie wird neutral oder positiv bewertet, aber es entstehen keine negativen Gefühle.
Auch Eltern fällt es viel leichter, auf die simplen Fragen ihres jüngeren Kindes eine Antwort zu finden. So ist es möglich, sich Schritt für Schritt ein familieneigenes Vokabular anzueignen und ganz natürlich über die besondere Entstehungsform miteinander zu sprechen."
Stichwort "sexuelle Frühaufklärung" und Fragen nach der Herkunft: Wie finde ich die richtigen Worte und den richtigen Moment, um das Thema anzusprechen?
"Ganz nach dem Motto: Je simpler, desto besser. Wir sollten eine einfache, kindgerechte Sprache verwenden und darauf achten, dass wir auf Kinderfragen nicht zu umfangreich und kompliziert antworten. Hinsichtlich des Zeitpunkts ist wichtig, dass Eltern nicht warten, bis ihr Kind mit Fragen auf sie zukommt.
Innerhalb des empfohlenen Alters würde ich raten, darauf zu achten, wann das Kind beginnt, komplexere Fragen zu stellen und körperliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern festzustellen. Eine frühe Aufklärung hat auch den Vorteil, dass das eigene Kind nicht durch Bekannte, Verwandte oder gar erst in der Schule aufgeklärt wird."
Über Julia König
Julia König wurde 1985 in Vorarlberg, Österreich, geboren. Nach dem Psychologiestudium und eigenem langem Kinderwunsch widmete sie sich nach der Geburt ihrer Tochter ganz den Themen rund um den unerfüllten Kinderwunsch. Im Bestreben, eine „integrierte psychosoziale Kinderwunschberatung“ anzubieten, entwickelte sie als Teil einer namhaften Klinikgruppe ein Portfolio, welches nun fixer Bestandteil des Patientenangebotes ist und an mehreren Standorten erfolgreich angewendet wird.
Wie reagieren wir, wenn das Kind neugierige Nachfragen stellt? Gibt es da Grenzen und emotionale Themen, die ich verschweigen darf?
"Ja, es gibt Grenzen für kleine Kinder. Manche Erwachsene tendieren dazu, Kindern ihren möglicherweise schicksalhaften Leidensweg zum Wunschkind zu beschreiben und überfordern oder belasten sie damit. Eine frühe Aufklärung soll dem Kind aufzeigen, dass es unterschiedliche Formen von Familie gibt und verständlich machen, wie es selbst entstehen konnte. Wenn Kinder größer werden, ist es natürlich möglich, über Rückschläge in der Kinderwunschzeit oder Fehlgeburten zu sprechen, aber es soll angebracht sein und nicht der eigenen Entlastung dienen."
Wenn Eltern versuchen, ein Geschwisterchen zu bekommen und sich dafür in die Kinderwunschklinik begeben, kann das auch Fragen im Kind auslösen. Wie erklärt man das dem Kind?
"Wenn das Kind Untersuchungen mitbekommt oder sieht, dass Mama Tabletten einnimmt oder sich spritzt, wirft das verständlicherweise beim Kind Fragen auf. Wir sollten Kindern sachlich und ehrlich erklären, um was es geht, sie aber gleichzeitig nicht damit belasten und ihnen versichern, dass Mama gesund ist. Sieht ein Kind, dass sich ein Elternteil Spritzen verabreicht und bekommt keine (ehrliche) Antwort auf Fragen, kann die kindliche Fantasie belastend sein und dem Kind Angst machen.
Beispielsweise könnte man sagen, dass „wir uns noch ein Baby wünschen und manche Eltern die Unterstützung einer Kinderwunschklinik benötigen …“
Eine gute Möglichkeit, darüber ins Gespräch zu kommen, ist dein Kinderbuch "Unser allerliebstes Geschenk". Was macht es so besonders?
„Unser allerliebstes Geschenk“ bebildert und begleitet den gesamten Prozess vom Kinderwunsch über den Gang zur Klinik bis zur Schwangerschaft. Ich finde, es hilft wertschätzend, ehrlich und unkompliziert zu erzählen, wie Kinder natürlich, aber auch mit Hilfe einer Kinderwunschklinik entstehen können und macht das ganze anschaulich für kleine Kinder.
Die Möglichkeit, die Bücher mit eigenen Fotos und Ultraschallbildern zu befüllen, macht es zu einem jahrelangen Begleiter für Groß und Klein. Marta Abad Blay hat die Bücher liebevoll und kindgerecht illustriert, wobei mir wichtig war, dass Kinder echte Menschen mit Busen und Penis und Emotionen wie Trauer oder Freude im Buch sehen können. Ohne Bienchen und Blümchen, eben echt und ohne „Schnickschnack“.
Bei allen meinen Büchern war mir wichtig, Eltern ein Stück weit zu ermutigen, offener über ihre Kinderwunschgeschichte zu sprechen und sie in einem selbstbewussten Umgang mit ihrer Familiengeschichte zu bestärken. Keiner wünscht sich bei der „natürlichsten Sache der Welt“ Hilfe zu benötigen und es ist wichtig, dass wir unerfüllten Kinderwunsch salonfähiger machen."
Im Jahr 2020 wagte Julia mit „Kinderwunschcoaching.eu“ den Schritt in die Selbstständigkeit und sagt: "Kinderwunschpaare sollen eine auf aktuellen Untersuchungen begründete, feinfühlige Begleitung während dieser besonders sensiblen Zeit erfahren. Dabei ist mir eine stetig wachsende Vernetzung mit Familien, engagierten Vereinen und internationalen Spezialisten ein besonderes Anliegen."
Mit der Intention, eine auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierende, gleichzeitig persönliche und wertvolle Unterstützung für Eltern und ihre Kinder zu entwickeln, war die Idee zu ihren Büchern geboren. Sie sind sehr liebevoll illustriert, damit Kinder ab 3 Jahren eine erste Idee davon bekommen, wie die Medizin Müttern und Vätern hilft, ein Baby zu bekommen:
Seid ihr generell gerade auf der Suche nach guten Büchern für kleine Kinder? Dann haben wir in unserem Video noch einige gute Tipps für euch:
Gibt es Themenbereiche bei der Kinderentstehung auf natürlichem oder medizinischem Weg, die für kleine Kinder noch tabu sind?
"Kinder wünschen sich auf einfache Fragen, einfache Antworten und dass wir ehrlich mit ihnen sind. Es gibt eine Seite im Buch, auf der Mann und Frau nackt gezeigt werden. Ich muss immer schmunzeln, wenn Eltern erschrocken fragen, ob das nicht zu früh ist für ein 3- oder 4-jähriges Kind. Wir vergessen wohl manchmal, dass unser Körper für Kinder das natürlichste der Welt und lediglich wir Großen peinlich berührt sind, über unsere Geschlechtsmerkmale zu sprechen.
Durch die frühe Aufklärung wird die besondere Form der Entstehung für das Kind von Beginn an als normal gesehen. Es sollte spüren, dass die Familiengeschichte positiv und schön ist und es sehr gewünscht wurde. Mama und Papa sollen nicht peinlich berührt oder traurig sein, wenn sie mit dem Kind über deren Entstehungsgeschichte sprechen.
Auch Themen wie Eizell-/und Samenspende sind aus psychosozialer Sicht unglaublich spannend und wichtig: Auch hier gilt es, Kinder früh, bestenfalls im Alter von drei bis sechs Jahren aufzuklären."
Zu den Themen Eizell- und Samenspende sowie Regenbogenfamilien hat Julia ebenfalls zwei illustrierte Aufklärungsbücher für Kinder herausgebracht:
Irgendwann stellt jedes Kind Fragen zum Körper und wie Babys entstehen, später kommen Fragen zur Sexualität hinzu. Das kann uns Eltern schon mal ratlos zurücklassen. Wie ihr ehrlich und einfach darauf antworten könnt, seht ihr in unserer Bilderstrecke: